Sonntag, Oktober 13, 2024
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Status quo der europäischen Tech-Branche

Stecken Investments in der Krise? 

An den Investment-Märkten geht es derzeit auf und ab: Einige Bewertungen von Unternehmen sind in kurzer Zeit stark gefallen, es gab teilweise Massenentlassungen, das Abschließen von Investmentrunden ist schwieriger geworden. Nicht nur Gründer:innen fragen sich daher: Wie wird es weitergehen? Einen Einblick gibt Florian Bogenschütz, CEO von Wayra Deutschland.

Niemand will mehr “Hot Potatoes”

Durch die bereits mehr als zwei Jahre andauernde Pandemie und den Krieg in der Ukraine ist der wirtschaftliche Einbruch in vielen Bereichen inzwischen deutlich spürbar – auch in der Start-up- und Investment-Welt. So berichtete die Gründerszene kürzlich über die schwierige Lage am Investmentmarkt und überhöhte Unternehmensbewertungen. Doch ist die Lage wirklich nur negativ zu sehen? Nein, denn eine aktuell durchaus positive Entwicklung ist, dass Investor:innen zunehmend auf Rentabilität, Umsatzentwicklung und ein solides Geschäftsmodell achten. Dementsprechend werden reine Investmentvehikel seltener, also Start-ups, bei denen es nur darum geht, immer mehr Eigenkapital in Investmentrunden einzusammeln. 

Dieser Trend ist zu begrüßen, da in den vergangenen Jahren eine wachsende Anzahl solcher Investmentvehikel zunehmend die Glaubwürdigkeit von Start-ups und die Sinnhaftigkeit ihrer Geschäftsmodelle in Frage stellte. Eine veränderte Mentalität der Investor:innen kann dazu führen, dass der Fokus wieder verstärkt auf innovativen Geschäftsmodellen mit Zukunft und auf Profitabilität liegt, statt auf dem Weiterverkauf von Geschäftsanteilen mit maximalem Wert. Start-ups sollten daher darauf achten, zeitnah, also möglichst innerhalb von ein bis zwei Jahren, profitabel zu sein.

Umsatz und Profitabilität als Schlüsselkriterien

Nachhaltigkeit und Social Profit: Diese Aspekte werden immer mehr zu Schlüsselkriterien bei Investments. Technologien, die einen positiven Einfluss auf Wirtschaft und Gesellschaft ausüben, haben es dementsprechend deutlich leichter, eine Finanzierung zu erhalten. 

Auch auf saubere Grundlagen legen Unternehmen inzwischen mehr Wert, daher sollten Gründer:innen bei der Investor:innen-Suche zeigen, dass ihr Geschäftsmodell gut durchgerechnet ist. Statt großer Visionen und 20-Jahres-Plänen stehen solide Business- und Cash-Flow-Pläne im Vordergrund. CEO’s und Founder müssen daher, wenn noch nicht vorhanden, entsprechende Fähigkeiten aufbauen. Ein Zeichen, wie wichtig solide Business-Kompetenzen gegenüber hochfliegenden Visionen geworden sind, ist auch der kürzlich von der New York Times konstatierte Abschied der “Boy Bosse”, also von jungen, unerfahrenen Unicorn-Gründern, denen die Fähigkeiten fehlen, die es in einem rauen Marktumfeld braucht.  

Welche Geschäftsmodelle erfolgversprechend sind

Welche anderen Aspekte macht ein erfolgreiches Geschäftsmodell aus? Aufgrund des starken Mangels an hochqualifizierten Entwickler:innen haben aktuell besonders schlanke, software-basierte Geschäftsmodelle gute Chancen. Diese verschaffen den entwickelnden Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil, da weniger Ressourcen von Programmierer:innen gebraucht werden. Auch interne Mobilität und Re- und Up-Skilling, also die Weiterentwicklung von bestehendem Personal, sind wichtig, um das Potenzial der eigenen Angestellten bestmöglich zu nutzen. 

Venture Client: Ein krisenfestes Erfolgsmodell

Gerade in diesen anspruchsvollen Zeiten erweist sich das Venture-Client-Modell als krisensicher und erfolgversprechend. Beim Venture-Client-Modell wird ein großes Unternehmen zu einer der ersten Kunden eines Start-ups. Die Konzerne profitieren von innovativen Lösungen, die in relativ kurzer Zeit implementiert werden können und oftmals kann das Produkt individuell auf ihre Bedürfnisse angepasst werden. Die Start-ups profitieren von dem Know-how, dem verlässlichen Großkunden und dessen Umsätzen, die direkt und zumeist über Jahre hinweg generiert werden, sowie von der Möglichkeit, ihre Produkte unmittelbar zu erproben. Zudem erhalten sie ggf. Unterstützung beim Erstellen oder Optimieren ihres Business-Plans. 

Ein Beispiel ist Wayra, bei dem den Start-ups je ein:e Coach:in an die Seite gestellt wird, die ihr Wachstum fördert. Wayra ist als CVC und Investor auch eine mögliche Finanzierungsquelle und bietet den Start-ups eine lebendige Community. Die Arbeit mit einem CVC kann wiederum sehr sinnvoll sein, da diese auch in Krisenzeiten weiter Gelder zu vergeben haben und daher weiter investieren. Gerade solche stabilen Netzwerke sind in turbulenten Zeiten Gold wert. 

Bildquelle Wayra

Autor:

Florian Bogenschütz verantwortet als CEO die Geschäftsentwicklung und strategische Ausrichtung von Wayra Deutschland, der Innovations- und Investmenteinheit der Telefónica. Wayra baut mit dem Venture-Client-Modell belastbare Kundenbeziehungen zwischen der Telefónica und Start-ups auf: beide Parteien profitieren so optimal voneinander.

Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder

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