SHOWZ organisiert nachhaltige Events und schafft umweltfreundliche Markenerlebniswelten, die sowohl innovativ als auch ansprechend sind
Welche spezifischen Maßnahmen ergreift SHOWZ, um seine Events nachhaltig zu gestalten?
Ayan Yuruk: “Wir haben einige Maßnahmen, um unsere Konzepte und Produktionen nachhaltig zu verwirklichen. Alle Mitarbeitenden, ganz besonders die Creatives, sind geschult und besitzen das Bewusstsein, schon bei der Ideation grün zu denken. Dadurch entsteht von Beginn an ein Spirit, von dem man kaum noch abdriften kann. Darüber hinaus haben wir eine Climate Officerin im Team, die sich kontinuierlich mit unseren existierenden, aber auch potenziellen Lieferanten auseinandersetzt und sie für jedes neue Projekt auf unsere Kriterien prüft.
In der Praxis legen wir bereits direkt am Anfang unserer Konzeptphase viel Wert darauf, keine überflüssigen Materialien bei den Markenerlebniswelten wie Events, Pop-Ups oder Store- und Schaufensterdesigns zu verwenden oder oder klimafreundliche Alternativen zu planen, die sich weniger schädlich auf unsere Umwelt auswirken. Direkt im Sourcing sollte für jedes Material immer eine der nachhaltigsten Alternativen bereitstehen. Natürlich gibt es manchmal unausweichliche Ausnahmen.
Unsere Lieferanten wissen, dass sie uns bei neuen Entwicklungen zu nachhaltigen Materialien oder neuen alternativen Materialien sofort abholen sollen. Wir designen unsere gesamten Konzepte möglichst circular und planen eine Weiterverwendung der Materialien bereits ein, z.B. durch Elemente, die durch kleine Änderungen einen neuen Look erhalten und anderweitig eingesetzt werden können. Lokale Ressourcen, kurze Lieferwege, Abfallmanagement und Energieeffizienz in Form von Green Energy sind für uns wichtige Bausteine.”
Wie misst SHOWZ den Erfolg seiner Bemühungen im Bereich der Nachhaltigkeit?
Ayan Yuruk: “Wir haben für SHOWZ einen Ecoscore-Rechner entwickelt, der eine gute Methode ist, um für jedes Projekt den Score zu berechnen und ggf. Anpassungen vornehmen zu können. Es gibt dabei auch Minuspunkte, die das Team natürlich vermeiden möchte. Wenn ein bestimmter Wert erreicht ist, darf das Konzept ein hausinternes Siegel tragen. Einige unserer Kunden möchten das Siegel gerne in ihrer Kommunikation nutzen, aber so weit sind wir noch nicht. Es ist alles ein fortlaufender Prozess.”
Können Sie Beispiele für die Nutzung umweltfreundlicher Materialien bei Ihren Events/Produktionen geben?
Ayan Yuruk: “Wir arbeiten viel mit natürlichen Materialien und mixen diese mit kontrastreichen Elementen, die recycled sind. Für die aktuelle Präsentation in unserem Showroom haben wir z.B. altes Zeitungspapier zusammenpressen lassen und mit einer ökologischen kleisterartigen Mischung zu einer Gebirgslandschaft gestaltet. Alles wurde mit Eco-Farbe veredelt und mit dekorativen Elementen abgerundet. Wir haben aus alten Drahtseilen einen Korallenriff nachgebaut, dafür zusätzlich alte Gummischläuche oder Plastikfasern verwendet, was sich jetzt vielleicht nach einer Wasteland Installation anhört, es aber nicht ist. Uns ist es wichtig, dass unsere Konzepte as eco-friendly as possible, yet as sexy as chanel sind.
Ich kann Jute-Installationen, Möbel aus Euro-Paletten und Skulpturen aus Pet-Flaschen nicht mehr sehen. In unseren Konzepten erkennt kein Mensch, dass es sich um recycelte Materialien handelt. Außerdem ersetzen wir handelsübliche POS (Point-Of-Sale) Materialien, wie z.B Kapa oder Forex-Platten mit zertifizierten und säurefreien 100 Prozent recycelten Alternativen, darunter Displayplatten aus Papier oder Wabenplatten. Unsere Set-Designerin Theresa Schwaiger hat zudem mit der TU Darmstadt eine tolle Lösung zum Einsatz gebracht, bei der mit Hilfe von Geopolymere eine zementfreie Produktion von Ziegelbausteinen ermöglicht wurde oder zerbrochene Ziegel erneut verwendet worden sind.”
Inwiefern beeinflusst die Fokussierung auf Nachhaltigkeit die Auswahl Ihrer Geschäftspartner und Sponsoren?
Ayan Yuruk:“Aktuell arbeiten wir nicht ausschließlich mit umweltbewussten Marken, aber wir versuchen immer näher dorthin zu kommen. Das Thema Nachhaltigkeit und die Umsetzung, gerade in unserer Branche, ist ein stetiger Prozess. Uns ist es wichtig, unsere Kundschaft auf dieses wichtige Thema aufmerksam zu machen. Ich sehe uns wie eine Art Katalysator, der die umweltbewussten Produkte und Materialien an die Kund:innen und somit auch in ihren Wirkungsbereich bringt. Mit Wirkungsbereich meine ich hier, in Bezug auf unsere Industrie, die Stage, in der das Bewusstsein für den Nutzen und Need von nachhaltigen, alternativen Materialien an die breite Masse gelangt.
Und das eben mit dem Beweis, dass es anders funktionieren kann. Einerseits ermutigen wir die Lieferanten klimafreundlicher zu sourcen und zu entwickeln, auf der Kundenseite schaffen wir das Bewusstsein und das Verständnis für das Neue. Stellt euch vor, wir probieren ein neues Material aus, wissen nicht wie es reagieren wird und es geht etwas schief. Was dann? Um in solchen Fällen nicht sofort gecancelt zu werden, müssen wir alle Parteien abholen und gemeinsam aus Fehlern lernen.”
Welche Rolle spielt Technologie bei der Entwicklung Ihrer nachhaltigen Konzepte?
Ayan Yuruk: “Wir sparen viele Ressourcen dank Technologien und können unsere Konzepte und Erlebnisse skalieren, ohne dabei Müll zu produzieren. Jedes Konzept, jede Kampagne hat eine digitale oder virtuelle Verlängerung. Wir arbeiten viel mit AR. Es ist irre, was wir alles als Erweiterung der Realität bauen können, was physisch unvorstellbar wäre. Durch hybride Events schaffen wir über das physische Erlebnis hinaus Reichweite und können das Konzept bzw. den Content nachhaltig für die Kommunikation weiter nutzen.”
Wie sehen Sie die Zukunft von nachhaltigen Markenerlebniswelten in der Eventbranche?
Ayan Yuruk: “Wenn ich keine sehr positive Vision für die Zukunft hätte, würde ich nicht so viel hinein investieren, um es möglich zu machen. Aktuell ist so ein Event wie ein One-Night-Stand. Man verbringt ein paar schöne Stunden mit der Installation und am nächsten Morgen ist sie weg und wird geghosted. Alles landet im Müll und wird nie wieder genutzt.”
Können Sie erläutern, wie SHOWZ dazu beiträgt, das Bewusstsein für nachhaltige Produktion zu schärfen?
Ayan Yuruk: “Mit diesem Interview zum Beispiel. Ich habe mich lange davor versteckt, darüber zu reden, was wir alles tun, um umweltfreundlicher zu werden. Warum? Weil ich Angst vor der heute sehr verbreiteten Cancel-Culture und Bashing habe. Diese Art und Weise geht mir tierisch auf die Nerven. Wir leben in einer Gesellschaft, die erstmal laut schreit und beschimpft, statt kleinere Erfolge zu feiern. Keine Marke traut sich noch was zu sagen. Ist Ayan perfekt? Nein. Ich fliege sehr viel und bin daher leicht angreifbar. Kompensiere ich? Ja! National nutze ich nur die Bahn und verzichte gänzlich aufs Fliegen. Sind wir bei SHOWZ perfekt? Nein natürlich nicht, aber wir tun einiges, um uns zu verbessern. As I said: it’s a process.”
Wie plant SHOWZ, seine Nachhaltigkeitsziele in den kommenden Jahren weiterzuentwickeln?
Ayan Yuruk: “Das tolle an diesem Thema ist die Community. Es ist sehr viel Support da, wenn man danach fragt. Wir sind alle zusammen in der Sache verfangen und müssen einander helfen, um noch effizienter und noch grüner zu werden. Jeden Tag kommt es zu neuen Kontakten und Lösungsansätzen. Das hilft uns in der Entwicklung. Zudem sind wir immer mit offenen Augen unterwegs, bilden uns weiter, probieren viel aus und werden darin immer besser. Und wir unterstützen Organisationen, die zu einer positiven CO2 Bilanz beitragen.”
Wie reagiert Ihre Kundschaft auf die Integration von Nachhaltigkeit in Ihre (Event)Konzepte?
Ayan Yuruk: “Ganz unterschiedlich. Einige sind überrascht und neugierig. Andere feiern uns dafür, dass wir so viel Wert darauf legen. Es gibt aber auch die, die das Thema einfach ignorieren, weil sie sonst auch nicht viel damit am Hut haben. Die fragen sich dann oft: Warum jetzt anfangen, wenn wir sowieso nicht dafür stehen? Das finde ich sehr schade und den falschen Ansatz. In Zukunft hoffe ich, dass wir als Firma in unserem weiteren Wachstum an den Punkt kommen, ausschließlich mit Marken, die sich bewusst mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinandersetzen und identifizieren, zusammenzuarbeiten.
Was sind die größten Herausforderungen bei der Umsetzung nachhaltiger Konzepte in der (Event)Branche?
Ayan Yuruk: “Die größte Herausforderung ist die Zeit. Die Konzepte müssen immer noch mit engen Deadlines umgesetzt werden. Wenn wir aber alternative Materialien und Konzepte wollen, müssen wir die Zeit dafür aufwenden. Das fehlt oftmals und wenn die Zeit knapp wird, greift man oft auf proven Concepts zurück. Fernab des Faktors Zeit, hat es sehr starken Einfluss auf die Kreativpozesse.”
Inwiefern inspiriert SHOWZ andere Unternehmen in der Branche, nachhaltiger zu handeln?
Ayan Yuruk: “Wir erhalten sehr positives Feedback, denn die Community ist der Wahnsinn. Man teilt sehr viel miteinander, gute und schlechte Erlebnisse und das wiederum inspiriert andere, etwas auszuprobieren. Seitdem ich offen über Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein rede, merke ich, wie sich das Verhalten von Kund:innen, Agenturkolleg:innen oder sogar bei mir im Freundeskreis ändert.”
Welche innovativen Ansätze verfolgt SHOWZ, um die Attraktivität nachhaltiger Events zu steigern?
Ayan Yuruk:“Wir versuchen, eco-friendly richtig sexy zu machen. Ich glaube nicht daran, dass Eco-Konzepte umgesetzt werden würden, wenn sie scheisse aussehen.”
Wie integriert SHOWZ Nachhaltigkeit in seine Unternehmenskultur und täglichen Abläufe?
Ayan Yuruk:“Nachhaltigkeit wird ein Baustein unseres Onboardings werden. Gerade arbeiten wir ein Konzept dazu aus. Nachhaltigkeit ist unser Lead Value, daher entscheidend für alle Team-Mitglieder:innen. Teilweise bewerben sich die Menschen nur deswegen bei uns.”
Welche zukünftigen Trends im Bereich Nachhaltigkeit sieht SHOWZ für die Eventbranche?
Ayan Yuruk:“Circulare Konzepte. Es muss nicht mehr alles weggeschmissen werden. Es ist okay, ein Konzept nach einem Jahr, leicht verändert oder umdekoriert, erneut zu verwenden. Ganz ehrlich, warum kann ein LV das Weihnachtsschaufenster im Folgejahr umdekoriert nicht nochmal einsetzen? Würden wir deswegen weniger kaufen? I don’t think so. Auch wenn es gar nicht schlecht wäre, weniger zu konsumieren.”
Wie fördert SHOWZ den Austausch und die Zusammenarbeit mit anderen Akteuren im Bereich der Nachhaltigkeit?
Ayan Yuruk:“Wie bereits erwähnt, ist es ein stetiger Prozess und wir lernen alle voneinander. Es gibt einige Plattformen und jetzt sogar auch Konferenzen im Marketing Bereich. Bei der BAM! Boat in Berlin durfte ich über Green Marketing sprechen. Wir haben uns mit anderen Agenturen und Expert:innen ausgetauscht und tun es weiterhin. We are in this together und können nur zusammen gewinnen. Ansonsten verlieren wir alle.”
Wir bedanken uns bei Ayan Yuruk für das Interview
Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder