Krankschreibungen aufgrund einer psychischen Erkrankung dauern meist mehrere Wochen bis Monate und können jedes Team und Unternehmen gefährden. In den letzten Jahren ist dieses Krankheitsbild zum zweithäufigsten Grund geworden, sobald es um krankheitsbedingte Fehlzeiten geht. Da es sich um keinen schleichenden, sondern meist langwierigen Entwicklungsprozess handelt, ist neben dem Fachkräftemangel eine über Wochen, Monate oder sogar Jahre sinkende Arbeitsleistung die Folge.
Welche Rechte und Pflichten haben der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer, um diese Krankheitsentwicklung nicht aufkommen zu lassen oder zu unterbinden? Der Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht, Herr Nikolaos Sakellariou, hat nachfolgend die geltende Rechtslage für Sie zusammengefasst.
Ab wann spricht man von psychischer Erkrankung am Arbeitsplatz?
Von psychischer Erkrankung ist zu sprechen, wenn die Leistungsfähigkeit am Arbeitsplatz wiederkehrend beeinträchtigt wird. Zu den einflussnehmenden Größen gehören die Anforderungen an den Arbeitnehmer, sowie das Arbeitsklima. Wirken Erwartungen vom Vorgesetzten oder Chef auf die Psyche als dauerhafte Belastung, kann dies zu Stresssymptomen führen. Darunter sind zum Beispiel Unruhe, Nervosität, Gereiztheit, Antriebslosigkeit, Zurückgezogen sein oder Vermeidung von Kollegen oder Arbeitsbereichen verstanden werden. Diese Symptome treten immer wieder oder dauerhaft während der Arbeitszeit auf, können allerdings schon auf dem Weg zur Arbeit, nach Hause oder anderweitig in Alltagssituationen auftreten und Betroffene maßgeblich beeinträchtigen.
Psychische Erkrankungen und mögliche Folgen durch die Arbeit
Burnout und Depression durch Mobbing sind zwei bekannte psychische Erkrankungen resultierend aus dem Arbeitsleben. Auswirkungen auf die Arbeitsleistung werden im Fall von Mobbing sofort ersichtlich. Es wird mehr Zeit und Kraft der Betroffenen in die Konflikte vergeben als in die anstehenden Arbeitsthemen. Gruppenbildungen und Tratschen sind weitere Nebeneffekte, die das Teamwork innerhalb eines Unternehmens nachweislich belasten, erschweren und neben gesundheitlichen auch wirtschaftlichen Schaden verursachen.
Verantwortung von Vorgesetztem oder Chef
Im Arbeitsschutzgesetz im § 4 Absatz 1 ArbSchG wird auf die Verantwortlichkeiten und die Aufgaben des Arbeitgebers verwiesen. Dort findet sich die Sorgfaltspflicht des Chefs gegenüber seinen Angestellten Gefährdungen für deren psychische und physische Gesundheit bestmöglich zu beheben. Sobald eine ernstzunehmende, psychische Belastung eines Angestellten vorliegt, ist seitens des Arbeitgebers eine Auszeit oder der Wechsel in einen weniger belastenden Arbeitsbereich anzubieten und zeitnah zu realisieren. Gemäß § 5 Ziffer 6 ArbSchG ist der Arbeitgeber seit 2014 zudem verpflichtet regelmäßig die Gefahrenbeurteilung jedes vergebenen Arbeitsplatzes hinsichtlich des Schutzes der psychischen Gesundheit durchzuführen. Beschwerden von Angestellten resultieren darin, dass der Prüfprozess beschleunigt wird.
Verhalten & Verantwortungsbereiche der Kollegen
Das Arbeitsschutzgesetz in Deutschland gibt auch den Angestellten konkrete Pflichten an die Hand. Gemäß § 15 Absatz 1 ArbSchG liegt es in der Pflicht jedes Angestellten selbst sich um das Wohlergehen der eigenen psychischen Gesundheit am Arbeitsplatz zu kümmern. Gleiches gilt auch für die Kollegen. Denn in § 15 Absatz 2 ArbSchG haben sich Arbeitnehmer fürsorglich zu verhalten, was die psychische Gesundheit gegenüber Kollegen, Mitarbeitern oder Vorgesetzten angeht. Hierbei sind sowohl Unterlassungen als auch Handlungen gemeint. Da Gesetze und Pflichten des Arbeitsschutzgesetzes für den Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleichermaßen bindend sind, ersetzt der § 15 Absatz 2 eine entsprechende Arbeitgeberanweisung.
Fazit: Keine psychische Erkrankung durch die Arbeit dulden!
Durch das Kennen ihrer Rechte und Möglichkeiten können Arbeitnehmer schneller aus Arbeitssituationen herauskommen und eine dauerhafte, psychische Gefährdung unterbinden. Der Verstoß gegen die Pflichten des Arbeitsschutzgesetzes kann bei klarer Schuld des Arbeitgebers zu Schadensersatzansprüchen des Angestellten führen. Mögliche Gründe dafür wären eine nachweisbare Schuld für das Auftreten und die nachhaltige Beeinträchtigung eines Burnout-Syndroms oder einer Depression. Damit diese Entwicklung eines Arbeitsverhältnisses vermieden wird, sollten Arbeitnehmer stets die eigene Sorgfaltspflicht und ihre Wirkung auf Kollegen im Blick haben. Durch die Kontaktaufnahme zum Vorgesetzten, Chef oder Betriebsrat besteht die reale Möglichkeit sich selbst oder Betroffenen eine psychische Erkrankung durch die Arbeit zu ersparen oder die Arbeitssituation durch Thematisierung zu verbessern.
Autor:
Nikolaos Sakellariou ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht, Verkehrsrecht und Strafrecht mit eigener Kanzlei in Schwäbisch Hall. Seine Fachgebiete sind u.a. die Bereiche Kündigung, Abfindung, Abmahnung, Mobbing und Aufhebungsvertrag. Seit 1981 ist der Familienvater aktives Mitglied der baden-württembergischen SPD.
Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder