Stellen Sie sich und das Startup BookBeat doch kurz unseren Lesern vor!
BookBeat ist eine Streaming-Plattform für Hörbücher und Hörspiele. Mit mehreren zehntausend Inhalten bieten wir unseren Kunden eines der umfangreichsten und vielfältigsten Angebote an Hörbüchern und Hörspielen auf dem deutschen Streaming-Markt. Gegründet wurde BookBeat 2015 in Schweden als Tochterunternehmen von Bonnier AB, einem der größten Medienunternehmen in Europa. Aktuell sind wir mit BookBeat in Schweden, Finnland, Großbritannien und Deutschland aktiv.
Ich selbst bin seit August 2015 Geschäftsführer von BookBeat und für die Geschäftsentwicklung und Wachstumsstrategie des Unternehmens zuständig. Zuvor hatte ich mehrere Jahre lang verschiedene leitende Positionen in anderen schwedischen Bonnier B2C-Unternehmen inne und war bei Ernst & Young als Berater und Analyst tätig.
Wie ist die Idee zu BookBeat entstanden?
Der digitale Markt entwickelt sich in Schweden seit vielen Jahren sehr rasant, speziell Streaming-Services sind hier seit langem im Medienbereich eines der wichtigsten neuen Geschäftsfelder. Bonnier als traditionsreiches Verlagshaus beobachtet solche Entwicklungen natürlich ebenfalls sehr genau.
Ich war innerhalb von Bonnier in meiner Rolle als Business Developer bis 2015 einige Jahre als Intrapreneur tätig und habe versucht, die Gruppe dazu zu bringen, die Netflix-Strategie zu adaptieren, die mich sehr inspiriert hat. Netflix hat sich von einem Unternehmen, das seinen Kunden DVDs in den Briefkasten schickte, hin zu einem Unternehmen gewandelt, das alle Ressourcen in die Entwicklung einer skalierbaren Streaming-Plattform gesteckt hat. Und damit zu einer Plattform, die sich daran orientiert, wie die Nutzer in Zukunft Medien konsumieren wollen.
Netflix hat auch verstanden, wie wichtig es ist, Nutzer und Nutzungsverhalten zu kennen und dieses bestmöglich zu bedienen, auch durch eigene Produktionen. Mein Vorschlag war es, dass Bonnier, das bereits jetzt einige der führenden Hörbuchverlage in Europa zu seiner Gruppe zählt, eine entsprechende Streaming-Plattform und eine stark datengesteuerte Organisation schaffen sollte, die unseren Service europaweit skalieren kann. Nachdem ich sie mit dieser Idee an Bord geholt hatte, bekam ich den Auftrag, die Mission zu verwirklichen. Wir bauen also seitdem ein autonomes, organisches Technologie-Startup innerhalb der Mediengruppe auf, das den Weg zum Wachstum des Hörbuchmarktes für das kommende Jahrzehnt weisen könnte.
Welche Vision steckt hinter BookBeat?
Mit unendlicher Neugierde für unsere Nutzer und deren Nutzungsverhalten arbeiten wir daran, den besten und einfachsten Weg, um Hörbücher zu entdecken und zu genießen, weiterzuentwickeln. Wir wollen ein Katalysator sein, der den Buchmarkt erweitert, indem er den Wunsch unserer Nutzer nach guter Unterhaltung befriedigt, nach Entspannung und großartigen Geschichten, die ihr Leben bereichern. Indem wir den Nutzern über unser Flatrate-Modell unbegrenzten Zugang zu Zehntausenden von Hörbüchern über ihr Smartphone bieten, integrieren wir Literatur und gute Geschichten in den Alltag der Menschen.
Von der Idee bis zum Start, was waren bis jetzt die größten Herausforderungen und wie haben Sie sich finanziert?
Als organisches Technologie-Startup, das von einem der führenden europäischen Medienunternehmen (Bonnier hat einen Jahresumsatz von fast 3 Milliarden Euro) unterstützt wird, haben wir seit der Einführung der ersten öffentlichen Version der App in Schweden im Jahr 2016 finanzielle Unterstützung erhalten, um unser Team zu vergrößern, die Plattform aufzubauen, Inhalte zu erwerben und stark in Wachstum zu investieren. Auf dem Weg dorthin gab es hauptsächlich zwei große Herausforderungen.
Die größte Herausforderung, gleichzeitig aber auch der größte Spaß war es, ein Team aufzubauen – von mir als einzigem Mitarbeiter am Anfang bis hin zu etwa fünfzig Leuten im Team nur ein paar Jahre später. Die Hälfte davon konzentriert sich übrigens ausschließlich auf Analyse und App-Entwicklung.
Die zweitgrößte Herausforderung besteht darin, unsere ursprünglichen Annahmen auf der Grundlage realer Nutzerdaten kontinuierlich zu überprüfen, wenn wir in neue Märkte gehen. Die Herausforderungen, als wir in Schweden 2016 begannen, sind andere als diejenigen, denen wir jetzt in Deutschland begegnen. Wichtig ist, dass wir immer neugierig und lernfähig bleiben, was das konkrete Verhalten unserer Nutzer angeht. Nur so können wir auch auf lange Sicht wettbewerbsfähig auf den einzelnen lokalen Märkten bleiben, in die wir eintreten. Gleichzeitig müssen wir auch innerhalb der lokalen Verlagsbranche Vertrauen gewinnen und beweisen, dass wir die Sache ernsthaft und langfristig angehen, um so Zugang zu deren Premium-Inhalten zu bekommen.
Streaming ist in Deutschland noch ein relativ neues Geschäftsfeld, zumindest für die Buchverlagsbranche. Die Herausforderung besteht sicherlich darin, die Verlage davon zu überzeugen, dieses neue Geschäftsmodell auszuprobieren und die neuen Vertriebskanäle für ihre Inhalte wirklich zu nutzen. Auch hier leisten wir Pionierarbeit. Es ist uns wichtig, in engem Kontakt mit unseren Verlagspartnern zu stehen, sehr transparent zu agieren und die Vorteile des Flatrate-Modells allgemein bekannt zu machen. Ein wichtiger Weg dahin ist es, absolut verlässlich faire Lizenzzahlungen sicherzustellen. Wir sind bereits in diesem Jahr auf dem besten Weg, der zweitwichtigste Distributionskanal von digitalen Hörbüchern in Deutschland zu werden.
Wer ist die Zielgruppe von BookBeat?
Aus dem, was wir in Schweden gelernt haben, können wir sagen, dass unsere Haupt-Zielgruppe weiblich ist, ca. zwischen 30 und 45 Jahre alt, oftmals mit Familie und kleinen Kindern. Und natürlich technologie- affin: das Smartphone ist immer dabei, Technologie wird intensiv genutzt, um das Leben zu vereinfachen und den Medienkonsum nach eigenen Vorstellungen zu gestalten. Vor kurzem haben wir in Deutschland eine repräsentative Marktstudie zum Thema Hörbuch und Nutzergruppen in Auftrag gegeben. Sie zeigte, dass speziell Nutzer von Videostreaming-Angeboten wie Netflix eine sehr hohe Affinität zum Konsum von digitalen Hörbüchern aufweisen. Hier besteht ein enormes Potenzial von neuen Hörbuch- Kunden. Genau diese neuen, digital aktiven Nutzergruppen möchten wir erreichen. Sie sind es, die digitale Medien aller Art gerne und oft nutzen und zudem stets auf der Suche nach spannenden Stories sind, die sie unterhalten.
Wie funktioniert BookBeat?
BookBeat zu nutzen ist sehr einfach. Interessenten legen zuerst ein Konto auf unserer Webseite an, danach können sie unseren Service 14 Tage lang kostenlos testen. Im Anschluss kostet unsere Flatrate monatlich 14,90€. Über die App, die über den App Store oder bei Google Play heruntergeladen wird, werden dann die Hörbücher und Hörspiele gehört. In der App finden sich unter anderem auch die persönliche Bibliothek des Nutzers, heruntergeladene Bücher zum Offline-Gebrauch und redaktionelle Hörbuchtipps und Neuvorstellungen.
Die Flatrate ist monatlich kündbar und bietet Nutzern größtmögliche Flexibilität. Die Hörspiele und Hörbücher können sowohl online gestreamt als auch über die Download-Funktion offline gehört werden.
Welche Vorteile bietet BookBeat? Was unterscheidet Sie von anderen Anbietern?
Wir bieten die erste dedizierte Hörbuch-Flatrate in Deutschland an. Es ist richtig, dass auch Musikstreaming-Services Hörbücher im Programm haben. Wir glauben aber auch, dass sich die Usability eines Hörbuchangebotes von der von 3-Minuten-Musikstücken deutlich unterscheiden muss, um ein wirklich gutes Hörerlebnis zu ermöglichen. Und wir fokussieren uns voll und ganz auf Hörbücher und deren besondere Erfordernisse – ein 20-stündiges Hörbuch zu hören ist etwas anderes als kurze Musiktracks. Wir legen neben der Technologie zudem sehr viel Wert auf eine gute Auffindbarkeit der Titel im Katalog, auf redaktionelle und Empfehlungs-Features und machen gezieltes Hörbuch-Marketing.
Ich bin außerdem der Meinung, dass stark wachsende Märkte immer Platz für mehrere Anbieter bieten. Der digitale Hörbuchmarkt ist auf stetigem Wachstumskurs und verzeichnet in Deutschland einen geschätzten Anstieg von rund 30 Prozent pro Jahr. Konkurrenz ist da durchaus positiv zu sehen. Sie steigert das Bewusstsein für ein Medium und treibt die Entwicklung des Marktes voran. Wir befassen uns nicht so sehr mit unseren Wettbewerbern, sondern konzentrieren uns darauf, ein exzellentes Produkt zu bieten und neue Kundengruppen zu erreichen.
Warum entwickelt sich aus Ihrer Sicht der digitale Hörbuchmarkt so rasant?
Der digitale Hörbuchmarkt ist auf Erfolgskurs. Wir sehen einen globalen Trend: Immer mehr Medien werden im Audioformat konsumiert. Das hängt auch damit zusammen, dass unser aller Alltag immer schnelllebiger und digitaler wird. Die Nutzung von Online-Diensten sowie Video- und Musikstreaming- Angeboten steigt kontinuierlich. Dieses Phänomen wirkt sich natürlich auch positiv auf den digitalen Hörbuchmarkt aus. Die Zeit, ein Buch zu lesen, fehlt den meisten Menschen oft im Alltag. Umso schöner ist es, sich spannende Geschichten digital anzuhören. Mit unserer Hörbuch-Flatrate haben BookBeat- Nutzer die Möglichkeit, immer und überall interessante Stories zu hören. Dabei ist es ganz egal, ob sie sich gerade auf dem Weg zu einem Termin befinden oder nebenbei den Haushalt erledigen.
Sie haben eine Studie zu dem Thema in Auftrag gegeben. Was hat die Studie für neue Erkenntnisse gebracht?
Die von uns in Auftrag gegebene repräsentative Marktstudie weist darauf hin, dass der digitale Hörbuchmarkt vom Medienwandel profitiert. Vor allem Nutzer von Videostreaming-Diensten weisen eine hohe Affinität zur Nutzung von digitalen Hörbüchern auf. Sie sind digital aktiv und versiert, an digitalen Medien jeder Art interessiert und immer auf der Suche nach spannenden Geschichten. Gleichzeitig sind sie es gewöhnt, für den Konsum, nicht für den Besitz von Medien zu bezahlen – ein großer Unterschied in der Mentalität, im Mindset. Das sind optimale Voraussetzungen, um sie auch für digitale Hörbücher zu begeistern. Das Kundenpotenzial ist groß: Rund zwei Millionen Menschen in Deutschland weisen laut Studienergebnissen ein sehr großes Interesse an einer Hörbuch-Flatrate auf. Den Fokus auf diese neuen, digital aktiven Nutzergruppen zu legen, scheint uns für die weitere Entwicklung des digitalen Hörbuchmarktes von großer Bedeutung zu sein.
BookBeat, wo geht der Weg hin? Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?
Zum jetzigen Zeitpunkt sind sowohl der digitale Hörbuchmarkt als auch wir dabei, den Startblock zu verlassen! Wir möchten einer der führenden Streaming-Dienste für Hörbücher und Hörspiele in Deutschland sein und das Kunden- und Umsatzwachstum des digitalen Marktes durch unser Angebot deutlich vorantreiben. Das Potenzial ist noch lange nicht ausgeschöpft. Wie gerade schon erwähnt, prognostiziert unsere Marktstudie ein Kundenpotenzial von rund zwei Millionen Deutschen, die ein starkes Interesse am Abschluss einer Hörbuch-Flatrate zeigen. Unser Ziel ist es, diese neue Zielgruppe zu erreichen, für das Konsumieren von Hörbüchern zu gewinnen und die Bekanntheit des Mediums Hörbuch weiter zu steigern. In den nächsten fünf Jahren planen wir auch in weitere europäische Märkte zu expandieren, in denen wir Potenzial sehen.
Zum Schluss: Welche 3 Tipps würden Sie angehenden Gründern mit auf den Weg geben?
Ausgehend von meiner Erfahrung als Intrapreneur in einem großen Medienkonzern, halte ich es für wichtig, dass man den Startblock so schnell wie möglich verlässt und durch echte Ergebnisse zeigt, dass man auf dem richtigen Weg ist. Der absolut „richtige, perfekte Moment“ wird nie kommen – also sollte man starten, sobald man grünes Licht von demjenigen bekommt, der einen unterstützt. Dann sollte man rausgehen und das Produkt an echten Kunden testen.
Der zweite Tipp ist, sicherzustellen, dass man vom ersten Tag an datengetrieben ist. Man kann keinen experimentellen Ansatz fahren, wenn man die tatsächliche Reaktion der Benutzer nicht auch intensiv misst und verfolgt. Bei BookBeat war unser erster Daten-Analyst Mitarbeiter Nummer vier, noch bevor wir überhaupt ein Redaktionsteam hatten. Wenn man nicht über eine solide Basis von vielen verschiedenen Datenpunkten verfügt, wird man bei der Organisations- und Produktentwicklung nie in der Lage sein, sich rechtzeitig an neue Veränderungen anzupassen und das langfristige Potenzial eines Marktes zu nutzen.
Last but not least, möchte ich Gründern noch den folgenden Tipp geben: Innovation und Wachstum entsteht aus dem, was man tatsächlich macht! Nur daraus kann man lernen und dann mehr von dem
machen, was gut und erfolgreich läuft, und das stoppen, was nicht funktioniert. Der Versuch, eine perfekte Lösung zu finden, wird einen als Organisation lähmen und die Konkurrenz wahrscheinlich langfristig an einem vorbeiziehen lassen.
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Wir bedanken uns bei Niclas Sandin für das Interview
Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder.