Dienstag, September 23, 2025
StartWorkbaseZehn Dinge, die ich als Gründer eines Food-Startups gern gewusst hätte

Zehn Dinge, die ich als Gründer eines Food-Startups gern gewusst hätte

Unternehmertum ist trial and error

Man lernt nie aus, oft genug zahlt man sehr reales Lehrgeld. Ich leite seit über zehn Jahren ein vierköpfiges Unternehmen, das inzwischen auch Getränke für die Gen Z entwickelt. Zeit, zehn Dinge zu reflektieren, die ich gerne zu Beginn dieser Reise bereits gewusst hätten.

Headcount macht keinen Umsatz – Struktur schon

Wir haben zu schnell zu viele Stellen geschaffen – aus Wachstumseuphorie, aus Teamgeist, aus dem Wunsch, Dinge gleichzeitig zu stemmen. Viele dieser Positionen wurden später wieder zusammengelegt oder gestrichen. Heute sind wir kleiner, aber schärfer aufgestellt, produktiver, effizienter und schreiben schwarze Zahlen. Struktur schlägt Gefühl.

Fokussieren tut weh – aber zahlt sich aus

Wir haben viel ausprobiert – zu viel. Irgendwann hatten wir 19 Produkte gleichzeitig im Sortiment. Das Regal war voll, unser Geldbeutel leer und die Verbraucher unentschlossen. Heute wissen wir: Fokus is key. Wir sind eine Beerenmarke. Erdbeere, Himbeere – Sorten mit Herz, Geschichte, Wiedererkennung.

Der erste zuckerfreie Bio-Sirup für Kinder? Entwickelt. Heute regulatorisch kaum noch möglich. Unsere B Corp-Zertifizierung verändert Rahmen und Möglichkeiten – und das ist gut so. Rückblickend war das kein Fehler. Es war ein teurer, emotionaler Test – ein Stepping Stone für uns und andere. Wir waren Vorreiter. Jetzt sind wir fokussierter Trendsetter.

Gut, dass es die Tafel, Arche und Co. gibt! In zehn Jahren haben wir sicherlich schon Ware im Wert von mindestens 1 Mio. Euro für die Tonne produziert (Auslistungen, MHD, falsche Auszeichnung, etc.). Aber eben nicht buchstäblich, nichts wurde weggeschmissen.

Ideen sind gut. Klarheit ist besser

Wir waren lange verliebt in Vielfalt. Sorten, Produkte, Formate. Aber ohne Richtung bleibt selbst die beste Idee flüchtig. Heute arbeiten wir mit Roadmaps, OKRs (Objectives & Key Results) und klaren Prioritäten. Unser „Warum“ ist geblieben. Aber unser „Wohin“ ist endlich konkret. Das verändert alles.

Erst MAFO, dann machen. Und dann: Laufen lernen

Zu oft haben wir Produkte gelauncht, weil sie uns logisch erschienen. Aber Märkte denken anders. Heute setzen wir auf Marktforschung – vor, während und nach der Entwicklung. Von Sensorik bis Pricing. Von Positionierung bis Verpackung.

Und Food ist kein Sprint, sondern ein Langstreckenlauf. Mit klaren Etappen, und einer Extraportion Ausdauer.

Deine Zielgruppe wird älter. Und du auch

Als mein Sohn Paul klein war, gab es nichts Gutes im Getränkeregal. Nur Zucker, nur Säfte. So entstand unser Unternehmen. Heute ist Paul 14 und einfach cool. Er trinkt keinen Kindertee mehr, sondern unsere neue zuckerfreie Bio-Limo. Unsere Kinder sind mit uns gewachsen. Unsere Marke auch.

Wer gründet, sollte die eigene Zielgruppe nie einfrieren. Relevanz entsteht durch Entwicklung, nicht durch Stillstand. Aktuell haben wir 10% Marktanteil lt. Nielsen IQ (Drogerie, Babygetränke, Deutschland).

Bio ist gut. Aber B Corp ist Haltung

Früher hielten wir das Bio-Siegel für den Goldstandard. Heute wissen wir: Bio ist ein Lebensstil – aber B Corp ist ein Werteversprechen. Es verändert Entscheidungen. Vom Verpackungsmaterial bis zur Lieferkette. Von der Werbeaussage bis zur Wirkung nach innen. Nachhaltigkeit beginnt nicht beim Produkt, sondern in der Kultur, wie du es führst.

Family First ist nicht weich. Es ist unternehmerisch klug

Viele halten Familienorientierung für ein weiches Thema. Für uns ist es ein harter Wert. Es hilft beim Nein-Sagen, beim Fokussieren, beim Langfristdenken. Unsere besten Ideen sind aus echten familiären Bedürfnissen entstanden. Und unser stärkstes Team besteht aus Menschen, die nicht nur arbeiten, sondern leben dürfen – mit Kindern, Elternzeiten, Bedürfnissen.

„Family First“ ist kein netter Spruch an der Wand. Es ist die stärkste Markenstrategie, die ich kenne.

Gießkanne war gestern – Wirkung braucht System

In den Anfangsjahren haben wir liebevoll Pakete an Blogger*innen, Familiencafés und Eltern-Events geschickt – aus echter Überzeugung. Und das war gut. Aber wir haben gelernt: Nähe ist wichtig, Wirkung braucht jedoch System. Heute setzen wir gezielt auf Palettenversand, strategische Multiplikatoren und Prozesse, die skalieren. Emotional denken – effizient handeln.

Communication is key – sie ist der Verstärker deiner Mission

Wer nicht sichtbar ist, findet nicht statt – und wer nicht spricht, wird nicht verstanden. Wir haben zu spät erkannt, wie entscheidend es ist, unsere Haltung in Worte zu fassen. Pressearbeit, Social Media, Thought Leadership: Sie sind nicht „nice to have“, sie sind der Resonanzraum für Sinn.

Hingegen war unser Auftritt bei „Die Höhle der Löwen“ 2017 kein Werbespot. Es war ein Reputationsmoment. Damals hätten wir strategischer auftreten können, klarer in unserer Botschaft. Heute weiß ich: So eine Bühne ist kein Gag – sie ist ein Test. Auf Authentizität. Klarheit. Haltung. Sie bleibt im Kopf, ob du willst oder nicht.

Der Auftritt generierte einen Media-Wert von ca. 250.000 Euro und bescherte uns einen Uplift im Abverkauf von 40%.

Prüfe, wer sich ewig bindet – gilt auch für Startups in der Wachstumsphase

Wer Kapital aufnimmt, ohne die strategische Tiefe und langfristige Tragfähigkeit seiner Investorenbeziehungen zu hinterfragen, riskiert, dass aus Wachstum kurzfristiger Druck und aus Skalierung ein strategischer Blindflug wird. Aktuell haben wir 16 Investoren im Boot und insgesamt mehr als 2 Mio. Euro Kapital eingesammelt.

Autor  Marco Rühl Bildcredits:  la marchante GmbH

Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder.

Marco Rühl
Marco Rühlhttps://tee-fee.de/
Weil Marco M. Rühl am Markt keine leckeren zuckerfreien und gesunde Kindergetränke fand, als sein Sohn auf die Welt kam, gründete er 2014 die la marchante GmbH, die die Marken TeeFee & TeeFee ZISCH produziert.
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