Interkulturelle Kompetenz ist für Startups der Schlüssel, um aus dem „Anders Sein“ ein internationales Miteinander zu entwickeln. Während die Handlungsmuster und -wege in der eigenen Kultur sehr vertraut sind, können diese in anderen Ländern erheblich von dem abweichen, was bisher denkbar erschien, und somit zu völlig neuen Lösungsansätzen führen.
Durch die vielfältigen Möglichkeiten, sich mit seinem Team ebenso wie mit Kunden und Partner weltweit virtuell zu besprechen, gehören Einblicke in andere Kulturen wie selbstverständlich dazu. Einmal die Perspektive zu wechseln und eine Situation sozusagen von der anderen Seite des Globus‘ zu beleuchten, wirft die spannende Frage auf: Was wird von verschiedenen Kulturen tatsächlich wahrgenommen und wie hilft das unserer persönlichen Einschätzung?
Kulturelle Unterschiede zu kennen, hilft zu verstehen
Viele Startups setzen auch virtuell einen bestimmten Standard für den Umgang miteinander voraus: Locker und wertschätzend, möglichst lösungsorientiert und dies alles bei flachen Hierarchien. Nun geht allerdings nicht jede Kultur gleichermaßen mit Hierarchien um, und es gelten zwischen Führungskräften und Mitarbeitenden vielleicht andere Verhaltensregeln. Was bei der Präsentation eigener Ideen in einer sehr offenen Kultur eher von Selbstbewusstsein zeugt, gilt in einem anderen kulturellen Kontext vielleicht als überheblich. Teammitglieder aus einem eher kollektivistischen Kulturansatz sind vielleicht überfordern, wenn sie plötzlich in einer virtuellen Begegnung die eigene Meinung äußern sollen.
Ein weiteres Beispiel, an dem solche Unterschiede gut zu erkennen sind, ist der Umgang mit Zeit. Wer setzt fest, welche Maßstäbe für die Einhaltung von Abgabefristen oder Terminen gelten? Und was passiert, wenn die Regeln der eigenen Kultur nicht mit den Regeln der anderen vereinbar erscheinen? Schnell kommt es hier zu Konflikten: Die eine Seite fühlt sich unter Druck gesetzt, während die andere Seite ihr Unverständnis darüber zum Ausdruck bringt, dass die gesetzten Termine nicht beachtet werden.
Um solchen Situationen vorzubeugen ist es hilfreich, sich zuvor mit den kulturellen Unterschieden zu beschäftigen. Was häufig als Schüchternheit oder Arroganz registriert wird, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen rasch als Eigenheit im jeweiligen Land. Jenen Unterschieden mit Respekt und Wertschätzung zu begegnen ist die Herausforderung der interkulturellen Kompetenz, und das nicht nur für virtuelle internationale Startup-Teams.
Interkulturelle Besonderheiten – Länder im Vergleich
In der Praxis führen trotz bester Absicht zahlreiche Situationen durch Unwissenheit zu Unklarheiten. Häufig gestellte Fragen gibt es beispielsweise im Zusammenhang mit der amerikanischen und der asiatischen Kultur. Während es in Amerika als löblich und völlig selbstverständlich gilt, zielstrebig und wortgewandt die eigene Meinung individuell zu vertreten, führt dies im asiatischen Umfeld häufig zu Irritationen und hemmt dadurch den Gesprächsfluss und die Bereitschaft, frei zu sprechen und zu diskutieren.
Skandinavischen und niederländischen Teams wird nachgesagt, eine kameradschaftliche, freundschaftliche Grundhaltung vorauszusetzen. Dies wirft bei Teams aus hierarchisch orientierten Kontexten, wie zum Beispiel Polen oder Mexico, große Probleme auf. Unsicherheiten im Umgang, offengebliebene Fragen in den Diskussionen und nur halbwegs verstandene Inhalte sind die Folge. Einige dieser Themen können im Nachhinein noch per E-Mail abgearbeitet werden, allerdings ist das oft ein mühsamer Prozess in einem ohnehin schon sehr eng terminierten Zeitplan.
Ein weiterer Punkt, der Kulturen maßgeblich voneinander unterscheidet, ist die „Genussfähigkeit“. Dies beschreibt einerseits das Pflichtbewusstsein oder eben andererseits die Bereitschaft, bei anstehenden Aufgaben einmal ein Auge zuzudrücken. In dem Zusammenhang wird bemessen, ob eine definierte Regel auf alle Fälle universell anwendbar ist, oder ob es Ausnahmen gibt. Während eine Kultur einen stabilen Apparat von Lösungen und Strukturen benötigt, lebt eine andere Kultur gut damit, jeweils neue Antworten und Ergebnisse in der individuellen Situation zu finden.
Die Art und Weise, Projekte zu planen, bietet ebenfalls ein breites Spektrum an Handlungsalternativen. Verständlich, dass diese Ursache für viele Diskussionen in internationalen Teams ist. Da gibt es vielleicht ein Team, das mit großartigen Ideen zur Veränderung aufwartet und bereits einen komplexen Plan dazu ausgearbeitet hat, der bis weit in die Zukunft reicht. Ein anderes Team hingegen hat sich zu derselben Aufgabe völlig andere Gedanken gemacht und beharrt auf dem, was „schon da“ ist. Hier hilft es zumindest ein Stück weit zu verstehen, aus welcher kulturellen Motivation heraus diese Planung entwickelt wurde. Meistens lässt sich so auch ein guter Kompromiss finden.
Achtung! Als wären die interkulturellen Unterschiede nicht Herausforderungen genug, gesellen sich dazu die persönlichen und individuellen Eigenschaften jedes Menschen, sowie die jeweiligen Gegebenheiten im Startup selbst. Es ist tatsächlich sehr komplex und ein Aspekt kann kaum ohne die Berücksichtigung der anderen Komponenten gelöst werden. Dabei braucht unsere globale Welt vor allem eines: Eine stabile, dem Menschen zugewandte Basis, auf der sich alle, unabhängig von ihrem kulturellen Hintergrund, gut verständigen können.
Virtuelle Teams: Über alle Grenzen hinweg erfolgreich!
Autor
Petra Motte ist Trainerin, Beraterin, Coach und Mediatorin. In Südostasien sammelte sie 10 Jahre internationale Erfahrungen, die sie auf Konzern- und Unternehmensebene einbringt. Prozessoptimierung, Change-Management, virtuelle Entwicklung, interkulturelle Fragen – Petra Motte sind die Menschen wichtig, die hinter den Zahlen stecken
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