Pactos entwickelt eine KI-gestützte Plattform, die Unternehmen bei der digitalen Steuerung, Verwaltung und Abrechnung von Fremdpersonal unterstützt
Wer sind die Gründer von Pactos und wie kam es zur Idee, ein Betriebssystem für Fremdpersonal zu entwickeln?
Wir sind Antonio Zill und Philipp Eckert. Kennengelernt haben wir uns am Auswahltag unseres Studiums an der WHU und seitdem verbindet uns eine enge Freundschaft. Philipp hat vor seinem Studium in der Pflege und Logistik gearbeitet. Dort erlebte er die Probleme rund um Personalmangel und analoge Prozesse hautnah. Durch Antonios vorherige Gründung waren wir im engen Sparring, insbesondere rund um den Fachkräftemangel und seine Konsequenzen. Später sahen wir beide in der Beratung denselben analogen Flickenteppich aus Excel und E-Mails mit unklaren Zuständigkeiten, wenn es um Fremdpersonal geht. Das führt zu hohem manuellem Aufwand und Risiken für Unternehmen. Nach über 200 Gesprächen mit Firmen und ersten Pilotprojekten entstand Pactos – eine Plattform, die den gesamten Prozess digitalisiert und bis zu 70 % des Aufwands spart.
Welche Vision verfolgen Sie mit Pactos und wie wollen Sie diese im Arbeitsmarkt der Zukunft umsetzen?
Wir wollen ein europäisches Powerhouse für das Management von Fremdpersonal aufbauen. Unser Ziel ist es, neue Standards dafür zu setzen, wie Unternehmen externe Arbeitskräfte steuern. Unsere Plattform macht Beschaffung, Einsatz, Compliance und Abrechnung durchgängig steuerbar und rechtskonform. Wir setzen auf agentische KI zur Bedarfserfassung und Verwaltung des Personals und bauen ein offenes Ökosystem aus Softwarelösungen auf. Damit lassen sich sämtliche Abläufe und Herausforderungen von und mit Fremdpersonal adressieren.
Wie sieht Ihre Zielgruppe aus und welche konkreten Probleme lösen Sie für Unternehmen im Alltag?
Unsere Zielgruppe sind mittelständische und große Unternehmen in Österreich und Deutschland, die in hohem Maß auf externe Arbeitskräfte angewiesen sind. Besonders hoch ist der Bedarf in Branchen wie Logistik, Industrie und Pflege. Volatile Auftragslagen und Fachkräftemangel werden hier häufig durch Fremdpersonal abgefedert. Wir lösen Alltagsprobleme von Unternehmen und schaffen Transparenz über Kosten und Leistungen der Dienstleister. Zudem verringern wir den Koordinationsaufwand bei der Kandidatenvermittlung und senken Haftungsrisiken entlang des gesamten Prozesses. Das Ergebnis: eine bessere Kandidatenauswahl, eine zentrale Steuerung externer Arbeitskräfte sowie belastbare Kennzahlen für interne Analysen.
Was unterscheidet Pactos von klassischen Lösungen, die bisher häufig auf Excel und E-Mail-Kommunikation setzen?
Wir bieten eine Lösung, die den gesamten Prozess digital abbildet – von neuem Bedarf an externen Arbeitskräften bis zur Abrechnung der Dienstleister. Dabei übernimmt unsere KI zeitintensive Aufgaben, die sonst von Mitarbeitenden erledigt werden. Da alle externen Partner ihre Kandidaten direkt im System vorschlagen, entfällt der individuelle E-Mail-Verkehr und aufwändige Abstimmungen. Das System lässt sich flexibel an die Gegebenheiten im Unternehmen anpassen und problemlos in bestehende Systeme wie ProSolution von zvoove integrieren. Anstelle verteilter Dateien und Excel-Listen erhalten Teams ein zentrales Dashboard, das unternehmensweit Transparenz über alle eingesetzten externen Kräfte schafft.
Mit welchen Herausforderungen waren Sie bei der Entwicklung einer KI-gestützten Plattform konfrontiert und wie haben Sie diese gemeistert?
Regulatorik und Datensicherheit sind in der EU für Softwareanbieter ein zentrales Thema. Von Beginn an war es für uns deshalb unerlässlich, sämtliche gesetzlichen Vorgaben einzuhalten, höchste Sicherheitsstandards sicherzustellen. Gleichzeitig legen wir größten Wert auf Benutzerfreundlichkeit, damit alle Anwender die Lösungen intuitiv bedienen können. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, führen wir seit Tag eins zahlreiche Gespräche mit Kunden.
Wie wichtig ist für Sie das Thema Compliance und Transparenz im Umgang mit Zeitarbeit und Freelancern?
Der Einsatz externer Arbeitskräfte unterliegt strengen gesetzlichen Vorgaben. Zwei Beispiele verdeutlichen das: Zeitarbeitende müssen gemäß dem Arbeitskräfteüberlassungsgesetz kollektivvertragliche Mindeststandards erfüllen. Bei Freelancern wiederum ist regelmäßig zu prüfen, ob eine Scheinselbstständigkeit vorliegt. Verstöße gegen diese Regelungen können für Unternehmen erhebliche Konsequenzen haben – von Nachzahlungen bei der Sozialversicherung bis hin zur persönlichen Haftung der Geschäftsführer. Vor diesem Hintergrund sind Compliance und Transparenz im Umgang mit externem Personal von zentraler Bedeutung. Eine Software bietet hier klare Vorteile gegenüber Excel-Listen, da rechtliche Anforderungen automatisch überwacht werden.
Welche Rolle spielen künstliche Intelligenz und Automatisierung, um die Effizienz Ihrer Kunden zu steigern?
Künstliche Intelligenz spielt bei uns eine zentrale Rolle. Denn viele Prozesse im Umgang mit externen Arbeitskräften laufen ohne technische Unterstützung nach wie vor manuell ab. Unsere KI unterstützt unter anderem bei der Bedarfsermittlung, schlägt geeignete Dienstleister vor und liefert auswertbare Analysen auf Basis der vorhandenen Daten. Das entlastet die Nutzenden im Tagesgeschäft, verkürzt Bearbeitungs- und Einstellungszeiten und trägt dazu bei, Haftungsrisiken frühzeitig zu erkennen.
Wie haben Unternehmen bisher auf den Einsatz von Pactos reagiert und welche Ergebnisse konnten Sie beobachten?
Die Rückmeldungen aus den Unternehmen sind sehr positiv. Aktuell werden bereits mehrere Tausend externe Arbeitskräfte über die Plattform verwaltet. Unsere Kunden berichten unter anderem von schnelleren Onboarding-Prozessen, einer verbesserten Auswahl geeigneter Kandidaten und einer effizienteren Steuerung ihrer externen Dienstleister. Besonders häufig wird auch die Benutzerfreundlichkeit des Systems gelobt – schließlich bringt das beste System nichts, wenn die Nutzer es nicht verwenden.
Wohin soll sich Ihr Produkt in den nächsten Jahren entwickeln und welche neuen Funktionen sind geplant?
Zum Jahresende launchen wir eine neue Produktversion mit verbesserter Benutzerführung und erweiterten KI-Automatisierung der Kern-Workflows. Parallel dazu vertiefen wir Integrationen in bestehende HR- und ERP-Systeme. Ziel ist es, den neuen Pactos-Standard noch breiter verfügbar zu machen.
Gab es ein Feedback oder Erlebnis, das Ihnen gezeigt hat, dass Ihre Plattform einen echten Unterschied macht?
Besonders prägend war die Zusammenarbeit mit einem unserer ersten Hauptkunden in einer frühen Projektphase. Das Unternehmen hatte rund 300 externe Mitarbeitende im Einsatz, die zuvor vollständig manuell verwaltet wurden. In enger Zusammenarbeit konnten wir das System schnell an die spezifischen Anforderungen anpassen und live schalten. Der Vergleich vor und nach der Einführung zeigte dem Kunden deutlich, wie viel Zeit er durch Pactos einsparen kann. Die begeisterten persönlichen Rückmeldungen des Kunden bestärkten uns in unserer Mission bei Pactos.
Wie sehen Sie die Zukunft des Freelancer- und Vendor-Managements im Kontext von Digitalisierung und Fachkräftemangel?
Externe Kapazitäten werden immer wichtiger als strategischer Hebel für Unternehmen. Durch globale Krisen sind Personalbedarfe zunehmend unvorhersehbar – Planbarkeit ist selten gegeben. Gleichzeitig sorgt der anhaltende Fachkräftemangel für lange Einstellungszeiten, während die regulatorischen Anforderungen an Unternehmen steigen. Systeme wie Pactos können hier Abhilfe schaffen, um genau diese Abläufe zu digitalisieren und zu verschlanken – damit Unternehmen die richtigen Personen zur richtigen Zeit im Einsatz haben. Für unsere Kunden wird dies in einer schnelllebigen Welt entscheidend sein, um sich vom Wettbewerb abzuheben.
Welche drei Ratschläge würden Sie jungen Gründerinnen und Gründern mit auf den Weg geben, die ebenfalls eine technologische Plattform aufbauen wollen?
Das Problem wirklich verstehen: Entscheidend ist, frühzeitig und regelmäßig mit Nutzern zu sprechen – nicht nur einmal, sondern so lange, bis das zugrunde liegende Problem vollständig verstanden ist. Strukturierte Gespräche helfen, Annahmen zu überprüfen. Ein empfehlenswerter Ansatz dazu findet sich im Buch The Mom Test.
Einfach loslegen und Feedback einholen: Es gibt viele Tools, wie zum Beispiel Lovable, mit denen jeder – auch ohne technische Vorkenntnisse – in wenigen Tagen einen ersten Prototyp für einen konkreten Anwendungsfall erstellen kann. Wichtig ist, die Lösung möglichst früh potenziellen Kunden vorzustellen und sich wertvolles Feedback einzuholen. Man braucht nicht von Anfang an eine perfekte Lösung. Ein Produkt ist immer ein iterativer Prozess.
Das richtige Team ist entscheidend: Langfristig steht und fällt der Erfolg mit den Menschen, die man an Bord holt. Die Mitgründer und Mitgründerinnen und die ersten Mitarbeitenden prägen nicht nur die Kultur, sondern auch die strategische Ausrichtung des Unternehmens. Deshalb lohnt es sich, hier sehr sorgfältig auszuwählen: Gemeinsamkeiten in Vision und Werten sind wichtiger als perfekte Lebensläufe.
Bild: Antonio Zill und Philipp Eckert Fotograf Dennis König
Wir bedanken uns bei Antonio Zill und Philipp Eckert für das Interview
Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder.