Thomas Hoffmann, Director des Standortes Hamburg der Personalberatung Robert Walters im Interview
Stellen Sie sich doch kurz unseren Lesern vor.
Gern. Mein Name ist Thomas Hoffmann und ich leite den Standort Hamburg der internationalen Personalberatung Robert Walters. Mit meinem Expertenteam vermittele ich Fach- und Führungskräfte in Festanstellung sowie auf Interimsbasis auf allen Managementebenen im Finanz- und Rechnungswesen sowie im IT-Sektor. Direkt nach Abschluss meines Wirtschaftsrechtsstudiums mit dem Schwerpunkt Personal im Jahr 2005, startete ich meinen beruflichen Weg in der Personaldienstleistung. Hier habe ich meine Erfahrungen in lokalen Unternehmen wie auch im internationalen Umfeld sammeln dürfen und bin seit 2018 Teil des Teams von Robert Walters.
Was zeichnet Hamburgs Startup-Szene aus? Welche Gründergeschichten hat die Stadt zu bieten?
Hamburg ist der heimliche Star der deutschen Startup-Szene, denn was die meisten nicht wissen – viele Tech-Startups kommen aus der Hansestadt. So wurden hier vier der zehn größten Videospielentwickler Deutschlands gegründet – Gamigo, Innogames, Good Game Studios und Big Point. Zudem wurde hier das Business Netzwerk Xing gegründet, ebenso wie der Online-Versandhändler About You.
Nicht nur in der Logistik, die in Hamburg stark ausgeprägt ist, sondern auch in anderen Branchen, wie z. B. in der Fintech Szene oder im Bereich Social & Environmental Impact, bietet die Stadt attraktive Rahmenbedingungen für Startups. Ein wachsendes Angebot an entsprechend ausgerichteten Hubs und Förderprogrammen unterstützt junge Gründer fachlich und finanziell, um ihre Ideen zur Marktreife zu bringen.
Damit kann sich Hamburg mit seinen Gründergeschichten neben der „Startup-Hauptstadt“ Berlin und der Metropolregion Rhein-Ruhr durchaus sehen lassen.
Startup-Kultur vs. Konzern-Kultur: Welche kulturellen Unterschiede gibt es wirklich?
In großen Konzernen haben sich über viele Jahre hinweg feste Strukturen, Abläufe und Hierarchen etabliert. Die Großunternehmen stehen meist auch für Werte wie Sicherheit und Verlässlichkeit. Mitarbeiter von Konzernen erleben ein strukturiertes On-Boarding sowie geregelte Einarbeitungsroutinen. Auch Karrierepfade sind erfahrungsgemäß vorgegeben. Dabei können einzelne Mitarbeiter von der Möglichkeit Auslandserfahrungen innerhalb der Organisation zu sammeln profitieren.
Die Mitarbeiter eines Startups haben dagegen einen viel höheren Grad an Gestaltungsfreiheit und kreativem Freiraum. Sie haben die Möglichkeit disruptiv zu arbeiten und können Bestehendes jederzeit hinterfragen und verbessern. Festgefahrene Strukturen sind ihnen fremd und sie übernehmen schnell Verantwortung für ihr Handeln – das gilt auch für Berufseinsteiger. Das Arbeiten in einem Startup erfordert eine gewisse Risikoaffinität sowie Neugier und Freude im Umgang mit innovativen Technologien. Die Mitarbeiter müssen flexibel sein und häufigere Richtungswechsel gerne begleiten, beispielsweise in der generellen Ausrichtung und Strategie des Startups sowie auch in den Arbeitsabläufen. Im Gegensatz zu Großunternehmen ist die Fluktuationsrate in Startups relativ hoch.
Karriere im Startup und dann? Werden Experten mit Startup-Erfahrungen von Konzernen gesucht?
Explizite Startup-Erfahrungen werden nach meiner Erfahrung von großen Konzernen im Rahmen einer Stellenbesetzung nicht angefragt. Das kann sich allerdings ändern, wenn ein Konzern ein Spin-Off gründet. Hier könnten Kandidaten mit Startup Erfahrung hilfreich sein, da sie meist disruptiver eingestellt sind, kreativ denken und Dinge mit ihrer Hands-On-Mentalität gezielt voranbringen.
Welche Vorteile bringen Arbeitnehmer ihrem neuen Arbeitgeber, wenn sie von einem Startup in ein traditionelles Unternehmen wechseln, z.B. aus einem Fintech in eine Versicherung oder Bank?
Mitarbeiter mit Startup-Background bringen ein hohes Maß an Flexibilität mit und sind in der Lage, sich schnell in neue Sachverhalte einzuarbeiten. Sie haben in der Regel Kenntnisse in der Arbeit mit innovativen Technologien und Software-Tools. Darüber hinaus sind sie mit modernen Projektmanagement-Methoden vertraut. Bei ehemaligen Startup-Mitarbeitern ist meist auch das Hands-on-Arbeiten stärker ausgeprägt. Zudem haben die Fähigkeit Probleme schnell anzupacken und aus dem Weg zu räumen.
Für welchen Arbeitnehmertyp eignet sich eine Startup-Karriere? Welche Voraussetzungen sollte man mitbringen?
Wer in einem Startup Karriere machen möchte, muss Hands-on sein, flexibel und risikoaffin. Vor allem muss der Kandidat bereit sein, Verantwortung zu übernehmen und Entscheidungen zu treffen. Außerdem ist es wichtig, dass sich der Kandidat in einem dynamischen, sich ständig wechselnden Umfeld wohlfühlt und mit einer gewissen Unsicherheit für das was kommt entspannt leben kann.
Welcher Typ ist eher ungeeignet für eine Karriere in einem Startup?
Jemand der risikoavers ist und klare Vorgaben mag – auch in Bezug auf das Übernehmen von Verantwortung und der Entwicklung der eigenen Karriere.
Wie sehen Bewerbungsprozess und Jobeinstieg in einem Startup aus? Wo liegen die Unterschiede zum klassischen Unternehmen?
Wir beobachten in Startups schlankere Einstellungsprozesse als in Konzernen, teilweise aber auch mehr Chaos. Startups legen großen Wert auf den richtigen Cultural Fit, schauen also vorwiegend, ob die Persönlichkeit tatsächlich zum Umfeld passt. Assessments oder andere Verfahren zur Bewertung der Fähigkeiten und Skills von Kandidaten kommen eher selten zum Einsatz. Der Bewerbungsprozess wirkt teilweise unstrukturiert, dies kann unter Umständen auch Kandidaten abschrecken. Zum Thema Jobeinstieg: oftmals gibt es kein strukturiertes Onboarding und die neuen Mitarbeiter müssen sich in die Thematiken in Eigenregie einarbeiten. Startups benötigen daher Kandidaten, die mit solchen Situationen umgehen können.
Wie sieht ein normaler Arbeitstag von Ihnen aus?
Den „normalen“ Arbeitstag gibt es bei mir nicht. Da unser Business und mein Team in den letzten beiden Jahren kontinuierlich gewachsen sind, arbeite ich an unterschiedlichen Themen. Zu meinem Arbeitstag gehört der allmorgendliche Austausch mit dem Team und die Besprechung der wichtigsten To Do‘s für den Tag. Im Laufe des Tages folgen dann verschiedene Aufgaben, z. B. Kunden- und Bewerber-Meetings, interne Besprechungen mit dem Team und anderen Stakeholdern im Unternehmen oder auch das Führen von Feedback-Gesprächen und Trainings.
Wo sehen Sie sich in den nächsten fünf Jahren?
Ich möchte unser Büro am Stephansplatz, das wir in 2018 bezogen haben, gut gefüllt mit glücklichen und engagierten Mitarbeitern sehen, die sich darauf freuen, jeden Tag die besten Bewerber mit passenden Unternehmen in Kontakt zu bringen. Bei Robert Walters verfolgen wir nicht das Ziel, der größte Player am Markt zu sein, sondern unsere Arbeit qualitativ hochwertiger als unserer Mitbewerber zu machen. Dadurch schaffen wir Vertrauen. Dies gelingt uns dadurch, dass unsere Berater selbst in den Bereichen gearbeitet haben, für die sie jetzt Experten suchen und vermitteln.
Ebenso freue ich mich darauf, gerade kleinere Unternehmen beim weiteren Wachstum zu begleiten und hier dazu beitragen zu können, diesen noch unbekannten Unternehmen wertvolle Mitarbeiter zu vermitteln, die dann wiederum das weitere Wachstum dieser Kunden mitgestalten. Wenn man lange in dieser Branche aktiv ist, entwickeln sich großartige Netzwerke und man kann wirklich davon sprechen, ein Karrierebegleiter zu sein. Denn Kandidaten, die man anfangs als Fachkraft vermittelt hat, können 10 Jahre später als Bereichsleiter selbst mit uns ihr Expertenteam zusammenstellen.
Welche 3 Tipps haben Sie für Gründer?
Lösungen statt Probleme sehen
Lösungen für bestehende Probleme zu finden, zeichnet jeden Gründer aus. Egal ob dies Lösungen für Kunden, externe Partner oder das eigene Team sind. Ein positives Mind-Set sowie eine lösungsorientierte Einstellung bringen jeden Gründer oder Startup-Chef voran.
Entwicklung vorantreiben
Gründer sollten hungrig auf Veränderungen, Verbesserungen und Weiterentwicklungen sein und bleiben. Wer Verbesserungspotenzial erkennt, kann daraus eine ganz eigene Idee entwickeln. Entscheidend ist, dass Gründer Augen und Ohren für die Wünsche ihrer Kunden und Stakeholder offenhalten und schnelle und effiziente Lösungen bieten.
Mut zu Entscheidungen
Konzerne und größere Unternehmen haben oft das Problem, dass Entscheidungen nicht schnell bzw. mutig genug getroffen werden. In Deutschland herrscht in dieser Hinsicht – anders als beispielsweise in den USA – noch keine Fehlerkultur. Gründer haben den Vorteil fundierte Entscheidungen schneller treffen zu können und sich dadurch die Flexibilität und den Innovationsgeist im Unternehmen zu erhalten. Jeder Mensch macht Fehler. Haben Sie den Mut Entscheidungen zu treffen!
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Wir bedanken uns bei Thomas Hoffmann für das Interview
Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder