Donnerstag, Dezember 12, 2024
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Wann Online-Kurse funktionieren und wann nicht

Die meisten Online-Kurse funktionieren nicht. Im Schnitt verlassen bis zu 97 Prozent aller Teilnehmer einen Online-Kurse vorzeitig, führen ihn also nicht zu Ende.

Diese Abbruchquote liegt an einer Reihe von einigen Denkfehlern bei der Kurserstellung.  

1. Fehler: Wir werden verstanden

Es ist ein fataler Irrglaube, wenn wir annehmen, dass ein Zuhörer genau versteht, was wir sagen wollen. 

Das ist nicht der Fall, denn die Bedeutung der Worte liegt nicht nur in den Worten, sondern in dem Sinn, den der Zuhörer herstellt. Das Wort Erfolg zum Beispiel kann Tausende von unterschiedlichen Bedeutungen haben – je nachdem was dem Menschen wichtig ist.

Es reicht deshalb nicht, den Zuhörern einfach nur Informationen zu präsentieren, sondern wir müssen auch dafür sorgen, dass diese Informationen so in der 

Gedankenwelt der Zuhörer integriert werden, dass sie Sinn ergeben.

Die Folge für Online-Kurse: Einfach Informationen zu präsentieren reicht nicht aus, damit die Teilnehmer etwas Neues lernen. Wir müssen auch Sinn stiften, indem wir zum Beispiel einen Nutzen kommunizieren, der zur Vorstellungs- und Lebenswelt der Zuhörer passt.

2. Fehler: Wir sollten ausführlich erklären

Das Erfolgskriterium für einen Online- Kurs ist nicht, einen enzyklopädischen Vortrag zu halten, sondern eine positive Veränderung beim Käufer zu bewirken. Eine solche Veränderung erreichen wir indes nur, wenn die Teilnehmer wirklich etwas gelernt haben, also die Informationen im Langzeitgedächtnis verankert haben. 

Das funktioniert aber nur, wenn wir das so genannte Arbeitsgedächtnis der Zuhörer nicht überfordern. Laut Erkenntnissen der Hirnforschung ist die Kapazitätsgrenze des Arbeitsgedächtnisses nach etwa fünf Minuten Dauerberieselung erreicht. Das bedeutet, dass das Arbeitsgedächtnis nach fünf Minuten beginnt, aufgenommene Informationen wieder zu löschen um Platz zu schaffen für die Neuen, die jetzt reinkommen.  

Das glauben Sie nicht? Dann empfehle ich einen Selbsttest. Schauen Sie sich die Tagesschau an und schreiben Sie am Ende auf, an welche Themen Sie sich erinnern können. Das Ergebnis ist meist recht ernüchternd.

Was heißt das für Online-Kurse? Nach fünf Minuten Informationsaufnahme ist Zeit für eine Verarbeitungs-Pause. Die meisten Kurse funktionieren leider nicht so.

3. Fehler: Einmal gehört = gelernt

Wer schon Mal eine Fremdsprache gelernt hat, weiß, dass es bei Weitem nicht ausreicht, einmal eine neue Vokabel zu hören, um sie zu verinnerlichen. Umso erstaunlicher, dass viele Online-Kursersteller annehmen, dass sie ein Thema nur einmal erklären müssen und es dann sofort verstanden und gelernt ist.

Lernen ist immer ein Prozess. Wir müssen mit den Inhalten mehrmals in Berührung kommen und uns in mehreren Stufen damit beschäftigen. Gute Online-Kurse haben kreative Wiederholungen eingebaut.

4. Fehler: Lernen im stillen Stübchen

Lernen ist ein sozialer Prozess – auch wenn Selbstlernkurse davon ausgehen, dass Menschen sich alleine in einen stillen Raum setzen und brav den Kurs durcharbeiten, sieht die Realität schlicht anders aus. Kinder lernen von Eltern, Geschwistern und Freuden. Rein genetisch bedingt, sind die meisten Lernvorgänge so angelegt, dass sie in einem sozialen Kontext stattfinden. Ganz alleine einen Online-Kurs durchzuarbeiten ist extrem schwer und wenn der dann auch nicht wirklich spannend gemacht ist, dann erfordert es sehr viel Selbstdisziplin. Und auch die ist nur begrenzt vorhanden.

5. Fehler: Ablenkungen vernachlässigen

Ein weiteres Manko von Online-Kursen ist die Technik.  Da Online-Kurse am Computer stattfinden, ist das der Ort wo auch die ganzen andern viel spannendere Dinge passieren, die uns permanent ablenken. Facebook oder Katzen-Videos auf YouTube oder E-Mails sind oft sehr viel attraktiver, und nur einen Klick entfernt. 

Was folgt daraus? 

Wirksame Online-Kurse, die von den Teilnehmern beendet werden und die positive Veränderungen bei den TeilnehmerInnen erzielen sollen, müssen völlig anders sein als die Mehrheit der existierenden Kurse. Es reicht nicht aus, Wissen nacheinander abzuspulen. Die Inhalte müssen miteinander verbunden und mehrmals wiederholt werden. Jedes einzelne Thema muss sich immer weiter entwickeln.

Gleichzeitig müssen wir dafür sorgen, dass die Teilnehmer Erfahrungen machen, die sie begeistern.  Dass sie Lust haben, den nächsten Schritt zu tun, dass sie sich gut fühlen, verbunden mit anderen. 

Lernende sollten immer wieder überrascht werden, weil sie nicht genau wissen, was als Nächstes kommt. So funktionieren Computer-Spiele. Die Spiele-Industrie hat keine Probleme mit hohen Abbruchraten – einfach weil Spiele emotional und überraschend bleiben. Genau das könnten wir mit Online-Kursen ebenfalls erreichen.

Ebenso wichtig: Die Kommunikation. Viele Kurse werden mit Emotionen verkauft – die dann innerhalb des Kurses sofort abreißen. Was mit Hoffnung, Spaß, Spannung angepriesen wurde, mutiert schnell zu einer langweiligen Faktensammlung.

Doch begeisternde Marketing-Kommunikation sollte auch innerhalb des Kurses erhalten bleiben, und den Teilnehmenden immer wieder Lust auf Mehr machen.

Kurse, die so aufgebaut sind, werden mindestens von der Hälfte der Teilnehmenden zu Ende geführt. Das sind immerhin 47 Prozent mehr als bei Kursen, die Erkenntnisse der Hirnforschung außen vor lassen.

Tom Freudenthal Bildquelle Picture People

Das ist für die Kunden und Kundinnen gut, aber vor allem auch für die Kursersteller, die nicht nur weiterempfohlen werden, sondern das gute Gefühl haben, wirklich etwas zu bewegen.

Autor:

Tom Freudenthal beschäftigt sich seit 45 Jahren mit dem Thema Lernen. Er ist Rundfunk-Journalist und Therapeut und hat 2001 das Speed-Learning-System Centered Learning entwickelt. Seit 2017 bringt er Trainer*innen, Coaches und Berater*innen bei, wie sie Online-Kurse erstellen, die ihren Kund*innen nicht nur Lernspaß, sondern vor allem auch nachhaltigen Erfolg bringen. Das Ergebnis: Kurse, die zu Bestsellern werden. Damit stellt er sich gegen den Trend, der angeblich so leicht erstellten Kurse, die aber zu 97 Prozent nicht zu Ende geführt werden. 

Webseite: https://tom-freudenthal.de/

Titelbild pixabay

Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder

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