Stellen Sie sich und das Startup/Unternehmen KoRo doch kurz unseren Lesern vor!
Ich heiße Piran und bin einer der beiden Geschäftsführer der KoRo Handels GmbH. Zu meinem Background: Ich habe Mathematik und BWL an der Freien Universität Berlin studiert und Verantworte bei KoRo die Bereiche Einkauf, Marketing und Vertrieb.
Davon profitieren alle Beteiligten: Der Kunde erhält Qualitätsprodukte und spart Geld, die Bauern werden fair entlohnt und KoRo erzielt deutlich höhere Margen als klassische Händler. Der Name KoRo setzt sich aus den Anfangsbuchstaben der Vornamen der beiden Gründer zusammen: Constantinos Calios – kurz „Kosta“ – und Robert Schyska, der inzwischen aus dem Unternehmen ausgeschieden ist.
Wie ist die Idee zu KoRo entstanden?
Die Idee zu KoRo entstand während des Studiums beim Lesen des Buches „Kopf schlägt Kapital“ von Günter Faltin. Ursprünglich boten wir Wasch- und Reinigungsmittel in Großpackungen an: Flüssigwaschmittel, Weichspüler, Spülmaschinentabs als Bruchware. Kannisterweise und direkt vom Hersteller. Die Produkte brachten wir über eBay, Amazon und den Online-Shop an den Endkunden. Schließlich kam die Frau von Kosta, Michelle, mit der Idee von naturbelassenen Nüssen und Trockenfrüchten auf. Im Einzelhandel seien diese oft geschwefelt und gezuckert. Ganz unkonventionell testen wir dies.
Wir fanden einen Importeur und listeten einige Food-Produkte, unter anderem Trockenfrüchte, Nüsse und Superfoods.
Neben den Wasch- und Reinigungsmitteln sah das anfangs für den Kunden sicherlich merkwürdig aus, brachte uns jedoch eine wichtige Erkenntniss: Die Verkäufe der Food-Produkte waren besser als die Verkäufe der durch Marketing beworbenen Wasch- und Reinigungsmittel. So beschlossen wir einen Pivot: Wir verkauften die Wasch- und Reinigungsmittel ab und konzentrierten uns ausschließlich auf Food. Zu Food-Experten wurden wir dann nach und nach mit der Zeit.
Welche Vision steckt hinter KoRo?
Der Lebensmittelmarkt ändert sich rapide. Wir stehen vor einem großen Umbruch. Immer mehr Menschen kaufen Lebensmittel online ein. Wir sehen, dass der Großteil der breit aufgestellten Online-Player im Lebensmittelmarkt unprofitabel sind und ihren eCommerce-Anteil durch ihr stationäre Geschäft oder Investorengelder subventionieren.
Ganz grob teilen wir für uns intern den Lebensmittelmarkt in vier große Kategorien ein:
1. Frische Produkte: Obst, Gemüse etc.
2. Kühlkettenpflichtige Produkte: Eis, Joghurt etc.
3. Convenience-Produkte: Salad & Obst to Go, Sushi to Go etc.
4. Haltbare Lebensmittel: Nudeln, Konserven, Nüsse, Trockenfrüchte, Saucen etc.
Die stationären Strukturen sind für die Produkte der Kategorien 1-3 ein großer Vorteil. Gerade bei Obst und Gemüse möchten Kunden bspws. ihre Weintrauben sehen, bevor sie sie kaufen. Kategorie 2 kann offline günstiger abgebildet werden. Die Arbeit, die der Kunde im Geschäft verrichtet, übernimmt im Online-Handel der Logistiker. Gerade bei niedrigpreisigen Produkten fällt das ins Gewicht. Kostet ein Joghurt 29 Cent im Angebot, bleiben nach 25 Cent Pickkosten nicht mehr viel übrig, um die Kosten zu decken.
Der USP, Kategorie-1 und -2-Produkten online anzubieten, liegt hauptsächlich darin, dass sich der Kunde durch den Online-Kauf den Gang zum Supermarkt spart.
Bei Fashion funktioniert das ganz gut. Die nächste Einkaufsstraße für Mode ist durchschnittlich deutlich weiter entfernt als der nächste Supermarkt, der in Deutschland in durchschnittlich unter 15 Fußminuten erreicht werden kann, was wiederum zeigt, wie dicht das Netz aus stationären Einzelhändlern in Deutschland ist. Zusätzlich werden in Ballungsgebieten die Durchschnittsradien für stationäre Lebensmittelmärkte immer kleiner.
Großes Potenzial hingegen sehen wir in der 4. Kategorie.
Der Online-Anteil der Kategorie 4 ist höher als der Online-Anteil der übrigen 3 Kategorien. Rund 90% der haltbaren Produkte können wir signifikant günstiger anbieten. Der Wegfall des Point-of-Sale im klassischen Sinne ermöglicht uns eine gewissen Flexibilität in Verpackungsart und -größe. Dadurch können Produkte vertikal integriert sourcen, schneller Handelsstufen überspringen und unternehmerische Kooperationen mit Bauern und Produzenten schließen.
Ein Beispiel: Mangobauern aus Burkina Faso haben meistens weder die Maschinen, noch das Know-How für einzelhandelsgerechte 100g-Verpackungen mit bedruckter Folie und Displaykarton.
Doch statt 5kg-üblichen Ursprungsgebinden sich auf einen einfachen 1kg-Beutel zu einigen – verschweißt, mit schwarz-weißem Vorder- und Rückseitenetikett – liegt oft im machbaren Bereich.Den Einkaufsvorteil aus dem Überspringen der Handelsstufen geben wir wiederum an unseren Kunden weiter. Das Offline-Sortiment „einfach“ online abzubilden, ist langfristig ineffizient.
Daraus ergibt sich KoRos langfristige Vision:
Mit KoRo ist unsere Vision, Europas Nr. 1 Online-Portal für haltbare Lebensmittel zu werden.
Das Komponentenprinzips aus Günter Faltins Buch „Kopf schlägt Kapital“ bestehend aus vertikaler Integration und tiefem Produktfokus fügt sich hervorragend an die Entwicklung, die wir im Lebensmittelmarkt beobachten. Wir glauben stark an einen vertikalen Approach des Lebensmittelmarktes.
Mit unserer Vision setzen wir einen Wandel im Kaufverhalten von Verbrauchern voraus. Dieser Wandel braucht Zeit. Daher ist diese Vision langfristig auf 3-10 Jahre angelegt.
Von der Idee bis zum Start: was waren bis jetzt die größten Herausforderungen und wie haben Sie sich finanziert?
Besonders schwierig für uns war sicherlich die Anfangszeit und später der Sprung von fünf auf 15 Mitarbeiter.
In der Anfangszeit ist alles neu. Man ist Quasi-Selbstständiger und versucht mit kleinsten Mitteln und strenger Liquiditätsplanung voranzukommen. Lange Nächte, ständiges Ausprobieren und die Unsicherheit trieben uns ständig um – wenn auch im positiven Sinne. Man weiß nie, was morgen ist.
Später ist es umso wichtiger, nicht alles selbst machen zu wollen. Mitarbeiter erfordern Führung und Leadership. Das haben wir stark unterschätzt. Strukturen und Hierarchien, wo keine herrschten, werden notwendig, um skalierbar zu bleiben. Das erfordert Management-Fähigkeiten. Auch in diese mussten wir uns erst einmal einarbeiten.
Für den Start haben wir uns durch Business Angels finanziert. In 2016 haben wir dann gezeigt, dass KoRo auf eigenen Beinen stehen kann. Wir haben die Marketingkosten zurückgefahren und erzielten mit unseren Stammkunden einen positiven EBIT.
Ende 2016 haben wir dann die Social Chain Group beteiligt und sind seitdem auf Wachstumskurs.
Wer ist die Zielgruppe von KoRo?
Wer im Marketing-Team bei KoRo anfängt, merkt schnell, dass er mit demografisch angelehnten Zielgruppendefinitionen nicht weit kommt. Wie alt ist ein Vertreter der Zielgruppe einer Firma, die über Großpackungen einen Preisvorteil bei Nüssen realisiert? Welches Geschlecht hat ein Vertreter der Zielgruppe, die gern Mangostreifen isst?
Die Zielgruppe von KoRo besteht aus denjenigen, die bereit sind, absolut gesehen mehr Geld für größere Mengen eines haltbaren Lebensmittels auszugeben, um einen besseren Preis pro 100g zu realisieren. Das können Studenten sein, aber auch Mütter, die den Familienhaushalt optimieren. Wir skalieren mit unserem Produktsortiment von nischig ins Allgemeine. Aktuell haben wir einen gemessen an der Gesamtgesellschaft großen Anteil an Veganern und stark Ernährungsbewussten als Kunden.
Was ist das Besondere an KoRo? Was unterscheidet Sie von anderen Anbietern?
In erster Linie unterscheidet sich KoRo durch das ausschließliche Anbieten von Großpackungen, das attraktive Preis-Leistungsverhältnis und durch eine Bandbreite an exotischen Produkten wie Nussmuse aus Pistazie, Pekannuss und Macadamia von anderen Anbietern, sowie in der grundsätzlichen Kommunikation nach außen: Wir kommunizieren Preisänderungen offen und dokumentieren diese transparent auf den Produktdetailseiten der Produkte via Preisgraphen über Zeit. So kann jeder Kunde nachvollziehen, wann und wieso sich Preise erhöht haben oder gesunken sind.
Dieser Transparenzgendanke ist tief in KoRos DNA verankert.
Intern unterscheiden wir uns durch das Zusammenspiel und die technologische Vernetzung von Einkauf und Marketing. Wir können mittels interner Tools nicht nur herausfinden, welche Produkte der Markt nachfragt, sondern haben einen Prozess entwickelt, der SOLL-Einkaufspreise und Absatzvolumina bis auf ein Delta genau prognostiziert. Das erleichtert uns die Arbeit immens und lässt uns unser Portfolio schnell skalieren. Im letzten laufenden Jahr haben wir so über 100 neue Eigenmarken-Produkte entwickelt und über 80 Bestandsprodukte vertikal integriert.
Mittlerweile hat KoRo ein Netzwerk von über 1.000 Lieferanten bestehend aus Herstellern, Kooperativen und Importeuren.
KoRo, wo geht der Weg hin? Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?
Wir planen im nächsten Schritt die Produktpreise zu senken und den Einkaufsvorteil für den Kunden zu erhöhen. Aktuell operieren wir mit einer für den Handel überdurchschnittlichen Marge. Für den langfristigen Erfolg von KoRo ist es essentiell, den Einkaufsvorteil bis auf eine für den Handel üblichen Marge an den Kunden weiterzugeben. So grenzen wir uns von der Konkurrenz ab. Unser Ziel ist, unsere Produkte für den Kunden zum Einkaufs-„No-Brainer“ zu machen, sprich: dem Kunden ein derart attraktives Preis-Leistungsverhält zu bieten, dass man nahezu haltbare Lebensmittel bei KoRo beziehen muss. Das ist nicht so fanatisch gemeint, wie es sich liest – aber die Message ist klar.
Für uns heißt das Preise senken, Neukundenakquise und weiter das Produktportfolio ausbauen. Um diese Strategie über eine gewisse Zeit halten zu können, planen wir Anfang Q4 eine Finanzierungsrunde.
Wo wir uns in fünf Jahren sehen – das ist eine lange Zeit… Wir sind überzeugt, dass in fünf Jahren der Online-Anteil im Lebensmittelmarkt auf ein zweistelliges Niveau gestiegen ist und wir hoffen, dass wir mit KoRo wiederum einen wahrnehmbaren Teil davon einnehmen werden.
Zum Schluss: Welche 3 Tipps würden Sie angehenden Gründern mit auf den Weg geben?
Was wir gesehen haben, sind Unternehmer und Gründer, die scheiterten, weil sie für die Gesellschaft auf Produktebene keinen Mehrwert boten. Man muss sich – und davon sind wir überzeugt – substanziell mit dem Kern des Produktes oder der Dienstleitung, die man anbietet oder anbieten möchte, auseinandersetzen, um im ersten Schritt einen Mehrwert zu erkennen und diesen dann im zweiten Schritt an den Kunden weitergeben zu können. Der Markenaufbau allein wird das Problem nicht lösen.
Nicht umsonst ist der geschmacklich unnachgeahmte bekannte Schoko-Nuss-Aufstrich strategisch relevant für jeden Einzelhändler. Und nicht umsonst musste der bekannteste Energy-Drink-Hersteller preislich mit den Discounterprodukten mitziehen, weil diese nahezu identisch schmecken.
Weitere Informationen finden Sie hier
Wir bedanken uns bei Piran für das Interview
Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder.