Samstag, November 23, 2024
StartGründerTalkEine Prise Naivität hilft, sich nicht von allen Unwägbarkeiten abschrecken zu lassen

Eine Prise Naivität hilft, sich nicht von allen Unwägbarkeiten abschrecken zu lassen

CHANCEN eG Wunschbildung fair, flexibel und ohne Risiko finanzieren

Stellen Sie sich und das Startup Chancen eG doch kurz unseren Lesern vor!

Bildung darf nie an der Finanzierung scheitern! Egal ob Studium oder Weiterbildung –  wir brauchen gut ausgebildete Fachkräfte, insbesondere angesichts der abnehmenden Zahl von Menschen im Erwerbsalter (demografische Entwicklung). Wir wollen jedem die persönliche Entwicklung ermöglichen. Wir selbst, mein Co-Founder Olaf Lampson und ich, Florian Kollewijn, hätten uns unser Studium ohne finanzielle Unterstützung nie leisten können.

An der Uni Witten/Herdecke haben wir den sogenannten Umgekehrten Generationenvertrag als faire Finanzierung kennen und lieben gelernt: Das Studium wurde uns vorab bezahlt, dafür zahlen wir jetzt einen Anteil unseres Einkommens zurück. 

Von dem Modell waren wir so begeistert, dass wir 2016 – selbst noch im Studium – die CHANCEN eG gegründet haben mit dem Ziel, dass immer mehr Menschen ihre Wunschbildung fair, flexibel und ohne Risiko finanzieren können. Mittlerweile haben wir über 1.600 Studierende und Weiterbildende in Deutschland mit gut 35 Mio. Euro und 2.200 Studierende in Ruanda finanziert. 

Warum haben Sie sich entschieden, ein Unternehmen zu gründen?

Wir wollten uns für Bildungsgerechtigkeit einsetzen und direkt etwas bewegen. Ich selbst hatte davor politische Erfahrung auf EU Ebene gesammelt und war von den trägen und langen Prozessen enttäuscht. Natürlich braucht es beides – unternehmerische Lösungen und politische Rahmenlösungen. Wir wollten es in der Hand haben und zeigen, dass wir sozialunternehmerisch faire Lösungen bieten.

Welche Vision steckt hinter Chancen eG?

Bestmögliche Bildung und Entfaltung für jeden. Für die persönlichen Entwicklungschancen. Und weil wir als Gesellschaft und Wirtschaft jede und jeden brauchen. In Deutschland sinkt das sogenannte Erwerbspersonenpotenzial bis 2060 um über ein Drittel. Wenn wir den gesellschaftlichen Wandel und Wirtschaftswachstum schaffen wollen, können wir es uns nicht leisten, Menschen auf der Strecke zu verlieren.

Selbst in Deutschland hängt der Bildungserfolg viel zu sehr von der Herkunft ab: Bis heute ist der Zugang zu Bildung abhängig von der finanziellen Herkunft einer Person. Nur etwa 21 Prozent der Kinder aus Nicht-Akademiker-Familien treten ein Studium an, bei Akademiker-Kindern liegt dieser Anteil hingegen bei 74 Prozent. Die Chancen eG möchte genau das ändern. Es sollte keine Rolle spielen, aus welchen finanziellen Verhältnissen jemand kommt. Jede*r sollte die Möglichkeit haben, ihr oder sein  Traumstudium anzutreten. 

Von der Idee bis zum Start: Was waren, bis jetzt, die größten Herausforderungen und wie haben Sie sich finanziert?

In 2016 starteten wir mit einer Million Euro an Impact Investments von Stiftungen und Privatpersonen. Mittlerweile haben wir rund 35 Millionen Euro eingeworben, auch von Family Offices und Pensionskassen. Alle Investoren eint, dass sie eine finanzielle Rendite mit sozialem Impact verbinden wollen. Das Fundraising war eine zentrale Herausforderung als junges Unternehmen mit einem sehr langfristigen Geschäftsmodell. Zusätzlich fordert uns immer wieder der Rechtsrahmen, der wenig auf  Sozialunternehmen ausgelegt ist.

Wer ist die Zielgruppe von Chancen eG?

Unsere Zielgruppe sind Studierende und Tech Bootcamp Teilnehmende, vor und während des Studiums. Wir wollen so vielen Studierenden wie möglich den Traum vom Studium ermöglichen. Außerdem sind wir immer auf der Suche nach neuen Investor*innen und Partnern, denen die Chancengleichheit in der Bildung genauso am Herzen liegt wie uns. 

Wie funktioniert Chancen eG? Wo liegen die Vorteile? Was unterscheidet Sie von anderen Anbietern?

Anders als andere bieten wir keinen normalen “Studienkredit” an. Der Umgekehrte Generationenvertrag bietet den Studierenden Sicherheit und Stabilität. Sie können mit uns Studiengebühren oder Lebenshaltungskosten finanzieren und sich so ihre eigene Wunschbildung ermöglichen Nach ihrem Abschluss zahlen die Studierenden  erst zurück, wenn sie einen Job haben und genug verdienen. Dann zahlen sie einen vertraglich vereinbarten Anteil ihres Einkommens zurück, zum Beispiel 8 Prozent des Jahresbruttoeinkommens über 8 Jahre. Wer also später wenig verdient, zahlt wenig oder gar nichts zurück, wer richtig gut verdient, zahlt mehr und trägt damit andere mit. 

Das Besondere ist also: Die Rückzahlung hängt komplett vom zukünftigen Erfolg und Einkommen ab. Anders als bei einem Kredit gibt es deswegen kein Risiko: Verdiene ich nichts, zum Beispiel wegen einem Unfall oder weil ich mich auf die Familie konzentriere, zahle ich auch nichts. So wird das Risiko für die Studierenden drastisch minimiert und die Angst, auch ein teures Studium zu beginnen, wird ihnen genommen. Mit der Rückzahlung der Absolvent*innen werden wiederum neue Studierende finanziert – daher der Name Umgekehrter Generationenvertrag: Die Älteren finanzieren die Jüngeren.

Chancen eG, wo geht der Weg hin? Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?

“Bildung soll nicht vom Geldbeutel abhängig sein!” Mit diesem Ziel möchten wir auch in Zukunft Bildung für jede*n zugänglich machen, ganz unabhängig vom finanziellen oder akademischen Hintergrund. So soll die Hürde für Bildung sinken und jede*r eine freie Wahl bekommen. Der Fokus liegt in der nahen Zukunft erstmal auf der Gewinnung von Impact-Investor*innen und mehr Studierenden sowie mehr Tech Bootcamp Teilnehmenden. 

Zum Schluss: Welche 3 Tipps würden Sie angehenden Gründern mit auf den Weg geben?

Erstens, alignment des individuellen Purposes mit dem Unternehmenspurpose. Gründen ist nie einfach;und es trägt über schwierige Phasen, wenn das eigene Herz für den Purpose schlägt. 

Zweitens, embrace learning and self-improvement – egal ob durch Mentoren, Coaches, Teammitglieder, Podcasts, Bücher, Weiterbildung oder ein Studium nebenher. Denn die Aufgaben und Rollen verändern sich kontinuierlich; und dafür muss man mitwachsen.

Drittens – das Wichtigste: Einfach starten. Eine Prise Naivität hilft, sich nicht von allen Unwägbarkeiten abschrecken zu lassen.

Wir bedanken uns bei Florian Kollewijn für das Interview

Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder

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