Freitag, September 20, 2024
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Wie ebnete ein mutiger Schritt den Weg für Drohnenlogistik?

Third Element Aviation entwickelt und vermarktet innovative Industriedrohnen für maßgeschneiderte Logistiklösungen und schnelle, effiziente Transporte

Könnten Sie uns Third Element Aviation und die Personen hinter dem Unternehmen, Marius Schröder und Benjamin Wiens, kurz vorstellen?

Third Element Aviation gibt es schon seit 2017 in Bielefeld, wo das Unternehmen seitdem Industriedrohnen entwickelt, herstellt und vermarktet. Dahinter stehen die beiden Gründer Marius Schröder (40) und Benjamin Wiens (41), die sich bei ihrem vorherigen Arbeitgeber kennengelernt haben, der ebenfalls Drohnenhersteller war. Als der Standort hier in der Region Anfang 2017 geschlossen wurde, beschlossen die beiden mit weiteren Mitgliedern des alten Teams, das eigene Unternehmen zu gründen.

Was war Ihre ursprüngliche Motivation, Third Element Aviation zu gründen, und welche Vision verfolgen Sie mit der Einführung von Drohnenlogistik?

Zentral war zunächst der Gedanke, dass nach der Schließung beim alten Arbeitgeber noch nicht Schluss sein kann. Gleichzeitig war schon damals die Vision bei den beiden Gründern vorhanden, sich eher auf spezifische Anwendungen im Industriebereich zu konzentrieren statt auf den Massenmarkt – individuell und Made in OWL war und ist die Devise. Dazu gehörte auch seit Anfang an der Logistik Usecase mit dem Ziel, dass durch Drohnen ein Teil der Lieferungen in die Luft verlegt wird. Konkret heißt das, dass vor allem dringende Lieferungen sich dorthin verschieben werden: egal, ob es sich um ein dringend benötigtes Ersatzteil für eine Maschine handelt, einen Defibrillator oder eilende medizinische Proben.

Wie haben Sie es geschafft, als erstes Unternehmen in Deutschland eine SAIL III Genehmigung für kommerzielle Logistikflüge zu erhalten, und was bedeutet diese Genehmigung konkret für Ihr Geschäft?

Durch ein kleines bisschen Wahnsinn, viel Beharrlichkeit, aber vor allem einen tollen Partner mit Koerschulte, mit dem wir hier ganz klar Pionierarbeit geleistet haben und durch hervorragende Zusammenarbeit mit dem Luftfahrtbundesamt (LBA), der ausstellenden Behörde. Für unseren Partner, der mit der Genehmigung jetzt den Drohnenbetrieb durchführen darf, bedeutet das in erster Instanz, dass sie ihre eigenen B2B Kunden trotz der misslichen Infrastruktur im Sauerland (Stichwort: gesprengte Rahmedetalbrücke) regelmäßig beliefern können. Zweitens bedeutet das neue Geschäftsfelder in die Richtung Drones-as-a-Service, die hier entstehen.

Und für uns bedeutet das nicht zuletzt, dass wir jetzt die Blaupause für einen erfolgreichen und effizienten Genehmigungsprozess in der Hand halten, um auch anderen diese neue Wege zu eröffnen – und zwar deutlich schneller als bisher.

Wer gehört zu Ihrer Zielgruppe, und welche Bedürfnisse oder Probleme möchten Sie mit Ihrer Drohnenlogistik besonders adressieren?

Tatsächlich sind die Probleme, die damit angegangen werden sollen, wohl so zahlreich wie die möglichen Zielgruppen: Logistikunternehmen, Krankenhäuser, Rettungsdienste, B2B Händler.

Der Gedanke ist dabei, auf einige der größten aktuellen Probleme in der Logistikbranche zu reagieren. Dazu gehören marode Infrastrukturen, Personalmangel aber auch Fragen der Nachhaltigkeit. Drohnen können Staus und gesprengte Autobahnbrücken problemlos überfliegen. Da sie außerdem zum Großteil automatisiert fliegen, können menschliche Operator*innen gleich mehrere Flüge simultan im Blick behalten. Und unsere Systeme fliegen mit Hilfe von Akkus – am besten natürlich geladen mit Ökostrom. Selbst im Vergleich zu vollständig elektrisierten Fahrzeugflotten, z.B. in der Expresslogistik, hätten Drohnen einen deutlich geringeren CO2-Ausstoß.

Welche Herausforderungen mussten Sie während der Gründungsphase und dem Erlangen der Fluggenehmigungen bewältigen, und wie haben Sie diese gemeistert?

Von Anfang an war uns klar, dass nur ein langfristig sicherer Rechts- und Regulierungsrahmen auch nachhaltige Erfolge bedeuten kann. Und so stand neben technischen Entwicklungen und ausgereiften Produkten auch immer ein Ohr am Markt und am Stand der Regulierung im Fokus. Die Phase zwischen der ersten Veröffentlichung eines europäischen Rechtsrahmens und der ersten Umsetzungen hiermit war anstrengend. Aber gleichzeitig hat dieser Schritt auch nachhaltige Sicherheit für uns und unsere Kunden gebracht – und wir haben lange genug durchgehalten.

Was unterscheidet Third Element Aviation von anderen Unternehmen, die ebenfalls in der Drohnentechnologie und -logistik tätig sind, insbesondere im Vergleich zu globalen Akteuren wie Amazon und Google?

Allgemein unterscheidet uns der Fokus auf individuell angepasste Ansätze für unsere Kunden. Wir machen keine Lösungen von der Stange, sondern integrieren diese individuell passend für unsere Kunden. Außerdem kommt bei uns nahezu alles aus einer Hand: von der Hard- und Software bis hin zur Beratung bei der ersten Idee und der Begleitung des Genehmigungsprozesses bis zum erfolgreichen Flugbetrieb.

Im Vergleich zu großen Playern unterscheidet uns dann vor allem auch noch der starke Fokus auf B2B. Viele träumen zwar schon von einer flächendeckenden B2C Logistik, aber die Herausforderungen für diesen Bereich sind aktuell noch nicht weiträumig zu bewältigen.

Wie sehen Sie die Zukunft der Drohnenlogistik in Deutschland, und welche Rolle wird Third Element Aviation dabei spielen?

Wir wollen hier natürlich unsere aktuelle Vorreiterrolle beibehalten. Der Markt wird sich stetig weiterentwickeln und die Akzeptanz wird durch immer bessere und sicherere Technik, klare Regulierung und nicht zuletzt Best-Practice-Beispiele steigen. Daher sind uns Partner wie unser Kunde Koerschulte in Lüdenscheid oder die HHLA Sky enorm wichtig, die diesen Innovationswillen mit uns teilen und mutig kommerzielle Cases umsetzen – und das mit Erfolg!

In welchen Bereichen sehen Sie das größte Potenzial für den Einsatz Ihrer Drohnen – sei es in der Bauindustrie, Medizinlogistik oder anderen Sektoren?

Auch mit vollautomatisierten Drohnen wird Lufttransport vor allem da interessant, wo es um Geschwindigkeit und wertvolle Güter geht. Dabei ist es sowohl der Technik, als auch der Regulatorik letztlich „egal“, was transportiert wird. Entscheidend sind ein verlässlicher, sicherer und möglichst automatischer Betrieb. 

Vor dem Hintergrund sehen wir zunächst vor allem prozesskritische Transporte im B2B als Fokus. Dazu gehören Laborproben, die schneller analysiert werden sollen genau so, wie dringliche Ersatzteile, die Stillstände in der Produktion vermeiden. 

Können Sie uns einen Einblick geben, wie Unternehmen in unter 100 Tagen ihre eigene Drohnenlogistik mit Ihrer Unterstützung aufbauen können?

Mit unseren Erfahrungen in Regulatorik und Technik können wir Interessenten aus einer Hand versorgen. Da diese Komponenten aufeinander abgestimmt sind, kommen wir schneller und effizienter zu einer Genehmigung und können parallel bereits die technische Umsetzung bauen. So sorgen wir in enger Zusammenarbeit mit Behörden, Partnern und Kunden für eine so schnelle Umsetzung vom Projektstart bis zum ersten regulären Flug.

Welche neuen Projekte oder Märkte sind in der nahen Zukunft für Third Element Aviation geplant, und wie möchten Sie Ihre Dienstleistungen deutschlandweit oder international ausweiten?

Wir waren immer und sind auch aktuell laufend in Forschungsprojekten tätig. Dazu gehören aktuell auch zwei, die sich tiefer mit Drohnenlogistik befassen in Bezug auf effiziente Umsetzung solcher Konzepte, vollautomatische Lösungen und der Unterstützung durch KI. Gleichzeitig sind wir im Kopf durchaus schon bei der Genehmigung der nächst höheren Risikoklasse: SAIL IV.

Als Märkte wollen wir im Weiteren auch die Medizin- und Notfalllogistik anstreben. Erste Pilotprojekte haben auch hier schon gezeigt, welchen Mehrwert Drohnen bringen können: z.B. wenn Drohnen einen dringend benötigten Defibrillator zu Patient*innen bringen können.

Welche drei Ratschläge würden Sie anderen Gründern geben, die ebenfalls innovative Lösungen in stark regulierten Branchen einführen möchten?

  1. Kenne deinen Markt – letztlich wird jede Innovation nur dann eine Existenzberechtigung haben, wenn sie eine Lösung für deine Kunden darstellt. Und dabei ist technischer Fortschritt wichtig, aber bei Weitem nicht alles. Und manchmal sind altbewährte Lösungen auch in Ordnung und nicht jedes Rad muss neu erfunden werden.
  2. Engagiere dich in der Regulierung und Standardisierung – hier gibt es zahlreiche Möglichkeiten über europäische Behörden, Branchenverbände oder den DIN. Wir nutzen diese Möglichkeiten und gestalten so aktiv Lösungen mit, statt ihnen nur hinterherzulaufen. 
  3. Denke in Schritten – der Weg zur vollautomatisierten Logistik-Lösung war nicht von 0 auf 100. Wir haben Projekte und Entwicklungen in Etappen durchgeführt, die in sich schon kommerzialisierbare Lösungen darstellen. Manchmal ist es nicht „all or nothing“, sondern eher Schritte in die richtige Richtung.

Gab es einen bestimmten Moment oder Use Case, bei dem Sie gemerkt haben, dass Sie mit Third Element Aviation auf dem richtigen Weg sind?

Für den Logistik Usecase allerspätestens natürlich, als wir Anfang Februar diesen Jahres den Jungfernflug gemacht haben. Nicht nur, weil man dann wortwörtlich die Früchte seiner Arbeit hat abheben sehen, sondern weil die Aufmerksamkeit so groß war. Das haben wir uns natürlich gewünscht, aber in dem Umfang nicht erwartet. Und: es wurde rundum äußerst positiv aufgenommen. Das zeigt wohl vor allem eins: wir treffen mit unseren Anstrengungen den Zeitgeist. Drohnen sind jetzt ein Thema und zwar im großen Stil. Deswegen gilt es auch jetzt sich zu platzieren und dabei zu sein.

Wie reagieren Sie auf die Bedenken in Bezug auf Sicherheit und Umweltaspekte im Zusammenhang mit Drohnenlogistik, und wie gehen Sie mit diesen Themen um?

Wir nehmen alle Bedenken grundsätzlich immer sehr ernst. Das Thema Sicherheit ist für uns an absolut oberster Stelle und wird in jedem Schritt mitgedacht. Das wird auch in Zukunft immer so sein. Gleiches gilt für andere Bedenken. Wir setzen uns mit diesen auseinander und versuchen zu optimieren, wo dies möglich ist.

Trotzdem kann man mit Sicherheit vermuten, dass manche Bedenken vor allem deswegen aufkommen, weil Drohnen als Technologie einfach noch nicht so etabliert sind wie andere, wo gleiche oder ähnliche Bedenken längst durchgespielt und akzeptiert bzw. gelöst sind.

Gründer links Marius Schröder, rechts Benjamin Wiens mit Drohne Auriol Bildcredits: Third Element Aviation

Wir bedanken uns bei Marius Schröder und Benjamin Wiens für das Interview

Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder.

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