Donnerstag, Januar 30, 2025
StartGründerTalkKann Wohnen bezahlbar und nachhaltig zugleich sein?

Kann Wohnen bezahlbar und nachhaltig zugleich sein?

navou verwandelt sanierungsbedürftige Bestandsimmobilien in nachhaltigen und bezahlbaren Wohnraum

Könnt ihr uns einen Überblick über die Gründungsgeschichte von navou geben und welche Personen hinter dem Unternehmen stehen?

Hinter navou stehen Mario Schmoltzi, Lisa Weise-Hoff und Sebastian Rademacher. Sebastian, saniert seit über 20 Jahren Bestandsgebäude und hat Mario bei dessen privatem Bauprojekt begleitet. Nachdem Mario mit seinem vorherigen Start-up enspired den Stromhandel automatisiert hat, haben sich die beiden dazu entschieden, gemeinsam die nächste Transformationsbranche anzugehen: Die Bau- & Immobilienwirtschaft. Lisa haben die beiden auf einem Event für Impact Start-ups kennengelernt und als dritte Co-Founderin ins Team geholt. Lisa bringt Know-How aus dem nachhaltigen Modulbau und der Personal- und Organisationsentwicklung mit.

Welche Vision verfolgt navou im Hinblick auf die Transformation der Baubranche, und welche Schritte unternehmt ihr, um diese Vision zu realisieren?

Das Ziel von navou ist es, flächendeckend grünen und bezahlbaren Wohnraum in Deutschland zu schaffen. Dazu kaufen wir stark sanierungsbedürftige Bestandsimmobilien und entwickeln diese mit unserem eigenen modularen Bausystem zu hochwertigen Mehrparteienhäusern nach energieeffizientem Neubaustandard. So bauen wir bis 2035 ein Immobilienportfolio mit 10.000 grünen Wohneinheiten auf, die wir bezahlbar vermieten.  

Wie identifiziert ihr geeignete Bestandsimmobilien für eure Sanierungsprojekte, und welche Kriterien sind dabei entscheidend?

Wir gehen nicht nur den Sanierungsprozess neu an, sondern auch den Ankauf der Immobilien. Anders als in der klassischen Projektentwicklung starten wir nicht bei der Immobilie. Wir haben zuerst das Bausystem entwickelt, das auf Kosteneffizienz und Geschwindigkeit für unseren Ziel-Immobilientyp optimiert ist, und kaufen nun genau die Immobilien, die zum System passen. Der Prozess wird vollständig parametrisch digitalisiert und automatisiert. 

Welche Zielgruppen sprecht ihr mit euren sanierten Wohnräumen an, und wie stellt ihr sicher, dass deren Bedürfnisse erfüllt werden?

Unsere Zielgruppe ist riesig, denn in Deutschland fehlen bald 1 Mio. Wohnungen, Tendenz rapide steigend. Unsere Angebot für Mieter:innen ist bezahlbarer, grüner Wohnraum in Neubauqualität – etwas, das fast überall gerade Mangelware ist. Konkret heißt das: bezahlbare Miete bei 10-14€/m² und geringe Betriebskosten, Beitrag zum Klimaschutz durch niedrige CO2-Bilanz über den gesamten Gebäudelebenszyklus, wohngesunde Luftqualität, moderne Grundrisse in verschiedenen Größen – auch barrierefrei.

Was unterscheidet das navou-Sanierungssystem von anderen Sanierungsansätzen auf dem Markt?

Wir fokussieren uns auf Bestand und insbesondere auch Leerstand. Dort schaffen wir zusätzlichen Wohnraum, statt bestehenden Wohnraum lediglich energetisch aufzuwerten. Durch die umfassende Standardisierung können wir kleinere Projekte realisieren, die für andere Akteur:innen am Markt nicht wirtschaftlich sind. Zudem verantworten wir als Bestandshalter die gesamte Wertschöpfungskette statt eine reine Serviceleistung oder Produktlösung anzubieten. Nur so können wir sicherstellen, dass wir unseren Beitrag für flächendeckend grünen, bezahlbaren Wohnraum langfristig erreichen. 

Mit welchen Herausforderungen seid ihr bei der Umsetzung eurer Projekte konfrontiert, insbesondere in Bezug auf Nachhaltigkeit und Bezahlbarkeit, und wie geht ihr damit um?

Die Bau- und Immobilienwirtschaft hat in vielen Bereichen einen riesigen Nachholbedarf: Von Projekt- und Qualitätsmanagement über Echtzeit-Datenverfügbarkeit und fehlendes Digitalisierungs-Know-How bis hin zur Einbeziehung aller drei Säulen der Nachhaltigkeit (ökonomisch, ökologisch, sozial) über den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes – Hier liegt der Fokus noch zu stark auf der Betriebsenergie, was nur ein kleiner Teil der Gesamtgleichung ist. Wir leisten an vielen Stellen gleichzeitig Pionierarbeit. Das lohnt sich: Da wir unsere Bauprojekte von vorne bis hinten selbst umsetzen, können wir zusammenbringen was bisher noch zu selten gelingt: Baukosten senken und gleichzeitig nachhaltigere Ergebnisse erzielen. 

Wie trägt die serielle und modulare Fertigung zu einer schnelleren und kosteneffizienteren Sanierung bei?

Serielles Bauen muss sich in der Breite durchsetzen. Die Vorteile liegen auf der Hand: Wir bauen bei navou rund 35% günstiger als Neubau und sind doppelt so schnell wie eine konventionelle Sanierung. Durch den hohen Vorfertigungsgrad produzieren wir wetterunabhängig und können unsere Fachkräfte viel effektiver einsetzen. Und wir verzetteln uns nicht im Projektgeschäft, sondern können effizient skalieren, da die Verantwortung für die gesamte Wertschöpfungskette bei uns liegt. 

Welche Rolle spielen digitale Technologien und datengetriebene Prozesse in eurem Sanierungssystem?

Digitalisierung ist für unser Bausystem zentral: Wir finden die Immobilien digital, indem wir Daten anreichern und auswerten, um die passenden Immobilien zu finden noch bevor jemand von uns das erste Mal vor Ort ist. Diesen Prozess werden wir zukünftig größtenteils automatisieren. Zudem nutzen wir parametrische BIM-Planung, um ein fortlaufend lernendes System zu entwickeln, das uns in Zukunft noch schneller macht. Und natürlich managen wir unsere Bauabläufe und Logistik digital. 

Wie profitieren Investoren von einer Beteiligung an navou, und welche Anreize bietet ihr ihnen?

Die zentrale Säule unseres Geschäftsmodells ist der Aufbau eines grünen Immobilienportfolios mit über 10.000 Wohneinheiten. Unsere Investor:innen sind hieran direkt beteiligt. Da wir die gesamte Wertschöpfungskette von Ankauf über Projektentwicklung bis Objektmanagement und Vermietung abdecken, ergeben sich hier natürlich große Chancen. An Produktivitätsgewinnen umfassend zu partizipieren ist hier nur ein Beispiel. Zukünftig werden wir für eine optimale Finanzierung auch Fremdkapital und Mezzanine-Instrumente nutzen. Dadurch können wir eine noch breitere Investor:innenbasis mit unterschiedlichen Risikoprofilen ansprechen. 

Welche zukünftigen Entwicklungen und Projekte plant navou, um weiterhin Vorreiter in der nachhaltigen Bestandssanierung zu bleiben?

Nachdem wir unser Bausystem an Immobilien mit bis zu 10 Wohneinheiten pilotiert und optimiert haben, werden wir weitere Gebäude- & Assetklassen erschließen, z.B. größere Mehrfamilienhäuser und Gewerbe-/Büroimmobilien, die wir zu Wohnraum umnutzen. Zudem werden wir von NRW ausgehend zunächst in Sachsen und dann deutschlandweit Bauprojekte angehen. 

Welche drei Ratschläge würden Sie anderen Gründern geben, die ein Unternehmen im Bereich nachhaltiges Bauen oder Sanieren gründen möchten?

  1. Fangt an. Der Bedarf ist riesig, die Herausforderungen vielfältig und wir brauchen mehr Köpfe, die es angehen. Der richtige Moment ist jetzt.
  2. Netzwerk first. Alleine ist die Bauwende nicht zu lösen. Sucht euch jede Unterstützung, die ihr bekommen könnt und schließt Partnerschaften mit etablierten Unternehmen. 
  3. Baut ein starkes Team auf, und achtet dabei besonders auf komplementäre Skills. Das Founderteam ist essenziell, sollte aber nicht zu lange isoliert agieren. Findet einen Weg, um weitere Mitglieder ins Team zu bringen, die eure Vision mittragen und euch umso mehr Geschwindigkeit verleihen. 

Wie fördert navou eine Unternehmenskultur, die auf Respekt, Begeisterung, Verantwortung und Zuversicht basiert, und wie spiegelt sich das in Ihren Projekten wider?

Mit einer Organisationsentwicklerin im Gründerteam haben wir bereits über Kultur und Werte gesprochen, bevor unser Geschäftsmodell stand – ein Grund übrigens, wieso wir so gut miteinander arbeiten. Unsere Unternehmenskultur bildet die Basis für unsere Zusammenarbeit, und auch für all unsere unternehmerischen Entscheidungen: Wen wir ins Team holen, wer unsere Shareholder sind, mit welchen Kooperationspartnern wir zusammenarbeiten, wie wir unser Geschäftsmodell und unser Bausystem aufbauen usw. Besonders wichtig sind uns z.B. eine Balance aus ökologischen und ökonomischen Entscheidungsparametern, strukturierte Feedbackprozesse und dass alle navou-Teammitglieder ihre gesamte authentische Persönlichkeit einbringen können. 

Bild:vlnr: Mario Schmoltzi, Lisa Weise-Hoff, Sebastian Rademacher @ navou

Wir bedanken uns bei Mario Schmoltzi, Lisa Weise-Hoff und Sebastian Rademacher für das Interview

Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder.

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