FirstVet bietet telemedizinische Beratung für Tiere und Besitzer
Stellen Sie sich und das Startup FirstVet doch kurz unseren Lesern vor!
Hallo, ich bin David Prien. 2016 habe ich gemeinsam mit Per Victor, Joakim Widigs und Lars Martin Norviit FirstVet in Schweden gegründet. FirstVet bietet telemedizinische Beratung für Tiere und deren Halter*innen an. Unsere qualifizierten und erfahrenen Tierärzte geben per Video-Sprechstunde über das Smartphone, den Computer oder das Tablet Rat und Hilfe bei allen medizinischen Symptomen der Tiere.
Warum haben Sie sich entschieden ein Unternehmen zu gründen?
Tierhalter*innen besuchen häufig einen Tierarzt, weil sie unsicher sind oder sich absichern wollen, wie sie ihr Haustier bei kleineren Verletzungen richtig versorgen. Da ich selbst Halter von zwei Hunden bin, war ich selbst öfter in dieser Situation. Mir fiel auf, dass es bei typischen Herausforderungen und Unsicherheiten in Bezug auf die Gesundheit meiner Vierbeiner keine fachkundige Anlaufstelle gab. Bis dato bestand die einzige Option darin, online zu recherchieren, ob der Tierarztbesuch bei den vorhandenen Symptomen notwendig ist. Im Zweifel musste man sein Haustier also immer zum Tierarzt bringen, was sowohl für meine Hunde als auch mich Stress und Aufwand bedeutete. Mit FirstVet schließen wir diese Versorgungslücke im Veterinärmarkt, indem wir die Möglichkeit bieten, schnell und unkompliziert den kompetenten Rat eines Experten einzuholen.
Welche Vision steckt hinter FirstVet?
FirstVet möchte der erste Ansprechpartner für Tierhalter*innen sein, die eine medizinische Einschätzung für ihr Haustier benötigen – und zwar zu jeder Zeit, von überall aus. Wir möchten Tiere auf ihrem Lebensweg begleiten und Tierhalter*innen in jeder Lebensphase ihres Tieres beratend zur Seite stehen. Dabei geht FirstVet vor allem um das Wohl des Tieres. Wir möchten es Tierhalter*innen ermöglichen, ihr Haustier in den eigenen vier Wänden untersuchen zu lassen. Das bedeutet erheblich weniger Stress für Tier und Halter*in, da das Tier seine gewohnte Umgebung nicht verlassen und keine langen Transportwege und Wartezeiten auf sich nehmen muss. FirstVet möchte den Haustieren den Tierarztbesuch so angenehm wie möglich zu machen. Um das zu ermöglichen, treiben wir die Digitalisierung der Tiermedizin voran und demokratisieren diese.
Von der Idee bis zum Start was waren bis jetzt die größten Herausforderungen und wie haben Sie sich finanziert?
Eine große Aufgabe für unser Team war die Internationalisierung unseres Angebots. Jeder Markt hat seine Eigenheiten und die lernt man erst kennen, wenn man dort erste Erfahrungen macht. Unser Geschäftsmodell auf dem Heimatmarkt Schweden setzt stark auf Partnerschaften mit den dort weit verbreiteten Tierkrankenversicherern. Bei der Expansion auf neue Märkte waren und sind wir immer wieder herausgefordert, dieses Modell an den jeweiligen Markt anzupassen, da jedes Land ganz unterschiedlich strukturiert ist.
Auch technologisch gab es die ein oder andere Herausforderung. Da Telemedizin für Tiere noch ein recht neues Feld ist, mussten wir zum Beispiel erstmal herausfinden, wie wir unser Angebot so nutzerfreundlich wie möglich zur Verfügung stellen. Wir haben viel getestet und probiert. Inzwischen zählen wir über 300.000 Kunden, deren User-Feedback zeigt, dass sie mit der Handhabung sehr zufrieden sind.
Was die Finanzierung von FirstVet betrifft, schätzen wir uns glücklich namhafte internationale Risikokapitalgebern im Rücken zu haben. Dazu gehören z. B. das Unternehmen Creandum, das auch in Spotify, KRY und iZettle investierte, oder Omers Ventures, das in Wefox investierte. In einer Series A Finanzierung erhielten wir 2018 5,3 Millionen Euro und in einer Series B Finanzierung im Jahr 2019 nochmal 18,5 Millionen Euro.
Wer ist die Zielgruppe von FirstVet?
Die Zielgruppe von FirstVet sind generell Tierhalter*innen von Haustieren. Zu Beginn fokussiert sich FirstVet in Deutschland auf Hunde- und Katzenhalter*innen, perspektivisch umfasst der Service alle Haustiere. Tierhalter*innen sind in der Onlinesprechrunde richtig, wenn ihre Haustiere mit kleineren Problemen zu kämpfen haben. Natürlich gibt es Situationen, in denen ein direkter Besuch beim Tierarzt oder in der Tierklinik definitiv notwendig ist. Bei ernsthaften Verletzungen oder Erkrankungen wie Knochenbrüchen oder kardiologischen Problemen sollte auf keinen Fall gezögert werden, da ist die Behandlung vor Ort ein Muss.
Auch das Verschreiben von Medikamenten oder Impfungen sind nur direkt möglich. Die telemedizinische Beratung eignet sich aber für alle Fälle, die Symptome aufweisen, welche durch Schilderung der Tierhalter*in und anhand von Bildern eindeutig zu diagnostizieren und zu behandeln sind. Dazu gehören zum beispielsweise Erbrechen, Durchfall, Husten und Niesen, tränende Augen oder Juckreiz. Auch bei Vergiftungssymptomen und oberflächlichen Wunden und Verletzungen eignet sich im ersten Schritt eine telemedizinische Beratung, um Unterstützung bei Maßnahmen zur ersten Hilfe zu erhalten und abzuklären, ob eine Notfallversorgung in der Tierarztpraxis oder -Klinik notwendig ist.
Wie funktioniert FirstVet? Wo liegen die Vorteile? Was unterscheidet Sie von anderen Anbietern?
FirstVet setzt auf ein B2C-Geschäftsmodell, bei dem die Kund*innen direkt über die FirstVet-App auf den Dienst zugreifen können. Die Bezahlung erfolgt leistungsbasiert, pro Beratung werden je nach Tageszeit zwischen 22 und 25 Euro berechnet, abends und am Wochenende liegt dieser Betrag etwas höher.
Wir sehen unsere Vorteile vor allem darin, dass wir bereits auf eine mehrjährige Erfahrung in verschiedenen Ländern und Märkten zurückblicken können. Dadurch verfügen wir nicht nur über reichlich Know-How, was die Bedürfnisse der Tiere und ihrer Halterinnen angeht, sondern auch über eine ausgereifte digitale Plattform, die den bestmöglichen Service garantiert.
Dazu gehört auch die leicht zu bedienende App. Somit können Nutzer*innen von überall aus den FirstVet-Service nutzen. Ein weiteres Merkmal, das unser Angebot einzigartig macht, ist ein hoher Qualitätsstandard, was die tierärztliche Beratung angeht. Dafür haben wir ein deutschlandweites Tierärzte-Team im Einsatz. Unser leitender Tierarzt in Deutschland, Björn Becker, hat selbst viele Jahre zwei Tierarztpraxen geführt und promoviert aktuell zum Thema Telemedizin in der Tiermedizin.
Bei der Auswahl neuer Teammitglieder legt er großen Wert auf langjährige Berufserfahrung, denn nur wer viel Übung in der Behandlung von Tieren hat, entwickelt ein geschultes Auge, um eine gute telemedizinische Beratung durchführen zu können.
Einen weiterer Vorteil von FirstVet liegt darin, dass wir ein unabhängiger Anbieter sind, also keine Partnerschaften mit Tierkliniken eingehen. So können wir uns als Unternehmen voll und ganz an den Bedürfnissen der Tiere und ihrer Halter*innen ausrichten. Das bedeutet unter anderem, dass der Service leistungsabhängig berechnet wird. Tierhalter*innen zahlen also keinen monatlichen Festbetrag, sondern nur für die erfolgte Behandlung. Anschließend haben sie uneingeschränkten Zugriff auf ihre digitale Patientenakte.
Wie hat sich ihr Unternehmen mit Corona verändert?
Corona hat dazu geführt, dass mehr Tierhalter*innen den Service von FirstVet in Anspruch genommen haben. Viele Menschen, die normalerweise einen direkten Tierarztbesuch bevorzugt hätten, haben stattdessen die digitale Sprechstunde gewählt. Auch in Deutschland hat die Pandemie den Menschen verdeutlicht, dass telemedizinische Beratung sowohl für Menschen als auch für Tiere sehr wertvoll ist. Wir wären in Deutschland auch ohne Corona gestartet, jedoch hat das Interesse an unserem Dienst durch die Pandemie einen spürbaren Schub bekommen.
Wie haben Sie sich darauf eingestellt und welche Änderungen haben Sie vorgenommen?
Wir haben uns auf das Thema eingestellt, indem wir einerseits sichergestellt haben, dass unsere Server ein größeres Anfrageaufkommen abfedern können und andererseits, indem wir das Thema in unserer Kommunikation aufgegriffen haben. Die Pandemie wirft auch in Bezug auf Haustiere neue Fragen und Unsicherheiten auf und wir versuchen, bestmöglich darauf einzugehen.
Wo sehen Sie in der Krise die Chance?
Ein wichtiges Ziel von FirstVet ist es, die Tiermedizin zu digitalisieren und als anerkannte Art und Weise der Behandlung in der Gesellschaft zu verankern. In einer Zeit, in der große Teile der Gesellschaft auf digitale Lösungen zurückgreifen (müssen), merken viele Menschen, die sonst gern auf altbewährte Systeme gesetzt haben, dass die Digitalisierung durchaus Vorteile mit sich bringt. Diesen Wandel im Denken können wir nutzen, um zu zeigen, dass digitale Lösungen auch in der Tiermedizin durchaus sinnvoll sein können.
FirstVet, wo geht der Weg hin? Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?
Als eines unserer langfristigen Projekte planen wir, zusätzlich Partnerschaften mit Versicherungsgesellschaften einzugehen. Eine solche Zusammenarbeit hat den Vorteil, dass die Kosten für den Versicherungsschutz von Haustieren sinken, da kleinere Beschwerden bereits in der Videosprechstunde behandelt werden können. Der kostenintensivere Besuch in der Tierklinik ist dann nur noch bei ernsten Erkrankungen notwendig. In Schweden haben bereits alle aktiven Haustierkrankenversicherungen eine Partnerschaft mit FirstVet.
Zum Schluss: Welche 3 Tipps würden Sie angehenden Gründern mit auf den Weg geben?
Bleib deiner Sache treu, aber erkenne auch, wenn du dich irrst. Es ist kein Problem, falsch zu liegen, solange man daraus lernt. Alles andere wäre falscher Stolz.
Eine Idee allein bringt dich nicht weit. Fokussiere dich auf ihre Ausführung und darauf, dir unterstützende Strukturen um dich herum aufzubauen, damit du die Herausforderungen meistern kannst, die höchstwahrscheinlich auf dich zukommen werden.
Es gibt eine weitverbreitete, viel zu glamouröse Vorstellung darüber, was es bedeutet, ein Unternehmen zu gründen und aufzubauen. In der Realität bedeutet es in 99 Prozent der Fälle vor allem viel Arbeit. Stelle also sicher, dass du etwas tust, das dir Spaß macht und es gemeinsam mit Menschen machst, die du magst.
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Wir bedanken uns bei David Prien das Interview
Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder