Die Entscheidung, ein eigenes Business zu gründen, begeistert viele, da sie zeitliche Selbstbestimmtheit und finanzielle Freiheit verspricht. Jedoch stolpern Selbstständige oft über ein verbreitetes Problem, das sich zu einem wachsenden Albtraum entwickeln kann – mangelndes Verständnis und fehlender Fokus auf Finanzen.
Christina Mill ist Trainerin für finanzielle Intelligenz und kennt die Herausforderungen von Selbstständigen und dem richtigen Umgang mit Geld. „Vielen wissen nicht, worauf sie achten müssen und wie sie smart mit ihrem Umsatz haushalten“, weiß die Finanzexpertin. In diesem Beitrag gibt sie Einblicke in die typischen Folgen für Solopreneure und Unternehmer, die ihren Geldfluss nicht fest im Blick haben und gibt zusätzlich Tipps, diese Fallstricke zu umgehen.
Das Problem: Mangelnder Überblick
„Ein häufiges Anfangsproblem in der Selbstständigkeit ist der mangelhafte finanzielle Überblick und das sich nicht intensiv mit dem Thema Geld und Zahlen beschäftigt wird. Oder es wird sich dem Thema erst gewidmet, wenn das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist“, erklärt Mill. Allerdings würden viele ihr Business unter anderem aus monetären Gründen starten, in der Hoffnung, mehr Geld zu verdienen. Schließlich wähle niemand die Selbstständigkeit aus reiner Nächstenliebe, sondern um sich ein besseres Leben zu ermöglichen. „Je mehr man allerdings verdient und je eigenständiger man sein will, desto mehr muss man sich mit den finanziellen Angelegenheiten auseinandersetzen.”
Die Illusion, dass ein monatliches Einkommen von 10.000 Euro ausreicht, um finanziell unabhängig zu sein, ist weit verbreitet. „Doch dieser Irrglaube kann schwerwiegende Konsequenzen fürs Unternehmen haben, da mit steigendem Einkommen auch die Verantwortung wächst“, erklärt Christina Mill weiter. Die daraus resultierenden Folgen sind oft der vorzeitige Ausstieg aus der Selbstständigkeit, weil der Druck steigt, Rechnungen zu bezahlen und finanzielle Verpflichtungen zu erfüllen sind. „Viele mit großen Visionen verschwinden schnell von der Bildfläche, weil das Geld nicht so schnell reinkommt, wie es wieder ausgegeben wird.“ Der Traum der Selbstständigkeit wird dadurch schnell zur Belastung.
Erst Sicherheit, dann Leidenschaft
Um die negativen Folgen zu vermeiden und sich besser aufzustellen, ist der Aufbau eines stabilen und durchdachten Fundaments die Grundvoraussetzung für Selbstständige. „So können Finanzen zu jedem Zeitpunkt im Blick behalten werden, und eine gewisse finanzielle Unabhängigkeit aufgebaut werden“, erläutert die Finanztrainerin. Sie empfiehlt, ein Finanzpolster von mindestens drei bis sechs Monaten an die Seite zu legen, um dann mit einer gewissen Sicherheit im Rücken entspannter an der Leidenschaft für das eigene Business arbeiten zu können.
Aber das ist nur der Anfang, vor allem für diejenigen, die sich den Traum der finanziellen Unabhängigkeit erfüllen wollen. „Dafür bedarf es wesentlich mehr als ein Sicherheitspolster“, verrät sie. Denn die monetäre Unabhängigkeit bedeutet, dass man mindestens ein bis drei Jahre vom eigenen Geld leben kann, ohne das etwas dazu verdient werden muss.
Doch wie fängt man an, sich ein sicheres Fundament aufzubauen und mit den Einnahmen so umzugehen, dass sowohl Rechnungen bezahlt werden können, als auch genug zum Leben übrig bleibt? Klar ist, jedes finanzielle Polster fängt mit dem Sparen an. Doch das muss nicht bedeuten, dass man sich einschränken muss. Christina Mill gibt Tipps, worauf zu Beginn der Fokus gelegt werden sollte.
1. Klare Ziele setzen
Ein gutes Leben zu führen und es sich leisten können, ist wohl das Ziel eines jeden Menschen. Doch was heißt „ein gutes Leben führen“ oder „finanzielle Unabhängigkeit“ genau in Zahlen? Was kostet es und wie viel Einkommen muss dafür im Monat oder im Jahr verdient werden? „Es ist wichtig, sich bewusst zu werden, aus welchen intrinsischen als auch monetären Gründen man die Selbstständigkeit gewählt hat und klare finanzielle Ziele zu setzen“, empfiehlt Mill.
Wenn diese bekannt sind, kann besser geplant und priorisiert werden. Wichtig ist jedoch, sich realistische sowie erreichbare Ziele zu stecken, die motivieren und auch gefühlsmäßig etwas auslösen, wenn man daran denkt.
2. Budget im Detail
Eine detaillierte Liste der Einnahmen und Ausgaben sollte erstellt werden. „Nur das Geld, das behalten wird, macht wirklich unabhängig“, erklärt die Expertin. Ein detailliertes Budgets und eine Übersicht aller Kosten ist das Rückgrat einer soliden finanziellen Planung. „Damit steigt das Bewusstsein, wofür das Geld ausgegeben wird und wo man einsparen kann.“ Dadurch sind neue, effizientere Ausrichtungen sowie Planungen möglich, die sowohl das Sicherheitspolster füttern als auch vorsorgen.
3. Persönliches Konten-Modell
Um Einnahmen intelligent zu verwalten, bietet sich ein Kontenmodell als ideale Lösung an. „Es sorgt dafür, dass monatlich Geld für wichtige Zwecke zurückgelegt wird, ohne das Sparen als Einschränkung zu empfinden“, erklärt Christina Mill. Es geht darum, mehrere Konten zu führen, von denen jedes eine bestimmte Aufgabe hat – sei es für Steuern, Sparen, Urlaub oder den täglichen Bedarf.
Durch die verschiedenen Konten wird klar definiert, wofür das Geld auf jedem Konto vorgesehen ist. „Man kann entweder monatlich einen festen Betrag auf die entsprechenden Konten einzahlen oder Prozentsätze vom Nettoeinkommen verwenden“, so Mill. Auf diese Weise werden die Einnahmen meffizient und automatisch verteilt, ohne sich ständig zu fragen, wofür es ausgegeben worden ist. Stattdessen trägt dies zur langfristigen finanziellen Sicherheit und zum Aufbau von Vermögen bei, während der verbleibende Betrag sorgenfrei für Vergnügen ausgegeben werden kann.
4. Pay Yourself First
In der Selbstständigkeit sollte man sich ein reguläres Gehalt auszahlen, um besser planen zu können. Viele Selbstständige vernachlässigen diese wichtige Maßnahme. Es ist verlockend, jeden verdienten Cent sofort wieder ins Unternehmen zu investieren. “Doch an erster Stelle sollte nicht das eigene Business stehen, sondern man selbst, als Kopf und Herz des Unternehmens”, rät der Geldprofi.
Die Bezahlung eines persönlichen Gehalts fördert zudem die langfristige Selbstständigkeit und bringt einen näher an das Leben heran, das man durch die Selbstständigkeit aufbauen möchte. Zusätzlich müssen damit auch die privaten laufenden Kosten gedeckt werden, wie Miete, Krankenversicherung oder Lebensmittel, und natürlich auch für persönliches Vergnügen. Das Gehalt sollte den eigenen Bedürfnissen entsprechen und wie eine monatliche fixe Rechnung behandelt werden.
5. Spaß an Zahlen entwickeln
Wer Spaß an etwas findet, für den ist keine Last. Deshalb ist es wichtig, auch Freude daran zu entwickeln, sich mit den eigenen Finanzen auseinanderzusetzen. Oftmals reichen schon kleine Schritte, um diesen Prozess angenehmer zu gestalten. “Warum nicht beispielsweise wöchentlich ein Date mit den eigenen Finanzen einplanen? Kerzenschein, ein Glas Wein und die Lieblingsmusik schaffen eine angenehme Atmosphäre für diese wichtige Aufgabe”, empfiehlt Christina Mill. Der Clou dabei: Dieser Wein sollte jedoch ausschließlich während der Finanz-Rendevouz genossen werden – eine motivierende Belohnung.
Wer einmal den Spaß daran findet, wird schnell erkennen, dass es viele Möglichkeiten gibt, sein Geld intelligent zu verwalten und es für sich arbeiten zu lassen, ohne zusätzliche Anstrengungen. Dabei können Trainer, Mentoren und Experten eine wertvolle Unterstützung bieten, um finanzielles Wissen zu erweitern, ohne dabei Geld zu verbrennen. So kann das angestrebte Wunschleben risikolos verwirklicht werden. Das Schlüsselwort lautet: Freude und Bildung im finanziellen Bereich.
Fazit:
Die Selbstständigkeit bietet großartige Möglichkeiten und Freiheiten, erfordert jedoch auch ein verantwortungsvolles Geldmanagement. Deshalb ist es umso wichtiger, von Anfang an mit klaren Zielen, einem durchdachten Budget, regelmäßigen Einkommensrücklagen und einer positiven Einstellung im Umgang mit Geld ein smartes finanzielles Fundament aufzubauen. So kann die Selbstständigkeit abgesichert und zugleich der gewünschte Lebensstandard aufgebaut werden.
Allerdings passiert die finanzielle Unabhängigkeit nicht von heute auf morgen, sondern ist ein Prozess, der Geduld, Zeit und Konsequenz erfordert. Daher ist es wichtig, Freude am verdienten Geld zu entwickeln und sich gern damit zu beschäftigen.
Je tiefer man in die Welt der Finanzen eintaucht, desto leichter wird es, das eigene Geld auf sichere Weise zu vermehren.
Foto Credit: Stefanie Lippert
Autor:
Christina Mill, die Expertin für finanzielle Intelligenz, unterstützt Frauen, Solopreneure und Unternehmerinnen dabei, geschickt mit Geld umzugehen und ein Vermögen aufzubauen, um langfristige Unabhängigkeit zu sichern
Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder.