HelloBetter psychologische Online-Trainings bei Depressionen, Stress, Angst, Panik, Burnout und bei weiteren psychischen Beschwerden
Stellen Sie sich und das Start-up HelloBetter doch kurz unseren Lesern vor!
Mein Name ist Hanne Horvath und ich bin Mitgründerin und VP Business Development beim Digital Mental Health Start-up HelloBetter. Mit unseren Online-Trainings helfen wir Menschen weltweit, sich selbstbestimmt um ihre mentale Gesundheit kümmern zu können. In den mehrwöchigen Trainings erfahren die Teilnehmer*innen mehr über die Hintergründe psychischer Erkrankungen und beschäftigen sich mit den Symptomen, die ihren Alltag erschweren. Mithilfe anschaulicher Übungen probieren sie Methoden aus, um ihre Beschwerden zu lindern. Diese Übungen dienen dazu, Strategien zum Umgang mit unangenehmen Gedanken zu lernen oder die Veränderung bestimmter Verhaltensweisen in den Alltag zu übertragen. Je nach Training erhalten Teilnehmer*innen individuelles schriftliches Feedback von Psycholog*innen.
Die Wirksamkeit unserer Online-Trainings wurde in 33 wissenschaftlichen Studien geprüft. Kein anderes Start-up weltweit verfügt über eine vergleichbar umfangreiche Evidenz, die die Wirksamkeit ihres Angebots zweifelsfrei belegt und einen hohen Anteil an Beschwerdenreduktion aufzeigt. Bis heute ist es uns gelungen, über 35.000 Menschen mit unseren Online-Trainings zu versorgen.
Warum haben Sie sich entschlossen, ein Unternehmen zu gründen?
Die Idee, Menschen einen niedrigschwelligen Zugang zu wirksamer Psychotherapie zu ermöglichen, treibt mich als Psychologin schon lange an. Jedes Jahr leidet mindestens jeder vierte Erwachsene in Deutschland an einer psychischen Erkrankung wie einer Depression. Nur ein kleiner Anteil sucht proaktiv nach Hilfe, um die Beschwerden zu lindern: Lediglich 9 % aller erwachsenen Versicherten haben in den letzten 3 Jahren wegen eines psychischen Problems einen Psychotherapeuten aufgesucht. Das kann gravierende Folgen haben. Werden Menschen mit psychischen Beschwerden nicht rechtzeitig erreicht, können sich Beschwerden chronifizieren, die Behandlung ist dann langwieriger, kostspieliger für Versicherungen und unangenehmer für die patienten. Erreicht man die Betroffenen früher im Erkrankungsprozess, kann das alles verhindert werden.
Um die Versorgung psychischer Erkrankung grundlegend zu verbessern und in unseren Augen zutiefst ungerechte Zustände, wie das monatelange Warten auf Hilfe, zu verändern, haben Dr. Elena Heber, Prof. Dr. Ebert und ich 2015 zusammen das GET.ON Institut, seit Anfang des Jahres bekannt als HelloBetter, gegründet. Uns ging es von Beginn an darum, Menschen mit psychischen Beschwerden ein einfach zugängliches Angebot jenseits der herkömmlichen Psychotherapie anzubieten und so eine dramatische Versorgungslücke zu schließen. So entstand die Idee evidenzbasierter Online-Trainings zur Behandlung und Prävention psychischer Erkrankungen.
Was war bei der Gründung von HelloBetter die größte Herausforderung?
Damals war so etwas wie das Digitale Versorgung-Gesetz, das allen Versicherten in Deutschland einen kostenlosen Zugang zu digitalen Gesundheitsanwendungen ermöglicht, noch ein Traum – nicht abzusehen, ob und wann sich für uns eine solche Möglichkeit einmal ergibt. Die Aussicht, mühsam Verträge mit einzelnen Krankenkassen abzuschließen und dies auch nur unkompliziert für den Bereich Prävention zu können, nicht für den Bereich Behandlung, das war schon eine Herausforderung in dem Sinne, das wir uns gefragt haben: Können wir wirklich allen Menschen Zugang zu diesen Programmen geben, ohne dass sie selbst dafür zahlen? Kann das etwas für alle werden oder nur für einige wenige? Das Geschäftsmodell war einfach noch unausgereift aber heute bin ich froh, dass wir es durchgezogen haben.
Kann man mit einer Idee starten, wenn noch nicht alles perfekt ist?
Na klar, man muss sogar! Wenn man wartet bis alles vermeintlich perfekt ist, startet man vielleicht nie und verpasst wichtige Gelegenheiten. Ich denke, es ist mit vielen Dingen im Leben so, außerhalb von Unternehmensgründungen: Durch das Machen, das Tun, das Bewegen lernt man, bewegt sich etwas, entstehen große Chancen und viel Gutes. Abwarten ist nicht immer richtig.
Welche Vision steckt hinter HelloBetter?
Die Vision von HelloBetter ist es, das System der psychischen Gesundheitsversorgung neu zu denken und kognitive Verhaltenstherapie für alle Menschen weltweit zugänglich zu machen – niedrigschwellig und kostengünstig. Auf der ganzen Welt leidet fast eine Milliarde Menschen unter psychischen Beschwerden. Der Großteil von ihnen erhält keine angemessene Hilfe: In Deutschland zum Beispiel erhalten nur zwei von fünf Menschen mit psychischen Beschwerden irgendeine Form der Versorgung. Drei Viertel der Menschen in Behandlung werden jedoch nicht von Fachärzten, die dafür ausgebildet sind, sondern von Allgemeinmedizinern behandelt. Nur eine von vier Personen wird von einem einem Psychotherapeuten oder Psychiater behandelt.
Unser Ansatz besteht darin, Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten. So können wir die Barrieren in der Versorgung radikal senken und die immensen Kosten psychischer Beschwerden zu reduzieren. Mit HelloBetter wollen wir erreichen, dass mehr Menschen als je zuvor eine qualitativ hochwertige Versorgung ihrer mentalen Gesundheit erhalten.
Wer ist die Zielgruppe von HelloBetter?
Studien zu Folge liegt der Hauptgrund dafür, dass so wenige Betroffene in Kontakt mit dem Gesundheitssystem treten auch darin, dass viele Menschen ihre Probleme lieber selbstständig lösen möchten, anstatt sich von Ärzten oder Psychotherapeuten helfen zu lassen. Genau da setzen wir mit unseren Online-Trainings an und befähigen Menschen, die Lösung ihrer Beschwerden proaktiv in die Hand zu nehmen. Dabei profitieren auch diejenigen von unserem Angebot, die keinen Therapieplatz bekommen oder sich noch auf einer Warteliste befinden.
Auch Hausärzte, Fachärzte und Psychiater können die Online-Trainings dazu nutzen, die Versorgung von Patienten mit psychischen Beschwerden zu verbessern. Psychotherapeut*innen können ihren Patient*innenen auf der Warteliste dabei helfen, die Zeit bis zum Therapiestart zu überbrücken und ermöglichen Patient*innen, die keine klassische Therapie benötigen, Zugang zu wissenschaftlich erwiesener und zeitnaher Stärkung und Wiederherstellung ihrer psychischen Gesundheit, die so effektiv sein kann, wie ambulante oder stationäre Psychotherapie.
Was unterscheidet Sie von anderen Anbietern?
Der größte Unterschied zwischen HelloBetter und anderen Anbietern ist unsere wissenschaftliche Vorgehensweise. Wir investieren viel Zeit in Recherche und Entwicklung und unsere Online-Trainings werden in mehrjährigen Studien immer wieder auf ihre Wirksamkeit geprüft. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Wir sind das Start-up mit der weltweit größten Evidenz für die Wirksamkeit seiner Lösungen zur Behandlung psychischer Beschwerden. Außerdem arbeiten wir mit einem wissenschaftlichen Beirat zusammen, dessen wertvolle Außensicht stets in die Weiterentwicklung von HelloBetter einfließt. Das alles hebt unser Produkt auf das höchstmögliche Niveau. Da wir festgestellt haben, dass begleitete Trainings wirksamer sind, weil es Teilnehmer*innen zum Weitermachen motiviert, erhalten sie regelmäßiges Feedback zu ihrem Fortschritt.
Wie hat sich ihr Unternehmen mit Corona verändert?
Weltweit hat die Corona-Pandemie die Art und Weise, wie Menschen leben und arbeiten, grundlegend verändert. Der Großteil der Unternehmen musste innerhalb nur weniger Tage auf Home-Office umstellen und viele Menschen arbeiten nun schon seit Monaten von zu Hause. Diese Veränderung hat nicht nur große Auswirkungen auf unseren Tagesablauf, sondern beeinflusst auch die mentale Gesundheit der Menschen enorm. Das haben wir bei HelloBetter gleich in den ersten Wochen der Pandemie gemerkt, als sich die Zahl der Nutzer unserer Online-Trainings mehr als verdoppelt hat.
Wie haben Sie sich darauf eingestellt und welche Änderungen haben Sie vorgenommen?
Wir haben auf die hohe Nachfrage reagiert, indem wir gemeinsam mit der Allianz die Initiative “Stark durch die Krise” gestartet haben. Sie bietet Menschen einen schnellen und kostenfreien Zugang zu Hilfsangeboten bei psychischen Beschwerden aufgrund von Isolation, Infektionsangst, wirtschaftlichen Sorgen oder dem Fehlen gewohnter sozialer Kontakte. Das Besondere an der Initiative ist, das über unterschiedliche Kanäle darauf zugegriffen werden kann: Das Angebot umfasst Beratung per Telefon, Online-Trainings, eine Online-Community und Live Q&A-Sessions mit Psychotherapeut*innen.
Wo sehen Sie in der Krise die Chance?
Die Akzeptanz für digitale Gesundheitsanwendungen in Deutschland war über lange Zeit sehr niedrig. Die Möglichkeiten, die es in diesem Bereich gibt, waren den Menschen schlichtweg nicht bekannt. Das ändert sich jetzt. Die Corona-Pandemie hat ja bereits in vielen Bereichen des Lebens zu einer Beschleunigung der Digitalisierung geführt, so auch im Gesundheitswesen. Laut einer Bitkom-Studie haben zum Beispiel Videosprechstunden in der Coronakrise einen kräftigen Schub erlebt: Während im Frühjahr 2020 noch acht Prozent der Menschen in Deutschland ein telemedizinisches Angebot genutzt hatten, waren es im Sommer bereits 13 Prozent. Fast jeder Zweite gab an, die Videosprechstunde einem persönlichen Arztbesuch künftig vorziehen zu wollen.
Laut einer aktuellen McKinsey-Studie erreichten im ersten Quartal 2020 die Downloads von Gesundheits-Apps mit fast 2 Millionen einen neuen Höchststand – nahezu eine Verdoppelung gegenüber dem Vorjahreszeitraum. 59% von knapp 1.200 Befragten in Deutschland erwägen eine Nutzung von Apps auf Rezept, bei den unter 30-Jährigen sind es sogar zwei Drittel. Doch auch fast die Hälfte der Generation über 65 Jahre befürwortet verschreibungsfähige Apps.
HelloBetter, wo geht der Weg hin? Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?
Wir arbeiten darauf hin, dass jeder Mensch Zugang zu unseren Programmen hat und die Versorgungsstrukturen sich messbar verbessert. Zustände wie heute, dass zum Beispiel 99 Prozent aller Schlafstörungen nicht leitliniengerecht behandelt werden, wird es nicht mehr geben – Hausärzt*innen verschreiben weniger Medikamente sondern helfen Patient*innen bewusst und aufgeklärt mit digitalen Gesundheitsanwendungen von HelloBetter. Psychotherapeut*innen nutzen HelloBetter in ihrer täglichen Arbeit mit Patient*innen, “lagern” einige psychotherapeutische Inhalte digital aus oder begleiten ihre Patienten in der Nachsorge digital weiter. Ich wünsche mir auch, dass klinische Forschung und seriöse Wirksamkeitsnachweise wirklich etwas wert sind und für Nutzer*innen, Ärzt*innen und Psychotherapeut*innen transparent zu sehen ist, welche digitalen Gesundheitsanwendungen was wirklich etwas bewirken können.
Zum Schluss: Welche 3 Tipps würden Sie angehenden Gründerinnen mit auf den Weg geben?
Sucht euch Partner, Universitäten, Krankenkassen, Klinikketten – jemand, der euer Modell in einem Piloten nicht nur einmalig überprüft, sondern danach als fester Kunde/Partner zur Verfügung steht. Mich macht traurig, dass immer noch so wenige Frauen gründen, auch weil dies von der gesamten Gesellschaft und Unternehmerwelt strukturell noch viel zu wenig gefördert oder gewollt ist. Daher würde ich insbesondere Frauen zum Gründen raten und ermutigen, sich hier ein starkes Netzwerk aufzubauen.
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Wir bedanken uns bei Hanne Horvath für das Interview
Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder