Dienstag, September 23, 2025
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Gelebte Inklusion in der Gastronomie: Ein Café verändert Perspektiven

coffee, brownies & downies verbindet Inklusion mit hochwertiger Gastronomie

Wer sind die Menschen hinter coffee, brownies & downies und wie ist die Idee zu diesem besonderen Café entstanden?

Die Gründer sind Max C. Luscher und Roland Braza. Luscher bringt langjährige Erfahrung in Hotellerie und Gastronomie mit, unter anderem als CEO Central & Northern Europe bei B&B Hotels. Zudem ist er Vater eines schwerbehinderten Kindes. Braza ist Finanzexperte mit Studium der Volkswirtschaft, Erfahrung in Private Equity und als Unternehmer. Auch er ist durch familiäre Hintergründe für das Thema Inklusion sensibilisiert. Die Idee entstand, weil beide Gründer festgestellt haben, dass Inklusionsprojekte in der freien Wirtschaft kaum vorhanden sind. Sie wollten etwas Sinnhaftes schaffen, das gelebte Inklusion ermöglicht.

Welche Vision verfolgt coffee, brownies & downies mit dem Thema Inklusion in der Gastronomie?

Ziel ist es, schwerbehinderten Menschen gleichberechtigt im ersten Arbeitsmarkt eine Chance zu geben – nicht in Werkstätten oder abgeschottet, sondern mitten in der Gesellschaft. Alle Mitarbeitenden erhalten faire Bezahlung, mindestens Mindestlohn, unabhängig von Behinderung. Sichtbarkeit und Bewusstsein für das Thema sind zentral. Der Name Downies ist bewusst provokant gewählt, um Aufmerksamkeit zu erzeugen und Diskussionen anzustoßen. Gleichzeitig basiert das Konzept auf einem nachhaltigen, wirtschaftlich tragfähigen Modell, das auf Franchise ausgelegt ist und damit viele Standorte ermöglichen soll.

Wie gelingt es euch, Menschen mit und ohne Handicap im Alltag zu einem starken Team zusammenzuführen?

Die Mitarbeitenden werden nach ihren Stärken und Fähigkeiten eingesetzt. Menschen mit Behinderung übernehmen Aufgaben, die ihnen liegen, etwa in der Spülküche, beim Polieren von Geschirr, im Service oder beim Begrüßen der Gäste. Menschen ohne Behinderung übernehmen Leitungsaufgaben, geben Orientierung und arbeiten gemeinsam im Team. Digitale Unterstützung, zum Beispiel durch Apps oder QR-Codes für Bestellungen, erleichtert die Abläufe und entlastet alle Mitarbeitenden.

Welche Zielgruppe fühlt sich von eurem Konzept besonders angesprochen und warum?

Das Café richtet sich grundsätzlich an alle Menschen. Besonders an Gäste, die Wert auf gelebte Inklusion, Fairness und soziales Engagement legen. Familien, Freundeskreise und Menschen, die Gemeinschaftserlebnisse suchen, fühlen sich angesprochen. Gleichzeitig kommen Gäste, die einfach ein gutes Café mit hochwertigem Angebot und angenehmem Ambiente genießen wollen.

Was macht den Besuch bei coffee, brownies & downies aus Sicht der Gäste zu einem besonderen Erlebnis?

Die Atmosphäre ist herzlich und menschlich. Begegnung steht im Vordergrund, nicht Perfektion. Gäste erleben echten Einsatz und Herzenswärme. Transparenz ist ein wichtiger Teil: Man sieht Inklusion live, Mitarbeitende mit und ohne Handicap arbeiten Seite an Seite. Kulinarisch gibt es ein vielfältiges Angebot von Premium-Kaffeespezialitäten über Brownies, Kuchen und Waffeln bis hin zu Frühstück, Mittagessen und Tagesbar-Angeboten. Alles wird frisch zubereitet und mit Liebe serviert.

Welche Herausforderungen begegnen euch im täglichen Betrieb und wie geht ihr damit um?

Die öffentliche Wahrnehmung und die Diskussion um den Namen Downies gehören zu den größten Herausforderungen. Der Name wurde bewusst gewählt, um Aufmerksamkeit zu erzeugen, aber er erfordert auch viel Aufklärung. Hinzu kommen bürokratische Hürden bei der Integration von Menschen mit Behinderung in den regulären Arbeitsmarkt, etwa bei Vorschriften oder Förderstrukturen. Die Einarbeitung erfordert Geduld und individuelle Anpassung, da nicht jede Aufgabe für jeden Mitarbeitenden geeignet ist. Wichtig ist, Stärken zu erkennen und zu fördern. Auch die Verbindung von wirtschaftlicher Tragfähigkeit und sozialem Anspruch ist herausfordernd. Deshalb setzt das Team auf hohe Qualitätsstandards bei Angebot, Lage und Ausstattung, kombiniert mit dem inklusiven Ansatz.

Inwiefern hilft eure persönliche Erfahrung in Hotellerie, Gastronomie und Unternehmertum bei der Umsetzung des Projekts?

Luscher und Braza bringen Managementerfahrung, Branchenkenntnisse sowie Know-how in Finanzierung und Unternehmensaufbau ein. Der persönliche Bezug durch die Behinderung in der Familie sorgt für eine tiefe Motivation und für ein feines Gespür für Barrieren, Bedürfnisse und Lösungen.

Welche Rolle spielen Werte wie Gastfreundschaft, Menschlichkeit und partnerschaftliches Denken in eurem Alltag?

Gastfreundschaft, Herzlichkeit und Menschlichkeit sind Kern des gesamten Konzepts. Begegnung und Wertschätzung haben Vorrang vor Perfektion. Die Gäste sollen echte Wärme spüren. Partnerschaftliches Denken gilt auch im Team: Mitarbeitende erhalten Aufgaben entsprechend ihrer Fähigkeiten, fühlen sich wertgeschätzt und arbeiten gleichberechtigt zusammen.

Wo seht ihr coffee, brownies & downies in den nächsten Jahren. Plant ihr weitere Standorte oder neue Angebote?

Das erste Café in Oberursel ist nur der Anfang. Ziel ist es, das Konzept über Franchise deutschlandweit auf bis zu 100 Standorte auszuweiten. Das Franchisemodell wurde bereits entwickelt. Zudem sind neue digitale Angebote geplant, wie ein Ausbau des Bestellsystems. Auch eine Erweiterung des kulinarischen Angebots und Veranstaltungen sind denkbar.

Wie reagieren eure Gäste auf den offenen Umgang mit dem Thema Inklusion und was nehmt ihr daraus mit?

Die Reaktionen sind überwiegend sehr positiv. Viele Gäste loben die Mitarbeitenden mit Behinderung für ihre Freundlichkeit und ihren Einsatz. Eltern von Kindern mit Behinderung melden sich und zeigen Dankbarkeit für die Sichtbarkeit. Manche Gäste sind anfangs unsicher, was im direkten Kontakt schnell verschwindet. Insgesamt baut das Café Barrieren ab und verändert den Blick auf Inklusion.

Welche drei Ratschläge gebt ihr anderen Gründerinnen und Gründern, die ein werteorientiertes Projekt starten möchten?

Wichtig ist ein persönlicher Bezug und echte Authentizität. Nur wenn ein Projekt von echter Motivation getragen wird, bleibt es stark und überzeugend. Zweitens braucht es eine klare Vision, verbunden mit einem wirtschaftlich tragfähigen Konzept. Soziales Engagement allein reicht nicht, damit ein Projekt langfristig funktioniert. Drittens ist die Teamgestaltung entscheidend. Aufgaben müssen den Stärken entsprechen, Geduld und Verständnis sind notwendig, um Menschen mit Behinderungen bestmöglich einzubinden.

Was bedeutet euch ganz persönlich der Erfolg von coffee, brownies & downies über die wirtschaftliche Seite hinaus?

Für uns zeigt der Erfolg, dass Inklusion ein selbstverständlicher Teil des normalen Wirtschaftslebens sein kann und kein Randthema bleiben muss. Er gibt Menschen mit Behinderung echte Lebensqualität, Teilhabe und eine neue Bedeutung. Gleichzeitig verändert er die Wahrnehmung in der Gesellschaft und zeigt, wie Menschen sich begegnen und wo Barrieren abgebaut werden können.

Fotos: Teamfoto ©coffee, brownies & downies

Wir bedanken uns bei Max C. Luscher für das Interview

Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder.

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