ZELLSTROM denkt Entsorgung und Versorgung neu: Mit einer mobilen Anlage verwandelt das Startup Abfall und Abwasser in sauberes Wasser, Alkohol und Sauerstoff – CO₂-neutral und dezentral. Im Interview erklären die Gründer, wie ihre Technologie Leben retten kann.
Was ist die Gründungsgeschichte von ZELLSTROM und wer sind die Köpfe hinter der Technologie?
Zellstrom entstand durch eine Idee von Hardy, dem „Daniel Düsentrieb“ der Versorgungs- und Entsorgungsindustrie und Michael, einem technikbegeisterten Projektentwickler. Hardy war als Ingenieur für Verfahrenstechnik jahrelang in Korea und bekam dort die Überforderung von Großstädten im Bereich der Abfallwirtschaft täglich vor Augen geführt. Michael war durch seine zahlreichen Reisen in Entwicklungsländern schon früh für ihre umweltpolitischen Sorgen sensibilisiert und suchte nach niedrigschwelligen Lösungen, um die Lebensgrundlage der Menschen dort verbessern zu können.
Welche Vision verfolgt ZELLSTROM – und wie nah sind Sie dieser heute schon?
Eine saubere Welt – sauberes Wasser, saubere Energie – Jederzeit und überall. Das ist unsere Vision. Millionen Menschen weltweit leiden an den Folgen verschmutzten Wassers, fehlender Energie und einer stetig wachsenden Müllkrise. Flüsse werden zu Abfalldeponien, Grundwasser ist kontaminiert, und ganze Regionen verlieren ihre Lebensgrundlage. Während die Industrieländer noch Wege suchen, den ökologischen Wandel zu meistern, fehlt vielen Entwicklungsländern selbst die einfachste Infrastruktur zur Abfallentsorgung oder Wasserversorgung. Technisch sind wir bereit, diese Probleme anzugehen – nun brauchen wir Partner, die uns dabei unterstützen.
Inwiefern unterscheidet sich Ihre containerbasierte Anlage grundlegend von klassischen Entsorgungs- oder Klärsystemen?
„Technik neu gedacht“ – schnelle Umsetzung, deutlich geringere Kosten und rasant sichtbare Erfolge. Unser System basiert im Gegensatz zu klassischen zentralen Großanlagen auf der Idee der dezentralen Ver- und Entsorgung durch skalierbare Maschinen vor Ort. Man spart sich die Zeit und die Kosten für 15-jährige Plan- und Bauphasen, die Kosten für lange Versorgungsleitungen und riesige Stromtrassen. Eine oder mehrere ‚Ecolyd71.‘ – so haben wir unsere Maschine getauft – hinstellen und los geht’s. Der Vergleich mit einem Heizwerk und einer Heizung im Keller eines Hauses passt ganz gut. Eine Heizung kostet ein paar Tausend Euro, rasch eingebaut und ein paar Tage später ist das Haus warm. Ein großes Heizwerk – 15 Jahre und hunderte Millionen später geht’s erst los. Das ist der erste Unterschied.
Hinzu kommt, dass wir verschiedene umweltrelevante Prozesse in einer Maschine und in einem einzigen Vorgang durchführen können. Salopp gesagt: Wir können fast alles im Ecolyd7.1 verarbeiten. Es ist quasi eine ‚eierlegenden Wollmilchsau‘: Wir führen Klärwasser, Salzwasser oder auch Altöl ein, fügen zerhäckselten Plastikmüll, Abfall, Bioreste oder alte Reifen dazu und wandeln diesen Brei in reinen Sauerstoff, reinen Alkohol und reines Wasser um.
Für welche Regionen oder Einsatzorte sehen Sie aktuell den größten Bedarf für Ihre Lösung?
Eingesetzt werden kann Ecolyd7.1 auf der ganzen Welt. Am meisten hilft das System aber derzeit, wo die Not am größten ist. In Entwicklungsländern leben bis zu drei Milliarden Menschen teilweise unter katastrophalen Bedingungen, 25.000 Menschen sterben täglich durch Umweltverschmutzung oder fehlende Versorgung, z.B. mit sauberem Wasser. Diese Menschen brauchen simple und vor allem schnelle Lösungen.
Wie gelingt es ZELLSTROM, technologische Komplexität mit praktischer Anwendbarkeit zu verbinden?
Wenn man sich ein riesiges Kraftwerk anschaut und im Gegensatz ein kleines Notstromaggregat anschaut, hat man die Erklärung vor Augen. Beides produziert Strom, das eine ist hochkompliziert und individuell erstellt worden, das andere besteht aus simplen Großserienteilen und lässt sich von jedem Laien bedienen. Knopf drücken – los geht’s. Wir haben einfach alles so konstruiert, dass es in einen Container passt und im Prinzip von jedem, der etwas technisch interessiert ist, nach einer kurzen Anweisung in Betrieb genommen werden kann.
Was war bisher die größte Herausforderung auf dem Weg zur Marktreife – und wie haben Sie sie gemeistert?
Die größte Herausforderung ist die Frage zu beantworten: „Ja, wenn das so genial ist, wieso machen das andere nicht?“ Die Frage haben wir uns auch gestellt und dann die Antwort gefunden. Geforscht und entwickelt wird, was gefördert wird, und das war die letzten Jahre Wasserstoff. Wir haben bisher ohne Förderung gearbeitet, deswegen sind wir auf einem anderen Weg als andere. Und – was für alle Innovationen gilt: Man darf nicht aufgeben, wenn man auf Hindernisse stößt.
Wie stellen Sie sicher, dass Ihre Technologie auch unter extremen Bedingungen zuverlässig funktioniert?
Bei der Vorbereitung zur Serienreife ziehen wir weitere Experten heran, um mögliche technische Eventualitäten ausschließen zu können. Bislang zeigt sich unsere Technik aber auch unter Extremsituationen als robust.
Wer sind Ihre Zielgruppen – und wie holen Sie sie dort ab, wo sie stehen?
Umweltverschmutzung zu reduzieren ist inzwischen ein Ziel, dem sich Politik und Wirtschaft gleichermaßen verschrieben haben – um Menschen ein besseres Leben zu ermöglichen, um dem Klimawandel entgegenzutreten und aus ökonomischen Gründen. Vom Politiker bis zum CEO – alle wollen die Ecolyd7.1 haben. Nun müssen wir den Schritt von den Berechnungen und Simulationen zur Serienproduktion vollziehen, und dazu braucht es Kapital. Sobald wir dieses akquiriert haben, geht es los – der Absatzmarkt ist riesig.

Was macht das Geschäftsmodell von ZELLSTROM besonders wirtschaftlich?
Eine Ecolyd7.1 ist zeit- und kostensparend. Das macht sie schon wirtschaftlich hoch attraktiv. Betreibt man sie zusammen mit einem eigenen Windkraftrad, dann ist das System sogar noch C02-neutral und somit wirtschaftlich noch rentabler. „Tue Gutes und verdiene dabei“ – das ist unser Ziel. Bisher hat Umweltschutz Milliarden verschlungen, jetzt wird Umweltschutz das erste Mal wirtschaftlich attraktiv
Welche Entwicklungen oder Partnerschaften planen Sie für die nächsten Jahre?
Geplant ist für die nächsten 2 Jahre eine Serienproduktion aufzubauen. Das ist ambitioniert, aber machbar. Wir stehen dabei mit Ländern genauso in Kontakt wie mit großen Firmen. Wir stehen zu 100 Prozent hinter unserem Produkt und sind daher bereit, so viele Menschen wie möglich davon profitieren zu lassen.
Wo sehen Sie ZELLSTROM in fünf Jahren – technologisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich?
Technologisch sollten wir in fünf Jahren zwei Linien haben. Einmal die „Standard Ecolyd7.1“ im eigenen Betrieb und dann die daraus abgeleiteten Kompaktmaschinen im Eigenbetrieb z.B. für den Betrieb in Krankenhäusern, auf Kreuzfahrtschiffen oder in großen Ferien Resorts.
Wirtschaftlich ist Zellstrom in 5 Jahren in den schwarzen Zahlen.
Gesellschaftlich erhoffen wir uns, dass man die Ecolyd71. an allen Ecken der Erde finden wird und wir dadurch täglich Menschenleben retten.
Welche drei Ratschläge würden Sie Gründerinnen und Gründern mit auf den Weg geben, die ebenfalls ein technologiegetriebenes Unternehmen starten möchten?
Tut es nicht! Nein, Scherz beiseite. Die meisten haben ja – so wie wir – erstmal nur eine Idee und Vision – aber weder viel Geld noch passende Verbindungen; einigen mangelt es auch an unternehmerischer Erfahrung. Aber wenn ihr eine gute Idee habt, an die ihr glaubt und bereit seid, euch die kaufmännischen Grundlagen anzueignen, dann legt los. Deutschland und Europa brauchen mehr gute und innovative Ideen.
Bild: Teambild © privat
Wir bedanken uns bei Michael Hahn für das Interview
Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder.
Premium Start-up: Zellstrom

Kontakt:
Zellstrom GmbH
Zülowstraße 16
D-15827 Blankenfelde-Mahlow
www.ecolyd.com
www.zellstrom.com
th@zellstrom.com
Ansprechpartner: Thorsten Haas und Daniel Stein