tip me: Shoppen und globales Trinkgeld geben
Stellen Sie sich und das Startup tip me kurz unseren Lesern vor!
Stell Dir vor, Du kaufst eine Tafel Schokolade und gibst ein Trinkgeld an den Kakaobauern. Oder Du kaufst einen Schuh und kannst ein Trinkgeld direkten und sicher an die Näher*innen geben. Das ist tip me: das globale Trinkgeld. Mit einem Trinkgeld von 10% kannst Du die Löhne von Produzent*innen um bis zu 250% steigern.
Trinkgeld geben kann man durch einen einzigen Klick im Online-Shop unserer Partner. Finde ein Produkt, füge ein Trinkgeld zum Warenkorb hinzu, fertig.
Wir legen jedem Produzenten ein persönliches Profil an und leiten 100% des Trinkgelds direkt auf sein Mobiltelefon weiter. Das Guthaben kann er sich dann bei einer lokalen Bank auszahlen lassen. So stellen wir sicher, dass Dein Trinkgeld genau dort landet, wo es hingehört: bei den Menschen hinter deinem Produkt.
Unsere Partnerunternehmen zahlen darüberhinaus faire Preise und erhöhen Dein Trinkgeld mit Unternehmensspenden. So sorgen wir für Transparenz und maximale Fairness.
Warum haben Sie sich entschieden ein Unternehmen zu gründen?
Ich habe mit Freunden gegen die erste Eröffnung von Primark in Deutschland demonstriert. Auf den Flyern, die wir verteilt haben, stand: Nur 3% von dem Preis für ein T-Shirt geht an die Menschen, die es gemacht haben. Das hat mich unglaublich schockiert. Mein zweiter Gedanke war: Das würde bedeuten, mit einer Art Trinkgeld von 3% an die Näher*innen, könnte ich ihrem Lohn verdoppeln.
Das klang so simpel und mächtig, dass ich einfach nicht widerstehen konnte. Und als dann die ZEIT Online wenig später ein Video über tip me veröffentlichte, wusste ich, dass ich hier an etwas Großem dran bin.
Ich habe vorher schon viele andere soziale Ventures gestartet und mit aufgebaut. Was mir dabei immer wieder aufgefallen ist: Die meisten Menschen sind gut. Aber um sie für eine soziale Lösung zu motivieren, müssen diese einfach und sexy sein.
Vor allem heutzutage ist es einfach an den globalen Problemen zu verzweifeln. Aber unsere Aufgabe als Entrepreneurs ist es, einfache, kreative und wirkungsvolle Lösungen zu schaffen, die man einfach in seinen Alltag integrieren kann. So können wir es schaffen, dass die großen globalen Probleme auf ein Mal ganz klein werden.
Welche Vision steckt hinter tip me?
Die Vision von tip me ist eine Welt, in der faire Produkte selbstverständlich sind. Und das muss auch nicht schwierig sein. Eine Jeans müsste nämlich laut Entwicklungsminister Dr. Gerd Müller nur 1€ mehr kosten, um fair zu sein. (Quelle: http://www.general-anzeiger-bonn.de/news/Ein-Euro-mehr-f%C3%BCr-die-Jeans-w%C3%A4re-fair-article1522447.html)
Die Vision von tip me ist es deshalb, Lösungen für Konsumenten, Unternehmen und Politik aufzubauen, um faire Löhne in Lieferketten zu garantieren.
Das globale Trinkgeld ist dafür der erste Schritt. Langfristig geht es jedoch darum mit Best-Practice-Beispielen, intelligenter Software und transparenten Lieferketten die Standards in sozialer Nachhaltigkeit der ganzen Industrie zu erhöhen.
Von der Idee bis zum Start was waren bis jetzt die größten Herausforderungen und wie haben Sie sich finanziert?
Die größte Schwierigkeit war es aus einer abstrakten Idee ein greifbares Produkt und ein richtiges Unternehmen zu bauen. Nachfrage seitens Unternehmen und Konsumenten war von Anfang an genug da, vielleicht sogar zu viel. Aber Menschen zu finden, die ein wirklichen Risiko eingehen wollten und auch den entsprechenden Spirit hatten, war für mich schwierig.
Zum Glück habe ich im perfekten Moment meine beiden Mitgründer kennengelernt, die mich mit Expertise in Supply Chain Management, IT und Entwicklungszusammenarbeit perfekt ergänzen. Außerdem macht die Arbeit mit den beiden einfach jeden Tag Spaß.
Finanziert wurde tip me von unserem Ersparten und ein wenig Kindergeld. Seit Anfang Mai sind nun wir drei Gründer von dem Gründerstipendium NRW für ein Jahr finanziert. Zum Ende des Jahres schließen wir unser erstes Investment ab.
Wer ist die Zielgruppe von tip me?
Die Zielgruppe von tip me sind die klassischen „LOHAS“, Kunden mit einem „Lifestyle of health and sustainability“. Sie sind meist jung, urban und gut gebildet und fühlen sich für ihre Umwelt und Mitmenschen verantwortlich. Diese Gruppe wächst glücklicherweise immer weiter und beträgt mittlerweile ganze 25% des deutschen Verbrauchermarkts.
Wie funktioniert tip me? Wo liegen die Vorteile?
Das erste Produkt von tip me ist ein Add-on für Online-Shops. Wer ein Produkt bei einem unserer Partner online kauft, sei es Schuhe, Kakao oder T-Shirts, kann mit einem Klick ein Trinkgeld geben:
Produkt wählen, Trinkgeld zum Warenkorb hinzufügen, fertig.
tip me registriert in Vorhinein alle Produzenten, legt ihnen ein persönliches Profil an und richtet ein SMS-Konto ein. Die Produzenten können hier angeben, was sie mit ihrem Trinkgeld finanzieren wollen. So siehst Du als Kunde, dass Dein Trinkgeld direkt und sicher ankommt und was es für die Menschen vor Ort ermöglicht.
Der Vorteil von tip me ist sichere, transparente Fairness: Jeder Cent Deines Trinkgelds kommt direkt und sicher bei den Produzent*innen an. Wir stellen durch die Technologie unserer Zeit sicher, dass Lieferketten transparent und fair werden.
Bei den hunderten Siegeln auf Produkten weiß niemand genau, was eigentlich welchen Unterschied macht. Untersuchungen zeigen, dass die Lohnsteigerung von vielen Siegeln „insignifikant“ ist. (Quelle: https://www.theguardian.com/commentisfree/2017/aug/04/fairtrade-benefits-supermarkets-global-south-outdated-model)
tip me’s Ansatz ist deshalb einzigartig. Wir versenden Dein Trinkgeld komplett digital und ermöglichen so ungesehene Transparenz und Sicherheit. Jeder Cent deines Trinkgeld kommt direkt auf dem Mobiltelefon des Produzent*innen an. Mittlerweile haben mehr Menschen Zugang zu Mobiltelefonen als zu Toiletten. (Quelle: https://www.forbes.com/sites/timworstall/2013/03/23/more-people-have-mobile-phones-than-toilets/#210ffc096569) Und dieses Potential nutzen wir. So vermeiden wir Bürokratie und sparen Kosten. Denn ich finde, wenn es irgendwo Innovation braucht, dann im Bereich Fairness.
tip me,wo geht der Weg hin? Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?
In 5 Jahren soll tip me ein Vorzeigebeispiel für faire Lieferketten sein. Wir wollen gemeinsam mit den großen Playern der Industrie zeigen, was möglich ist und so die Standards in der sozialen Nachhaltigkeit auf ein neues Level bringen.
tip me baut schon heute Zusammenarbeiten mit Deutschlands Supermärkten auf. In 5 Jahren wird tip me sich im Supermärkten etabliert haben und mehreren hunderttausend Menschen faire Löhne garantieren. Darüberhinaus wollen wir unsere Expertise und Software-Lösungen NGOs und Unternehmen zur Verfügung stellen, um Lebensstandards auch in anderen Bereichen zu erhöhen.
Zum Schluss: Welche 3 Tipps würden Sie angehenden Gründern mit auf den Weg geben?
Hire character, not CVs.
Die Welt, in der wir leben ist zu schnelllebig um sich auf Erfahrung allein zu verlassen. Was Dein Team wirklich braucht, sind Menschen, die die Vision des Unternehmens teilen und lösungsorientiert denken. Denn Skills kann man lernen. Charakter nicht.
Teile Dein Budget durch 10
Not macht erfinderisch. Egal ob im Marketing oder Product Development, es findet sich immer eine smarte und oft bessere Möglichkeit Ziele auch ohne großes Budget zu erreichen. Aber dafür muss man auch danach suchen.
So vermeidest Du nicht nur unnötige Kosten, sondern wirst Dir auch den eigentlichen Stärken Deines Teams und der Organisation bewusst.
Build something that matters
Seien wir mal ehrlich: Wer braucht eine neue Dating-App?
Entrepreneurs sind Problemlöser. Und Probleme gibt es grade mehr als genug. Ob Klimawandel, soziale Ungleichheit oder veraltete Politik.
Beim Gründen wirst Du Wochenenden durcharbeiten, wenig schlafen und jeden Tag ungeahnte Probleme bekommen. Das alles hält man viel leichter durch, wenn man weiß wofür.
Darüberhinaus: Einhorn, share, Sirplus und Co. zeigen perfekt, dass man Gutes tun und auch gut davon leben kann. Also worauf wartest Du noch?
Weitere Informationen finden Sie hier
Wir bedanken uns bei Jonathan Funke für das Interview
Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder