Mittwoch, Oktober 9, 2024
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Innovation im Asphalt: Ein Schritt in Richtung grünerer Straßen

Ecopals stellt die Weichen für eine nachhaltigere Zukunft im Straßenbau, indem es nicht recycelbares Plastik in hochwertige Straßenbaumaterialien transformiert

Stell dich und dein Startup Ecopals doch kurz unseren Lesern vor.

Ich bin Jonas Varga, 28 Jahre alt und Mitgründer und Geschäftsführer von Ecopals, einem Hersteller von nachhaltigen Straßenbaumaterialien. Wir haben einen Weg gefunden, bislang nicht recyceltes Plastik so aufzubereiten, dass es im Straßenbau wiederverwendet werden kann. Herkömmlicher Asphalt besteht aus Gestein und dem Bindemittel Bitumen, einem Rohölprodukt. Um Asphalt haltbarer zu machen, werden außerdem schon seit Jahrzehnten eigens dafür produzierte Kunststoffe beigemischt. Unser erstes Produkt ist ein Asphalt-Additiv, wir nennen es Ecoflakes. Die Ecoflakes ersetzen die neuwertigen Kunststoffe sowie Teile des Bitumens, verlängern die Lebensdauer des Asphalt und reduzieren den CO2-Fußabdruck im Straßenbau um bis zu 30 %. 

Warum hast du dich entschlossen, ein Unternehmen zu gründen?

Dazu müssen wir einmal ganz an den Anfang unserer Gründungsgeschichte gehen: Entstanden ist Ecopals 2019 als Projekt der studentischen NGO Nidisi, welche Entwicklungshilfe-Arbeit in Nepal leistet. Neben Trinkwasser- und Bildungsprojekten war das Team auf der Suche nach einer Lösung für die Plastikverschmutzung sowie den Mangel an sicherer Infrastruktur. So entstand die Idee, Plastik im Straßenbau wiederzuverwenden, so wie es beispielsweise auch in Indien teilweise schon getan wird. Es wurde schnell deutlich, dass der Einsatz von recyceltem Kunststoff auch bei uns in Europa einen großen Impact haben kann. Mithilfe unserer wissenschaftlichen Projektpartner, dem Fraunhofer Institut für Chemische Technologien und der Universität Kassel haben wir einen Weg gefunden, das Plastik so aufzubereiten, dass es im Straßenbau große Vorteile bietet. 

2021 habe ich dann gemeinsam mit meinem Co-Gründer Maximilian Redwitz Ecopals als unabhängiges Unternehmen gegründet. 

Was war bei der Gründung von Ecopals die größte Herausforderung?

Bei der Baubranche handelt es sich um eine eher konservative Branche.  Die etablierten Unternehmen sind uns und unserem neuartigen Produkt anfangs mit Skepsis begegnet. Aber es gibt in den Führungsebenen der Bauunternehmen einzelne Akteur*innen, die zukunftsorientierter denken und gerne Innovationen umsetzen wollen. So konnten wir uns nach und nach einen Namen in der Branche machen und immer größere Projekte an Land ziehen.

Eine weitere Herausforderung ist das Regelwerk für den Straßenbau in Deutschland. Denn es gibt technische Vorschriften, wie Asphalt herzustellen ist – und dabei wird Innovation nicht mitgedacht. Man kann sich das in etwa so vorstellen, als würde man beim iPhone einzeln Akku, Display und  Prozessor testen, aber nicht, wie sie im fertigen Produkt zusammenarbeiten. Diese Regulierung erschwert es innovativen Startups staatliche Aufträge zu erhalten. Unsere Straßen findet man aber inzwischen in fast allen Bundesländern.

Kann man mit einer Idee starten, wenn noch nicht alles perfekt ist?

Natürlich! Auch wir haben mit einer recht simplen Idee gestartet: Altplastik für den Straßenbau zu nutzen. Als Quereinsteiger wurde uns aber relativ schnell klar, dass wir uns zur Umsetzung Unterstützung suchen wollen. Die notwendige Expertise im Bereich Straßenbau haben wir dann letztendlich beim Fraunhofer Institut für Chemische Technologien und der Universität Kassel gefunden. Gemeinsam mit diesen beiden Forschungsinstituten haben wir unser Produkt Ecoflakes entwickelt, um den auf andere Weise nicht recycelbaren Kunststoff so aufzuwerten, dass er im Straßenbau nutzvoll ist. 

Welche Vision steckt hinter Ecopals?

Unsere Vision ist es, die Abfallindustrie zur Quelle nachhaltiger Baumaterialien zu machen und gleichzeitig einen Recyclingkreislauf für Asphalt zu etablieren. Anstatt unser Altplastik zu verbrennen, können wir es in einen zirkulären Kreislauf bringen, der langfristig Tonnen von CO2 einspart. Der Asphalt mit unseren Ecoflakes kann nämlich am Ende als Recyclingasphalt wieder komplett in eine neue Straße verbaut werden. 

Wer ist die Zielgruppe von Ecopals?

Wir haben auf der einen Seite sehr große Lohnhersteller, die über die Materialkapazitäten und die Verarbeitungstechnologie verfügen, das sind die Recyclingunternehmen. Mit diesen Unternehmen setzen wir einen Prozess auf: Sie beliefern uns im ersten Schritt mit den end-of-life Kunststoffen. Wir brauchen von ihnen die richtigen Kunststoffe in der richtigen Zusammensetzung und stellen selbst Chemikalien zur Verfügung, die das Material zusammenhalten und belastbar machen. Die Unternehmen stellen dann für uns die Ecoflakes her, für die wir in unserem eigenen Labor noch eine Qualitätskontrolle durchführen. Dieses fertige Produkt liefern wir dann an die Asphalthersteller. Unsere direkten Kunden sind dann vor allem Mischwerke und Straßenbauunternhemen. Sie kaufen unsere Ecoflakes und verarbeiten sie zur fertigen Asphaltmischung. 

Und dann gibt es noch unsere Auftraggeber, die Straßen bauen lassen und dazu den Ecopals-Asphalt nutzen möchten, um die Straße nachhaltiger und haltbarer zu machen. Hier kann man zwischen öffentlichen Auftraggebern wie Ländern, Städten und Kommunen sowie privaten Auftraggebern und Entscheidungsträgern unterscheiden.

Wie funktioniert Ecopals? Wo liegen die Vorteile? Was unterscheidet dich von anderen Anbietern?

Unsere Ecoflakes verlängern die Lebensdauer von Asphalt, indem Spurrinnen- und Rissbildung verhindert werden. Je weniger eine Straße saniert werden muss, desto weniger Staus und zusätzliche Emissionen entstehen. Darüber hinaus können wir ca. 10% des Bitumens sowie neu produzierte Kunststoffe ersetzen. So spart der Ecoflakes-Asphalt in der Produktion bis zu 30% CO2-Emissionen durch die Verwendung von anderweitig nicht-recyclebaren Kunststoffen. Außerdem kann Ecopals durch die Überführung der end-of-life-Kunststoffe Kosten im preissensitiven Bausektor einsparen, während die gleiche technische Leistung der kostenintensiveren Konkurrenzprodukte erreicht wird. Später kann der Ecoflakes-Asphalt sogar als Recyclingasphalt wieder komplett in eine neue Straße eingebaut werden.

Wo geht der Weg hin? Wo siehst du dich und Ecopals in fünf Jahren?

Langfristig wollen wir mit Ecopals dazu beitragen, Straßenbau nachhaltiger, haltbarer und moderner zu machen. Denn unsere Technologie ist in großem Stil skalierbar – Plastikmüll gibt es leider mehr als genug. Aber auch das Potenzial für weitere Innovationen im Straßenbau ist enorm. Wir erforschen es, indem wir Kompetenzen aus verschiedenen Bereichen und Branchen zusammenbringen. Außerdem möchten wir den Weg für andere Pioniere im nachhaltigen Bausektor ebnen, indem wir auf die Regularien in Deutschland Einfluss nehmen und zukünftige Innovationen erleichtern. Mithilfe einer selbst entwickelten Software können wir bereits das Verhalten zahlreicher Materialien vorab virtuell simulieren und damit die Zahl der teuren Tests in einem realen Labor deutlich reduzieren. Das wird zukünftig auch anderen Innovationen den Einstieg in die Baubranche erleichtern.

Welche drei Tipps würdest du angehenden Gründern mit auf den Weg geben?

Wenn ihr eine Idee habt, sucht euch Partner mit Expertise, die euch im Team fehlt – scheut euch nicht davor, nach Unterstützung zu fragen! Gerade Forschungsinstitute und Universitäten können gute Anlaufstellen sein. Außerdem ist es immer hilfreich, sich ein Netzwerk in der Branche aufzubauen, an Messen und Tagungen teilzunehmen und die wichtigsten Akteur*innen kennenzulernen, um die Branche zu verstehen. Ein letzter Tipp: Der Weg eines Gründers oder einer Gründerin ist selten geradlinig. Sei bereit, deine Pläne neu zu definieren und aus Fehlern zu lernen. Flexibilität und die Fähigkeit, sich schnell anzupassen, sind häufig entscheidend für den Erfolg.

Wir bedanken uns bei Jonas Varga für das Interview

Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder

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