Du bist hier der Chef: Verbraucher entscheiden, was ihnen bei Lebensmitteln wichtig ist und wie diese produziert werden sollen
Stellen Sie sich und das Startup „Du bist hier der Chef“ kurz unseren Lesern vor!
„Wo kommen unsere Lebensmittel her? Wie werden sie produziert?“: Das habe ich mich immer wieder gefragt… und nie eine zufriedenstellende Antwort bekommen. Das war mein Startpunkt für „Du bist hier der Chef!“.
Mit unserer Verbraucher-Initiative „Du bist hier der Chef!“ zeigen wir einen neuen Weg auf: Wir lassen Verbraucher selbst entscheiden, was ihnen bei Lebensmitteln wichtig ist, wie diese produziert werden sollen und zu welchem Preis sie bereit sind, diese zu kaufen. Das Ergebnis ist Transparenz und Mitbestimmung für Verbraucher, gute und nachhaltige Produkte für alle und eine faire und gerechte Vergütung für Landwirte.
Warum haben Sie sich entschieden ein Unternehmen zu gründen?
Nach langjähriger Erfahrung in der Lebensmittelindustrie habe ich mich nach einem Projekt gesehnt, das alle wichtigen Akteure der Branche – Verbraucher, Landwirte, Hersteller und Handel – zusammenbringt und auf Augenhöhe zusammenarbeiten lässt.
Als Unternehmer-Typ hatte ich das Thema Selbstständigkeit bereits im Kopf. Dann entdeckte ich 2018 die Idee der Verbraucher-Initiative in Frankreich und war sofort Feuer und Flamme. So entschied ich mich kurzerhand, mich voll der Sache zu widmen und den Funken nach Deutschland zu übertragen. Mit der Gründung des Vereins „Die Verbrauchergemeinschaft e.V.” ist unsere Initiative im Juni 2019 gestartet.
Welche Vision steckt hinter Du bist hier der Chef?
Na ja, es waren erstmal 2 Feststellungen: zuerst, dass das Vertrauen in Marken und die Lebensmittelindustrie schwindet. Dann, dass wir Verbraucher aktuell mit unseren Käufen ein System unterstützen, das nicht immer fair und nachhaltig ist, ohne dass uns das so richtig bewusst ist.
Warum können so viele deutsche Landwirte von ihrer Arbeit nicht leben?
Unser Ansatz bringt die Verbraucher und die Landwirte wieder zusammen und sichert ab, dass jeder aus der Wertschöpfungskette für die Herstellung guter Produkte fair bezahlt wird.
Von der Idee bis zum Start was waren bis jetzt die größten Herausforderungen und wie haben Sie sich finanziert?
Unsere größte Herausforderung war vielleicht die skeptische Einstellung einiger Ansprechpartner in Deutschland: „Euer Konzept funktioniert in Frankreich zwar sehr gut. Aber in Deutschland interessieren sich die Menschen nicht genug für ihre Lebensmittel und sind nicht bereit, für mehr Qualität mehr Geld auszugeben.“
Das sehe ich ganz anders. Immer mehr deutsche Verbraucher legen Wert auf Qualität und Regionalität und werden sich ihrer Verantwortung gegenüber Menschen, Tieren und Natur bewusster.
Mit unserer Idee treffen wir den Nerv der Zeit und sind fest davon überzeugt, dass sie sich auch in Deutschland durchsetzen wird. Wir machen den ersten Schritt, fangen einfach mal an und laden alle dazu ein, sich unserer Bewegung anzuschließen!
Übrigens ist die Umsetzung unserer Idee noch nicht mal sehr teuer (den Start finanziere ich selbst). Denn zum Aufbau von Bekanntheit und Community verzichten wir komplett auf klassische Werbung und setzen viel lieber auf Mundpropaganda und Social Media.
Wer ist die Zielgruppe von Du bist hier der Chef?
Jeder, der sich für Ernährung und die Themen unserer Bewegung interessiert: Umweltschutz, Biodiversität, Vergütung für Landwirte, Tierwohl, Qualität…
Dabei sprechen wir 2 Verbraucher-Typen an:
- diejenigen, die sich aktiv beteiligen wollen und mit uns zusammen gute, faire und nachhaltige Produkte gestalten werden.
- diejenigen, die faire und nachhaltige Produkte kaufen wollen und entsprechend auf die Wahl der Verbraucher-Community vertrauen werden.
Unser Weg: Gemeinsam Verantwortung übernehmen!
Wie funktioniert Du bist hier der Chef? Wo liegen die Vorteile? Was unterscheidet Sie von anderen Anbietern?
Unser Vorteil ist, dass wir Verbrauchern Entstehung, Produktion und Vermarktung eines Produktes aufzeigen und sie dabei selbst entscheiden lassen, wie ihre Lebensmittel produziert werden sollen.
Wie das funktioniert, ist schnell erklärt: Auf der Internetplattform www.dubisthierderchef.de wählen die Verbraucher ein Produkt aus, beantworten den entsprechenden Fragebogen, entscheiden über relevante Produktmerkmale wie Herkunft, Produktionsprozess, Vergütung für die Landwirte, Qualität und Verpackung und empfehlen den Verkaufspreis mit. Alle Antworten werden dann ausgewertet und in einem Pflichtenheft zusammengefasst. Die Verbraucher schaffen sich ihr Lieblingsprodukt gewissermaßen selbst und damit es dann auch den Weg in die Supermarktregale findet, suchen wir parallel Landwirte, Hersteller und Händler als Partner.
Wir laden alle dazu ein, bei unserem ersten Produkt-Fragebogen für die Milch mitzumachen, der ab dem 17.12. auf unserer Webseite online ist. Die Teilnahme ist übrigens für alle kostenlos.
Wie ist das Feedback?
Das Feedback ist bisher durchweg positiv!
Landwirte haben die einmalige Chance, eine Zusammenarbeit mit uns Verbrauchern einzugehen, für Transparenz zu sorgen und damit Vertrauen und Wertschätzung zu schaffen. Zusätzlich können sie finanzielle Unterstützung auf dem Weg zu einer nachhaltigeren Landwirtschaft erhalten.
Händler suchen aktiv nach neuen Ideen und Impulsen, um ihre Sortimente nachhaltiger und qualitativer zu gestalten. Sie haben damit angefangen, umzudenken und möchten heute mehr Verantwortung übernehmen.
Verbraucher freuen sich darauf, endlich mitreden und mitbestimmen zu dürfen. Mit dem ersten Fragebogen für die Milch geht es dann ab dem 17.12. richtig los.
Du bist hier der Chef, wo geht der Weg hin? Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?
In 5 Jahren hoffen wir, dass immer mehr Verbraucher bewusster einkaufen und nach und nach die Kontrolle über ihre Ernährung zurückerlangen. Damit würden die fairen und nachhaltigen Lebensmittel die Supermarktregale erobern!
Kurzfristiger entscheiden die Verbraucher, welchen Weg wir gehen. Nach der Milch werden wir uns den Produkten Eier und Kartoffeln widmen, wie von der Community im Produkt-Voting gewünscht.
Zum Schluss: Welche 3 Tipps würden Sie angehenden Gründern mit auf den Weg geben?
Erstens: Gründen bedeutet, neue Wege zu gehen, die nicht alle von Anfang an verstehen können. Also lasst Euch nicht aufhalten, seid mutig und verfolgt Euren Kurs!
Zweitens: Legt Wert auf Diskussionen, denn jedes Gespräch macht Euch besser, jedes Feedback ist ein Geschenk!
Drittens: Traut Euch Fehler zu machen, lernt schnell daraus und macht weiter!
Weitere Informationen finden Sie hier
Wir bedanken uns bei Nicolas Barthelme für das Interview
Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder