SCALARA entwickelt eine 360-Grad-Software für die Immobilienverwaltung, die Verwalter, Eigentümer und Dienstleister digital vernetzt, Prozesse automatisiert und rechtlich absichert
Frau Heep, bitte stellen Sie SCALARA kurz vor. Was ist die Idee hinter Ihrem PropTech-Startup?
Ich bin Gründerin und Geschäftsführerin von SCALARA und ursprünglich Juristin, habe aber schon früh im Familienunternehmen in der Hausverwaltung mitgearbeitet. Aus dieser praktischen Erfahrung heraus kenne ich die vielen Herausforderungen der Branche aus erster Hand. Mit SCALARA entwickeln wir eine 360-Grad-Software für die Immobilienverwaltung, die alle Beteiligten – von Verwaltern über Eigentümer bis hin zu Dienstleistern – nahtlos miteinander vernetzt und die Prozesse deutlich effizienter, transparenter und rechtssicherer macht.
Wie hat Ihre persönliche Geschichte als Juristin mit IT- und Blockchain-Schwerpunkt sowie Ihre familiären Wurzeln in der Hausverwaltung die Gründung von SCALARA beeinflusst?
Im Familienunternehmen hilft man mit, ob man will oder nicht – so auch ich. Schon als Teenager habe ich dort erste Erfahrungen gesammelt und später nach dem Abi 1,5 Jahre Vollzeit als Verwalterin gearbeitet. Dabei habe ich die Pain Points der Branche hautnah erlebt. Während meines Jurastudiums mit Schwerpunkt IT-Recht habe ich alle Digitalprojekte im Familienunternehmen übernommen und erkannt, wie groß der Nachholbedarf in puncto Technologie ist. Diese Kombination aus Praxis und Tech-Affinität war die Basis für die Gründung von SCALARA.
Welche Vision verfolgen Sie mit SCALARA und wie setzen Sie diese Schritt für Schritt um?
Unsere Vision ist es, den Verwalter als zentralen Akteur der Immobilienwirtschaft nachhaltig zu stärken. Seine Rolle wird immer wichtiger, gleichzeitig ist er oft unterbezahlt und schlecht ausgebildet. Mit unserer 360-Grad-Software wollen wir ihn dabei unterstützen, damit er sich auf die wirklich wichtigen Aufgaben konzentrieren kann. Wir haben uns zunächst auf die komplexesten Bereiche fokussiert, vor allem die buchhalterischen Themen rund um Wohnungseigentümergemeinschaften. Heute decken wir den gesamten Finanzbereich inklusive integriertem Banking ab und arbeiten nun daran, die Kommunikation und Zusammenarbeit aller Beteiligten weiter zu verbessern.
Für welche Herausforderungen der Immobilienverwaltung bietet SCALARA konkrete digitale Lösungen?
Jede Funktion, die wir bei SCALARA entwickeln, zielt auf maximale Automatisierung ab. Repetitive Aufgaben übernimmt die Software deutlich zuverlässiger, sodass der Verwalter zunehmend in eine überwachende Rolle wechselt. Unser Anspruch ist es zudem, dass auch Quereinsteiger rechtssicher verwalten können – die fachliche Expertise sitzt sozusagen in der Software selbst. Angesichts des großen Fachkräftemangels in der Branche – es gibt nicht einmal einen eigenen Ausbildungsberuf – ist es entscheidend, auch Branchenfremde schnell produktiv zu machen. Eine intuitive Bedienung ohne zusätzliche Hürden ist dabei für uns ein Muss.
Wie unterscheidet sich SCALARA von anderen PropTech-Anbietern am Markt?
SCALARA verbindet fachliche Tiefe, rechtliche Sicherheit und einfache Bedienbarkeit in einer Form, die es so am Markt nicht noch einmal gibt. Zudem sind wir einer der wenigen Anbieter einer wirklich ganzheitlichen Cloud-Software, die alle Geschäftsbereiche abdeckt und sämtliche Stakeholder aktiv einbindet.
Welche Zielgruppen sprechen Sie mit Ihrer Plattform besonders an und wie stellen Sie sicher, dass deren Bedürfnisse wirklich verstanden und erfüllt werden?
Unsere Software richtet sich an professionelle Hausverwalter mit einem Bestand ab ca. 300 verwalteten Wohnungen. Die Bedürfnisse kleinerer Verwalter unterscheiden sich deutlich von denen größerer Einheiten mit beispielsweise über 5000 Wohnungen – darauf achten wir schon in der Produktentwicklung mit einer klaren Segmentierung. Zusätzlich arbeiten wir von Anfang an eng mit einer Key-User-Gruppe erfahrener Verwalter zusammen, die wir aktiv in die Konzeption neuer Features einbinden und über den gesamten Entwicklungszyklus hinweg regelmäßig befragen.
Was war bisher die größte Herausforderung auf Ihrem unternehmerischen Weg und wie haben Sie diese gemeistert?
Unsere größte Herausforderung war sicherlich, dass wir ein komplett neues ERP-System entwickelt haben – mit einer langen Phase ohne Umsätze, aber gleichzeitig hohen Personalkosten für unsere IT. Der klassische MVP-Ansatz hat hier nicht funktioniert, weil kein Verwalter eine halbfertige Software für nur einen Teilbereich einsetzen würde. Das bedeutete permanentes Fundraising neben dem operativen Geschäft, was sehr kräftezehrend war. Zum Glück hatten wir von Anfang an großartige Investoren an unserer Seite, die an unsere Vision geglaubt und uns konsequent unterstützt haben.
Wie erleben Sie die Bereitschaft der Immobilienbranche, digitale Lösungen wie SCALARA zu integrieren?
Der externe Druck auf Immobilienverwalter wächst stark, und damit steigt auch die Bereitschaft, auf moderne Software umzusteigen. Die Branche war lange zögerlich in Sachen Digitalisierung, aber seit Anfang 2024 beobachten wir eine massive Marktkonsolidierung: Große Anbieter kaufen kleinere Legacy-Produkte auf, die mittelfristig verschwinden oder nicht mehr weiterentwickelt werden. Das sorgt bei vielen Verwaltern für Unsicherheit und den Wunsch, sich zukunftssicher aufzustellen. Diese Entwicklung spüren wir deutlich in unserem Kundenwachstum. Dennoch bleibt eine ERP-Umstellung für Verwalter immer eine „Operation am offenen Herzen“.
Welche technologischen Entwicklungen oder Trends spielen für die Zukunft von SCALARA eine zentrale Rolle?
Wir haben eine eigene KI- und Automatisierungsstrategie entwickelt, die SCALARA sukzessive noch smarter und intuitiver machen wird. Erste Schritte sind bereits umgesetzt, aber da kommt noch einiges, worüber ich aktuell noch nicht zu viel verraten möchte. Durch die Beteiligung der Bank für Wohnungswirtschaft werden wir zudem unsere integrierten Bankingprodukte weiter ausbauen – zum Beispiel mit einer digitalen Kontoeröffnung direkt aus SCALARA heraus. Ein großes Zukunftsthema ist auch die (energetische) Sanierung unseres alten Gebäudebestands in Deutschland. Hier arbeiten wir mit der BfW an automatisierten Workflows zur Finanzierung von Sanierungsmaßnahmen – ein riesiger Pain Point für Verwalter und Eigentümer.
Können Sie uns einen Ausblick geben, wohin sich SCALARA in den nächsten Jahren entwickeln soll?
Wir wollen SCALARA in den nächsten Jahren zur zentralen Plattform für die Immobilienverwaltung weiterentwickeln – ein Ort, an dem alle Prozesse rund um die Immobilie zusammenlaufen und alle Beteiligten kollaborativ und effizient miteinander arbeiten können.
Was macht Sie als Gründerin an Ihrer täglichen Arbeit am meisten stolz?
Am meisten stolz macht mich zu sehen, wie aus einer wilden Idee während meiner Promotion ein echtes Unternehmen entstanden ist – mit einem großartigen Produkt, das das Leben vieler Verwalter und Eigentümer erleichtert, und einem fantastischen Team, das mit genauso viel Leidenschaft dabei ist wie ich.
Zum Abschluss: Welche drei Ratschläge würden Sie anderen Gründerinnen und Gründern mit auf den Weg geben?
Erstens: Augen auf bei der Wahl des Gründungspartners – es muss menschlich und fachlich wirklich passen, denn man verbringt extrem viel Zeit miteinander und durchläuft Höhen und Tiefen im Schnelltempo. Zweitens: Sehr genau überlegen, welche Finanzierungsform die richtige für das eigene Startup ist, und sich der Vor- und Nachteile bewusst sein. Drittens: Möglichst früh ein Netzwerk mit anderen Unternehmer:innen aufbauen und Erfahrungen austauschen. Ich bin Teil des EO Accelerators und kann gar nicht genug betonen, wie sehr mich das persönlich und unternehmerisch weitergebracht hat.
Bild:SCALARA Gründerbild Shari Heep (CEO) und Alexander Dziendziol-Dickopf @ SCALARA Fotograf: Jurij Störzel Photographie
Wir bedanken uns bei Shari Heep für das Interview
Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder.