Prosoma Living Well-App bietet Krebspatientinnen ein digitales, mobiles Therapieprogramm
Stellen Sie sich und das Startup Prosoma doch kurz unseren Lesern vor!
Prosoma ist ein Technologieunternehmen, das digitale, therapeutische Medizinprodukte für Krebspatient:innen entwickelt und auf den Markt bringt. Wir, Marek Ostrowski, CEO der Prosoma-Gruppe, Psychoonkologe und kreativer Kopf, und Emanuela Kufel, CMO, Marketing-Expertin mit Berufserfahrung beim National Health Service (NHS) und dem National Institute for Health Research in Großbritannien, haben Prosoma 2018 in Stettin in Polen gegründet.
Unser erstes Produkt ist die mobile App „Living Well“, die Krebspatientinnen – also ganz speziell Frauen – nach der Diagnose psychoonkologisch begleitet und schult, um ihre mentale Gesundheit zu stärken und durch die Krebsdiagnose bedingte Symptome wie Stress, Depressionen und Angst zu lindern. Wir beschäftigen bei Prosoma ein interdisziplinäres Team aus Mediziner:innen, Psycholog:innen und Ingenieur:innen, das umfassende und maßgeschneiderte Lösungen für die psychoonkologischen Bedürfnisse von Patient:innen entwickelt. Für innovative Medizinprodukte kombinieren wir weltweit führendes Fachwissen in Medizin und Technologie. Unser Ziel ist es, Patient:innen bei der Entwicklung gesunder, mentaler Gewohnheiten zur psychischen Bewältigung ihrer Krebsdiagnose zu helfen und sie damit im Genesungsprozess zu unterstützen. Unseren deutschen Unternehmensstandort in Berlin leitet Piotr Grudziński als CEO Prosoma Deutschland.
Warum haben Sie sich entschieden, ein Unternehmen zu gründen?
Wir waren 2018 auf der IPOS-Konferenz (Internationale Gesellschaft für Psychoonkologie) in Hongkong, die den Einsatz digitaler Therapeutika im Bereich der Psychoonkologie diskutierte. Hier wurde uns klar, dass es weltweit einen hohen Bedarf an medizinischer Expertise und Angeboten in digitaler Form gibt. Eine gravierende Versorgungslücke sehen wir für Angebote zur Stärkung der mentalen Gesundheit insbesondere in der Onkologie. Schätzungen zufolge erkranken in Deutschland etwa 43 Prozent der Frauen im Laufe ihres Lebens an Krebs. Die häufigsten onkologischen Diagnosen bei Frauen sind Brustkrebs, Dickdarm- und Enddarmkrebs, Lungenkrebs, Hautkrebs, Bauchspeicheldrüsenkrebs und Eierstockkrebs.
Das Gesundheitssystem in Deutschland wie die Systeme weltweit bieten Krebspatient:innen keine ausreichende verhaltenstherapeutische und psychologische Unterstützung. Eine umfassende Betreuung ist in den meisten Fällen nicht möglich, da es an notwendigen Fachkräften, wie Psychoonkolog:innen, mangelt. Neben dem Fachkräftemangel gibt es finanzielle, geografische und auch psychologische Barrieren. Auch der Gesundheitszustand und Krankenhausaufenthalte erschweren die Durchführung psychotherapeutischer Angebote. Fehlt den Patient:innen die verhaltenstherapeutische und psychologische Unterstützung, erhöht dies die Wahrscheinlichkeit für Rückschläge im Krankheitsverlauf, die zu zusätzlichen Hospitalisierungen führen.
Diese Lücke(n) wollen wir schließen: Deshalb haben wir mit Prosoma als erstes Produkt die App „Living Well“ gemeinsam mit Mediziner:innen, Psycholog:innen und Krebspatient:innen entwickelt, um die mentale Gesundheit und die Lebensqualität nach der Krebsdiagnose zu verbessern. Das digitale Angebot verschafft und erleichtert den Patientinnen den Zugang zu einer Therapie
Welche Vision steckt hinter Living Well?
Unsere Vision ist es, mit Prosoma ein Portfolio digitaler, medizinisch-therapeutischer Softwareprodukte aufzubauen, das den gesamten Bedarf an verhaltenstherapeutischen Behandlungen von Krebspatient:innen abdeckt. Damit wollen wir Prosoma zur weltweiten Nummer 1 für digitale Therapie-Lösungen im Bereich der Onkologie machen.
Von der Idee bis zum Start was waren bis jetzt die größten Herausforderungen und wie haben Sie sich finanziert?
Die größte Herausforderung bestand darin, ein Produkt zu entwickeln, das effektiv ist und dessen Verwendung gleichzeitig Spaß macht. Obwohl es sich bei digitalen Therapeutika um medizinische Produkte handelt, wollen wir immer verbraucherfreundliche Produkte schaffen, die Patient:innen gerne benutzen. Wir haben deshalb neben effektiven therapeutischen Methoden großen Wert auf UX-Design und Gamification-Elemente gelegt.
Finanziert wurde Prosoma bisher von internationalen VC-Fonds und öffentlichen Zuschüssen in Höhe von insgesamt über 4 Millionen Euro.
Wer ist die Zielgruppe von Living Well?
Die „Living Well“-App richtet sich speziell an Frauen, die an Krebs erkrankt sind, und begleitet sie als psychoonkologisches Therapieprogramm ab dem Zeitpunkt der Diagnose, während der Krebstherapie und bis zur Nachsorge.
Wie funktioniert Living Well? Wo liegen die Vorteile? Was unterscheidet sie von anderen Anbietern?
Die „Living Well“-App bietet Krebspatientinnen ein digitales, mobiles Therapieprogramm zur Verbesserung der Lebensqualität und zum Umgang mit Stress, Angst und Depressionen infolge der Krebsdiagnose und während der Behandlung. Die Patientinnen erlernen mit der App positive Verhaltensmuster im Umgang mit diesen Symptomen. Was sie einzigartig macht, ist dieses speziell auf Frauen zugeschnittenen Programms, das es von anderen digitalen Angeboten unterscheidet, ist seine wissenschaftliche Grundlage: Es basiert auf wissenschaftlichen Erkenntnissen, klinisch validierten Methoden der Psychoonkologie und dem evidenzbasierten Ansatz der kognitiven Verhaltenstherapie. Das Angebot wurde gemeinsam mit internationalen Expert:innen entwickelt und wird zudem durch die Erfahrungen von Patientinnen ergänzt, die in den Entwicklungsprozess eng eingebunden waren.
Die App kann als Hilfsmittel zur Ergänzung der psychoonkologischen Behandlung oder als alleinige Maßnahme eingesetzt werden, wenn ein persönliches Therapie-Angebot ausbleibt. Das digitale Therapieprogramm der App hat den Vorteil, dass es der Patientin jederzeit und überall auf dem eigenen Smartphone zur Verfügung steht. „Living Well“ gibt es für iOS- und Android-Systeme.
Die „Living Well“-App vereint die Expertise weltweit anerkannter Fachleute der Psychoonkologie, der User Experience und der Data Science. Die Prosoma-Expert:innen für User Experience und Gamedesign haben die App so konzipiert, dass sie interaktiv und motivierend gestaltet ist. Die einzelnen Elemente sind durch künstliche Intelligenz auf die Bedürfnisse jeder einzelnen Patientin zugeschnitten und so aufgebaut, dass sie zur kontinuierlichen Fortführung und zum Abschluss der Lektionen anregen.
Basis des Therapieprogramms „Living Well” sind die therapeutischen Sitzungen (Lektionen).
Sie widmen sich thematisch der Emotionsregulierung, der kognitiven Arbeit mit negativen Gedanken sowie der Planung und Verhaltensaktivierung. Die einzelnen Lektionen bauen aufeinander auf und beginnen mit der Vermittlung von Grundlagen darüber, was Stress ist, was dabei im Körper passiert, wie Stress und Emotionen zusammenhängen, welche Rolle der Atem dabei spielt und vieles mehr. Hier geht es zunächst um die Information (Psycho-Edukation) und Beratung der Patientin sowie um eine individuelle diagnostische Einordnung: Was belastet mich? Was sind meine Themen? Was sind meine Ziele? Im Anschluss an jede Lektion erhält die Patientin eine praktische Übung als Aufgabe. Durch das gesamte Programm führt und begleitet sie ein Avatar namens Ewa.
Mindestens einmal in der Woche sollen die Patientinnen einen Emotionstest durchführen und ein Stressthermometer ausfüllen. Das hilft ihnen zum einen, ihre Fortschritte zu erkennen oder Problembereiche zu identifizieren, zum anderen ist dies eine hilfreiche Information für die Ärzt:innen oder Therapeut:innen, mit denen sie eventuell arbeiten.
Neben den Lektionen enthält die App zahlreiche Übungen, wie Atem-, und Achtsamkeitsübungen, Arbeit mit der Vorstellungskraft, vitale Aktivitäten und vieles mehr. Zur weiteren Information und Beschäftigung mit den Themen und Inhalten des Therapieprogramms haben Nutzerinnen in der App zudem jederzeit Zugriff auf eine Bibliothek mit vertiefenden Artikeln, Podcasts, Patientengeschichten und Erfahrungsberichten in Form von Videos sowie eine „Fragen und Antworten“-Rubrik. Ein Tagebuch in der App verschafft der Patientin einen Überblick über ihren Fortschritt innerhalb des Programms und enthält die für die jeweilige Patientin wichtigsten Inhalte.
Prosoma, wo geht der Weg hin? Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?
Unser Ziel ist ganz klar: Wir wollen weltweit die Nummer 1 für digitale Therapeutika für die Onkologie werden. Wir arbeiten darauf hin, dass unsere Produkte in den meisten europäischen Ländern und in den USA vom staatlichen Gesundheitssystem erstattet werden. Aus unserer Sicht sind Fortschritte in digitalen Therapien nicht nur für die Patient:innen von Vorteil, sondern auch für Ärzt:innen, Krankenhäuser, Pharmaunternehmen und Zulassungsbehörden. Durch die Digitalisierung von Standardbehandlungen erhalten Krebspatienten in vielerlei Hinsicht einen einfacheren Zugang zu den Behandlungen und damit bessere Chancen auf eine bessere Lebensqualität und ein längeres Leben.
Zum Schluss: Welche 3 Tipps würden Sie angehenden Gründern mit auf den Weg geben?
Tipp Nr. 1: Seid besessen von eurem Produkt. Es ist euer größter Wert. Obwohl wir uns bei Prosoma bereits in der Phase der Kommerzialisierung befinden, stecken wir immer noch fast die Hälfte unseres Budgets in die Produktentwicklung.
Tipp Nr. 2: Seid von eurem Team überzeugt, bevor ihr anfangt.
Tipp Nr. 3: Sucht nicht nach den einfachen Lösungen und glaubt nicht an leicht verdientes Geld. Die Entwicklung einer Innovation ist der schwierigste und risikoreichste Weg, den ihr beruflich einschlagen könnt.
Wir bedanken uns bei Marek Ostrowski für das Interview
Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder