Tucan.ai: Management von Meetings mit KI Spracherkennung
Stellen Sie sich und das Startup Tucan.ai doch kurz unseren Lesern vor!
Wir sind ein VC-finanziertes Deeptech-Startup aus Berlin und wir glauben fest daran, dass wir unsere professionellen Kommunikationsprozesse mithilfe von KI-Spracherkennung nachhaltig verbessern können. Fokus in unsere Entwicklung ist die automatisierte Protokollierung und Zusammenfassung von Gesprächen. Damit möchten wir es unseren Kundinnen und Kunden ermöglichen, das Management von Meetings und anderer beruflicher Kommunikation wie Interviews und Verkaufsgesprächen effizienter zu gestalten. Ziel ist es, belastende Bürokratie abzubauen, damit wir uns mehr auf das konzentrieren können, was wirklich wichtig ist und Spaß macht: Gemeinsam innovativ und kreativ zu sein.
Warum haben Sie sich entschieden, ein Unternehmen zu gründen?
Wir drei Gründer hatten uns 2018 – damals hieß Tucan.ai noch RecTag – eigentlich für ein anderes Projekt zusammengefunden: eine Podcasting-Plattform, über die Nutzerinnen und Nutzer neue, auf sie zugeschnittene Themen anhand von Übereinstimmungen mit den auditiven Inhalten aus ihren bereits abonnierten Podcasts entdecken konnten. Viele Trainingsdaten für unsere heutige KI-Spracherkennung in Deutsch und Englisch stammen noch aus dieser Zeit.
Als Startup im “embryonalen” Stadium fiel uns dann auf, dass die rasant steigende Anzahl an Meetings und Calls es schwieriger machte, mit der Entwicklung von Produkt und Unternehmen voranzukommen. So verbrachten wir etwa in manchen Wochen 18 Stunden in Meetings. Das sind insgesamt 2,5 Arbeitstage, in denen nicht produktiv an Projekten weitergearbeitet werden kann. Wir kennen Unternehmen, in denen sogar vier Arbeitstage pro Woche für Besprechungen draufgehen. Weder effizient noch nachhaltig, dachten wir. Und daher die Idee für Tucan.ai.
Welche Vision steckt hinter Tucan.ai?
Digitalisierung und Internet haben unser Arbeitsleben in den letzten Jahrzehnten grundlegend verändert. Unsere Arbeitsprozesse erinnern allerdings oft noch an das vergangene Jahrhundert – wie etwa auch das regelmäßige Meeting mit vielen Teilnehmer_innen. Im Kern eigentlich eine gute Methode für gemeinsame Entscheidungsfindung und Ideenentwicklung, ist es im heutigen Arbeitsalltag ein wahrer Zeitfresser und Produktivitätskiller geworden (30 bis 70 Prozent unserer Meetings sind aktuellen Studien zufolge überflüssig oder kontraproduktiv). Um dieser Situation entgegenzuwirken, haben haben wir Tucan.ai gegründet.
Von der Idee bis zum Start was waren bis jetzt die größten Herausforderungen und wie haben Sie sich finanziert?
Wir haben ein paar Fehler im Laufe der letzten Jahre gemacht, von schlechter Produktauswahl bis hin zu schlecht definierten Kundengruppen. Das war aber auch gut so, denn nur so konnten wir laufend dazu lernen. Ein typischer Fehler, den viele Gründerinnen und Gründer machen, ist es, sich nicht von Anfang an gezielt zu spezialisieren und zu viel auf einen Schlag erledigen zu wollen. Große Visionen haben schon ihre Berechtigung, aber es braucht viele kleine machbare Ziele auf dem Weg in diese Richtung – und seid immer bereit, eure Ansätze zu überdenken und von der Pike auf zu überarbeiten – das ist definitiv eines der wichtigsten Take-Aways.
Zur Finanzierung: Anfangs haben wir “ge-bootstrapped” – sprich, wir haben unser Erspartes in das Unternehmen gesteckt. Klingt riskant, aber wir waren alle fest davon überzeugt, dass der damalige Zeitpunkt der richtige war. Wenig später wurden wir in das APX Accelerator-Programm von Axel Springer und Porsche aufgenommen, nachdem wir bereits mit unserer allerersten Produkt-Iteration Traktionen hatten vorweisen können. Dadurch erhielten wir nicht nur eine wichtige finanzielle Spritze, sondern auch exklusiven Zugang zu individuellen Coachings, aus denen wir extrem viel mitnehmen konnten. Und siehe da: Im vergangenen Juni haben wir dann unsere Seed-Runde mit einer siebenstelligen Summe abgeschlossen. Neben APX investierten unter anderem IBB Ventures, Wayra (Telefonica) und Faraday Venture.
Wer ist die Zielgruppe von Tucan.ai?
Allgemein formuliert entwickeln wir unsere KI-Programme für Menschen, die sich nicht mehr stundenlang mit repetitiven bürokratischen Aufgaben wie Protokollierung und Transkription oder manuellen Briefings und Debriefs aufhalten möchten. Für unsere Meeting KI konzentrieren wir uns auf den Aufbau unseres B2B-Modells, insbesondere in Hinblick auf die Startup- Szene und die IT-Branche im deutschsprachigen Raum. Bei unserer Transkriptionslösung hat sich zuletzt gezeigt, dass sie unter Studierenden und in der Forschung besonders beliebt ist, weshalb wir nun ein eigenes Partnerprogramm für Unis und andere Lehr- und Forschungseinrichtungen ins Leben gerufen haben.
Wie funktioniert Tucan.ai? Wo liegen die Vorteile? Was unterscheidet Sie von anderen Anbietern?
Tucan.ai ermittelt Lautmuster und ordnet diese Wörtern zu. Dank Deep Learning Technologie kann die KI mehr als zwei Sprecher erkennen – und sie “lernt”, individuelle Sprechweisen immer besser zu verarbeiten. Daher ist Tucan.ai bei unklarer, idiomatischer und mundartlicher Sprache präziser als handelsübliche Programme für Meeting-Management. Unsere Software erkennt Mundarten, Dialekte und Idiome so gut wie keine andere am Markt (mit über 95% Genauigkeit).
Wir arbeiten überdies laufend an neuen Integrationen, um Tucan.ai nahtlos in bestehenden Apps und Arbeitsprozesse einzupflegen. Hinzu kommt, dass Datensicherheit bei uns extrem hoch geschrieben wird: Da wir ausschließlich mit unserer eigenen Engine operieren und auf eigenen Servern in Frankfurt hosten, bleiben alle Kundendaten in Deutschland. Tucan.ai kann zudem auch on-premise installiert werden. Auf diesem Weg verlassen die Daten nicht einmal das eigene Unternehmen.
Tucan.ai, wo geht der Weg hin? Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?
In fünf Jahren sehen wir uns als einen etablierten strategischen SaaS-Partner für Unternehmen, Universitäten und staatliche Einrichtungen – und zwar spezialisiert auf verschiedene vertikale Märkte sowie auf jeden Fall mit etlichen Features und Produkten mehr in unserem Repertoir. Denn: Während wir Menschen in der Regel nur selten dazulernen, wird die KI unweigerlich mit jeder Interaktion “intelligenter” und facettenreicher.
Zum Schluss: Welche 3 Tipps würden Sie angehenden Gründern mit auf den Weg geben?
Ob Teambesprechung, Kundenakquise oder Investorengespräche – es ist enorm wichtig, immer gut zuzuhören, Feedback konstruktiv zu verarbeiten, und wenn angebracht, den Mut zu haben, bisherige Ansätze und Strukturen komplett umzukrempeln.
Schritt für Schritt: Es macht keinen Sinn abzuwarten, in der Hoffnung, man würde bald das perfekte Produkt für einen perfekten Launch bauen. Viel Energie und Kreativität in die Planung und Weiterentwicklung von MVPs zu stecken, zahlt sich aus.
Feiere deine Erfolge: Insbesondere in der Anfangsphase entwickeln sich die Dinge für Startups rasant weiter – eine Herausforderung folgt auf die nächste – es geht so schnell, dass man oft vergisst, wie weit man eigentlich schon gekommen ist. Hin und wieder mal innehalten, gemeinsam Spaß haben und sich gegenseitig auf die Schulter klopfen ist ein gutes Mittel, um die Moral hoch zu halten.
Gründer-Teamfoto (rechts nach links): Michael Schramm (Co-Founder, CTO), Lukas Rintelen (Co-Founder, Managing Director), Florian Polak (Co-Founder, Managing Director) – Credits: Oliver Magda
Wir bedanken uns bei Lukas Rintelen für das Interview
Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder