Erst mit den vielschichtigen Austauschbeziehungen zwischen Alter und Neuer Welt nach der Entdeckung Amerikas begann in Europa die Geschichte des Tabaks. Diese Veränderungen werden in der historischen Forschung nach ihrem Entdecker “Columbian Exchange” genannt.
In der Neuen Welt hingegen besaß seine Verwendung eine lange Tradition. Seit dem 7. Jahrhundert vor Chr. nutzten die Maya-Priester Tabak als Mittel zur Kommunikation mit den Göttern. Dies legen kultische Gemälde nahe, die aus dieser Zeit stammen. Durch die vielfältigen Austauschbeziehungen zwischen den Völkern Mittelamerikas kamen benachbarte Völker der Mayas wie die Azteken, Tolteken und Olmeken ebenfalls mit Tabak in Kontakt. Diese im präkolumbischen Zeitalter kulturell vielschichtige und extrem dicht besiedelte Region ist in den Geschichtswissenschaften als Mesoamerika bekannt.
Allerdings verliefen diese Beziehungen nicht immer friedlich. Vielmehr ist die Geschichte zwischen den rivalisierenden Stämmen Amerikas von ähnlichen Kriegen und wechselnden Bündnissen geprägt, wie diese für die Stadtstaaten Griechenlands typisch waren. Anders als in der hellenischen Welt gab es in Amerika allerdings das Mittel der Konfliktbeilegung durch das Rauchen der Friedenspfeife.
Der Tabakimport nach Europa begann
Wie stark der Tabakkonsum bei den indigenen Stämmen Amerikas verbreitet waren, das belegen Aufzeichnungen von Kolumbus aus seinem Bordbuch, in das der Entdecker schrieb, dass zwei seiner Begleiter bei der Erkundung Juanas (Kubas) „eine große Anzahl Eingeborener antrafen, die mit einer kleinen glimmenden Stange aus einem Kraut herumwandern, dessen Rauch sie einatmen, wie es ihr Brauch ist“.
Überliefert ist die Begeisterung, mit der sich Columbus‘ Crew dem unbekannten Genussmittel widmete, während sich ihr Kapitän eher gleichgültig gezeigt haben soll. Trotzdem war Columbus klug genug, größere Tabakbestände in seine Heimat zu überführen. Columbus‘ Entdeckung löste eine Kettenreaktion aus. Andere Entdecker wie Amerigo Vespucci, Fernando Magellan und Hernando Cortez folgten den Fußstapfen des Pioniers und brachten ebenfalls Tabak nach Europa.
Das Qualitätsbewusstsein der Entdecker ist in Bezug auf die Tabakherstellung ein Kontinuum. Die Produktion konnte sogar mit den Jahren immer weiter verfeinert werden. Ein Beispiel für höchste Ansprüche bei der Tabakerzeugung ist der Denim Tabak von Tabak Welt, der nicht nur gut schmeckt, sondern auch ausgesprochen günstig ist.
Verbreitung an den Adelshöfen
Der anfängliche Tabakkonsum in Europa folgte anderen Regeln, als wir es heute gewohnt sind. Zum Verständnis gehört, dass die amerikanischen Indigenen den Tabak beileibe nicht nur rauchten. Sie kannten viele Möglichkeiten, das Nervengift zu verwenden. Dazu gehörten das Schnupfen, Kauen, Trinken und Lutschen. Die Europäer verhielten sich ähnlich, wobei der Schnupftabak schnell die beliebteste Verwendung in den Adelshöfen Europas wurde.
Ruf als Heilpflanze
Wichtige Meilensteine in der Entwicklung des Tabaks in Europa war die botanische Untersuchung durch den Diplomaten und Urvater der französischen Lexikographie, Jean Nicot, auf den der Name Nikotin zurückging. Die Behandlung der Migräne von Katharina von Medici soll erfolgreich gewesen sein und zum uns heute seltsam vorkommenden Ruf von Tabak als Heilpflanze beigetragen haben. Womöglich ließ ihre anregende und appetitzügelnde Wirkung solche Potenziale bei den Zeitgenossen vermuten.
Gemäß der in der damaligen Medizin verbreiteten Viersäftelehre war die Lehrmeinung anerkannt, dass der heiße und trockene Tabakrauch den Blutkreislauf von überflüssigem Schleim durch Austrocknung reinigen könne. Dies käme wiederum der Herzgesundheit und dem Blutkreislauf zugute. Ärzte nutzten Tabak als Salben, Pasten, Lösungen und Tinkturen, der sich als Medikament seinen Platz in den Apotheken erobern konnte.
Zwischen Laster und Einnahmequelle
Seit 1558 wurde Tabak in Spanien angebaut und die anderen europäischen Länder folgten in unterschiedlichem Tempo. Dadurch war es möglich, sich vom Import aus Amerika unabhängig zu machen. Der Dreißigjährige Krieg fungierte bei der Verbreitung des Tabaks als Beschleuniger, der nun auch bei Soldaten und dem einfachen Volk seine Anhänger fand. Die Herrscher gingen unterschiedlich mit dem Tabakkonsum der Bevölkerung um. Gewohnt pragmatisch verhielten sich die Engländer mit der Einführung der Tabaksteuer 1625 unter König Jakob I.
Rigoros waren die Antirauchermaßnahmen zeitweise im Osmanischen Reich und im russischen Zarenreich, wobei sich die Herrscher Murad IV. und Michail Romanow hervortaten. In Persien konnte Rauchern der Hals mit flüssigem Blei ausgegossen werden und im Herzogtum Lüneburg mussten Raucher bis 1691 mit der Todesstrafe rechnen. Gründe für diese frühen Kampagnen waren eine vermeintliche Lasterhaftigkeit und Brandgefahr.
Der Tabakkonsum in Preußen
Der Tabakkonsum war der einzige Luxus, den sich der pietistische und für seine Strenge gefürchtete Gründer des Königreichs Preußen, Friedrich Wilhelm I., gönnte. Sein Tabakskollegium brachte es nicht zuletzt durch ein Gemälde von Georg Lisiewski zu einiger Berühmtheit. Die Vorliebe des „Soldatenkönigs“ für den anregenden Dunst fiel auf fruchtbaren Boden, denn 1658 hatte der Kurfürst von Brandenburg und Herzog in Preußen, Friedrich Wilhelm, in seinem Herrschaftsgebiet nach englischem Vorbild eine Tabaksteuer eingeführt.
Ihr folgte 1676 eine Konzessionsvergabe für den Anbau, Verkauf und die Weiterverarbeitung von Tabak. Legendär ist die Schnupftabakdose, die Friedrich II. in der Schlacht bei Kunersdorf das Leben rettete. Sie ist ein beliebtes Exponat in der Burg Hohenzollern nahe Bisingen. Den Tabak zu rauchen, das mochte der König aber nicht, und das von ihm verhängte Rauchverbot auf offener Straße galt bis zur 1848er Revolution in Preußen.
19. Jahrhundert: Tabakkonsumenten wurden Raucher
Während der Aufklärung und Emanzipation des Bürgertums kam es mit Blick auf das Rauchen zu einer ersten sozialen Distinktion. So tendierten Adlige zum Schnupftabak, während Bürger begannen, sich für das Rauchen von Tabak zu erwärmen. Es waren die Bürgerlichen, die den Trend setzten, denn das Pendel der Nachfrage verschob sich im 19. Jahrhundert eindeutig zugunsten des Rauchens. In einer Statistik aus dem Deutschen Reich im Jahre 1877 zeigte sich, dass die Raucher unter den Tabakkonsumenten mit 89 Prozent die Nachfrage dominierten. Der Schnupftabak kam aus der Mode und damit begann eine neue Form der sozialen Distinktion.
Wie die Zigarette entstand
Passend zur sozialen Frage gegen Mitte des 19. Jahrhunderts begann der Gegensatz zwischen Bürgern und Adligen einem neuen Gegensatz zwischen Proletariern und Bourgeoisie zu weichen. Die Vermögensverhältnisse entschieden über die Rauchgewohnheiten. So ging die Erfindung der Zigarette, die dem französischen Wortsinn nach eine Verniedlichungsform der Zigarre ist, auf findige Arbeiter in den Zigarrenfabriken zurück. Diese entdeckten, dass sich aus den Resten „kleine Zigarren“ herstellen ließen.
20. Jahrhundert: Säkulum der Zigarette
Geboren war die Zigarette, die sich im 20. Jahrhundert in der breiten Masse durchsetzte und zu den neuen Idealen der Demokratie zu passen schien. Frauen frönten nun ebenso dem blauen Dunst und neben dem günstigen Preis lockte die Möglichkeit des schnellen Konsums, sodass die Zigarette dem schnelllebigen und schnörkellosen Zeitgeist in der architektonisch vom einheitlichen Industrial Style geprägten Moderne entsprach.
Anders als die Pfeife ließ sich die Zigarette auch während der Arbeit problemlos anstecken. Wie sehr die Zigarre selbst gegen Ende des 20. Jahrhunderts noch als bürgerliches Statussymbol galt, das bewies Gerhard Schröder nach seinem Amtsantritt als Bundeskanzler, der sich nicht zuletzt aufgrund medienwirksamer Fotos mit Zigarre den Beinamen „Kaschmir-Kanzler“ einhandelte.
21. Jahrhundert: Neue Wege
Im 20. Jahrhundert hatten Frauen und Arbeiter sich mit der „demokratischen Zigarette“ emanzipiert. Doch im 21. Jahrhundert wurden ihre schon lange bekannten gesundheitlichen Schattenseiten stärker gewichtet. Der Zigarette ging es mit immer neuen Verboten, Einschränkungen und Preiserhöhungen an den Kragen. Zugleich drangen neue Formate der Inhalation auf den Markt.
Gespeist wurden diese Innovationen wie E-Zigarette, E-Shisha, Vaporizer und Elfbar dadurch, dass die Inhalation von Dampf unterhalb der Verbrennungsschwelle stattfindet, wodurch die alternativen Tabakprodukte deutlich weniger gesundheitsgefährdend und kanzerogen sind. Festzuhalten bleibt, dass der gute, alte Tabak trotz dieser neuen Produkte nach wie vor konsumiert wird.
Titelfoto: Bild von fetcaldu auf Pixabay
Autor: Bastian Kissing
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