Personio, N26 und Thinksurance – drei der wohl bekanntesten und erfolgreichsten Start-ups aus Deutschland. Was sie verbindet? Sie positionieren sich als Produkte für ein sehr spitzes Publikum – es sind sogenannte Nischenprodukte. Die drei Gründer-Teams hatten wohl auch etwas Glück bei der Suche nach den passenden Investoren. Denn für die meisten sind Nischenprodukte zu speziell, kleinteilig und risikobehaftet, die Märkte scheinen zu klein und damit auch die potenziellen Renditen. Auch die meisten Gründer orientieren sich eher selten am Nischenprodukt. Die Vorbilder sind meistens High-Tech-Giganten wie Google, Facebook oder Zalando. Doch es gibt zahlreiche junge Unternehmen, die sich als „Hidden Champion“ erfolgreich auf Nischenmärkte fokussiert haben. Genau da setzen wir mit unserem Family-Office La Roca an.
Bereits seit 1989 sind wir bei LA ROCA Capital als Pre-Seed-, Seed- und Co-Investoren beziehungsweise als Co-Founder tätig. Unsere Investments sind auf den ersten Blick recht divers: So haben wir Anteile an vielen Start-ups aus der Versicherungswirtschaft, wie Simplesurance, Clickvers.de, Onlineversicherung.de, die Maklerplattform Virado oder auch Insurninja, einer Absicherungsplattform für Gamer und E-Sportler, erworben. Als Business-Angel investierten wir zudem in JimDrive, einen alternativen Automobilclub und in Horse Analytics, eine App für Pferdehalter. Auch die Gin-Manufaktur “Niemand Gin” aus Hannover ist dabei. Es sind die kleinen, vielleicht zunächst sperrigen Produkte und Themen, die uns interessieren und für die wir als Investoren brennen. Wir sind überzeugt: Wer ein Start-up gründen möchte, sollte den Nischenmarkt mit einbeziehen. Denn häufig lösen gerade solche Nischenprodukte spezielle, große Probleme und so ergeben sich aus kleinen Stückzahlen im Zweifel hohe Renditen und große Umsätze.
Woran erkennen wir eine erfolgversprechende Geschäftsidee?
Auch, wenn wir schon seit vielen Jahren erfolgreich Start-ups aufbauen und in sie investieren, sind wir mit einer Antwort auf die Frage „Woran erkennen Sie eine erfolgversprechende Geschäftsidee?” eher zurückhaltend. Denn man darf bei aller Euphorie nicht vergessen – in ein Start-up zu investieren ist und bleibt mit einem hohen Risiko verbunden. Klar, die Chance auf eine besonders hohe Rendite ist reizvoll und obwohl die meisten Start-ups scheitern, hatten wir in den vergangenen zehn Jahren lediglich einen Totalausfall in unserem Portfolio zu verzeichnen.
Unser Motto: Mit Langfriststrategie, Fleißarbeit, Liebe zum Detail und Beharrlichkeit ans Ziel kommen. Mit dieser Devise konnten wir schon so manch einen Gründer zum Erfolg führen. Im Folgenden möchten wir euch ein paar Tipps geben, worauf wir bei La Rocca, besonders am Anfang achten, bevor es zum eigentlichen Investment kommt.
Was mich bei einem Start-up-Pitch überzeugt
𝗗𝗮𝘀 𝗧𝗲𝗮𝗺
Gerade in der frühen Phase ist die Beurteilung des Gründerteams und die Beantwortung der Frage besonders wichtig: Traue ich dem Team zu, dass sie das umsetzen, was sie konzipiert und vorgenommen haben? Und schaffen sie eine wirkliche Disruption in ihrer Branche? Wir haben über die Jahre gelernt, dass ein Gründerteam immer aus Personen bestehen muss, die komplementär zueinander sind. Deswegen investieren wir nur noch in Gründer*innen, die sich wirklich ergänzen und so die Stärken und Schwächen des anderen ausgleichen. Die Ausgangsfrage lautet also immer: Bringen die Gründer*innen alle Kompetenzen mit, die notwendig für den Aufbau eines erfolgreichen Businesses sind, bzw. wo muss das Team im Zweifel verstärkt werden? Sind sie in der Lage drei, zehn, 50 oder mehr Mitarbeiter zu führen?
Die Nische
Uns interessieren insbesondere die Start-ups, die ein passendes Produkt für einen Nischenmarkt entwickeln. Denn in jeder Branche gibt es Nischenprodukte, die sich mit den richtigen Strategien erfolgreich verkaufen lassen. Eine Versicherungs-Plattform mit phantasievollem Kunstnamen für jedermann ergibt beispielsweise für uns wenig Sinn. Die Marketingkosten können hier schnell ins Unermessliche steigen. Deshalb ist für uns zum Beispiel das Nischenprodukt Gamer-Versicherungsplattform viel interessanter oder eine Versicherung für den Motorsport. Um das richtige Produkt für den Nischenmarkt zu finden, lohnt es sich also, die bestehenden Angebote zu vergleichen, das Marktvolumen zu schätzen und die Zielgruppe klar zu definieren. Dann ist das eigene Nischenprodukt im besten Fall gewinnversprechend, praktisch und als Produktnische einzigartig. So kann man auch ohne Millionen-Investment erfolgreich sein.
Das Monetarisierungskonzept
Es gibt zahlreiche Beispiele von Start-ups, die kein klares Monetarisierungs-Konzept entwickelt hatten und am Ende gescheitert sind. Moderne Produktentwicklungstools machen es heute leicht und verleiten dazu, zu schnell ein erfolgversprechendes Projekt zu starten. Doch man sollte nicht die grundlegenden betriebswirtschaftlichen Aspekte vergessen. Unternehmen wie Google oder Facebook sind die Ausnahme. Beide haben mit ihren Lösungen die Gesellschaft verändert ohne anfängliches Monetarisierungkonzept. Erst Reichweite aufbauen und sich im Anschluss Gedanken um Einnahmequellen machen – sicherlich ein Traum. Für eine positive Investment-Entscheidung ist uns allerdings ein klares und tragfähiges Konzept von Anfang an wichtig.
Fazit
Für uns geht es immer auch um persönliches Engagement und authentisches Interesse an den Produkten. Ein bisschen Extravaganz darf da nicht fehlen. Kurzfristige Rendite steht dabei nicht im Fokus, sondern ein nachhaltiger und langfristiger Aufbau des Unternehmens. Am Ende des Tages ist und bleibt es ein Menschen-Geschäft und jede Investment-Entscheidung ist auch eine emotionale. Wahrscheinlich treffen die wenigsten Angel-Investoren rein rationale Entscheidungen, wir bei LA ROCA tun es jedenfalls nicht.
Autor:
Kersten Jodexnis ist ein deutscher Versicherungsunternehmer, Investor und Motorsportler aus Hannover. Er ist Mitbegründer der Wertgarantie Group, der Hübener Versicherungs AG sowie der Real Garant Versicherung AG.Als geschäftsführender Gesellschafter leitet er die Geschäfte des Family Offices LA ROCA Capital.
Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder