Mittwoch, Oktober 22, 2025
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Wie sieht die Zukunft der Medizintechnik wirklich aus?

roclub entwickelt eine Plattform, die die Fernsteuerung medizintechnischer Geräte ermöglicht und damit Ausfallzeiten reduziert, Effizienz steigert und Fachpersonal weltweit vernetzt.

Wie ist die Idee zu roclub entstanden und wer sind die Menschen hinter dem Unternehmen?

Die Idee zu roclub entstand aus einer einfachen, aber entscheidenden Beobachtung: In der Medizintechnik hängt die Qualität der Daten-/Bildakquisition oft davon ab, ob die richtigen Expert:innen zur richtigen Zeit am richtigen Ort sind – und genau das ist heute oft nicht der Fall. Weltweit gibt es einen gravierenden Mangel an medizinisch-technischem Personal, so dass viele Geräte tagtäglich stillstehen. Das bringt negative ökonomische und medizinische Folgen mit sich.
Die zwei Gründer André Glardon und Dr. Matthias Issing – beides Seriengründer – haben selbst eine große paneuropäische Radiologiekette gegründet und das Problem mit dem Mangel an medizinisch-technischem Personal hautnah mitbekommen. Nachdem keine praktikable Lösung am Markt vorhanden war, haben die beiden roclub in 2022 gegründet.

Was war der entscheidende Moment, in dem klar wurde, dass Remote-Bedienung in der Medizintechnik ein eigenes Geschäftsmodell werden kann?

Ein stillstehendes diagnostisches Gerät kann viele tausendende Euro an Umsatzausfall bedeuten. Das trifft alle Betreiber weltweit. Der eigene Leidensdruck der Gründer als Betreiber einer eigenen Radiologiekette und die negativen Auswirkungen auf Patient:innen durch eine verschobene oder nicht durchgeführte Untersuchung waren ausschlaggebend. Heute können mehrere Diagnostikgeräte aus der Ferne parallel bedient werden, während im klassischen Set-up eine Person immer nur für ein Gerät verantwortlich ist – das führt zu einem erheblichen Mehrwert für Betreiber und bringt neue Arbeitsmodelle für medizinische-technisches Personal. Der Markt ist mehrere hunderte Milliarden Euro schwer.

Welche Vision verfolgt roclub im Gesundheitswesen und wie soll sie in den nächsten Jahren Realität werden?

Unsere Vision ist es, medizinische/medizintechnische Expertise überall verfügbar zu machen – unabhängig von Ort, Zeit oder Untersuchungstyp. In den nächsten Jahren bauen wir das globale Teleoperationsnetzwerk für MedTech auf: zertifiziert, sicher, interoperabel. Damit schaffen wir die Grundlage für ein neues Level an Effizienz, Qualität und Zusammenarbeit im Gesundheitswesen.

Wie reagiert das medizintechnische Personal auf die Möglichkeit, MRT- oder CT-Geräte aus der Ferne zu bedienen?

Anfangs mit Neugier, dann mit Begeisterung, sobald sie es einmal selbst genutzt haben. Selbst anfängliche Skeptiker sind schnell von der Lösung überzeugt und erkennen, dass sie sie in vielen Lebenslagen entlasten kann und sie Unterstützung per Knopfdruck erhalten. Viele Technolog:innen sehen in roclub eine Chance, endlich flexibler zu arbeiten, Wissen zu teilen und sich auf anspruchsvollere Aufgaben zu konzentrieren. Für Kliniken bedeutet die Lösung Entlastung, bessere Auslastung und weniger Ausfallzeiten.

Welche konkreten Probleme löst roclub für Kliniken und Radiologiezentren im Alltag?

Umsatzausweitung: Angebot von Spezialuntersuchungen an jedem Standort zu jeder Zeit möglich. Ausweitung der Gerätelaufzeiten.
Effizienzsteigerung: Expert:innen können mehrere Standorte gleichzeitig betreuen. Qualität kann überall sichergestellt und Wiedereinbestellungen von Patient:innen aufgrund mangelnder Bildqualität vermieden werden. Geräte laufen weiter, auch wenn lokal keine Expert:innen verfügbar sind.
Qualitätssteigerung: Standardisierte Workflows und Expertenzugriff in Echtzeit. Besser Weiterbildungsoptionen und Wissensaustausch über Standorte und Versorger hinweg.
Verbessertes Training: Schulungen und Supervision direkt über Teleoperation.
Steigerung der Zufriedenheit der Mitarbeitenden: Reduzierung der Anfahrts- und Reisezeiten von Mitarbeitenden. Flexible hybride oder Remote-Arbeitsplätze.

Was unterscheidet roclub von anderen Lösungen im Bereich MedTech oder Telemedizin?

roclub ist keine klassische Telemedizin-Plattform, bei der Ärzt:innen mit Patient:innen in Interaktion treten. Unsere Plattform ist für den Betrieb von Medizintechnik erschaffen worden. Speziell in der Radiologie gibt es ja schon seit vielen Jahren Teleradiologielösungen. Hierbei handelt es sich um Plattformen, die es Radiolog:innen ermöglichen, Befunde aus der Ferne zu erstellen. Unsere Plattform ist genau der Bereich vor der klassischen Teleradiogie: Wir stellen sicher, dass die Daten-/Bildakquisition zuverlässig erfolgt. Wir sind das einzige Unternehmen weltweit, welches ausschließlich im Bereich Teleoperation für MedTech (anfänglich Radiologie) unterwegs ist.

Wie stellt das Team sicher, dass Datenschutz, Sicherheit und Compliance im medizinischen Umfeld jederzeit gewährleistet sind?

Sicherheit ist kein Add-on, sondern Kern unserer Architektur und unseres Leistungsversprechens. roclub ist als Medizinprodukt sowohl in Europa als auch in den USA zugelassen. Außerdem erfüllen wir die höchsten Standards für Datenschutz (DSGVO, HIPAA), nutzen Ende-zu-Ende-Verschlüsselungen, Multi-Faktor-Authentifizierungen, zertifizierte Rechenzentren und rollenbasierte Zugriffskontrollen. Desweiteren ist roclub ISO27001 und C5 zertifiziert.

Mit welchen Hürden musste das Unternehmen bisher kämpfen – und was haben Sie daraus gelernt?

Medizinproduktezertifizierungen sind aufwendig und langwierig. Aber der vermeidliche Verzögerer der Technologieverbreitung ist nun ein wertvolles Unterscheidungsmerkmal und eine Bestätigung unserer hohen Qualität und Sicherheit in der vernetzten Versorgung.

Wie sieht die Zusammenarbeit mit Krankenhäusern oder medizinischen Fachkräften praktisch aus?

Die Anbindung der Geräte an die Teleoperationsplattform erfolgt remote in nur wenigen Minuten. Dabei ist die Lösung vollständig unabhängig vom Hersteller und Typ des Medizingerätes. Es handelt sich um eine „Plug&Play-Lösung“. Die Plattform an sich ist eine Cloud-Lösung. Zum Projektstart werden alle Akteure intensiv geschult. Wir haben im Unternehmen zwei sehr starke Advisory Boards: Eines mit Radiolog:innen und eines mit medizintechnischen Expert:innen, die weltweit einen guten Ruf genießen. Alle sind in der Produktweiterentwicklung involviert, um das Produkt kontinuierlich im Sinne der Anwender:innen weiterzuentwickeln.

Welche technologischen Weiterentwicklungen oder neuen Funktionen plant roclub in Zukunft?

Wir wollen der weltweite Standard für Teleoperation in der Medizintechnik werden – durch nahtlosen, sicheren und intelligenten Fernzugriff auf medizintechnische Geräte überall auf der Welt. Indem wir Medizintechnik, Robotik, KI und ultraschnelle Konnektivität vereinen, wollen wir medizintechnische Fachkräfte und Ärzt:innen befähigen, selbst komplexeste Untersuchungen präzise und kollaborativ über Ländergrenzen hinweg durchzuführen – und so den Zugang zu Expertenwissen global möglich machen.

Was motiviert Sie persönlich, an der Digitalisierung und Fernsteuerung medizinischer Geräte zu arbeiten?

Mich motiviert es, dass unsere Lösung einen echten Unterschied macht: Jedes teure Gerät, das nicht stillsteht und jeder Mensch, der schneller und mit der richtigen Expertise versorgt wird. Das zeigt, wie Technologie Gesundheitssysteme menschlicher und effizienter zugleich machen kann.

Welche drei Ratschläge würden Sie anderen Gründerinnen und Gründern geben, die im Health-Tech-Bereich starten möchten?

Lernt das System hautnah kennen, bevor ihr es verändern wollt.
Regulierung ist kein Hindernis, sondern eines euer Schutzschilder.
Baut Vertrauen auf – in euer Produkt, euer Team, und in die Vision, die euch antreibt.

Bild links Matthias Issing, rechts André Glardon @roclub

Wir bedanken uns bei André Glardon und Dr. Matthias Issing für das Interview

Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder

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