Samstag, Dezember 7, 2024
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Was vegane Food-Brands erfolgreich macht

Gesund, umweltschützend, tierfreundlich – und lecker: Vegane Alternativen zu Fleisch, Milch und Käse haben dem Konsumenten viel zu bieten.

Aber ihre Vermarktung ist schwierig – jedenfalls, wenn man nicht die Werbemillionen eines Konzerns oder Großinvestors im Rücken hat. Wie können sich kleine Produkt-Pioniere neben Platzhirschen und Eigenmarken behaupten?

Der Markt wächst rasant: laut Mintel war 2021 bereits jedes fünfte hierzulande neu eingeführte Lebensmittel vegan. Damit gehört Deutschland zu den Spitzenreitern, nach Großbritannien, Portugal und den Niederlanden. Nicht nur kleine Startups, sondern auch herkömmliche Unternehmen wie Katjes, Coppenrath und Rügenwalder bringen immer mehr vegetarische oder vegane Produkte auf den Markt; Fleischkonzerne investieren in Labor-Fleisch.

Selbst Pandemie, Ukraine-Krieg und Inflation können den Trend nicht brechen: GfK zufolge wurden von Januar bis September 11,5 Prozent mehr Ersatzprodukte umgesetzt als im Vorjahreszeitraum. Im gesamten Lebensmitteleinzelhandel stiegen die Umsätze dagegen nur um 0,4 Prozent. 

Der Preis ist heiß

Zwar kaufen viele Menschen wegen der Inflation häufiger günstigere Handelsmarken als teurere Markenprodukte. Doch laut GfK ist die Verschiebung bei Veggie-Produkten längst nicht so stark wie in anderen Bereichen. Offenbar akzeptieren viele Kunden hier eher höhere Preise, weil ihnen Klima- und Tierschutz wichtig sind – und sparen eher bei Grundnahrungsmitteln.

Trotzdem haben vegane Food-Startups es immer noch schwer genug – jedenfalls ohne Großinvestor im Rücken. Bei den millionenschweren Werbekampagnen der etablierten Hersteller können sie kaum mithalten – und sich auch keine Listungen in den Supermärkten kaufen. Zudem liegt ein Viertel der pflanzlichen Ersatzprodukte über dem Durchschnittspreis ihres tierischen Pendants, so eine Studie der Ernährungsorganisation ProVeg. Wegen der Nischenproduktion ist die Herstellung teurer, Milchalternativen werden höher besteuert und der Handel erwartet deutlich höhere Margen: Bei Fleischalternativen beispielsweise rund 40 Prozent, gegenüber acht Prozent bei Fleisch. 

Lebensfreude statt Moralkeule

Dabei sind die Bedingungen ohnehin schon Hardcore: Pflanzliche Milchalternativen dürfen nicht heißen wie ihre „Vorbilder“, auch gesundheitsbezogene Aussagen sind per Gesetz tabu. Und moralische Argumente machen Kunden ein schlechtes Gewissen – das führt zu einer Abwehrhaltung. Hinzu kommt eine Zielgruppe, die nicht nur äußerst kritisch ist, sondern auch sehr heterogen: Wie lassen sich Flexitarier ansprechen, ohne ethische Veganer, Fitnessbegeisterte und Gesundheitsfreaks zu verschrecken? 

Was nach der unlösbaren Quadratur des Kreises klingt, birgt aber auch Chancen. Denn insbesondere die Jüngeren probieren gerne etwas Neues aus, wenn ihnen die Produkte einen Zusatznutzen versprechen. Zum Beispiel neuartige Geschmackserlebnisse (wie süß-salzige Schokolade), ein gutes Gewissen (dank Spende für jede gekaufte Wasserflasche), oder mehr Power (durch Protein-Toastbrot). Dahinter stecken Bedürfnisse wie Gesundheit, soziale Anerkennung und Selbstoptimierung – unser Essen wird zur Lebenseinstellung. Das gibt veganen Food-Startups Grund zur Hoffnung – und liefert Ansatzpunkte für die Kommunikation mit Verbrauchern.

Das V-Wort vermeiden

Zwar fehlt noch manch vegane Alternative zu herkömmlichen Produkten, von Schokoküssen über Donuts und Kinderriegel bis hin zu Hunderten von Wurst- und Käsesorten. Hier wäre also noch viel Platz für Innnovationen. Doch die mittlerweile 1,6 Million Veganer in Deutschland sind noch immer eine zu kleine Randgruppe, als dass ein Startup von ihnen allein als Kunden leben könnte. Es gilt also, die Neuprodukte so zu vermarkten, dass sie sowohl Veganer als auch Nicht-Veganer ansprechen. Keine leichte Aufgabe, denn viele Menschen sehen Veganer ausgesprochen kritisch und wollen keinesfalls mit ihnen in einen Topf geworfen werden. Tatsächlich glauben viele sogar, ein Produkt sei für sie nicht geeignet, wenn „vegan“ auf der Verpackung steht.

Genau in diesem Balanceakt aber liegt der Schlüssel erfolgreicher PR für vegane Produkte: Es gilt, die Gemeinsamkeiten zwischen Veganern und Nicht-Veganern herauszuarbeiten. Diese verbindenden Elemente muss die Kommunikation betonen – sei es bei der Pressearbeit, auf der eigenen Website oder beim Content Marketing in den sozialen Medien. Denn wer explizit Veganer anspricht, grenzt automatisch alle andere aus – also auch diejenigen, die ihren Konsum von Tierprodukten bewusst einschränken wollen. Und diese wachsende Gruppe der sogenannten Flexitarier ist entscheidend für den Erfolg eines veganen Food-Startups.

Storytelling & optische Reize

Gesundheit, Genuss, Flexibilität – das sind Werte, mit denen sich immer mehr Konsumenten identifizieren. Vermitteln lassen sie sich mit Hilfe von Storytelling: emotionalen, spannenden oder auch witzigen Geschichten über das Unternehmen und seine Produkte. Sogar komplexe Nachhaltigkeitsthemen lassen sich so vereinfachen und konkretisieren, dass die Verbraucher sich abgeholt fühlen. Voraussetzung ist eine positive, kreative Sprache – denn viele bekannte und daher Vertrauen erweckende Formulierungen sind für vegane Produkte per Gesetz tabu.

Auch optische Reize sind wichtig, um Markenbotschaften zu vermitteln. Das gilt umso mehr, da Geruch und Geschmack in der digitalen Welt nicht erfahrbar sind. Zur visuellen PR gehören eine schicke Verpackung, gute Fotos und Rezepte auf der Website, im Blog und in Social Media-Kanälen. Influencer-Kampagnen mit Micro-Bloggern bieten Zugang zu einer zwar kleinen, aber besonders passgenauen Zielgruppe – und sind im Gegensatz zu bekannten Influencern erschwinglich. Ihre Bilder können Produktvorteile glaubwürdig und auf unterhaltsame Weise erklären.

So lassen sich professioneller PR nicht nur abwechslungshungrige Kunden für eine neue Marke gewinnen, sondern auch an die Marke binden. 
Autorin

Katrin Kasper studierte Publizistik, Journalismus und Öffentlichkeitsarbeit in Münster, Bordeaux, Belfast und Berlin. Beim Kommunikationstechnologie-Konzern Ericsson in Düsseldorf war sie Chefredakteurin des Mitarbeitermagazins und Managing Editor Online Services. Als Projektmanagerin bei einer der ersten deutschen Digitalagenturen launchte sie Websites für Kellogg. 2001 gründete sie das Kreativen-Netzwerk KASPER Kommunikation: Pressearbeit, Content Marketing und Influencer Relations für Unternehmen, vom Startup bis zum DAX-Konzern.

Titelbild unsplash

Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder

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