Newsenselab: M-sense die App gegen Kopfschmerzen und Migräne
Stellen Sie sich und das Startup M-sense kurz unseren Lesern vor!
Ich heiße Markus Dahlem, bin promovierter Physiker und seit über 25 Jahren Migräneforscher sowie seit 2016 Mitbegründer der Newsenselab GmbH. Wir, also das ganze Team von Newsenselab, haben die Kopfschmerz- und Migräne-App M-sense entwickelt. Unser Ziel war es, Menschen mit regelmäßigen Kopfschmerzen zu helfen, ihre Erkrankung besser in den Griff zu bekommen und dabei möglichst die Einnahmehäufigkeit von Schmerzmitteln deutlich zu reduzieren.
Warum haben Sie sich entschieden ein Unternehmen zu gründen?
Newsenselab ist organisch aus der Forschung entstanden. Wissenschaftler suchen nach Mustern und wollen deren Entstehung erklären. Physiker schauen beispielsweise zu fernen Galaxien und fragen sich, wieso Sternhaufen Spiralformen bilden. Diese Frage hat auch mich fasziniert.
Nur waren Galaxien mir zu fern. Als ich hörte, dass es Spiralwellen im Gehirn gibt und diese Migräne auslösen, war mir schnell klar: Darüber will ich forschen. Ich untersuchte, wie Gehirn-Spiralen entstehen und welche Konsequenzen sie für die Vorhersage von Kopfschmerzen haben.
Den ersten Businessplan für eine Migräne-App hatte ich dann 2003 verfasst. Doch zu dieser Zeit war meine Forschung noch nicht reif genug, um Basis einer funktionellen Anwendung zu sein. Selbst als wir Newsenselab gründeten, war meine Forschung noch nicht vollkommen marktreif. Doch die Zeit für ein sozusagen minimal überlebensfähiges Produkt war gekommen.
Welche Vision steckt hinter M-sense?
Unsere Vision ist eine Welt ohne Kopfschmerzen. Unsere Mission ist also die Beseitigung der Migräne und aller primären Kopfschmerzerkrankungen durch evidenzbasierte Interventionen vermittelt über Software, so dass zur richtigen Zeit die richtige Person richtig behandelt wird.
Von der Idee bis zum Start was waren bis jetzt die größten Herausforderungen und wie haben Sie sich finanziert?
Wie für Startups üblich finanzieren auch wir uns über Wagniskapital. Da ist die größte Herausforderung, dass es in der Technologiebranche im Prinzip nur schnelles Wachstum gibt, wir als digitales Gesundheits-Startup hingegen klar zu »Life Science« gehören. Ob man es nun mag oder nicht, es gelten höhere regulatorische Standards. Dass nun die digitale Revolution in die Regulierungs-Ära eintritt, sei es im Gesundheits- oder auch im Finanzbereich, ist für mich eine spannende Herausforderung. Wir haben mittlerweile einen extrem guten Team-Market-Fit, um diese zu meistern.
Wer ist die Zielgruppe von M-sense?
Unsere App richtet sich zur Zeit an alle, die mit Spannungskopfschmerzen oder Migräne zu kämpfen haben. In Deutschland klagt immerhin ein Drittel der Bevölkerung mindestens einmal im Monat über Spannungskopfschmerzen; Migräne betrifft 12% der Deutschen. Darüber hinaus gibt es viele weitere Arten von Kopfschmerzen, für die wir digitale Lösungen entwickeln, beispielsweise stellen wir gerade dem Deutschen Fußball-Bund ein spezielles M-sense-Programm gegen posttraumatische Kopfschmerzen vor, das hilft zu entscheiden, wann ein Spieler nach einer Gehirnerschütterung wieder fit ist, um wieder an Training und Wettkampf teilzunehmen. Wer seinen Kopfschmerzen auf den Grund gehen und mit nicht-medikamentösen Mitteln entgegenwirken möchte, ist bei uns richtig.
Wie funktioniert M-sense? Wo liegen die Vorteile? Was unterscheidet Sie von anderen Anbietern?
M-sense kombiniert Entspannungstherapie mit Physiotherapie. Hinzu kommen Aufklärung über Auslöser, auf Akzeptanz basierende Strategien, sowie Klärung von Werten und Lebenszielen. Und natürlich bietet die App die Verlaufskontrolle der medikamentösen Therapie.
Migräne ist bisher nicht heilbar. Es gibt also keine ärztliche Behandlung, die in absehbarer Zeit die Ursachen beseitigt und wer das verspricht handelt unseriös. Richtig ist jedoch, dass es eine sehr günstige Prognose für ein langfristiges Abklingen und Ausheilen der Symptome gibt, wenn Menschen mit Migräne zum einen ihre medikamentöse Behandlung optimal einstellen und zum anderen diese mit der Vielzahl unterschiedlich hilfreicher nicht-medikamentöser Maßnahmen individuell kombinieren. M-sense begleitet solch eine individuell abgestimmte Therapie durch zahlreiche Übungen, die direkt über die App durchgeführt werden können. Der Chatbot hilft dabei, aus der Vielzahl die für den Nutzer wirklich hilfreichen Maßnahmen auszulesen.
Wie ist das Feedback?
Bisher haben bereits 220.000 Betroffene die App heruntergeladen und eingesetzt, um Kontrolle über ihre Kopfschmerzen und Migräne zu gewinnen. Die Analyse unserer Daten zeigt in dieser Hinsicht ausschlaggebende Resultate: Bereits nach 30 Wochen haben unsere Nutzer rund 38 % weniger Schmerztage.
Deswegen erhalten wir sowohl über unsere sozialen Netzwerke, als auch über die Rezensionen in den App Stores und durch den Support Chat für technische Fragen sehr viel positives Feedback von unseren Nutzern. Ich selbst lese nicht nur dort mit, sondern antworte, wenn es meine Zeit erlaubt, auch gerne persönlich. Neulich schrieb mir eine Nutzerin, dass sie derzeit zweimal die Woche Physio- und Dehnübung aus der App durchführt und deswegen seit 17 Tagen keine Migräne mehr hat. Das ist ein toller Erfolg, da viele unsere Nutzer mehrmals pro Woche Migräne haben.
Andere schreiben, dass M-sense ihnen helfen konnte, relevante Auslöser zu finden oder ihren Lebenswandel zu beobachten, um mehr Regelmäßigkeiten herzustellen. Regelmäßige Tagesabläufe sind besonders bei Migräne ein wichtiger Faktor. Oft hören wir auch, dass Betroffene die App ihren Ärzten zeigen und extrem positives Feedback erhalten – besonders von Neurologen.
Zudem haben wir seit unserem Gründungsjahr eine Reihe an Preisen gewonnen: den Eugen-Münch-Preis in 2016, den BACB Unternehmerpreis in 2017 und den Vision.A Award in 2018. Zudem hat uns das Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie dieses Jahr wieder zum Digitalen Startup des Jahres nominiert, was für uns eine sehr schöne Rückmeldung darstellt, und natürlich das ganze Team stark motiviert.
M-sense, wo geht der Weg hin? Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?
Mit unserer klinischen Studie SMARTGEM etablieren wir gerade eine Smartphone-gestützte Therapie als neue Versorgungsform in Deutschland. Dazu gehören neben der App auch ein web-basiertes Dashboard für Ärzte, telemedizinische Konzile und einiges mehr. Wir haben außerdem noch eine Pipeline mit »Drug-Device«-Produkten. Beispielsweise eine präemptive Therapie, die das Beste aus den beiden Welten der medikamentösen Akuttherapie und Prophylaxe digital zusammenführt. Zudem liegen Forschungsarbeiten in der Schublade bereit, um die existierenden Neurostimulatoren gegen Migräne “intelligenter” zu machen. Für mich ist seit Jahren eins klar: Die Zukunft der Kopfschmerz- und Migränetherapie ist digital. Die mögliche Veränderung der nächsten 5 bis 10 Jahre sind gewaltig.
Zum Schluss: Welche 3 Tipps würden Sie angehenden Gründern mit auf den Weg geben?
Am Anfang steht ja oft eine Idee. Wer mit einer Gründung liebäugelt, ist zudem meist auch in der Lage Ideen zu exekutieren. Doch insbesondere wer etwas innerhalb der Gesundheitsbranche bewirken will, muss den stark regulierten Gesundheitsmarkt gut kennen. Dieses Wissen gehört kombiniert mit einem tiefen medizinisch-wissenschaftlichen Verständnis über die Pathophysiologie einer Krankheit, wenn man ein Unternehmen aufbaut, das indikationsspezifische Produkte entwickelt. Das ist das Pflichtprogramm. Die Kür ist dann die Unternehmenskultur. Sie soll allen ein Gefühl von Sicherheit geben, in der niemand perfekt sein muss, jeder Spaß hat an Details dranzubleiben und am Ende den Sinn sieht, durch einen klaren Weg und durch ein gemeinsames Ziel.
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Wir bedanken uns bei Markus Dahlem für das Interview
Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder