Sonntag, Dezember 15, 2024
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Roos Hutteman: Geschlechtergerechtigkeit betrifft uns alle

„Geschlechtergerechtigkeit wird immer noch zu sehr als Frauenthema gesehen“, sagt Roos Hutteman. Die Head of Learning Design & Content Management beim Bildungsverlag Cornelsen setzt sich im Unternehmen für Geschlechtergerechtigkeit ein. Im Interview mit der herCAREER skizziert sie, wie Ungleichheiten in Unternehmen entstehen und was wir alle für mehr Diversität und weniger Vorurteile im beruflichen Umfeld tun können.

„Jede:r kann und sollte zu Geschlechtergerechtigkeit beitragen.“

Die „Unconscious Biases“, also unbewussten Vorurteile, sind laut Roos Hutteman zum Teil dafür verantwortlich, dass sich immer noch wenige Frauen in Top-Positionen finden: „Männer netzwerken eher mit Männern, stellen eher Männer ein. Das geht auch Frauen umgekehrt so, nur sind oft eben keine Frauen da, die man ganz oben befördern könnte“, sagt sie. „Mir ist es wichtig klarzumachen, dass das Thema alle Geschlechter betrifft. Jede:r kann und sollte zu Geschlechtergerechtigkeit beitragen. Ohne die Männer geht es nicht, wir brauchen daher „Male Allyship“, also männliche Verbündete.“ Bei Cornelsen sind etwa 50 Prozent der Führungskräfte weiblich. Aber auch hier nimmt der Frauenanteil in höheren Hierarchiestufen ab.

Ganz konkret könne jeder und jede dazu beitragen, unbewusste benachteiligende Mechanismen sichtbar zu machen und so ein Bewusstsein für Diskriminierung zu schaffen: „Ich mache das oft in Alltagssituationen und weise auf unbewusste Mechanismen hin – zum Beispiel wenn in einer großteils männlichen Runde die Frau weniger zu Wort kommt. Das ist oft für viele Männer ein Schock, weil sie noch nie darüber nachgedacht haben. Ich spreche solche Dinge also gegenüber meinen Kolleg:innen auf Führungsebene an, aber auch gegenüber der Geschäftsführung. Wir haben glücklicherweise so viel Offenheit in unserer Unternehmenskultur, dass dies meist auf Verständnis stößt.“

Frauenförderung als Selbstzweck erachtet sie dagegen nicht als sinnvoll: „Es geht nicht darum, dass männliche Führungskräfte halt auch mal so nett sind und auch Frauen einstellen – ich bin sowieso dafür, eher auf individuelle Stärken zu achten.“ Roos Hutteman plädiert schlicht für mehr Geschlechtergerechtigkeit, weil sie über den unternehmerischen Erfolg entscheide: „50 Prozent der Kund:innen weltweit sind weiblich, in unserem Fall sogar noch viel mehr. Deswegen müssen wir das ganz einfach in den Unternehmen abbilden.“ Sie verweist auch auf den gesellschaftlichen Auftrag, den man als Unternehmen habe.

Gegen die Bequemlichkeit

Bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf sieht sie auch die Arbeitgeber gefordert – und zwar für alle Geschlechter: „Oft haben wir vor allem auf Führungsebene das Problem, dass die Arbeitszeiten nicht flexibel genug auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf abgestimmt sind. Auch für mich als weibliche Führungskraft ist es so: es ist bequemer, jemanden in Vollzeit einzustellen als eine Teilzeitstelle zu vergeben. Hier muss man der eigenen Bequemlichkeit entgegenwirken.“ Bei Cornelsen durften die Kolleg:innen im Lockdown bis zu 20 Prozent ihrer Arbeitszeit für die Kinderbetreuung oder Pflege verwenden. „Wir haben auch sehr darauf geachtet, auch den Männern zu sagen, das gern zu nutzen. Denn: wenn die Kinder krank sind, nehmen oft die Frauen die Kinderkrankentage“, erzählt sie.

Dazu müssten Unternehmen und Führungskräfte auch bereit für Veränderungen sein: „Es muss ein bisschen weh tun: zum Beispiel, indem wir uns bewusst für größere Teams mit mehr Personen in Teilzeit entscheiden oder Jobsharing einführen. Das hilft letzten Endes allen. Auch Männern, um etwa Care-Arbeit zu übernehmen.“ Wesentlich sei die Frage, aus welchen weiteren Gründen Frauen nicht in Führungspositionen wollen: „Was muss sich neben einer flexibleren Arbeitsweise noch ändern, damit der Job für Frauen attraktiv wird? Die Frage ist dann nicht, was muss sich an den Frauen ändern, sondern was muss sich an den Konditionen ändern.“

Quelle messe rocks GmbH

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