Samstag, Dezember 14, 2024
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Nicht alles allein schaffen wollen

umami ferment eine kleine Manufaktur für Tempeh, Miso und Kimchi

Stellen Sie sich und das Startup Umami Ferment doch kurz unseren Lesern vor!

Moin, ich bin Victor! Ich komme aus Frankreich und wohne seit 2015 in Bremen. Eigentlich war ich mal im Bereich der Windenergie beschäftigt, habe meinen Job dort aber an den Nagel gehängt und stattdessen die letzten zwei Jahre einmal in der Woche frischen Tofu für Bremen gekocht. Nun gründe ich Umami Ferment – eine kleine Manufaktur für fermentierte Lebensmittel. Ich möchte dank traditionellen Gärungsmethoden verschiedene vegane Produkte herstellen, zum Beispiel Tempeh (eine Protein-Bombe aus Sojabohnen), Miso (eine Wunderwürzpaste) und Kimchi (eine Art geschmackvolles koreanisches Sauerkraut).

Warum haben Sie sich entschieden, ein Unternehmen zu gründen?

Ich gründe ein Unternehmen, weil ich meine Liebe für Essen und gesunde Lebensmittel zum Beruf machen möchte. Doch die Arbeit als Selbständiger umfasst viel mehr als den reinen Spaß am Kochen: ich muss Maschinen bedienen, Prozesse optimieren, Flyer gestalten, Kunden informieren usw. Das sind vielseitige Aufgaben, auf die ich mich schon sehr freue. Außerdem kann ich als mein eigener Chef Entscheidungen treffen, die mit meinen persönlichen Wertvorstellungen übereinstimmen, zum Beispiel in Bezug auf die Herkunft der Rohstoffe oder die Art des Verpackungsmaterials.

Welche Vision steckt hinter Umami Ferment?

Mit Umami Ferment sollen traditionelle Gärungsmethoden wieder zum Leben erweckt werden. Ich möchte Klassiker wie Sauerkraut produzieren, aber auch experimentierfreudig sein und zum Beispiel Miso aus grünen Erbsen herstellen. Als Gegenpol zur industriellen Lebensmittelerzeugung und Massentierhaltung wird nur vegan gekocht und alles in Handarbeit produziert. Einmal in der Woche soll ein Werksverkauf stattfinden. Ich freue mich schon auf persönliche Treffen mit meinen Kunden, um sich auszutauschen und Fragen beantworten zu können. Ich wünsche mir mehr unpasteurisierte fermentierte Lebensmittel, mehr Bio-Produkte, mehr Geschmack, mehr vegane Lebensmittel, mehr Handwerk, mehr menschliche Kontakte, weniger Plastik und kürzere Transportwege! Umami Ferment ist für mich ein großer Schritt in diese Richtung.

Von der Idee bis zum Start was waren bis jetzt die größten Herausforderungen und wie haben Sie sich finanziert?

Die größte Herausforderung war es, einen Ort zu finden, an dem ich Lebensmittel zubereiten darf. Ich konnte nicht zu Hause arbeiten, doch einen Raum zu mieten und umzubauen ist anfangs einfach unrealistisch. Die Umbaukosten und der Aufwand für die Anmeldung beim Bauamt sind viel zu hoch. Dank etwas Glück und Kontakten konnte ich mich im Bremer Stadtteil Hulsberg niederlassen und in ein ehemaliges Café ziehen, das bereits alle Hygienevorschriften einhält.

In den letzten zwei Jahren hatte ich mit der Produktion von frischem Tofu versucht, ein anderes Projekt auf die Beine zu stellen. In dieser Zeit finanzierte ich alles aus meinen Ersparnissen und kann einiges an Equipment weiternutzen. Trotzdem muss ich nun für Umami Ferment mehrere tausend Euro in neue Maschinen und Zubehör investieren. Aktuell läuft eine Crowdfunding-Kampagne, sodass Menschen mein Vorhaben unterstützen können, indem sie zum Beispiel im Voraus meine Produkte bestellen. Auf diese Weise kann ich meine Ausgaben planen und realisieren.

Wer ist die Zielgruppe von Umami Ferment?

Die Zielgruppe sind in erster Linie Menschen, die gesunde Ernährung, ganz viel Geschmack und Nachhaltigkeit schätzen. Meine Produkte können direkt bei mir bestellt oder in Läden und Restaurants in und um Bremen gekauft und genossen werden.

Was ist das Besondere an den Produkten? Wo liegen die Vorteile? Was unterscheidet Sie von anderen Anbietern?

Die Produktion ist in Bremen und ich freue mich über den persönlichen Kontakt zu meinen Kunden. Diese können sich vor Ort beraten lassen und Fragen stellen. Das Gemüse kommt aus der Region und Getreide sowie Hülsenfrüchte werden in der EU angebaut, falls ich sie nicht aus Deutschland beziehen kann. So bleiben die Transportwege möglichst kurz. Die Produkte sind zum Großteil noch „lebendig“, da sie nicht pasteurisiert sind. Unpasteurisierte und fermentierte Lebensmittel wirken sich positiv auf die Darmgesundheit aus. Für Gastronomen aus der Gegend werde ich Produkte anbieten, die individuell auf sie zugeschnitten sind. So kann ich die Form oder Rezeptur nach Wunsch anpassen.

Umami Ferment, wo geht der Weg hin? Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?

Es fällt mir etwas schwer, große Pläne zu machen und ich nehme lieber einen Schritt nach dem anderen. Ich wünsche mir jedoch, dass Umami Ferment in fünf Jahren ein Teil der lokalen Manufaktur-Szene sein wird. Ich weiß, dass noch viel Aufklärungsarbeit auf mich zukommt, da Miso und Tempeh noch nicht so bekannt sind wie Pommes und Schokolade. Wenn das Crowdfunding erfolgreich ist, kann ich dieses Jahr noch die Küche neu ausstatten. Die nächste große Baustelle wird dann die Programmierung der Webseite sein.

Zum Schluss: Welche 3 Tipps würden Sie angehenden Gründern mit auf den Weg geben?

1) Sich informieren, welche Hilfe es vor Ort für Existenzgründer:innen gibt.

Ich konnte zum Beispiel an einem hilfreichen Coachingprogramm der Bremer Aufbaubank teilnehmen. Ich bekam eine Einführung in BWL, Marketing usw. Dieses Angebot war auch eine tolle Gelegenheit, sich mit anderen Gründer:innen, die ähnliche Probleme hatten wie ich, auszutauschen.

2) Mehr Puffer einplanen!

Bei mir dauert immer alles länger als ursprünglich geplant. So dachte ich zum Beispiel, dass die Vorbereitung des Crowdfundings wenige Wochen dauern würde. Letztendlich benötigte ich fast zwei Monate dafür.

3) Nicht alles allein schaffen wollen.

Bei meiner ersten Selbständigkeit lieferte ich ein Jahr lang die Produkte selber in der Stadt aus. Dann fand ich einen Kurierdienst, der die Liefertouren übernahm. Das kostete zwar Geld, doch dadurch konnte ich mehr Zeit in meine Produktion investieren oder auch einfach mal eine wohlverdiente Pause einlegen.

Wir bedanken uns bei Victor Thomas für das Interview

Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder

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