Mittwoch, Dezember 25, 2024
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Wen lasse ich ins Haus?

Taxy.io intelligente Automatisierung in der Steuerberatung

Stellen Sie sich und das Startup Taxy.io kurz unseren Lesern vor!

Taxy.io ist ein Spin-Off der RWTH Aachen, das sich mittels künstlich intelligenter Software der Automatisierung der B2B-Steuerberatung widmet. Als Team aus Informatikern, Wirtschaftsingenieuren und Steuerexperten entwickeln wir eine Technologie, die steuerrechtliche Fachliteratur für Software verständlich macht und in Echtzeit auf individuelle Mandanten-Situationen abgleichen kann. Unser Ziel ist, eine Plattform für digitale steuerrechtliche Intelligenz zu schaffen, die von Mitarbeitenden in Steuerberatungen und Steuerabteilungen für proaktive Handlungsempfehlungen genutzt werden kann, und darüber hinaus in Applikationen von Drittanbietern integriert werden kann (bspw. CRM oder Accounting Software).

Warum haben Sie sich entschieden ein Unternehmen zu gründen?

Wir waren selbst unglaublich frustriert, wie Steuerberatung im 21. Jahrhundert funktioniert. Oft haben wir uns gefragt, wieso bestimmte wesentliche Informationen nicht abgefragt wurden oder wieso wir nicht proaktiv auf steuerrechtlich relevante Änderungen hingewiesen wurden. Teilweise mussten wir unsere Berater beraten, wie wir beraten werden wollen. So entstand der Eindruck, Steuerberatung ist langsam, teuer und zugleich fehleranfällig. Dabei erfolgt diese ja eigentlich immer datenbasiert, nur liegen die Daten in getrennten Informationssilos vor: Das Informationssilo steuerrechtliche Primär- und Sekundärliteratur auf der einen und Mandantendaten auf der anderen Seite. Mit unserem IT-Hintergrund waren wir überzeugt: Da kann man was machen! Also haben wir ein Konzept geschrieben, Fördermittel vom Bundesministerium für Wirtschaft akquiriert und unser Angebot am Markt mit Pilot-Usern validiert. Die Ergebnisse waren so positiv, dass wir uns für die nächste Stufe entschieden haben und eine Finanzierungsrunde angegangen sind.

Welche Vision steckt hinter Taxy.io?

Steuerberatung wird immer digitaler, inzwischen kommt man um das Thema Tax Tech kaum noch herum. In Zukunft wird der menschliche Steuerberater durch künstlich intelligente Tools “augmentiert”. Für diese Systeme wollen wir der führende Anbieter werden. Aber wir denken noch weiter: Irgendwann wird Steuerberatung nur noch digital durchgeführt werden, von Software für Software. Unsere Vision ist es, dafür der zentrale Anbieter digitaler steuerrechtlicher Intelligenz zu sein, der die Informationsbedürfnisse der Marktteilnehmer der Steuerberatung in Echtzeit abdeckt.

Von der Idee bis zum Start, was waren bis jetzt die größten Herausforderungen und wie haben Sie sich finanziert?

Wir hatten das große Glück, sehr früh über Pre-Seed-Programme (insb. EXIST Gründerstipendium und Förderprogramme großer Technologiekonzerne) Mittel akquirieren zu können. Sehr aufwendig war sicherlich das Einwerben der Seed-Finanzierung, bei der man mindestens sechs Monate, eher mehr, einplanen muss. Obwohl uns das bewusst war, hieß es in dieser Phase Nerven bewahren. Letztlich haben mehrere Business Angels, ein Frühphasen Venture Capital Fonds und die NRW.Bank Anfang 2019 unsere Finanzierung gesichert – ein Setting mit dem wir sehr zufrieden sind. Dazu kamen erste eigene Umsätze.

Abgesehen von der Finanzierung stellten auch die langen Vertriebszyklen im B2B-Bereich eine Herausforderung dar, genauso wie die Suche nach talentierten

Mitarbeitern, die auch in jungen und wenig bekannten Firmen arbeiten wollen. Dabei spielt ein attraktiver Standort eine große Rolle. Wir haben im Zuge dessen entschieden, unser Büro von Aachen nach Köln zu verlegen, weil wir so ein größeres Einzugsgebiet an Bewerbungen adressieren können. 

Wer ist die Zielgruppe von Taxy.io?

Unsere Software-Lösungen richten sich an alle Marktteilnehmer der Steuerberatung. Unser Fokus liegt überwiegend auf mittelständischen und großen Steuerberatungskanzleien und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, aber auch Verlage, die ihre Produktpalette digitalisieren wollen, Anbieter von Finanzsoftware und Mitarbeitende in Steuerabteilungen gehören zu unserer Zielgruppe.

Wie funktioniert Taxy.io? Wo liegen die Vorteile? Was unterscheidet Sie von anderen Anbietern?

Alternativprodukte sind derzeit noch die die Bibliothek der Steuerberater sowie klassische Suchmaschinen. Bisher erfolgt der Abgleich der Informationssilos Steuerrecht und Mandant in den meisten Kanzleien also noch auf konventionellen Weg durch Fachpersonal. Wir machen grundlegende Prozesse der Steuerberatung erheblich effizienter und qualitativ hochwertiger: Eine Maschine liest um ein Vielfaches schneller als der Mensch und vergisst das Gelesene nie wieder. Zugleich ist der Matching-Prozess weniger fehleranfällig. Durch den Einsatz einer auf Machine Learning und Natural Language Processing basierenden künstlichen Steuerintelligenz kann die zeitintensive Recherchearbeit, die ein Steuerberater quasi täglich erledigen muss – und die im Zweifelsfall nicht abgerechnet werden kann –, deutlich reduziert werden. So bleibt mehr Zeit für das Wesentliche: die tatsächliche Beratung. Dadurch, dass Beratungsanlässe in Echtzeit identifiziert werden können, erfolgt diese zudem deutlich proaktiver.

Wie ist das Feedback?

Je größer das Unternehmen, desto offener ist man für unsere Lösungen bzw. für künstliche Intelligenz im Allgemeinen. Hier herrscht eher das Mindset vor, dass der Einsatz künstlich intelligenter Systeme zum einen Kosten spart, zum anderen ein großes Potenzial für weitere Umsätze hebt, da neue Beratungsanlässe identifiziert werden. Kleinere und traditioneller ausgerichtete Kanzleien stehen dem Thema Disruption in der Steuerberatung noch deutlich zurückhaltender gegenüber. Im Großen und Ganzen können wir aber sagen, dass das Feedback unserer Nutzer sehr positiv ist und in der Branche insgesamt ein großes Interesse an Taxy.io herrscht.

Taxy.io, wo geht der Weg hin? Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?

Unsere Vision ist, Taxy.io zum zentralen digitalen Steuergehirn zu entwickeln, das Steuerberater und Mitarbeiter unterstützt, darüber hinaus aber auch integrierbar ist in Buchhaltungs- und Banking- sowie DMS- und CRM-Software. 

In den kommenden Jahren steht die Ausweitung über den DACH-Bereich hinaus, zunächst in englischsprachige Länder, auf unserer Agenda. Auch eine Anwendung unserer Technologie auf Rechtsgebiete außerhalb des Steuerrechts ist denkbar.
Ein weiteres konkretes Vorhaben ist, dass unsere Software nicht nur die Recherche- und Analysearbeit der steuerberatenden Berufe effizienter macht, sondern auch automatisch Buchungen auslöst und Handlungsempfehlungen formuliert, die automatisiert (oder nach Prüfung des Anwenders) mit einem Klick an den Mandanten versendet werden können.

Zum Schluss: Welche 3 Tipps würden Sie angehenden Gründern mit auf den Weg geben?

Feedback, Feedback, Feedback: Geht so früh wie möglich an den Markt und validiert eure Idee mit potenziellen Pilot Usern, bei Business-Plan-Wettbewerben, im Austausch mit Investoren und seid bereit, euer Konzept kontinuierlich anzupassen. 

Wen lasse ich ins Haus? Macht eine Due Dilligence der Investoren. Die Investoren prüfen euer Business auf Herz und Nieren. Genauso wichtig ist es, zu prüfen, wen ihr euch ins Haus holt. Sprecht mit Gründern der Portfolios der Investoren. Ganz wichtig: Der Personal Fit zwischen euch als Gründern und den Investoren muss stimmen.

Durchhaltevermögen: Gerade zu Beginn wird man als Gründer mit vielen Zweiflern und Kritikern konfrontiert. Wenn ihr überzeugt seid, dass es Sinn ergibt, was ihr tut und dass eure Idee skalierbar ist, nutzt die Kritik, um besser zu werden, aber lasst euch nicht entmutigen. Erfolg bedeutet auch, ein zwei Jahre auf diesen zu warten zu können.

Weitere Informationen finden Sie hier

Wir bedanken uns bei Sven Weber für das Interview

Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder

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