Sonntag, Dezember 15, 2024
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Wie verändert diese Technologie die Zukunft unserer Lebensmittel?

Christian Pichler wird auf der New Food Conference 2024 in Berlin als Sprecher auftreten. Als Gründer und Geschäftsführer von GERBER-RAUTH, einer Investmentgesellschaft mit Fokus auf das Dairy Ecosystem©, bringt er über 50 Jahre Erfahrung in der Milchwirtschaft und im Agribusiness mit. In seiner Session auf der Hauptbühne wird er über „Molkerei mit Präzisionsfermentation“ sprechen und Unternehmensperspektiven zur Diversifizierung von Proteinen vorstellen.

Christian, was hat Sie dazu bewogen, an der New Food Conference 2024 teilzunehmen, und warum ist diese Veranstaltung für Sie und Ihre Arbeit bei GERBER-RAUTH wichtig?

Christian Pichler: Es ist eine Gelegenheit, im schnelllebigen Bereich der alternativen Proteine einen Schritt voraus zu sein, indem man Einblicke in die neuesten Trends und Entwicklungen gewinnt. Die Veranstaltung bietet auch eine erstklassige Möglichkeit, sich mit internationalen Fachleuten aus der Lebensmittelbranche und politischen Entscheidungsträgern zu vernetzen, Beziehungen zu pflegen und möglicherweise neue Kooperationen einzugehen.

Könnten Sie uns einen kurzen Überblick über die Themen geben, die Sie in Ihrer Session „Präzisionsfermentierung im Bereich Milchprodukte“ ansprechen werden?

Christian Pichler: Ich werde auf die Entwicklung des Bereichs der Präzisionsfermentierung eingehen, seit ich 2014 begonnen habe, neue Technologien zu erforschen. Unser Ziel war es, immer bessere Milchalternativen zu produzieren. Dabei werde ich auch die Herausforderungen ansprechen, denen sich die Branche aus Sicht der Verbraucher gegenüber sieht, sowie die Notwendigkeit eines gerechten Übergangs für diejenigen, die im traditionellen, auf tierischen Proteinen basierenden Bereich tätig sind.

Welche Hauptbotschaften möchten Sie dem Publikum in Bezug auf Proteindiversifikation vermitteln?

Christian Pichler:Proteindiversifikation ist entscheidend für die Schaffung eines nachhaltigen und widerstandsfähigen Lebensmittelsystems. Durch die Nutzung einer Vielzahl von Proteinquellen können wir die Umweltbelastungen verringern, die globale Ernährungssicherheit erhöhen und den Verbrauchern gesündere, nahrhaftere Optionen bieten. Dieser Ansatz fördert Innovationen und bietet den Menschen mehr Auswahlmöglichkeiten, die ihren Werten und Ernährungsbedürfnissen entsprechen.

Welche Herausforderungen sehen Sie bei der Integration der Präzisionsfermentation in die traditionelle Milchindustrie und wie können diese überwunden werden?

Christian Pichler:Die Integration der Präzisionsfermentation in die traditionelle Milchindustrie stellt mehrere Herausforderungen dar. Obwohl hybride Produkte weiterhin entstehen werden, erwarte ich, dass die beiden Sektoren größtenteils komplementär bleiben. Wichtige Herausforderungen sind unter anderem die Akzeptanz der Verbraucher sowie der erhebliche Zeit- und Kostenaufwand, der für die Skalierung der Produktion erforderlich ist. Die erfolgreiche Skalierung wird erhebliche Investitionen in Infrastruktur und Technologie erfordern.

Ebenso ist der Aufbau von Verbrauchervertrauen durch Aufklärung entscheidend. Diese Herausforderungen können durch die Förderung der Zusammenarbeit zwischen Start-ups, traditionellen Molkereiunternehmen und Regulierungsbehörden überwunden werden. Auch Investitionen aus privaten und öffentlichen Sektoren in skalierbare Technologien sowie gezielte Marketingkampagnen zur Hervorhebung der Vorteile und Sicherheit von Präzisionsfermentationsprodukten sind notwendig.

Wie trägt GERBER-RAUTH zur Innovation und Entwicklung im Dairy Ecosystem© bei?

Christian Pichler: Wir treiben Innovationen in der Milchindustrie voran, indem wir Finanzierung, strategische Beratung und Branchenkontakte bereitstellen. Wir unterstützen Unternehmen bei der Entwicklung und Skalierung neuer Technologien in den Bereichen traditionelle, pflanzliche Milchprodukte und neuartige Lebensmitteltechnologie. Unser Ziel ist es, nachhaltige und innovative Produkte zu schaffen, die den sich wandelnden Verbraucheranforderungen gerecht werden.

Welche Rolle spielen Ihre Erfahrungen bei Nestlé und L’INTERFORM in Ihrer aktuellen Arbeit mit GERBER-RAUTH und Grey Silo Ventures?

Christian Pichler: Bei Nestlé habe ich neben tiefen Einblicken in die Nahrungsmittelindustrie, den Einzelhandel und andere Vertriebskanäle wie Foodservice, vor allem auch strategische Planung und Unternehmensführung in einem internationalen Konzern kennengelernt. Besonders wertvoll waren die divisions-, funktions- und länderübergreifende Zusammenarbeit. Durch die Akquisition von L’INTERFORM und die anschließende Eingliederung und Konsolidierung der Handelsaktivitäten unseres Familienunternehmens DELMO konnte ich einerseits erleben, wie die technischen Aspekte eines M&A-Prozesses in der Praxis funktionieren.

Andererseits habe ich auch die internationale Milchindustrie und den Agrarrohstoffhandel besser verstanden. Zudem habe ich bei DELMO zusammen mit meinen Familienmitgliedern einen Nachfolgeregelungsprozess gestaltet. Dieser führte dazu, dass mein Bruder Alexander DELMO als Investmentholding mit Fokus auf Value Investing weiterführte. Mein Bruder Florin spaltete seine Tätigkeit und Assets ab. Ich habe bestimmte Unternehmensteile und Assets in eine neu gegründete Gesellschaft, GERBER-RAUTH, eingebracht. Darauf aufbauend habe ich eine Private Investment Company gegründet, die strategische Investitionen in einem Cluster von Sektoren tätigt, das wir als DAIRY ECOSYSTEM bezeichnen.

Mein Werdegang hat mir also viele Einblicke in Großkonzerne, globale Zusammenhänge sowie in Themen wie Gründung, Corporate Governance, Unternehmensführung, Mitarbeiterführung und operative Umsetzung gegeben. All diese Erfahrungen nutzen mein Team und ich sowohl intern bei GERBER-RAUTH als auch bei externen Engagements wie bei Grey Silo Ventures.

Christian Pichler: Eine bemerkenswerte Innovation ist die Nutzung von Nebenströmen aus Abfällen, wie landwirtschaftlichen Nebenprodukten und Lebensmittelabfällen, als Rohstoffe. Dies reduziert Abfälle und unterstützt gleichzeitig eine Kreislaufwirtschaft. Außerdem finde ich die Entwicklung verbesserter Mikrobenstämme für höhere Erträge sehr spannend. Auch die Erweiterung der Anwendungen in neuartigen Proteinen und Milchalternativen, um nicht nur traditionelle Lebensmittel nachzubilden, sondern völlig neue Konzepte zu schaffen, ist vielversprechend.

Wie sehen Sie die Zukunft der Milchindustrie in den nächsten fünf Jahren, insbesondere im Hinblick auf neue Technologien wie die Präzisionsfermentation?

Christian Pichler: Auf Betriebsebene wird die traditionelle Milchindustrie in Europa aufgrund wirtschaftlicher Zwänge weiter schrumpfen. Schwankende Milchpreise und steigende Betriebskosten schmälern die Gewinnspannen. Hinzu kommen die sich ändernden Verbraucherpräferenzen hin zu pflanzlichen Alternativen, zunehmende Umweltauflagen und die Auswirkungen des Klimawandels auf die Produktion. Diese Faktoren tragen ebenfalls zu diesem Rückgang bei. Die Konsolidierung von Betrieben und der Mangel an einer jüngeren Generation, die bereit ist, die Herausforderungen eines Milchviehbetriebs anzunehmen, spielen ebenfalls eine Rolle. Traditionelle Milchproduzenten und große Lebensmittelunternehmen werden voraussichtlich neue Technologien wie Präzisionsfermentation integrieren, was zu hybriden Produkten führt, die konventionelle Milchprodukte mit neuen Inhaltsstoffen kombinieren. Innovationen werden auch die Skalierbarkeit verbessern und die Kosten senken, was die Präzisionsfermentation breiter zugänglich machen wird.

Wo sehen Sie sich und GERBER-RAUTH in fünf Jahren?

Christian Pichler:GERBER-RAUTH wird den Weg, den wir 2015 aufgezeichnet haben, konsequent weitergehen. Wir werden als kleine, hochprofessionelle, internationale Private Investment Company weiterhin Investitionen und Projekte im DAIRY ECOSYSTEM tätigen und unsere Rolle als Added-Value-Partner in diesem Cluster ausbauen. Unser Fokus wird auf Investitionen liegen, bei denen wir durch Kapital und Know-how einen greifbaren Mehrwert erzielen können. Wir arbeiten eng mit dem Gründer- bzw. Management-Team und den Hauptanteilseignern zusammen. Geografisch wird sich unser Fokus neben Europa stärker in Richtung USA, Kanada und Mexiko verschieben, wo wir das größte Potenzial sehen. Persönlich hoffe ich, ein immer fähigeres Team aufzubauen und die Unternehmenskultur so weiterzuentwickeln, dass ich mich zunehmend auf eine strategische Rolle konzentrieren kann. Ich möchte dem Team als „Wasserträger“, „Strippenzieher“, Coach und Cheerleader zur Seite stehen.

Welche drei Tipps würden Sie Start-up-Unternehmern im Bereich Milchprodukte und alternative Proteine geben?

Christian Pichler: Bootstrap, wissen, dass Ihr Produkt gebraucht wird und dass es Nachfrage dafür gibt. Planen Sie frühzeitig für die behördliche Genehmigung und Ihre Verbraucheransprache. Menschen wollen von etwas Neuem verführt werden und nicht eine Alternative angeboten bekommen, die möglicherweise als zweitbeste Wahl angesehen wird.


Titelbild/ Bildquelle: Bild von Gerd Altmann für pixabay

Wir bedanken uns bei Christian Pichler für das Interview

Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder.

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