XO Life bietet Patient:innen eine digitale Begleitung für Medikamente und Therapien, direkt unterstützt von Pharmaunternehmen und Ärzt
Könnten Sie XO Life und die Personen, die hinter dem Unternehmen stehen, kurz vorstellen und uns erzählen, wie alles begonnen hat?
Unsere Plattform bietet Patient:innen eine digitale Produkt- und Behandlungsbegleitung. Konkret heißt das, Patienten erhalten umfassende Informationen zu Medikamenten und Therapien, direkt von Pharmaunternehmen und Ärzt:innen. Wir haben XO Life 2018 in München gegründet, um unseren Teil zur Zukunft des Gesundheitssystems beizutragen. Auslöser dafür waren bei mir selbst auftretende Nebenwirkungen nach der Einnahme eines Antibiotikums. Nachdem ich diese recherchiert hatte, stellte ich eines fest: die Unsicherheiten wurden nicht genommen. Im Gegenteil: sie sind gewachsen. Daraus entstand die Idee, eine eigene Plattform mit validen und aussagekräftigen Informationen aufzubauen.
Was ist die langfristige Vision von XO Life und welche konkreten Schritte unternehmen Sie, um diese zu erreichen?
Nach unserer Zukunftsvision wird jede:r Patient:in während der Therapie bzw. Medikamenteneinnahme digital begleitet. Konkret heißt das: Bei Fragen und Unsicherheiten haben sie sofort Zugriff auf geprüfte medizinische Inhalte und ihr Feedback wird an die Hersteller der Medikamente weitergegeben. Unsere Plattform ist technisch bereits darauf ausgelegt. Wir wollen in den kommenden Jahren das “Instagram für Patient:innen” werden.
Wer ist Ihre Hauptzielgruppe, und wie stellen Sie sicher, dass XO Life ihre Bedürfnisse bestmöglich erfüllt?
Wir teilen unsere Zielgruppen in zwei Bereiche auf: Einmal gibt es die nutzende Zielgruppe. Das sind Patient:innen, die nichts für die Plattform zahlen, sondern sie begleitend zu ihrer Behandlung nutzen. Dann gibt es die zahlende Zielgruppe, also Pharma- und Medtech-Unternehmen. Das sind allein in Europa rund 200.000. Sie lizenzieren unsere Plattform für ihre Patient:innen und bekommen Zugriff auf die Produkt- und Therapiebereiche. Gleichzeitig erhalten sie direkt das Feedback der Patient:innen und können Therapien gezielt weiterentwickeln.
Was war die größte Herausforderung, der Sie bisher begegnet sind, und wie haben Sie diese gemeistert?
Der Schritt in Richtung VC-Finanzierung war bisher definitiv unsere größte Herausforderung. Genauer gesagt der Weg zur “Investor-Readiness”. Für unsere letzte Finanzierungsrunde bedurfte es eines marktreifen Produkts, das bereits von Kunden bezogen wird. Von der reinen Idee bis zu diesem Zeitpunkt haben wir drei Jahre gebraucht und hart gearbeitet. Wie man so eine Phase meistert? Eine hohe Resilienz, Leistungs- und Entscheidungsbereitschaft und natürlich die Vision vor Augen.
Was macht XO Life einzigartig im Vergleich zu anderen Unternehmen in Ihrer Branche?
Unser gesamtes Plattformkonzept ist weltweit einzigartig. Bisher gab es nur Applikationen, die kleine Bereiche dessen, was wir unseren Usern bieten, abgedeckt haben. Bei uns können Hersteller eigene Produkt- und Therapiebereiche als digitale “Patient Companions” lizenzieren und ihren Patient:innen anbieten. Gleichzeitig gibt es kein Sponsoring: Alle Hersteller können die Plattform nutzen, ihre Patient:innen betreuen und sicher sowie Datenschutzkonform Gesundheitsdaten erheben, mit denen ihre Medikamente weiterentwickelt werden können. So nutzen uns bereits Unternehmen wie Pfizer, Novo Nordisk und Hermes.
Welche Entwicklungen und Innovationen sind in naher Zukunft bei XO Life geplant, um weiter zu wachsen?
Derzeit treiben wir den internationalen Rollout der Plattform voran. Sie soll in sämtlichen Sprachen und Ländern genutzt werden können. Im Zuge unseres Wachstums wird aktuell auch der Onboarding-Prozess für die Hersteller automatisiert. Immerhin gibt es alleine in Europa 200.000 Arzneimittel-Marken. Nutzen diese alle unsere Plattform, muss der Rollout irgendwann vollständig automatisiert sein, um das überhaupt möglich zu machen.
Wie wichtig ist es für Sie, mit Ihrer Zielgruppe in engem Kontakt zu stehen, um deren Wünsche und Erwartungen zu verstehen?
Der enge Kontakt mit unseren Zielgruppen ist uns äußerst wichtig. Unser ganzes Konzept ist ja darauf ausgelegt, die Hersteller und die Patient:innen näher zusammenzubringen. Genau so handhaben wir das auch. Wir investieren jetzt schon in verschiedene Customer Success Teams, um alle Hersteller optimal zu unterstützen. Auf der anderen Seite führen wir alle zwei Wochen User Tests mit echten Patient:innen durch, um die Entwicklung der wichtigen Features auf der Plattform zu priorisieren und diese dann aber auch so zu entwickeln, dass diese jeder Anwender versteht. Wir gehören also zu den Product-led-Unternehmen. Das heißt, wir sind der Überzeugung, dass ohne exzellentes Produkt auch kein nachhaltiges Wachstum möglich ist.
Gab es einen Moment, in dem Sie dachten, XO Life könnte scheitern, und wie sind Sie damit umgegangen?
Davon gab es sogar ganz schön viele. Auch wir haben die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie, des Ukrainekriegs und der Energiekrise gespürt. Das Funding-Klima und die Investitionsbereitschaft sinken und die aktuelle Wirtschaftslage macht es nicht einfacher. Zudem kommt, dass ein neuartiges Plattformkonzept ja einen höheren Erklärungsbedarf hat, als Weiterentwicklungen von bestehenden Ideen. Während dieser Phase sind einige Investoren abgesprungen. Wir haben aber nicht aufgegeben und ab dem Zeitpunkt, an dem wir erste Kunden vorweisen konnten, wurde es dann auch etwas leichter.
Welche Werte und Überzeugungen leiten Sie als Unternehmer und beeinflussen die strategischen Entscheidungen für XO Life?
Ethische Integrität, Leidenschaft, der persönliche Einsatz für eine bessere Welt indem wir eine Plattform schaffen, die für Millionen, wenn nicht Milliarden Menschen sinnstiftender ist als beispielsweise Facebook, Instagram oder Tik Tok, wenn es um die eigene Gesundheit geht.
Welche drei Ratschläge würden Sie anderen Gründern mit auf den Weg geben, die sich ebenfalls im Aufbau eines Start-ups befinden?
Voller Einsatz für alle, die dir Vertrauen schenken: Kunden, Mitarbeiter:innen, Investoren, etc. haben 100 Prozent Einsatz von dir verdient. Wenn du ein Unternehmen aufbaust, musst du mehr als andere leisten und effektiv in vielen Bereichen besser als der Durchschnitt sein. Stelle dich diesen Herausforderungen mit hoher Leistungsbereitschaft.
Wenn du dich für dein Produkt schämst (MVP), dann ist definitiv nicht der richtige Zeitpunkt rauszugehen, denn warum sollten deine Kunden damit zufrieden sein, wenn du es nicht bist (haben wir am Anfang falsch gemacht).
Überlege, wie viel du von deinem privaten Leben für das Startup aufopfern kannst und wo die rote Linie ist. Bis zu dieser Linie kannst du alles geben, aber es ist wichtig, auch den Moment zu finden, an dem es nicht mehr geht.
Wie gehen Sie mit Konkurrenz um, und was tun Sie, um weiterhin im Markt zu bestehen?
Letztendlich entwickelt man ja vor allem in der Startup-Szene gemeinsam den Markt weiter, oder schafft ihn erst. Trotzdem gibt es natürlich auch ein Konkurrenzdenken, bei dem man aber letztlich im Auge behalten muss, dass auch auf allerhöchsten Umsatz-Niveaus mehrere Wettbewerber erfolgreich bestehen können. Beispielsweise im Streaming (Netflix, Prime, etc.) oder in der Hardware-Branche (Apple, Samsung, usw.). Im Endeffekt hat beides Vorteile: Erster und größter im Markt zu sein, aber auch einer der Nachfolger zu sein. Letztere können beispielsweise schneller von den Fehlern der Ersten lernen und gute Entscheidungen abkupfern.
Wo sehen Sie XO Life in den nächsten fünf Jahren, und was erhoffen Sie sich, bis dahin erreicht zu haben?
Wir möchten bis dahin Europas bekannteste und meistgenutzte Patienten-Plattform sein und auch außerhalb Europas soll die Plattform schon genutzt werden.
Bild: Friderike Bruchmann XO Life Copyright Steffen Roth
Wir bedanken uns bei Friderike Bruchmann für das Interview
Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder.