MicroHarvest produziert nachhaltiges, mikrobielles Protein durch Fermentation und eröffnet damit neue Wege für eine zukunftsfähige Ernährung
Wie würden Sie MicroHarvest und das Team dahinter vorstellen?
MicroHarvest ist ein Biotech-Unternehmen, das mithilfe natürlicher Fermentation mikrobielles Protein herstellt. Extrem schnell, skalierbar und ressourcenschonend. Aber ganz ehrlich: Das Team ist wirklich besonders bei MicroHarvest. Wir haben Expertinnen und Experten aus Biotechnologie, Prozessengineering, Operations, Produkt und Business zusammengebracht, die in ihren jeweiligen Feldern teilweise zur absoluten Weltspitze gehören und die sich bewusst entschieden haben, gemeinsam an einer Sache zu arbeiten.
Diese Mischung aus wissenschaftlicher Tiefe und industrieller Umsetzungsstärke spürt man jeden Tag: Wir sind nicht nur begeistert von der Technologie, sondern vor allem davon, was wir damit möglich machen können. Uns treibt die gemeinsame Mission an, „Better Protein“ ohne Kompromisse zu liefern und damit einen echten Beitrag zu einem zukunftsfähigen Ernährungssystem zu leisten.
Welche Vision verfolgt MicroHarvest?
Wir bei MicroHarvest verfolgen ein klares Ziel: natürliches, nährstoffreiches Protein für möglichst viele Menschen und Tiere zugänglich zu machen. Ohne Tierhaltung und ohne knappe Anbauflächen, und gleichzeitig ohne Abstriche bei Qualität und Nachhaltigkeit. Unser Ziel ist ein Ernährungssystem, das gesündere Ernährung für einen gesünderen Planeten möglich macht und die wachsende globale Proteinlücke verlässlich schließt.
Dafür nutzen wir Mikroorganismen als „Protein-Fabriken“ und bauen ein Produktionssystem, das unabhängig von Klima, Boden und Jahreszeiten ganzjährig laufen kann. So machen wir hochwertige Proteine deutlich verlässlicher verfügbar und reduzieren gleichzeitig den Ressourcenverbrauch entlang der gesamten Wertschöpfung.
Für welche Zielgruppen entwickeln Sie Ihre Proteinlösungen?
Wir streben den Einstieg in Human Food an, sind jedoch bereits heute mit unseren Produkten im Petfood- und Aquafeed-Bereich am Markt. Diese Segmente weisen einen besonders hohen Bedarf an stabilen, hochwertigen und nachhaltigeren Proteinen auf. Im Petfood zählen vor allem Geschmackhaftigkeit, gleichbleibende Qualität, hypoallergene/Clean-Label-Optionen und eine verlässliche Lieferkette.
Wie gelingt es Ihnen, Proteine in 24 Stunden zu produzieren?
Unsere Geschwindigkeit kommt nicht nur daher, dass Mikroorganismen „von Natur aus“ schnell wachsen. Sie ist vor allem das Ergebnis unserer eigens entwickelten MicroHarvest-Technologie und Prozessführung. Wir haben einen Fermentationsprozess aufgebaut, der in Bioreaktoren optimale Bedingungen schafft und so aus landwirtschaftlichen Nebenströmen in sehr kurzer Zeit proteinreiche Biomasse erzeugt – vom Rohstoff bis zum Endprodukt in nur 24 Stunden. Der Vorteil: extrem kurze Produktionszyklen, hohe Planbarkeit, schnelle Skalierung und konstante Produktqualität, besonders attraktiv für industrielle Anwender mit hohen Anforderungen an Zuverlässigkeit und Spezifikationen.
Was unterscheidet Ihre fermentationsbasierte Herstellung von konventionellen Methoden?
Fermentation ist ein bewährtes Prinzip (wie bei Bier oder Joghurt). Wir setzen es modern und industriell effizient ein. Im Unterschied zu tierischer und vieler pflanzlicher Produktion ist unser Prozess nicht abhängig von Ackerflächen, Wetter und Saison, sondern läuft kontrolliert und 24/7. Dadurch kombinieren wir Skalierbarkeit mit Ressourceneffizienz (u. a. deutlich weniger Flächen- und Wasserbedarf sowie sehr niedrige Emissionen im Vergleich zu konventionellen Proteinen).
Welche Herausforderungen begegnen Ihnen aktuell?
Aktuell ist die größte Herausforderung ganz klar die Regulatorik, insbesondere mit Blick auf den Lebensmittelsektor. Gleichzeitig bewegt sich hier spürbar etwas: Biotechnologie und Biomanufacturing gewinnen in Europa politisch und wirtschaftlich an Bedeutung, und es gibt Rückenwind, Genehmigungs- und Innovationsprozesse perspektivisch besser zu unterstützen.
Die zweite zentrale Herausforderung ist der Schritt von der Entwicklung zur produzierenden industriellen Realität. Genau daran arbeiten wir konsequent – und wir konnten bereits zeigen, dass es funktioniert: Mit unserer Pilotanlage in Lissabon und zusammen mit einem Partner haben wir den Übergang vom Labor zur industriellen Fertigung erfolgreich hinbekommen. Das ist für uns ein wichtiger Beweis, dass unsere Technologie nicht nur im kleinen Maßstab überzeugt, sondern skalierbar ist.
Welche Rolle spielen Nachhaltigkeit und Ressourceneffizienz für Ihr Geschäftsmodell?
Nachhaltigkeit ist bei uns kein „Add-on“, sondern Kern des Geschäftsmodells: Wirkung entsteht nur, wenn eine Lösung im großen Maßstab funktioniert. Deshalb denken wir Nachhaltigkeit immer zusammen mit Skalierung und Wirtschaftlichkeit: kurze Prozesszeiten, geringer Ressourcenbedarf und robuste, wiederholbare Produktion sind entscheidend, um Akzeptanz im Markt zu gewinnen und langfristig konkurrenzfähig zu sein.
Ein wichtiger Hebel dabei ist unser Rohstoffansatz: Wir nutzen landwirtschaftliche Nebenströme und denken Proteinproduktion damit auch als Upcycling – aus bestehenden Agrarströmen wird hochwertiges, nährstoffreiches Protein. Gleichzeitig setzen wir auf lokale Beschaffung und lokale Produktion: Wir wollen Lieferketten bewusst regional halten, Transportwege reduzieren und Resilienz aufbauen, in Europa und perspektivisch auch mit Produktionsstandorten auf anderen Kontinenten. So entsteht Nachhaltigkeit nicht nur auf Produktebene, sondern strukturell entlang der gesamten Wertschöpfung.
Wie verändert die Pilotanlage in Lissabon Ihre nächsten Schritte?
Die Pilotanlage war ein wichtiger Schritt, um unsere Technologie im industriellen Kontext weiter zu validieren: Prozessstabilität, Produkt- und Kundenvalidierung sowie Datengrundlage für den nächsten Scale-up. Auf dieser Basis arbeiten wir an der nächsten Ausbaustufe: eine große Produktion, die 15.000 Tonnen im Jahr produzieren wird.
Welche Anwendungen Ihrer Proteine sind besonders vielversprechend?
Kurzfristig sehen wir die stärksten Anwendungen in Petfood (z. B. Leckerlis/ergänzende Produkte, oder auch vollständige Rationen) sowie in Aquafeed als nachhaltigere Alternative zu klassischen Proteinquellen. Langfristig liegt das größte Potenzial im Human-Food-Segment, weil dort die globale Proteinlücke am stärksten spürbar wird – und Fermentation eine skalierbare Antwort liefern kann.
Wie sichern Sie die Produktqualität?
Wir sichern Qualität vor allem über kontrollierte Prozesse und konsequente Qualitätskontrollen. Dazu kommen Produktmerkmale wie hoher Proteingehalt, gute Aminosäure-Verfügbarkeit/Verdaulichkeit und guter Geschmack. Ziel ist: nachhaltiger Impact ohne Abstriche bei Performance und Konsistenz.
Drei Ratschläge für Gründerinnen und Gründer?
Groß denken – mit echtem Purpose: Löst ein reales, relevantes Problem. Ein starkes Warum schafft Orientierung, Qualität und Wirkung.
Fokussiere dich – statt allen gefallen zu wollen: Versucht nicht, jede Erwartung zu erfüllen oder alles gleichzeitig zu machen. Trefft Entscheidungen nach dem, was wirklich zählt – Fokus schlägt Harmonie.
Für morgen einstellen – und bewusst schlank bleiben: Nur Menschen einstellen, für die ihr selbst gerne arbeiten würdet – besonders in Führungsrollen. Wenige sehr gute Mitarbeitende schlagen viele Mittelmäßige.
Wohin entwickelt sich MicroHarvest in den nächsten Jahren?
In den nächsten Jahren bauen wir MicroHarvest von der validierten industriellen Technologie zur großskaligen, industriellen Produktion aus. Entscheidende Meilensteine sind: Ausbau der Produktionskapazitäten (~15.000 Tonnen/Jahr als nächste große Stufe), stärkere Marktdurchdringung in Petfood und Aquafeed und Eintritt in den Human-Food-Markt.
Bild Jonathan Roberz Bildcredits MicroHarvest
Wir bedanken uns bei Jonathan Roberz für das Interview
Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder.

























