SPRK.global: Auf der Plattform werden die überschüssigen Lebensmittel gegen Gebühr wieder in Umlauf gebracht
Stellen Sie sich und das Startup SPRK.global doch kurz unseren Lesern vor!
Wir haben SPRK.global im März 2020 gegründet, mit dem Ziel, die Lebensmittelverschwendung in der Lieferkette durch einen innovativen Distributionsansatz zu eliminieren. Partnerschaftlich mit Akteurinnen und Akteuren der Lieferkette verteilen wir Lebensmittel bedarfsgerecht um und verwandeln sie zum Teil in attraktive Kreislaufprodukte: So verarbeiten wir überschüssige, aber noch bestens genießbare Lebensmittel mit unseren SPRK.manufactury Produktionspartnern zu neuen Produkten (zum Beispiel machen wir aus Tomaten Salsa, Tomatensuppe und Ketchup) oder bieten sie in unserem “Deli by SPRK” als Mahlzeiten und Snacks an.
Dadurch steigern wie die Effizienz der Lebensmittellieferkette, reduzieren die Lebensmittel-Überproduktion langfristig und sorgen dafür, dass entsprechende CO2-Emissionen im Zusammenhang mit der Lebensmittelproduktion nicht unnötig entstehen, beziehungsweise von vornherein vermieden werden. Unsere KI-getriebene Plattform arbeitet wie eine Spinne im Netz: Wir bringen die Teilnehmenden der Lieferkette – seien es Produzenten, Groß- oder Einzelhändler als Anbieter – und gemeinnützige Organisationen und kommerzielle Unternehmen auf der Abnehmerseite sowie Logistiker zusammen.
Ich selbst habe vorher schon mit Gründerinnen und Gründern sowie innovativen Köpfen zusammengearbeitet, um technologiegetriebene Impact-Unternehmen aufzubauen. Beispielsweise habe ich GameGenetics und SirPlus mit aufgebaut oder die Vereinten Nationen bei der Definition und Umsetzung ihrer innovations- und gemeinwohlorientierten Strategien unterstützt.
Warum haben Sie sich entschieden, ein Unternehmen zu gründen?
Tatsächlich waren es zwei einschneidende und bewegende Momente in meinem Leben, die den Anstoß gaben, meine Erfahrungen als Unternehmer und Start-up-Gründer für eine gerechtere und nachhaltigere Welt einzusetzen: Eine Krebs-Fehldiagnose im Jahr 2014 und die Geburt unseres ersten Kindes 2015. Ich bin ins Grübeln gekommen und dann eher durch Zufall auf das Problem der Lebensmittelverschwendung aufmerksam geworden – ich habe gelernt, dass bislang kein systematischer Sekundärmarkt für Lebensmittelüberschüsse existiert und mich dann dafür entschieden, hier aktiv zu werden. Von der Idee bis zur offiziellen Gründung von SPRK sind sage und schreibe vier bis fünf Jahre vergangen. Es war eine aufregende Zeit, in der ich zahlreiche Gespräche mit Stakeholderinnen und Stakeholdern aus der Lebensmittelbranche geführt habe, um die komplexen Gegebenheiten und Bedürfnisse der Lieferkette zu verstehen.
Welche Vision steckt hinter SPRK?
1,6 Milliarden Tonnen Lebensmittel landen weltweit pro Jahr in der Tonne, allein in Deutschland 12-18 Millionen Tonnen – jedes Jahr. 60 Prozent der Lebensmittelüberschüsse fallen am Anfang und in der Mitte der Lieferkette an, also circa 10 Millionen Tonnen. Das sind 10 Millionen Tonnen zu viel. Die SPRK Vision ist, die Lebensmittelüberhänge in der Lieferkette (und damit den entsprechenden Food Waste) auf Null zu reduzieren und somit die Überproduktion von 30 bis 40 Prozent auf Null runterzufahren. Das wäre ein gigantischer Effizienzgewinn für die Lieferkette und würde massiv Ressourcen schonen. Der Einfluss dieser Lebensmittelverschwendung auf das Klima ist enorm.
Der Lebensmittelbereich ist beispielsweise für fünf mal so viele CO2-Emissionen verantwortlich, wie der Flugverkehr (vor der Covid-19-Pandemie). Reduzieren wir die Ineffizienz der Lieferkette, leisten wir gemeinsam einen entscheidenden Beitrag zum Klimaschutz. Deshalb müssen wir es uns erlauben, groß zu denken. Impact ist die Leitlinie für unsere Wirtschaft von morgen. Mit unserem Ansatz orientieren wir uns stark an den Zielen für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen (Sustainable Development Goals, SDGs), insbesondere SDG 12 (Kreislaufwirtschaft, nachhaltige/r Konsum und Produktion), SDG 13 (Maßnahmen zum Klimaschutz), SDG 2 (Kein Hunger) und SDG 17 (Partnerschaften zur Erreichung der Ziele) stehen bei uns im Fokus.
Wir gehen die Reduzierung der Lebensmittelverschwendung zunächst in einzelnen Städten an, dann bundesweit und darüber hinaus. Das Schöne dabei ist: Der Impact für den Ressourcen- und Klimaschutz lässt sich durch die Umrechnung in nicht unnötig entstandene CO2-Emissionen genau messen. Wir möchten viel auf einmal – Lebensmittelüberschüsse herunterfahren, die Effizienz der Lieferkette global steigern, Tonnen an CO2-Emissionen verhindern und damit auch Landwirtinnen und Landwirten, den Handel sowie Abnehmerinnen und Abnehmer zu Klimaschützerinnen und Klimaschützern machen – wir sind guten Mutes und haben bereits einiges erreicht: Bislang hat SPRK knapp 150 Tonnen Lebensmittel umverteilt oder verarbeitet, das entspricht rund 375 Tonnen CO2-Äquivalenten, die nicht unnötig anfielen.
Von der Idee bis zum Start was waren bis jetzt die größten Herausforderungen und wie haben Sie sich finanziert?
Zu Beginn ging es viel um Lernen und Verstehen – wie die Lieferkette funktioniert und wo und warum Überschüsse entstehen. Dafür braucht es auch viel Geduld. Zu Beginn habe ich zum Teil sechs bis neun Monate auf ein Treffen mit Entscheiderinnen und Entscheidern gewartet, aber das Warten hat sich gelohnt. Bis zur ersten Finanzierungsrunde habe ich die Idee von SPRK aus der eigenen Tasche finanziert. Das heißt ein paar Jahre habe ich als Familienvater ohne Gehalt gelebt – das war nicht immer einfach. Doch auch wenn es Talfahrten gab – die Überzeugung, dass SPRK großes bewirken wird, hat mich weitermachen lassen.
Und nun trägt der Einsatz Früchte: immer mehr Akteurinnen und Akteure der Lieferkette erkennen das Potential, das in SPRK und unserer Technologie steckt. Mit diesem schnellen Wachstum gehen auch neue Herausforderungen einher. Wichtig ist es daher von Beginn an saubere Prozesse einzuführen und Angebot und Nachfrage über die Plattform rasch in Einklang zu bringen. Nach der Seed-Finanzierung im Sommer 2020, bei der wir einen siebenstelligen Betrag von internationalen Investoren erhalten haben, befinden wir uns gerade in der Series A Finanzierung.
Wer ist die Zielgruppe von SPRK?
Wir fokussieren uns besonders auf Akteurinnen und Akteure die am Anfang und in der Mitte der Lebensmittellieferkette relevant sind, womit wir uns hauptsächlich an Produzenten, Groß- und Einzelhändler wenden. Auf der Abnehmerseite adressieren wir vor allem verarbeitende Betriebe aber auch gemeinwohlorientierte Organisationen. Kommerzielle und gemeinnützige Abnehmerinnen und Abnehmer haben natürlich unterschiedliche Bedürfnisse, auf die wir genau achten.
Im Mai 2021 haben wir außerdem unser erstes Ladenlokal, das “Deli by SPRK” in Berlin eröffnet, mit dem wir uns nun auch an Konsumentinnen und Konsumenten wenden. Wir freuen uns, wenn auch sie die Umverteilung in der Lieferkette unterstützen und schmeckend lernen, dass aus “dem was gerade da ist” tolle Gerichte entstehen können. Im Deli bieten wir täglich wechselnde Gerichte, gekocht aus überschüssigen Lebensmittel, zum Verkauf und zum Mitnehmen sowie unsere Produkte aus der SPRK.manufactury an.
Wie funktioniert SPRK? Wo liegen die Vorteile? Was unterscheidet Sie von anderen Anbietern?
Auf der Plattform werden die überschüssigen Lebensmittel gegen Gebühr wieder in Umlauf gebracht. In Relation zu den Entsorgungskosten, die für überschüssige Lebensmittel entfallen, sind die Kosten gering. Das Besondere bei uns ist, dass wir den Anfang und die Mitte der Lieferkette im Blick haben und dass unsere Plattform auf künstlicher Intelligenz basiert. Zudem verteilen wir die Lebensmittel nicht nur um, sondern verarbeiten sie auch in unserer SPRK.manufactury oder in Form von Gerichten im Deli.
SPRK, wo geht der Weg hin? Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?
Als Impact Venture nutzen wir ein Mischmodell. Wir möchten 2022 eine eigene Stiftung ins Leben rufen. Stifterinnen und Stifter können beispielsweise einen 5-, 6- oder 7-stelligen Betrag spenden und uns somit bitten, entsprechend Lebensmittel an Bedürftige zu geben.
Das eben neu eröffnete Deli by SPRK soll nicht das einzige seiner Art bleiben. Hier planen wir Eröffnungen bundesweit. Natürlich sehen wir auch einen erheblichen Ausbau des Vertriebs von Produkten aus der SPRK.manufactory. Was die Lebensmittelüberschüsse angeht, ist das Ziel, in 4-5 Jahren “Zero-Waste” zum neuen “Normal” zu machen – erst in Berlin, dann darüber hinaus. Wir glauben daran, dass Technologie zusammen mit starken Partnerschaften der Schlüssel zur Lösung des Problems ist!
Zum Schluss: Welche 3 Tipps würden Sie angehenden Gründern mit auf den Weg geben?
Traut euch, mit euren Ideen in die Öffentlichkeit zu gehen. Durch den Austausch mit Expertinnen und Experten und dank der Vielzahl von Rückmeldungen, die ich zu SPRK bekommen habe, konnte ich weitere Lösungsansätze und viel Know-How ansammeln. Nutzt euer Netzwerk, bis ihr sicher seid, dass ihr eure Idee zum Leben erwecken könnt. Seid, besonders auf diesem Weg, geduldig und lasst euch von Kritik nicht einschüchtern. Es wird noch viele Situationen geben, die euch Beharrlichkeit und Flexibilität abverlangen oder euer Business-Modell hinterfragen. Am Wichtigsten ist meiner Meinung nach aber die Begeisterung für eure eigene Idee. Springt der Funke (der SPRK) über, lassen sich sowohl Partner als auch Kunden viel leichter mitreißen.
Wir bedanken uns bei Alexander Piutti für das Interview
Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder