Freitag, Oktober 17, 2025
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Wie viel Kapitalmarkt-Know-how brauchen Startups wirklich?

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Heliad Kapitalmarkt Startups Wachstum Titelbild (vlnr.): Falk Schäfers und Julian Kappus @ Heliad AG

Heliad ist eine börsennotierte Investmentgesellschaft mit dem Ziel, sowohl Unternehmer als auch Investoren gleichermaßen zu unterstützen. Der VC investiert in marktführende Unternehmen, unabhängig von Sektor und regionaler Herkunft, mit der Absicht, die nächste Wachstumsphase anzutreiben. Heliad ist u.a. in Startups wie Enpal, Raisin oder ARX Robotics investiert.

Heliad ist als börsennotierter VC ein Sonderfall in der deutschen Venture-Landschaft. Wie definieren Sie Ihre Rolle innerhalb dieses Ökosystems?

Heliad nimmt als börsennotierter Venture-Capital-Investor eine besondere Stellung ein. Wir verbinden private und öffentliche Kapitalmärkte und ermöglichen Anlegern Zugang zu vielversprechenden Start-Up-Investments in einer liquiden Form. Unsere Aufgabe ist es, Startups und Wachstumsfirmen mit Eigenkapital und strukturierten Finanzierungen entlang ihrer kapitalmarktnahen Entwicklung zu begleiten – von der Wachstumsphase bis zur Börsenreife.

Welche Vorteile bietet ein börsennotiertes Setup, wenn es darum geht, junge Wachstumsunternehmen zu begleiten?

Ein börsennotiertes Setup bietet klare Vorteile: Liquidität und Flexibilität für Investoren, Glaubwürdigkeit im Markt sowie direkten Zugang zum Kapitalmarkt für unsere Portfoliounternehmen. So können wir junge Firmen nicht nur finanziell, sondern auch strategisch unterstützen, damit sie nachhaltig wachsen und ihre Marktposition stärken.

Kapitalmarkt-Know-how gilt oft als „Spätphasen-Expertise“ – warum ist es aus Ihrer Sicht auch schon in frühen Entwicklungsphasen relevant?

Kapitalmarkt-Know-how ist früh entscheidend, weil es Weichen für Bewertung, Finanzierungsstrategie und Wachstum stellt. Firmen, die kapitalmarktorientiert denken, entwickeln eine klare Equity Story und sichern sich bessere Finanzierungsmöglichkeiten. Das beschleunigt ihr Wachstum und erhöht ihre Erfolgschancen. Geschicktes Kapitalmarktmanagement führt oftmals zu einem echten Wettbewerbsvorteil.

Wie verändert sich die Zusammenarbeit mit Startups, wenn ein VC über Zugang zu Kapitalmärkten verfügt?

Der Zugang zu Kapitalmärkten erweitert die Zusammenarbeit erheblich. Neben klassischem Eigenkapital bieten wir maßgeschneiderte Lösungen wie ABS-Strukturen oder Factoring, die Wachstumskapital ohne frühzeitige Verwässerung ermöglichen. Zudem bereiten wir Startups aktiv auf Kapitalmarktprozesse wie IPOs oder auch M&A Prozesse vor.

Welche Fehler beobachten Sie häufig bei Startups im Umgang mit Finanzierung, Bewertung und strategischem Wachstum?

Viele Startups priorisieren kurzfristige Finanzierungsziele über langfristige Strategien. Sie unterschätzen die Bedeutung und die Kraft einer soliden Kapitalstruktur und ignorieren frühzeitig wichtige Kapitalmarktinstrumente. Häufig begegnen wir auch unrealistischen Bewertungserwartungen, die spätere Finanzierungsrunden oder gar den Exit erschweren.

Inwiefern ist die Fähigkeit zur späteren Börsenreife ein Kriterium für Ihre Investmententscheidung?

Mindestens ein Verständnis für die Börsenreife ist für uns ein zentrales Kriterium. Sie zeigt langfristiges Wachstumspotenzial, professionelle Führung und die Skalierbarkeit des Geschäftsmodells. Firmen, die von Anfang an kapitalmarktfähig denken, erhöhen ihre Chancen, später auch international erfolgreich zu sein. Doch gleichzeitig gilt: Nicht jedes Start-Up muss sich zwingend den Bösengang vornehmen – gerade im aktuellen Umfeld können auch strategische Käufer oder Finanzinvestoren attraktive Käufergruppen sein.

Wie bereiten Sie Portfoliounternehmen konkret auf Kapitalmarktprozesse vor – z. B. IPOs oder M&A?

Wir helfen unseren Portfoliounternehmen, eine überzeugende Equity Story zu entwickeln, ihre Finanzkommunikation zu optimieren und professionelle Governance-Strukturen einzuführen. Außerdem unterstützen wir bei der Auswahl der richtigen Kapitalmarktpartner und begleiten den gesamten Prozess – von Roadshows bis zur Platzierung.

Gibt es eine wachsende Nachfrage von Gründer:innen nach VCs, die Know-how jenseits klassischer Frühphasenfinanzierung mitbringen?

Ja, eindeutig. Gründer:innen erkennen zunehmend, dass nachhaltiges Wachstum eine Kombination aus Venture Capital und strukturierter Finanzierung erfordert. VCs wie Heliad, die Kapitalmarkt-Know-how und strategische Beratung vereinen, erleben eine stark steigende Nachfrage.

Wie beurteilen Sie die aktuelle Situation an den Kapitalmärkten – und welche Auswirkungen hat das auf Ihre Investmentstrategie?

Die Kapitalmärkte sind derzeit volatil, bieten aber Chancen für strategisch gut aufgestellte Firmen. Unsere Strategie bleibt darauf ausgerichtet, wachstumsstarke Unternehmen zu identifizieren und gezielt auf Kapitalmarktprozesse vorzubereiten. Mit breiter Diversifikation über Branchen und Regionen hinweg reagieren wir flexibel auf Marktveränderungen.

Was würden Sie jungen Gründer:innen raten, die heute mit VC-Geldern wachsen, aber Kapitalmarktmechanismen noch nicht auf dem Schirm haben?

Wir raten, sich früh mit Kapitalmarktmechanismen zu befassen und Partner zu suchen, die sowohl Eigen- als auch Fremdkapitalstrategien beherrschen. Eine klare Finanzierungsstrategie schafft Vertrauen bei Investoren und legt die Basis für nachhaltiges Wachstum.

Titelbild (vlnr.): Falk Schäfers und Julian Kappus @ Heliad AG

Wir bedanken uns bei Julian Kappus für das Interview

Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder

Kann nachhaltiger Klimaschutz wirklich so einfach sein?

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ForTomorrow Emissionsrechte Klimaschutz Ruth von Heusinger @ Emily Leshner

ForTomorrow ist ein gemeinnütziges Unternehmen, das CO₂ durch EU-Emissionsrechte und Aufforstung in Deutschland reduziert

Was genau ist die Gründungsgeschichte von ForTomorrow und welche Personen stehen heute hinter dem Unternehmen?

2012 bekam mein Mann das Angebot, für Apple in San Francisco zu arbeiten. Um mit ihm zu gehen, habe ich meine Stelle im Trading im europäischen Emissionshandel gekündigt. Damals kam mir zum ersten Mal die Idee für ForTomorrow. Ich stellte mir die Frage: Warum gleichen Menschen und Unternehmen ihren CO₂-Ausstoß über Projekte im globalen Süden aus, obwohl der CO₂-Ausstoß des globalen Nordens das Problem verursacht? Sollte der Ausgleich nicht eher in den Ländern stattfinden, die die Emissionen auch tatsächlich verursachen? Dieser Gedanke hat mich nicht losgelassen, doch erst Ende 2019 war für mich der richtige Zeitpunkt, um ForTomorrow zu gründen. Mit Spenden kauft ForTomorrow Emissionsrechte aus dem verpflichtenden EU-Emissionshandel und legt sie ungenutzt und dauerhaft still. Mit jedem weggekauften Emissionsrecht wird eine Tonne weniger CO₂ in der EU ausgestoßen und die europäische Wirtschaft und natürlich auch jede:r einzelne von uns schneller klimaneutral.

In Umfragen kam dieser Ansatz gut an, doch die Menschen wollten mehr. Sie wollten zusätzlich zur CO₂-Reduktion auch CO₂ aus der Luft holen. So kam die zweite Komponente hinzu: ForTomorrow schafft neue Waldflächen in Deutschland, die langfristig CO₂ binden. Über diese zwei Komponenten verändern wir gemeinsam das System, in dem wir leben, hin zu einem klimaneutralen System und werden dadurch auch selbst klimaneutral.

Wie kam es zur Entscheidung, den EU-Emissionshandel aktiv für den Klimaschutz zu nutzen?

Uns war von Anfang an klar: Wir müssen einen systemischen Weg einschlagen, indem wir am EU-Emissionshandel, der bereits seit 2005 existiert, ansetzen. In mehreren Studien wurde seine Wirksamkeit wissenschaftlich belegt. Das verpflichtende System des Emissionshandels erfasst vor allem große Industrieunternehmen und Energiekonzerne – und auch Sektoren, in denen Klimaschutz oft nicht die höchste Priorität hat.

ForTomorrow nutzt diesen riesigen Hebel gezielt. Wir wollen die Schwächen des Systems korrigieren – etwa die zu große Menge an Emissionsrechten. EU-Emissionsrechte stillzulegen ist daher ein wichtiger Ansatz, um CO2-Ausstoß in Europa dauerhaft zu senken. On top kommt der Bonus, dass die Einnahmen aus dem Verkauf der Emissionsrechte in Deutschland in den Klima- und Transformationsfonds (KTF) fließen. Dieser finanziert unter anderem den Ausbau von erneuerbaren Energien und die Förderung von Elektromobilität. So wirkt jede einzelne Spende an ForTomorrow gleich mehrfach für den Klimaschutz.

Welche Vision verfolgt ForTomorrow für den europäischen Klimaschutz und wie wird diese Schritt für Schritt realisiert?

ForTomorrow verfolgt die Vision, dass Europa noch vor 2040 klimaneutral und damit ein wichtiger Beitrag zur Einhaltung der 1,5 °-Grenze geleistet wird. Wir bieten Menschen und Unternehmen einfache Wege, um wirksam CO₂ zu reduzieren und zu entfernen. Konkret erreichen wir das durch das zuvor erwähnte dauerhafte Stilllegen von EU-Emissionsrechten und die Aufforstung vielfältiger, klimaresistenter Mischwälder, die dauerhaft CO2 speichern. Außerdem inspirieren wir durch Transparenz, Vorbildfunktion und konkrete Handlungsoptionen zu dauerhaft klimafreundlichem Verhalten. Wenn ich fünf Werte nennen sollte, die uns beschreiben, sind es Optimismus, Vertrauen, Inspiration, Gemeinschaft und Tatkraft.

Was unterscheidet euer Konzept der CO₂-Kompensation von klassischen Modellen mit internationalen Projekten?

Der größte Unterschied ist wie bereits erwähnt unser systemischer Ansatz: Wir nutzen den verpflichtenden EU-Emissionshandel, um die Wirtschaft schneller zu dekarbonisieren. Der Emissionshandel ist durch die EU reguliert, vom TÜV geprüft und treibt die Industriewende voran. Wir forsten außerdem gezielt in Deutschland auf, weil hier die langfristige Wirkung durch das Deutsche Bundeswaldgesetz von 1975 gesichert ist. Das Kernelement dieses Gesetzes ist der dauerhafte Erhalt und die nachhaltige Bewirtschaftung von Wäldern. Über all dem ist uns Transparenz sehr wichtig: Die Kontoauszüge über die weggekauften Emissionsrechte teilen wir monatlich in einem Impact-Report und geben die Koordinaten der Pflanzflächen, die wir aufforsten, bekannt. So können Interessierte diese besuchen und nachvollziehen, wo sie konkret mit ihrer Spende gerade unterstützt haben.

Wen sprecht ihr mit euren Klima-Abos gezielt an und welche Rückmeldungen bekommt ihr von euren Nutzerinnen und Nutzern?

Unser Klima-Abo ist ein monatliches Modell, bei dem unsere Nutzer:innen selbst entscheiden können, ob ihr Beitrag vollständig in die Stilllegung von Emissionsrechten, in die Pflanzung von Mischwäldern in Deutschland oder in eine Kombination aus beidem fließt. Wenn man sich die zahlreichen Erfahrungsberichte zu unserer Leistung anschaut, sind unsere Unterstützer:innen vor allem davon begeistert, dass ForTomorrow effektiven Klimaschutz so einfach wie möglich und für jede:n zugänglich macht. Wir bieten eine niedrigschwellige Möglichkeit, konkret selbst aktiv zu werden und dadurch direkt auf die großen CO2-Emittenten in Europa einzuwirken, um diese schneller zur Transformation zu bewegen. Auch bei unseren Aufforstungsprojekten, bei denen jede:r, der:die mag, selbst mit anpacken kann, bekommen wir regelmäßig gefeedbackt, wie erfüllend und wichtig unsere Projektarbeit ist.

Wie begegnet ihr der Herausforderung, komplexe Themen wie Emissionsrechte für ein breites Publikum verständlich zu machen?

Wir haben gerade mit einer Klimaspende des GLS Investments ein Erklärvideo für unsere Webseite erstellt. Dafür konnten wir den Schauspieler und Umweltschützer Hannes Jaenicke gewinnen, der mit seiner Bekanntheit ein breites Publikum anspricht. Auf unserer Website liefern wir in Blogartikeln mit Quellen und Grafiken Hintergrundwissen und auch Social Media nutzen wir natürlich, um über unsere Lösung zu informieren. Nicht zuletzt sind wir auf Messen und medial unterwegs, weshalb wir uns auch über diese Möglichkeit hier sehr freuen.

Mit welchen Hürden habt ihr als gemeinnütziges Unternehmen in der Wachstumsphase zu kämpfen?

Die größte Hürde ist sicherlich die Finanzierung für Teamwachstum, Skalierung und Expansion. Wir meistern mit einem sehr kleinen Team alle täglichen Herausforderungen und unbedingte Priorität hat dabei, nicht durch die Fülle an Aufgaben und Möglichkeiten auszubrennen. Wichtig ist auch, das große Ziel im Auge zu behalten, zu fokussieren und zu priorisieren.

ForTomorrow kombiniert lokale Aufforstung mit marktbasierten Mechanismen. Wie passt das strategisch zusammen?

Das passt tatsächlich sehr gut zusammen, denn einerseits reduziert ForTomorrow den Ausstoß neuer Emissionen und treibt die Wirtschaftswende voran, andererseits werden bereits ausgestoßene Emissionen aus der Atmosphäre geholt und das heimische Ökosystem stabilisiert und geschützt.

Welche Bedeutung hat Transparenz in eurer täglichen Arbeit und wie setzt ihr sie konkret um?

Als gemeinnützige deutsche Organisation handeln wir nach den Werten der Initiative Transparente Zivilgesellschaft und teilen alle Daten zu ForTomorrow auf unserer Transparenz-Website. Bezogen auf den Wald bedeutet Transparenz jedoch auch, dass man ihn sich ansehen und das Wachstum live verfolgen kann – ein großer bereits angesprochener Benefit dabei, dass er direkt hier vor der Haustür wächst. Monatlich teilt ForTomorrow im Impact Report mit, wie viele Emissionsrechte im vorangegangen Monat und insgesamt ungenutzt stillgelegt und wie viele Bäume finanziert und bereits gepflanzt wurden. Auf unserer Website kann man sich zudem alle Pflanzprojekte ansehen und bekommt regelmäßig Updates. Tätigkeits- sowie Jahresabschlüsse werden selbstverständlich ebenfalls dort veröffentlicht.

Was sind die nächsten großen Meilensteine, die ihr mit ForTomorrow erreichen wollt?

In den nächsten fünf Jahren wollen wir natürlich weiterhin neue Waldflächen in Deutschland schaffen und Emissionsrechte stilllegen. Auch die zweite Säule, über den systemischen Ansatz des EU-Emissionshandels (ETS) Klimaschutz voranzutreiben und auszuweiten, wollen wir natürlich verstärken. Darüber hinaus ist die Idee, das Konzept in weiteren EU-Ländern anzubieten: Wir bekommen bereits Spenden aus dem Ausland, perspektivisch möchten wir deshalb Angebot und Service auch wieder dorthin zurückgeben. Neben dem ETS 1, über den wir bereits die Emissionen von Kohlekraftwerken, Industrie, Flug- und Schifffahrt senken, planen wir ab 2027 über den ETS 2 die Emissionen von Gebäuden und Verkehr zu verringern. Ein weiteres Thema unserer Zeit ist die dauerhafte Speicherung von CO2 in Pflanzenkohle. Hier sind wir bereits heute aktiv, wollen das Angebot in Zukunft jedoch weiter ausbauen. Wir haben also noch viel vor.

Wie sieht die Zusammenarbeit mit regionalen Partnern bei der Aufforstung in Deutschland aus?

Die Zusammenarbeit basiert auf gegenseitigem Vertrauen, Verlässlichkeit und einem konstruktiven Austausch auf Augenhöhe. Es besteht ein ständiger Austausch mit aktiven Partnern, wie zum Beispiel mit der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald, über sowohl aktuelle, wissenschaftliche Themen aus der Praxis aber eben auch hinsichtlich neuer Aufforstungsflächen. Wir arbeiten eng mit den lokalen Forstbehörden zusammen und sind im ständigen Austausch zu unseren laufenden und vergangenen Aufforstungsprojekten. Bei jeder Fläche achten wir darauf, die für die lokalen Gegebenheiten effektivste und für den Klimaschutz wirkungsvollste Lösung zu finden. Wir profitieren enorm von der langjährigen Expertise hinsichtlich regionaler Bedingungen der jeweiligen Partner, da diese einige Bedingungen und Qualitätsansprüche erfüllen müssen.

Welche drei Ratschläge würdet ihr jungen Gründerinnen und Gründern mit auf den Weg geben, die im Bereich Nachhaltigkeit durchstarten wollen?

Vertraut euch selbst und eurem Bauchgefühl und sucht euch Menschen, die euch bestärken und nicht klein halten. Und: Setzt auf Kooperationen. Vor allem im Nachhaltigkeitsbereich ermöglichen Kooperationen immer ein gegenseitiges Weiterbringen.

Titelbild Ruth von Heusinger @ Emily Leshner

Wir bedanken uns bei Ruth von Heusinger für das Interview

Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder

Kann diese Partnerschaft den Turbo für Startups zünden?

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adina krausz W Ventures InnoSource Ventures

W Ventures und InnoSource Ventures bündeln ihre Stärken, um Startups transatlantisch zu vernetzen und beim globalen Wachstum zu unterstützen – darüber haben wir mit Adina Krausz gesprochen

Was war der konkrete Anlass für die Zusammenarbeit zwischen W Ventures und InnoSource Ventures und welche gemeinsame Vision verfolgen Sie dabei?

Adina Krausz: Für transformative Innovation sollten keine Grenzen existieren. Bahnbrechende Ideen haben globale Auswirkungen, und ihr Potenzial sollte nicht durch Geografie eingeschränkt werden. Nach mehreren Jahren erfolgreicher, projektbezogener Zusammenarbeit haben W Ventures und InnoSource Ventures beschlossen, ihre Partnerschaft zu formalisieren – als echte Brücke zwischen den Kontinenten. Diese Allianz schafft eine dreifache Win-Win-Situation: Gemeinsam decken wir zwei große Märkte ab – die USA und Europa – und eröffnen den visionären Unternehmen, mit denen wir arbeiten, deutlich mehr Chancen. Durch die Bündelung unserer Netzwerke, unseres Fachwissens und unserer Ressourcen befähigen wir Gründerinnen und Gründer, schneller zu skalieren, weiter zu reichen und sinnvolle Veränderungen in der Welt voranzutreiben.

Welche Kompetenzen und Stärken bringt jede Partei in die Partnerschaft ein, um das Ziel eines stärkeren transatlantischen Startup-Ökosystems zu erreichen?

Adina Krausz: Obwohl InnoSource Ventures und W Ventures im selben Innovationsökosystem tätig sind, unterscheiden sich unsere Leistungen deutlich – und ergänzen sich perfekt. Diese natürliche Synergie machte die Entwicklung unserer Partnerschaft sowohl nahtlos als auch strategisch überzeugend, wobei jede Partei eine zentrale Rolle spielt.

InnoSource Ventures bringt tiefe Verbindungen in der europäischen Venture-Landschaft sowie praxisnahe, tägliche Unterstützung für Startups ein. Unser Schwerpunkt liegt auf der Beschleunigung des Wachstums durch strategische Geschäftsentwicklung, gezielte Einführung bei Unternehmen, Distributoren und Lizenzpartnern sowie durch die Förderung von Co-Investments.

W Ventures hingegen ist ein Investor mit starken finanziellen Ressourcen und außergewöhnlicher Marketing-Expertise, mit einem klaren Fokus auf den US-Markt. Sie bieten Marktbeschleunigung, maßgeschneidertes Mentoring und ein Inkubatoren-Umfeld, das Startups für den Erfolg auf beiden Seiten des Atlantiks positioniert.

Gemeinsam bieten wir eine 360°-Wachstumsplattform – und ermöglichen Startups, sich in Europa, Israel und den USA auszubreiten und ihre globale Wirkung zu verstärken.

Wie ist das geplante Accelerator-Programm aufgebaut und welche Unterstützung erhalten teilnehmende Startups konkret?

Adina Krausz: Das Accelerator-Programm ist als hybride, transatlantische Plattform konzipiert, die Gründern Sichtbarkeit und Marktzugang sowohl in den USA als auch in Europa verschafft. Jedes teilnehmende Startup erhält eine maßgeschneiderte Go-to-Market-Strategie, regulatorische Beratung und direkten Zugang zu einem kuratierten Investorennetzwerk.

W Ventures wird Startups bei Veranstaltungen im Raum Maryland beherbergen und ihnen Büroräume, Unterkunft sowie praxisnahe Unterstützung bieten. Der Schwerpunkt liegt auf Marketing und PR, um eine starke Präsenz in den USA aufzubauen und den Markteintritt zu beschleunigen.

InnoSource Ventures nutzt sein umfangreiches europäisches Netzwerk, um Startups mit potenziellen Kunden, Investoren und strategischen Partnern für Proof-of-Concept-Projekte, Pilotvorhaben und Vertriebsvereinbarungen zu verbinden. Diese Kombination stellt sicher, dass Gründer nicht nur ihre Strategie schärfen, sondern auch die entscheidenden Beziehungen und Marktpräsenz auf beiden Seiten des Atlantiks sichern.

Welche Branchen oder Technologien stehen im Fokus und wie wählen Sie die Startups für das Programm aus?

Adina Krausz: Unser Fokus liegt auf transformativen Technologien mit globalem Wirkungspotenzial – Lösungen, die drängende Herausforderungen adressieren und sich nahtlos über Märkte hinweg skalieren lassen. Dazu gehören Sektoren wie Healthtech, Nachhaltigkeit, Deeptech und digitale Next-Generation-Lösungen, einschließlich KI-gestützter SaaS-Unternehmen, sowie aufstrebende Bereiche, die ganze Branchen neu definieren können. Die Auswahl erfolgt nach dem üblichen Due-Diligence-Prozess.

Welche Regionen werden besonders adressiert und wie wird der internationale Austausch zwischen den Standorten gestaltet?

Adina Krausz: Unsere Partnerschaft schlägt eine echte Brücke zwischen drei starken Innovationszentren – den USA, Europa und Israel. Wir sind überzeugt, dass Gründerinnen und Gründer Zugang zu globalen Chancen haben sollten, ohne durch Geografie oder Zeitzonen eingeschränkt zu sein. Deshalb findet ein großer Teil des Austauschs virtuell statt, wobei wir besonders den Wert von 1-zu-1-Meetings schätzen, um die Unterstützung individuell auf die Bedürfnisse jedes Gründers zuzuschneiden. Gleichzeitig wissen wir um die Kraft persönlicher Beziehungen und setzen daher auch auf gezielte Vor-Ort-Besuche, die Vertrauen stärken, Netzwerke erweitern und konkrete Türen für den Markteintritt auf beiden Seiten des Atlantiks öffnen.

Welche Chancen sehen Sie für Startups durch die Anbindung an Investoren- und Partnernetzwerke auf beiden Seiten des Atlantiks?

Adina Krausz: Die gleichzeitige Arbeit in zwei wichtigen Märkten und die Verbindung von Geschäftsentwicklung mit Marketingunterstützung können das Wachstum eines Startups erheblich beschleunigen – ein entscheidender Faktor in der schnelllebigen Venture-Welt. Dieser Ansatz beschleunigt nicht nur die Skalierung, sondern eröffnet Startups auch breiteren Zugang zu Investoren und Partnern, steigert ihre Sichtbarkeit und verbessert die Fundraising-Chancen auf globaler Ebene – und damit letztlich auch ihre Erfolgsaussichten.

Wie messen Sie den Erfolg der Partnerschaft und des Programms?

Adina Krausz: Für uns bedeutet Erfolg weit mehr als Zahlen – es geht um den greifbaren Schwung, den wir Startups Tag für Tag verleihen. Wir messen ihn daran, wie stark die Startups eingebunden sind, welche Türen wir ihnen öffnen und welche wertvollen Verbindungen wir schaffen. Jede neue Partnerschaft, jede strategische Einführung und jeder erreichte Meilenstein spiegeln den Wert wider, den wir bieten, und den nachhaltigen Einfluss, den wir für ihr grenzüberschreitendes Wachstum erzielen.

Welche Rolle spielen Investitionen und welche Finanzierungsmodelle sind für teilnehmende Startups vorgesehen?

Adina Krausz: Unsere Partnerschaft kombiniert strategische Beratung mit flexiblen Finanzierungsmöglichkeiten, um den Wachstumsbedarf der Startups zu decken. W Ventures bietet Frühphasenfinanzierungen und Marketing-für-Anteile-Modelle an, während InnoSource Startups dabei unterstützt, strategische Partnerschaften einzugehen, sich auf Finanzierungsrunden vorzubereiten und zusätzliche Investoren zu gewinnen – gestützt durch die starken Ergebnisse unserer Geschäftsentwicklung. Dieser hybride Ansatz gibt Startups eine solide Grundlage, um selbstbewusst zu skalieren und Chancen in allen Märkten zu nutzen.

Wann soll das Programm starten und welche Meilensteine sind für die kommenden Monate geplant?

Das Programm startet voraussichtlich im 3. Quartal 2025, ohne feste Dauer – beide Unternehmen verpflichten sich zu langfristigen Partnerschaften, die nachhaltiges Wachstum fördern, anstatt auf kurzfristige Engagements zu setzen. Tatsächlich arbeiten W Ventures und InnoSource bereits jetzt gemeinsam an mehreren Startups, die derzeit im Prüfprozess sind, und legen so den Grundstein für eine starke, aktive Zusammenarbeit von Beginn an.

Wie oft wird es Möglichkeiten für Startups geben, ihre Entwicklungen vor Investoren und Partnern zu präsentieren?

Adina Krausz: Für beide Partner, insbesondere für InnoSource mit seinem starken Fokus auf Geschäftsentwicklung und Investor Relations, hat die Schaffung von Präsentationsmöglichkeiten für Startups höchste Priorität. Gründer können mit regelmäßigen, nahezu wöchentlichen virtuellen Sitzungen rechnen, die auf ihre Phase und Branche zugeschnitten sind und sie mit einem vielfältigen Spektrum an Investoren und Partnern verbinden. Ergänzend dazu finden zweimal jährlich persönliche Demo Days statt – einmal in Europa und einmal in den USA – als zentrale Ereignisse, um Sichtbarkeit zu erhöhen und wertvolle Kontakte in beiden Märkten zu knüpfen.

Welche Herausforderungen erwarten Sie bei der Umsetzung der transatlantischen Zusammenarbeit und wie wollen Sie diese meistern?

Transatlantische Zusammenarbeit erfordert naturgemäß sorgfältige Koordination über Zeitzonen und Logistik hinweg. Regulatorische Unterschiede – etwa im Gesundheitswesen – stellen zusätzliche Hürden dar, die Startups allein oft nur schwer überwinden können. Hier setzt unser Programm an: Wir stellen das Fachwissen und die Unterstützung bereit, um diese Barrieren zu überwinden und das internationale Wachstum zu beschleunigen.

Kulturell sehen wir eine starke Übereinstimmung zwischen dem unternehmerischen Geist in den USA und Israel – beide dynamisch und gründergetrieben. Unser Programm verbindet diese Mentalität mit dem soliden, nachhaltigen Wachstumsansatz europäischer Startups. Durch die Kombination dieser Stärken schaffen wir ein leistungsfähiges Ökosystem, das Unterschiede in langfristigen Erfolg verwandelt.

Wie sehen Sie die langfristige Perspektive und mögliche Erweiterungen der Partnerschaft?

Adina Krausz: Wir schaffen etwas wirklich Neues im Venture-Ökosystem – nicht nur wegen des breiten Spektrums an Unterstützung, das wir bieten, sondern auch wegen der Art und Weise, wie wir es tun: mit engagierter, täglicher 1-zu-1-Begleitung jedes Startups. Unser Ziel ist es, dass diese Partnerschaft zum Goldstandard für transatlantische Zusammenarbeit wird. Wir sehen sie als dynamisch und anpassungsfähig, um sich parallel zu den Startups und Märkten, die wir bedienen, weiterzuentwickeln – mit Expansion in neue Sektoren, dem Ausbau von Netzwerken und kontinuierlicher Wertschöpfung. Vor allem aber wollen wir langfristige Partner sein, die nachhaltiges Wachstum und globalen Impact gemeinsam vorantreiben.

Welche bisherigen Erfolge oder Erfahrungen aus vergleichbaren Projekten bringen Sie in dieses Vorhaben ein?

InnoSource bringt umfassende Erfahrung in praxisnaher strategischer Geschäftsentwicklung und internationaler Expansion mit, arbeitet eng mit Startups zusammen, um Wachstumspotenziale zu erschließen und wertvolle Branchenkontakte aufzubauen. Der Ansatz ist individuell zugeschnitten und auf nachhaltigen Fortschritt ausgelegt.

W Ventures ergänzt dies mit fundierter Expertise in Frühphaseninvestitionen und Marktbeschleunigung und bietet Startups das Kapital, Mentoring und die Ressourcen, die sie für erfolgreiches Skalieren benötigen. Gemeinsam bilden diese Stärken eine leistungsstarke Partnerschaft, die Startups optimal unterstützt, sich im transatlantischen Ökosystem zu orientieren und zu wachsen.

Wie arbeiten die Teams von W Ventures und InnoSource Ventures im Tagesgeschäft zusammen, um das Programm voranzutreiben?

Adina Krausz: Die Teams von W Ventures und InnoSource fungieren als vertrauensvolle lokale Vertreter füreinander und arbeiten Hand in Hand, um Aktivitäten nahtlos zu koordinieren und das Programm voranzubringen. Sie halten engen Kontakt durch regelmäßige virtuelle Meetings und laufende Abstimmungen, um vollständige strategische und operative Ausrichtung sowie optimale Startup-Unterstützung in beiden Regionen zu gewährleisten. Dieser kooperative Ansatz ermöglicht es, schnell und effektiv auf die sich entwickelnden Bedürfnisse der Startups und Märkte zu reagieren.

Welche Botschaft möchten Sie an Gründerinnen und Gründer senden, die sich für das Programm interessieren?

An alle Gründerinnen und Gründer, die skalieren und global wirken wollen – dieses Programm richtet sich an alle, die wirklich engagiert sind. Innovation kennt keine Grenzen, aber Erfolg erfordert harte Arbeit, Resilienz und aktive Zusammenarbeit. Wir sind keine Magier, die einfach Deals liefern – wir krempeln die Ärmel hoch und arbeiten unermüdlich an Ihrer Seite, nutzen unsere tiefen Netzwerke, unsere Geschäftsentwicklungs-Expertise und unsere Marketingstärke, um Türen zu öffnen und Wachstum zu beschleunigen. Wir denken auch unkonventionell, daher ist die richtige Einstellung und Offenheit für neue Chancen entscheidend, um das Beste aus dieser Partnerschaft herauszuholen.

Wer bereit ist, sich voll einzubringen, aktiv mitzuarbeiten und langfristige Partnerschaften auf beiden Seiten des Atlantiks aufzubauen, wird in diesem Programm einen starken Katalysator für seine Vision finden. Gemeinsam schaffen wir bedeutende Wirkung und skalieren Ihr Startup auf ein neues Level.

Titelbild Adina Krausz @privat

Wir bedanken uns bei Adina Krausz für das Interview

Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder

Sind virtuelle Mitarbeitende die nächste große Unterstützung für Teams?

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Logicx AI: Artificial Experts und KI Julian Lumetsberger und Jakob Norman @ Logicx AIKG

Logicx AI entwickelt agentische KI zu virtuellen Mitarbeitenden, die ganze Aufgabenbereiche übernehmen und Unternehmen nachhaltig entlasten

Wie würden Sie Logicx AI in wenigen Sätzen vorstellen und wer sind die Menschen hinter dem Unternehmen?

Logicx AI entwickelt agentische KI weiter – hin zu vollwertigen virtuellen Mitarbeitenden, die ganze Aufgabenbereiche übernehmen können. Wir kommen als Gründerteam aus ganz unterschiedlichen Bereichen – von KI über Vertrieb bis hin zu Business Development – und ergänzen uns dadurch optimal. Genau diese Vielfalt prägt unsere Arbeit. Wir denken Lösungen ganzheitlich und mit Blick auf reale Unternehmensbedürfnisse.

Was war der entscheidende Moment, der zur Gründung von Logicx AI geführt hat?

Wir haben gesehen, dass diese Technologie ganze Märkte neu ordnen wird. Sie eröffnet Potenziale für Startups, für etablierte Unternehmen und für völlig neue Geschäftsmodelle. Eine Disruption dieser Größenordnung gab es kaum zuvor – das macht es unglaublich spannend, jetzt dabei zu sein.

Welche Vision verfolgen Sie mit Logicx AI und welche Schritte sind entscheidend, um diese zu erreichen?

Unser Ziel ist es, den Wandel durch KI aktiv mitzugestalten. KI verändert die Prinzipien wirtschaftlichen Erfolgs und ermöglicht völlig neue Geschäftsmodelle.
Unsere Vision ist es, hybride Organisationen zu schaffen, in denen Mensch und KI zusammenarbeiten und ihre Potenziale gegenseitig entfalten. Wir wollen Unternehmen in eine Arbeitswelt führen, in der Mensch und KI selbstverständlich nebeneinander wirken – mit neuen Geschäftsmodellen, die es heute noch gar nicht gibt.

Für welche Zielgruppen sind die Artificial Experts besonders wertvoll und wie passen Sie diese auf deren Bedürfnisse an?

Artificial Experts sind für Unternehmen jeder Größe und Branche wertvoll, die ihre Prozesse unterstützen, skalieren oder automatisieren wollen. Besonders dort, wo Teams entlastet und Freiräume für strategische Aufgaben geschaffen werden sollen, spielen sie ihre Stärken aus. Unser Ziel ist es, KI wirklich anwendbar zu machen, echten Mehrwert zu liefern und tief in Unternehmensprozesse zu integrieren. Durch ihre Ausbildung und Lernfähigkeit passen sich Artificial Experts exakt an die Bedürfnisse des jeweiligen Unternehmens an und werden so zur echten Stütze im Team.

Wie gelingt es Ihnen, den Artificial Experts eine stabile Identität und ein Langzeitgedächtnis zu geben?

Artificial Experts erhalten im Zuge ihrer Ausbildung eine stabile Identität und ein Langzeitgedächtnis. Dazu gehören Name, Rolle im Unternehmen, grundlegende sowie unternehmensspezifische Verhaltensregeln. Ihr Langzeitgedächtnis basiert auf modernsten Technologien, umfasst Wissen aus Ausbildung, Erfahrung und Zusammenarbeit und wächst kontinuierlich. Zusätzlich besitzen sie eigene Erreichbarkeiten, trainierte Fähigkeiten und lernen den Umgang mit verschiedenen KI-Modellen sowie externen Systemen.

Was unterscheidet Logicx AI von anderen Anbietern virtueller Assistenten?

Wir denken agentische KI neu. Artificial Experts werden ausgebildet, eingesetzt und entwickeln sich weiter wie Menschen. Sie lösen nicht nur fragmentierte Tasks, sondern übernehmen Verantwortung und Aufgabenbereiche als echte virtuelle Mitarbeitende. Alle Interaktionen geschehen dabei in natürlicher Sprache, sodass jeder mit ihnen arbeiten kann wie mit menschlichen Kolleg:innen.

Welche Herausforderungen sind Ihnen bisher begegnet und wie haben Sie diese gemeistert?

Zu den größten Herausforderungen gehört es, Vertrauen in eine völlig neue Form von Arbeit zu schaffen und den kulturellen Wandel in Unternehmen zu begleiten. Mitarbeitende müssen erleben, dass KI als Bereicherung und nicht Konkurrenz ist. Ebenso wichtig war, die Balance zwischen Innovation und einfacher Nutzbarkeit sowie der Anspruch, Datenschutz von Anfang an als Qualitätsmerkmal zu verankern.

Welche Rolle spielt der Æ Coworking Space bei der Weiterentwicklung Ihrer künstlichen Mitarbeitenden?

Der Æ Coworking Space ist die zentrale Umgebung für Ausbildung und Einsatz von Artificial Experts. Er bündelt alle Ressourcen, die sie benötigen, und bietet einen Raum für Zusammenarbeit. Wie in einem echten Coworking Space entsteht hier flexible Kooperation – in hybriden Teams aus Mensch und KI.

Welche Einsatzbereiche sehen Sie in den nächsten Jahren für Ihre Technologie?

Artificial Experts und agentische KI im Allgemeinen haben Potenzial in nahezu allen Unternehmensbereichen. Besonders sichtbar sind sie schon heute in Bereichen wie Support, Marketing oder Wissensmanagement. Doch das ist erst der Anfang: Die Einsatzfelder werden sich in den kommenden Jahren stark ausweiten.

Welche neuen Funktionen oder Integrationen planen Sie in naher Zukunft?

Wir konzentrieren uns in den kommenden Monaten auf die Weiterentwicklung unserer Lösung. Schon heute bieten wir eine große Bandbreite an Möglichkeiten, aber wir wollen immer am Ball bleiben und auf Marktbedürfnisse reagieren. Speziell im Bereich des proaktiven Arbeitens und Lernens wird sich noch einiges tun.

Was möchten Sie anderen Gründern aus Ihrer bisherigen Erfahrung mitgeben?

Die richtigen Partner, Fokus auf das Wesentliche und ein starkes, komplementäres Team sind entscheidend. Diese drei Faktoren haben uns bisher am meisten getragen.

Welche drei persönlichen Ratschläge würden Sie jemandem geben, der ebenfalls im KI-Bereich ein Unternehmen aufbauen möchte?

Technologisches Verständnis ist die Grundlage. Ohne echtes Know-how verliert man schnell an Glaubwürdigkeit. Datenschutz, Sicherheit und Zuverlässigkeit sollte man nicht als Zusatz sehen, sondern als Kern der Entwicklung. Resilienz ist unverzichtbar. Rückschläge gehören dazu, entscheidend ist, daraus zu lernen.

Titelbild Julian Lumetsberger und Jakob Norman @ Logicx AI KG

Wir bedanken uns bei Julian Lumetsberger und Jakob Norman für das Interview

Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder

Politische Kommunikation als Wettbewerbsvorteil: Wie Start-ups Gehör finden 

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kommunikation politik innovation sichtbarkeit startups Ann-Kristin Golz @ CC: Collective Consulting GmbH

Wer als Start-up die politische Bühne ignoriert, riskiert, überhört zu werden. Zwar wirkt sie oft wie ein exklusiver Zirkel für Eingeweihte – schwer zugänglich, geprägt von etablierten Netzwerken und festgelegten Spielregeln. Doch genau hier entscheidet sich, welche Ideen eine Chance bekommen. Politische Kommunikation ist deshalb kein „Nice-to-have“, sondern eine Überlebensfrage. Besonders in Innovationsfeldern wie der Energiewirtschaft gilt: Wer sich nicht positioniert, überlässt anderen das Feld.

Strategische Kommunikation als Schlüssel zu Sichtbarkeit und Relevanz

Als junges Unternehmen steht man vor der Herausforderung, sich in einem dynamischen, wettbewerbsintensiven Umfeld mit begrenzten Ressourcen zu behaupten. Genau hier setzt strategische Kommunikation an, indem sie positioniert, unterscheidbar macht und Relevanz erzeugt. Neueste Untersuchungen, etwa der Harvard Business Review, machen deutlich: Investitionen in Image- und Reputationsaufbau zahlen sich langfristig aus, sowohl in Sachen Profitabilität als auch wirtschaftlicher Stabilität. Ein klares Profil, das durch gezielte Kommunikation nach außen getragen wird, kann somit maßgeblich zum Unternehmenserfolg beitragen.

Im politischen Kontext gilt dies umso mehr: Wer sich frühzeitig zu relevanten Themen positioniert und sich konstruktiv in regulatorischen Debatten einbringt, steigert seine Sichtbarkeit und gewinnt an Glaubwürdigkeit als ernstzunehmender Akteur. Gerade bei Geschäftsmodellen, die bestehende Marktlogiken herausfordern, ist eine starke Stimme im politischen Diskurs entscheidend. Sie eröffnet jungen Unternehmen den Weg vom reinen Beobachter zum Mitgestalter, und schafft dadurch Zugang zu Ressourcen, Netzwerken und Gestaltungsprozessen.

Politische Präsenz braucht keine großen Budgets

Politische Kommunikation muss kein großer Apparat sein. Mit einer durchdachten Strategie lässt sich schon mit wenig Aufwand viel erreichen. Viel mehr als ein eigenes Hauptstadt-Lobbybüro braucht es einen klaren Plan: Maßnahmen, Stakeholder und Timing müssen ineinandergreifen. Für junge Unternehmen zählen vor allem schlanke Formate, die schnell Sichtbarkeit schaffen und gezielt Vertrauen aufbauen. Dazu gehören etwa:

  • Klares Messaging: Das Unternehmensprofil muss klar erkennbar sein, komplexe Inhalte sollten einfach und verständlich vermittelt werden.
  • Strategisches Stakeholder-Mapping: Wer sind die richtigen Ansprechpartner:innen? Wo lohnt sich das Andocken? Und wie spreche ich die eigentlich an? Ein strukturiertes Mapping verhindert Umwege und sorgt für Wirkung an den richtigen Stellen.
  • Kurzformate wie Positionspapiere oder One-Pager: Sie bringen komplexe Herausforderungen klar auf den Punkt bringen und stärken zugleich die politische Narrative.

Gerade im frühen Stadium helfen solche Formate, mit überschaubarem Aufwand Vertrauen bei relevanten Stakeholdern aufzubauen und als konstruktiver Gesprächspartner anerkannt zu werden.

Energiesektor: Ohne kommunikative Einbettung läuft Innovation ins Leere

Im Energiesektor wird besonders sichtbar, dass technologische Innovation allein nicht ausreicht. Gesetze, Förderprogramme und politische Zielsetzungen wie die Klimaziele oder die Wasserstoffstrategie prägen den Markt und sind damit geschäftsentscheidend. Viele Unternehmen bringen zwar vielversprechende Lösungen hervor, scheitern jedoch an fehlender politischer Sichtbarkeit oder mangelnder Anschlussfähigkeit an regulatorischen Entwicklungen. Langfristige Planbarkeit hängt hier fast immer von politischen Rahmenbedingungen ab. Ohne eine begleitende Kommunikationsstrategie laufen selbst die innovativsten Projekte Gefahr, ins Leere zu laufen.

Frühe Weichenstellungen wie die Nutzung von Gewerbedächern für Photovoltaik, Zertifizierungen für grünen Wasserstoff oder Anpassungen des Gasnetzes für neue Anwendungen haben gezeigt: Mit Innovationen wächst automatisch der Bedarf an Regulierung seitens der Politik und Interessenvertretung seitens der Start-ups.

Mit anderen Worten: Innovation braucht Sprache – und Strategie. Wer sich positioniert, erhöht nicht nur seine Glaubwürdigkeit, sondern schafft auch Zugang zu Prozessen, die für Skalierung und Wachstum ausschlaggebend sind.

Vom „Nice-to-have“ zum „Must-have“

In den frühen Unternehmensphasen fehlt es oft an Zeit, Ressourcen oder Erfahrung, um Kommunikation strategisch aufzusetzen. Doch genau hier wird der Kurs bestimmt: Wer früh handelt, wird sichtbar und relevant. Wer es versäumt, geht in der Masse unter. Kommunikation darf deshalb kein nachgelagerter Schritt sein. Klare Botschaften, ein präzises Verständnis der Zielgruppen und passende Formate schaffen nicht nur Aufmerksamkeit, sondern Vertrauen. Auch externe Partner können dabei helfen, Strukturen aufzubauen und Orientierung zu bieten.

Auf den vermeintlich „richtigen Moment“ zu warten, ist keine Option. Vielmehr sollte der eigene Anspruch von Anfang an nach außen getragen werden. Wer mutig kommuniziert und sich früh in politische und gesellschaftliche Debatten einbringt, wird als relevanter Akteur wahrgenommen – unabhängig von Größe oder Bekanntheitsgrad.

Bild: Ann-Kristin Golz @ CC: Collective Consulting GmbH

Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder

Die Höhle der Löwen: Lena Gercke wird Gastlöwin

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Lena Gercke wird Gastlöwin bei Die Höhle der Löwen. „Gast-Löwin“ Lena Gercke. RTL / Bernd-Michael Maurer

Wenn am 8. September auf RTL+ und am 15. September bei VOX die neue Folge von Die Höhle der Löwen läuft, sorgt ein prominentes Gesicht für Aufsehen: Unternehmerin und Model Lena Gercke gibt ihr Debüt als Gastlöwin.

Am 8. September 2025 auf RTL+ und am 15. September 2025 bei VOX ist es soweit: Lena Gercke feiert ihre Premiere als Gastlöwin in der Erfolgsshow Die Höhle der Löwen. Für die Unternehmerin und Model-Ikone ist der Auftritt nicht nur ein neuer Karriereschritt, sondern auch eine Ehre, wie sie selbst betont. „Wow, wie cool, dass ich überhaupt dafür angefragt wurde. Schließlich sitzen dort die Top-Unternehmer Deutschlands“, erklärt Gercke im Interview.

Mit ihrer frischen Perspektive bringt sie eine neue Dynamik ins Rudel der etablierten Investoren. Besonders spannend: Ihre Teilnahme fällt in eine Staffel, die ohnehin viele Überraschungen bereithält – darunter neue Gründerideen, emotionale Pitches und weitere prominente Gastjuroren.

Die Unternehmerin Lena Gercke im Porträt

Die Karriere von Lena Gercke begann in der Modewelt. Als Model war sie das Gesicht internationaler Marken wie L’Oréal, Adidas oder BMW. Doch längst hat sie sich als Unternehmerin etabliert. Mit ihrem 2017 gegründeten Fashion-Label LeGer by Lena Gercke schuf sie eine Marke, die im deutschsprachigen Modemarkt schnell Fuß fasste.

Seit 2021 führt Gercke LeGer als eigenständiges Unternehmen mit Sitz in Berlin. Mit Weitblick erweiterte sie die Marke stetig: 2020 kam mit LeGer Home eine Interior-Linie in Zusammenarbeit mit Otto hinzu, 2024 folgte der Schritt in die Beauty-Welt mit den Duftlinien LeGer Signature und LeGer Wildflower. Durch die Partnerschaft mit dem Beauty-Konzern Coty wurden die Parfums international gelauncht – ein Beweis dafür, dass Gercke nicht nur Model, sondern erfolgreiche Unternehmerin mit globaler Vision ist.

Premiere bei Die Höhle der Löwen: Authentisch und neugierig

Für Die Höhle der Löwen wollte sich Gercke bewusst nicht zu sehr vorbereiten. „Ich wollte mich überraschen lassen und unvoreingenommen in die Situation gehen“, sagt sie. Der Fokus lag für sie klar auf den Gründern: ihre Ideen verstehen, die Leidenschaft spüren, das Potenzial erkennen.

Ein Moment hat sich besonders eingebrannt: das Warten im Studio, bevor die Gründer hereinkommen. „Das ist ein richtiger Spannungsmoment. Man spekuliert, was wohl kommt – und dann überrascht der Pitch völlig. Diese Spannung ist einzigartig.“

Gastlöwin Lena Gercke über das Rudel der Investoren

Die Chemie mit den anderen Investoren stimmte sofort. „Ich wurde mit offenen Armen empfangen“, so Gercke. Besonders positiv überrascht war sie von Janna Ensthaler, die sie hinter den Kulissen direkt willkommen hieß. Auch zu Judith Williams fand sie schnell eine Verbindung: „Sie ist eine absolute Powerfrau und eine Inspiration.“

Neben ihr saß Frank Thelen – eine Situation, bei der Gercke zunächst unsicher war. Doch schnell stellte sich heraus, dass die beiden gut harmonierten. Auch Carsten Maschmeyer und Ralf Dümmel hinterließen einen bleibenden Eindruck: „Ralf ist unglaublich nahbar, mit viel Herzblut. Bei einem internen Pitch-Duell habe ich gesehen, wie emotional er bei Entscheidungen ist.“

Inspiration für Gründerinnen

Die Rolle als Gastlöwin hat für Gercke eine besondere Bedeutung: Sie möchte mehr Frauen ermutigen, selbst zu gründen und zu investieren. „Wenn ich damit einen Beitrag leisten kann, dass mehr Frauen sich trauen, ihre Ideen umzusetzen, wäre das großartig.“

Mit klaren Kriterien für Investments zeigt sie, dass Authentizität für sie entscheidend ist: „Ich investiere nicht in Bereiche, von denen ich keine Ahnung habe. Es braucht eine persönliche Verbindung zum Produkt.“ Dabei verlässt sie sich stark auf ihr Bauchgefühl: „Man muss schnell entscheiden. Das Team, das Produkt und die Leidenschaft der Gründer sind für mich ausschlaggebend.“

Fazit: Ein starkes Signal in Die Höhle der Löwen

Mit ihrem Auftritt am 8. September 2025 auf RTL+ und am 15. September 2025 auf VOX setzt Lena Gercke ein klares Zeichen: Frauen gehören nicht nur auf die Gründerseite, sondern auch auf die Investorenseite. Ihre Teilnahme als Gastlöwin bringt neue Impulse in die Show und inspiriert ein breites Publikum.

Die Zuschauer dürfen sich auf eine Folge voller Überraschungen, emotionaler Momente und spannender Business-Ideen freuen. Und eines wird deutlich: Die Höhle der Löwen gewinnt mit Lena Gercke eine Investorin auf Zeit, die Leidenschaft, Authentizität und Unternehmergeist perfekt verbindet.

Bild: Gastlöwin Lena Gercke.  @ RTL / Bernd-Michael Maurer

Kann diese Idee Europas Energiezukunft verändern?

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HyLion ist ein europäisches Partnernetzwerk, das in Schottland CO2-reduzierten Wasserstoff produziert und zu e-Methanol für Anwendungen in Europa verarbeitet.

Was genau ist HyLion und wie kam es zur Gründung dieses europäischen Partnernetzwerks zur E-Methanol-Produktion?

Dr. Sylvia Trage (ST): Das war – wie so oft im Leben – Zufall! Ich bin beim Lesen von historischen Büchern auf Schottland aufmerksam geworden. Dann habe ich angefangen zu recherchieren und bin auf die innovative Unternehmenslandschaft dort gestoßen. Ich bin kurzerhand nach Schottland geflogen und habe Start-ups besucht – dabei bin ich auf das Zukunftsthema Wasserstoff gekommen. Daraus hat sich wiederum die Idee entwickelt, dieses Thema mit meiner Expertise im Bereich ganzheitlicher, strategischer Supply Chain zu einer effizienten Lieferkette für klimaneutralen Treibstoff zwischen Schottland und Deutschland zu verbinden.

Mit dem HyLion-Netzwerk setzen wir diese Idee nun gemeinsam mit Partnern um: Geplant ist es, in Schottland CO2-reduzierten Wasserstoff aus erneuerbaren Energien herzustellen und in e-Methanol für verschiedene Anwendungen in UK und Europa umzuwandeln. Meine Rolle ist es, potenzielle Partner zu koordinieren und das Netzwerk gemeinsam mit meinen Kollegen bei MHP strategisch als auch operativ mit digitalen Lösungen entlang der Lieferkette zu unterstützen.

Welche persönliche Motivation und Erfahrungen bringen Sie, Frau Trage, in das Projekt HyLion genau ein?

ST: Ich habe Wirtschaftsingenieurwesen mit Schwerpunkt Elektrotechnik in Darmstadt studiert und bin promovierte Maschinenbau-Expertin. Außerdem bringe ich jahrelange, zum Teil selbstständige und internationale Beratungstätigkeit im Bereich Einkauf und Supply Chain mit. Der Fokus Wasserstoff ist für mich neu, dafür ziehen sich die Themen Mobilität und Energie wie ein roter Faden durch meinen Werdegang. Meine persönliche Inspiration ziehe ich vor allem aus der Motivation, beruflich nochmal etwas Besonderes zu starten, und dabei meine Stärken zu nutzen: strukturiert und analytisch zu denken, mich tief in neue Themen einzuarbeiten, kritisch zu hinterfragen, Aufgaben pragmatisch anzugehen und Menschen zu vernetzen.

Wie sieht die Vision von HyLion konkret aus und welche Etappen sind geplant, um diese zu verwirklichen?

ST: Unsere Vision ist die Bereitstellung klimaneutralen Treibstoffs von Europa für Europa. Damit will HyLion einen Beitrag zur Dekarbonisierung von Lieferketten und zum Klimawandel leisten. Insbesondere in der Schifffahrt, aber auch im Verkehrswesen insgesamt sowie im industriellen Bereich, verbessert e-Methanol erheblich die CO2-Bilanz.
In einem ersten Piloten ist geplant, 63.000 Tonnen biogenes CO2 pro Jahr für die Produktion von e-Methanol zu verwenden. Dieses CO2 soll einerseits aus Biomasse und anderseits von der Whisky-Industrie kommen. Daraus ergeben sich für das Pilotprojekt 9.000 Tonnen Wasserstoff und 45.000 Tonnen e-Methanol pro Jahr. In den Folgejahren bestehen bereits aus heutiger Sicht enorme Skalierungsmöglichkeiten, auch für andere Derivate.

Was ist das Besondere an der geplanten Lieferkette zwischen Schottland und Deutschland?

ST: Dass sie in dieser Form besonders ist. Mit einer länderübergreifenden Supply Chain für CO2-reduzierten Wasserstoff und e-Methanol kann die Grundlage für treibhausgasreduzierte Lösungen in Schiff- und Luftfahrt und sogar für den Motorsport geschaffen werden. Wenn diese einmal aufgebaut ist, können die Erfahrungen auf vergleichbare Vorhaben transferiert werden. Hierbei sollen auch geeignete Use Cases, wie beispielsweise im Transport und bei logistischen Anwendungen, auf den Weg gebracht werden.

Welche Rolle spielt die Digitalisierung bei HyLion?

ST: Die Digitalisierung der gesamten Lieferkette spielt eine entscheidende Rolle. Wir entwickeln zum einen eine skalierbare Plattform, über die verschiedene nachhaltige Projekte abgewickelt werden können, und zum anderen eine Art Digitalen Zwilling einer kompletten Supply Chain über die einzelnen technologischen Bereiche und Anlagen hinweg. Durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz können gezielt einzelne technologische Anlagen der Supply Chain zukünftig effizienter gestaltet werden. Bedeutet, der Endabnehmer des e-Methanols kann in Echtzeit sein Produkt verfolgen und Prognosen erstellen: wie wirken geopolitische Spannungen auf die Lieferkette ein, wann kommt der nächste Sturm auf und wie sehr verzögert sich die Fracht.

Wie reagieren Partner in der Luftfahrt, Schifffahrt oder im Motorsport auf die Lösungen von HyLion?

ST: Wichtige Energie- und Technologiepartner entlang der Lieferkette sowie erste Abnehmer wie das Schifffahrtsunternehmen Cadeler A/S haben sich bereits dazu bekannt, die Initiative zu unterstützen. Besonders die Schifffahrt ist stark unter Druck, ehrgeizige Klimaziele zu erreichen – der Bedarf an e-Methanol wird laut vorhandener Marktprognosen in dieser und vielen anderen Branchen wie der Luft- und Raumfahrt in den nächsten Jahren entsprechend steigen.

Mit welchen geopolitischen und logistischen Herausforderungen ist das Projekt bisher konfrontiert worden?

ST: Grundsätzlich hat das Projekt die gleichen Herausforderungen wie die Logistik insgesamt. Internationale unternehmerische Tätigkeiten führen zu komplexen globalen Logistik- und Supply-Chain-Netzwerken. Damit verbunden sind längere Transportwege, ein gesteigerter Kommunikations- und Integrationsbedarf sowie ein intensiverer Wettbewerb. Gleichzeitig ergeben sich durch den technologischen Wandel und veränderte Verkehrsstrukturen für Unternehmen immer wieder neue Rahmenbedingungen. Diese erfordern starke, resiliente und risikoreduzierte Lieferketten – genau die bauen wir mit HyLion mithilfe von Digitalisierung, Daten und KI im Bereich erneuerbare Energien wie e-Methanol auf – und das mit Fokus Europa.

Inwiefern profitiert Schottland als Standort von HyLion und wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit der schottischen Regierung?

ST: Die schottische Regierung hat HyLion den „Green Investment Portfolio“-Status vergeben. Diesen Status erhalten nur Projekte, die zur Wasserstoffstrategie Schottlands passen, über genügend Skalierungsmöglichkeiten und belastbare Business Cases verfügen sowie konkrete wirtschaftliche und ökologische Vorteile für das Land bringen. Das schafft auch internationale Sichtbarkeit, erleichtert den Zugang zu Investoren und bietet politische Unterstützung. In diesem Zuge bin ich zudem in der Rolle eines „Global Scots“: Ich vernetze schottische Initiativen und Unternehmen mit innovativen Vorhaben in Deutschland und Europa. Dafür bin ich in regelmäßigem Austausch mit der schottischen Regierung, um Synergien zu nutzen und die Position Schottlands als führenden Standort für erneuerbare Energien zu stärken.

Was unterscheidet HyLion von anderen Initiativen rund um grünen Wasserstoff?

ST: Eine länderübergreifende, europäische End-to-End-Lieferkette von CO2-reduziertem Wasserstoff und e-Methanol zwischen Schottland und Deutschland gibt es in dieser digitalen, datenbasierten Form meines Wissens noch nicht.

Welche Entwicklungen sind für die nächsten Jahre geplant, sowohl technologisch als auch organisatorisch?

ST: Die Pläne, wie CO2 und Wasserstoff zur Verfügung gestellt werden, wie beides in e-Methanol und dann in e-Kraftstoff umgewandelt wird, die benötigte Technologie und potenzielle Partner gibt es schon. Der nächste große Meilenstein wird das genannte Pilotprojekt und der Produktionsstart der Anlage, der für das zweite Halbjahr in 2028 angedacht ist, sein. Danach werden wir uns darauf fokussieren, die Produktion zu skalieren. Die reichhaltigen Windressourcen in Nordeuropa, insbesondere auch in Schottland, bieten eine ideale Grundlage dafür. Das Netzwerk zu erweitern und weitere Investoren zu gewinnen, ist in diesem Zusammenhang enorm wichtig.

Wie wichtig ist Ihnen persönlich das Thema Nachhaltigkeit über das Projekt hinaus?

ST: Nachhaltigkeit ist für mich weit mehr als nur ein Projektthema – es ist ein persönlicher Antrieb. Ich sehe das Thema als Melange aus vielen Faktoren, darunter Effizienz, Skalierung und Fokus auf die großen Hebel. Und damit ist es eine langfristige Verantwortung, die über einzelne Initiativen hinausgeht und in jede strategische Entscheidung einfließt. Mein Ziel ist es, durch vernetzte, innovative und skalierbare Lösungen dauerhaft einen Beitrag zu einer resilienten, zukunftsfähigen Wirtschaft zu leisten.

Welche drei Ratschläge würden Sie Gründerinnen und Gründern mit auf den Weg geben, die ebenfalls an internationalen Zukunftsprojekten arbeiten wollen?

ST: Erstens: An das eigene Projekt zu glauben und dafür zu kämpfen. Dazu gehört, sich auch von Zweiflern und Kritikern nicht unterbekommen zu lassen, auch wenn man manchmal einen Umweg nehmen muss. In dieser Hinsicht wurde ich stark von der positiven schottischen Mentalität geprägt. Zweitens: Sich gut zu vernetzen und Menschen in den Austausch zu bringen. Drittens: Offen für alternative Lösungen zu sein. Wenn mir jemand sagt, dass etwas nicht geht, wirble ich erstmal alles durcheinander, bis ich weiterkomme. Meine Kollegin nennt mich daher liebevoll „Tsunami“.

Titelbild Dr. Sylvia Trage @MHP

Wir bedanken uns bei Dr. Sylvia Trage für das Interview

Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder

Verändert moderne Teamkommunikation den Einzelhandel für immer?

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VoCoVo: Kommunikation & Lösungen für den Einzelhandel gründer andre flasche

VoCoVo verbessert mit smarter Voice-Technologie die Teamkommunikation im Einzelhandel

Wie ist VoCoVo entstanden und wer sind die Menschen hinter dem Unternehmen?

VoCoVo entstand aus dem Wunsch, die Kommunikation im Einzelhandel zu verbessern. Unser Gründer, Rob Gamlin, kommt aus der Technologie, Einzelhandel und Design. Heute arbeiten Expert*innen daran, Teams durch technologisches Equipment besser zu vernetzen.

Welche Vision verfolgt VoCoVo im Bereich der Teamkommunikation im Einzelhandel?

Wir wollen Kommunikation einfach und intuitiv machen. So arbeiten Teams effizienter und kundenorientierter. Unser Ziel: ein besseres Arbeitsumfeld für alle Mitarbeiter*innen und Unternehmen.

Was war der Impuls, eine DECT-basierte Lösung statt WLAN einzusetzen?

DECT bietet eine stabile, sichere und latenzarme Verbindung, die in der dynamischen Umgebung des Einzelhandels entscheidend ist. WLAN ist oft anfällig für Störungen und Überlastungen. Mit DECT gewährleisten wir eine konsistente Sprachqualität und Zuverlässigkeit, worauf sich die Mitarbeiter*innen jederzeit verlassen können.

Wie gelingt es euch, in tausenden Filialen weltweit konsistente Qualität sicherzustellen?

Wir setzen auf ein durchdachtes Produktdesign, robuste Technologien und eine umfassende Support-Infrastruktur. Zudem bieten wir standardisierte Trainings und arbeiten eng mit unseren Partner*innen vor Ort zusammen, um reibungslose Implementierung und laufende Betreuung sicherzustellen.

Für welche Herausforderungen im Einzelhandel bietet VoCoVo eine konkrete Lösung?

VoCoVo adressiert zentrale Herausforderungen wie verzögerte Kommunikation, fehlende Mobilität der Mitarbeiter*innen, lange Reaktionszeiten bei Kundenanfragen und ineffiziente Teamkoordination.

Was unterscheidet eure Technologie grundlegend von klassischen Kommunikationssystemen?

Unsere Technologie kombiniert modernste DECT-Kommunikation mit intuitiver Bedienbarkeit, spezieller Geräuschunterdrückung und flexiblen Headset- und Call-Point-Lösungen. VoCoVo ist modular, skalierbar und auf die spezifischen Anforderungen des Einzelhandels zugeschnitten.

Welche Zielgruppen profitieren besonders von euren Headsets und Call-Points?

Besonders profitieren Einzelhändler*innen mit mittleren bis großen Filialen, die auf schnelle, mobile Kommunikation angewiesen sind – etwa Bekleidungsgeschäft, Supermärkte, Baumärkte oder Elektronikfachhändler.

Wie geht ihr bei VoCoVo mit dem steigenden Bedarf an Integration in bestehende Systeme um?

Wir setzen auf offene Schnittstellen und arbeiten eng mit Partnerinnen und Kundinnen zusammen. So schaffen wir Mehrwert durch zentrale Steuerung, Datenanalyse und automatisierte Workflows – immer mit Blick auf Benutzerfreundlichkeit und Datensicherheit.

Gab es besondere Hürden beim internationalen Markteintritt, etwa in der DACH-Region?

Jede Region hat ihre eigenen Herausforderungen, sei es regulatorisch, kulturell oder technisch. Im DACH-Raum etwa war die Anpassung an strenge Datenschutzbestimmungen und lokale Standards entscheidend. Mit lokaler Präsenz und Partnerschaften konnten wir diese Hürden meistern und gleichzeitig unser Produkt weiterentwickeln.

Wohin entwickelt sich VoCoVo technologisch in den nächsten Jahren?

Wir investieren stark in KI-gestützte Funktionen, erweiterte Analytics und verbesserte Benutzererfahrungen, um den Arbeitsalltag noch effizienter und intuitiver zu gestalten.

Welche Rolle spielt Teamkultur und Mitarbeiterfeedback bei euch intern?

Teamkultur ist das Herzstück unseres Erfolgs. Wir fördern eine offene Feedbackkultur und setzen auf regelmäßigen Austausch. Nur wenn unsere eigenen Teams gut zusammenarbeiten, können wir Lösungen schaffen, die den Bedürfnissen unserer Kund*innen wirklich entsprechen.

Welche drei Erfahrungen oder Tipps würdet ihr Gründerinnen und Gründern mitgeben?

Erstens: Höre genau auf die Bedürfnisse deiner Kunden*innen und passe dein Produkt kontinuierlich an. Zweitens: Baue ein starkes, vielfältiges Team auf, das verschiedene Perspektiven einbringt. Drittens: Bleibe flexibel und offen für Veränderungen, der Markt und die Technologie entwickeln sich ständig weiter.

Titelbild Gründerteam @VoCoVo

Wir bedanken uns bei Andre Flasche für das Interview

Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder

Neues Duell-Format sorgt für Zoff bei den Löwen

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25. August 2025: Frank Thelen zurück bei Die Höhle der Löwen @RTL / Bernd-Michael Maurer

Die Höhle der Löwen startet am 25. August 2025 mit großen Überraschungen

Die Sommerpause ist vorbei – und die Gründer-Show Die Höhle der Löwen meldet sich am 25. August 2025 mit einer spektakulären neuen Staffel zurück. Gleich in der Auftaktfolge wird deutlich: Dieses Mal ist alles anders. Mit der Rückkehr von Frank Thelen als festem Investor, brandneuen Challenges für die Gründerinnen und Gründer und prominenter Unterstützung aus der Sportwelt stellt sich das Rudel auf ein Jahr voller Innovationen, Emotionen und unerwarteter Deals ein.

Frank Thelen feiert am 25. August 2025 sein Comeback in Die Höhle der Löwen

Eine der größten Überraschungen zum Start am 25. August 2025 ist die Rückkehr von Frank Thelen. Der Tech-Investor, der in früheren Staffeln bereits mit erfolgreichen Investments wie 3Bears oder LittleLunch für Aufsehen sorgte, sitzt wieder dauerhaft im Löwensessel. Gemeinsam mit Carsten Maschmeyer, Judith Williams, Dagmar Wöhrl, Ralf Dümmel und Janna Ensthaler bringt er frischen Wind und sorgt schon in den ersten Minuten für Spannung.

„Ich bin hier, um zu investieren – und zwar in Technologien, die die Zukunft gestalten“, stellt Thelen gleich zu Beginn klar. Schon beim ersten Pitch greift er ein, fordert mehr Zahlen, mehr Vision – und legt selbstbewusst ein Angebot auf den Tisch. Das sorgt für Aufsehen, denn so direkt und entschlossen hat man den Investor lange nicht mehr erlebt.

25. August 2025 bringt das neue Gründer-Battle in Die Höhle der Löwen

Neben der Rückkehr von Frank Thelen bietet die neue Staffel ein absolutes Novum: den Battle-Pitch. Zum ersten Mal in der Geschichte von Die Höhle der Löwen treten Gründerteams direkt gegeneinander an. In einem einminütigen Kurzpitch müssen sie das Rudel überzeugen – doch nur ein Team darf sein Produkt ausführlich präsentieren und um einen Deal kämpfen. Dieses neue Format erhöht die Dramatik, denn neben guten Ideen sind nun auch Nervenstärke, Schlagfertigkeit und Präsentationsskills gefragt.

Sitlit: Ein Kinderhochstuhl überrascht die Löwen am 25. August 2025

Für emotionale Momente sorgt Kevin Fluri aus Basel mit seiner Erfindung Sitlit. Der mobile Kinderhochstuhl lässt sich wie eine Tasche transportieren und verwandelt sich im Handumdrehen in einen vollwertigen Sitzplatz für Kinder – mit Tisch, Gurt und Fußablage. Besonders für Familien unterwegs ist die Innovation ein echter Problemlöser.

Die Löwen sind begeistert – nicht nur von der Idee, sondern auch vom kleinen Produkttest: Die Tochter des Gründers darf den Stuhl live ausprobieren. Judith Williams wird kurzerhand zur „Tante Judith“ und nimmt das Kind auf den Schoß. Doch trotz aller Sympathie bleibt die Frage: Wird jemand die geforderten 170.000 Euro für 20 Prozent Firmenanteile investieren?

25. August 2025 zeigt: Pflanzen bekommen eine Stimme mit FYTA

Technologisch spannend wird es mit dem Berliner Startup FYTA, gegründet von Claudia Nassif und Alexander Schmitt. Ihre smarten Pflanzensensoren messen Bodenfeuchtigkeit, Licht und Nährstoffgehalt und verbinden diese Daten mit einer KI-gestützten App. So können Pflanzenliebhaber, Unternehmen und Kommunen ihre Grünflächen effizient pflegen.

Besonders Frank Thelen zeigt sofort großes Interesse und erkennt das Potenzial dieser Technologie. „Das ist ein Gamechanger für den Umgang mit Pflanzen“, so sein Kommentar. Doch auch andere Löwen wittern die Chance auf ein starkes Investment. Es kommt zu einem regelrechten Investoren-Battle – ein Zeichen dafür, dass die Staffel schon früh in Fahrt kommt.

Wiedersehen mit 3Bears und Promi-Alarm

Für einen echten Promi-Moment sorgt das Münchner Porridge-Startup 3Bears, das 2017 erstmals bei Die Höhle der Löwen zu sehen war. Gemeinsam mit Frank Thelen haben die Gründer Caroline und Tim Nichols seitdem eine beeindruckende Erfolgsgeschichte geschrieben. Nun steht die internationale Expansion bevor – und niemand Geringerer als Fußball-Superstar Harry Kane unterstützt das Unternehmen als Markenbotschafter.

„Ich habe mich sofort wohl gefühlt und liebe den Geschmack“, schwärmt Kane im TV-Auftritt. Mit seiner Hilfe wagt 3Bears den Sprung nach Großbritannien. Für Thelen ist das ein besonderer Moment, denn er bezeichnet 3Bears als einen Schlüsseldeal seiner bisherigen Karriere.

Emotionale Höhepunkte mit dogs-guard

Andrea Heuser und ihre Tochter Fiona präsentieren mit dogs-guard ein innovatives Leinen-Führsystem für Hunde, das Ausbrüche verhindert und Verwicklungen ausschließt. Für Andrea ist es ein Lebenstraum, in der Sendung aufzutreten. Ihre bewegende Geschichte – von Sorgen um den eigenen Hund bis hin zur kompletten Investition ihrer Ersparnisse – rührt die Löwen sichtlich.

Ob es zu einem Deal reicht, bleibt spannend, doch eines ist sicher: Solche Pitches zeigen, wie viel Herzblut und Leidenschaft hinter den Gründungsgeschichten steckt.

Fazit: 25. August 2025 setzt neue Maßstäbe für Die Höhle der Löwen

Der Auftakt von Die Höhle der Löwen am 25. August 2025 beweist, dass die Show nichts von ihrer Faszination verloren hat. Mit dem Comeback von Frank Thelen, innovativen Gründerideen, emotionalen Momenten und neuen Show-Elementen wie dem Battle-Pitch gelingt es, die Zuschauer von der ersten Minute an zu fesseln.

Fans dürfen sich auf eine Staffel freuen, die nicht nur wirtschaftlich spannende Investments bereithält, sondern auch Geschichten, die bewegen – und Gründerinnen und Gründer, die zeigen, dass Mut, Kreativität und Durchhaltevermögen am Ende belohnt werden können.

Bild: Die „Löwen“ (v.l.) Carsten Maschmeyer, Janna Ensthaler, Frank Thelen und Ralf Dümmel nehmen „FYTA“, den „Fitnesstracker“ für Pflanzen, genau unter die Lupe. 
RTL / Bernd-Michael Maurer

Es ist ärgerlich, dass die Mehrheit denkt, dass das Rentensystem nichts taugt. Denn das stimmt nicht

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Ute Klammerer Rente Altersvorsorge Expertin für Einkommensverteilung, Alterssicherung und Wohlfahrtsstaat, Geschäftsführende Direktorin des Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ), Direktorin Deutsches Institut für Interdisziplinäre Sozialpolitikforschung (DIFIS) © Ute Klammer

Rente? Uff. Wer steigt da schon durch? Prof. Dr. Ute Klammer! Sie ist Renten- und Gleichstellungsexpertin.

Ihr Plädoyer für eine nachhaltige Rentenreform lautet vor allem: mehr Solidarität. Das bedeutet auch: mehr Umverteilung und ein Abrücken vom Äquivalenzgedanken, denn wir leben nicht in äquivalenten Umständen. Warum sie dennoch ein Fan der deutschen Rentenversicherung ist, wieviel Eigenverantwortung in der Altersvorsorge steckt und wo sie sich dringend mehr politische Konsequenz wünscht, teilt sie in diesem Interview.

Ute Klammer „Mein Plädoyer für eine nachhaltige Rentenreform ist vor allem: mehr Solidarität.“

herCAREER: Frau Dr. Ute Klammer, seien Sie ehrlich: Ist die Rente sicher?

Prof. Dr. Ute Klammer: Ja, das ist sie. Vielleicht überrascht Sie diese Antwort. Aber eigentlich stellen Sie die falsche Frage, denn sie muss lauten: „Ist die Rente auskömmlich?”

herCAREER: Und – ist sie das?

Prof. Dr. Klammer: Nicht für alle.

herCAREER: Brauchen wir ein neues Rentensystem?

Prof. Dr. Ute Klammer: Wenn wir „Rente” im Sinne dieses Gesprächs als unsere gesetzliche Rente definieren, dann ist die gesetzliche Rentenversicherung ein gutes und ein sicheres System. Es fallen zum Beispiel nur niedrige Verwaltungskosten an und niemand aus der Finanzwirtschaft verdient sich damit eine goldene Nase.

herCAREER: Woher kommen dann der schlechte Ruf und das schwindende Vertrauen in die Rente?

Prof. Dr. Klammer: Medien und Politik haben aus Eigeninteresse zu dieser großen Verunsicherung beigetragen. Ich will auch nicht behaupten, dass das System in allen Punkten gut ist. Für viele Erwerbsbiografien ist die Rente nicht auskömmlich, das ist ein Problem. Die Rentenhöhe für Menschen mit unterbrochenen Erwerbsbiografien, für Teilzeitbeschäftigte oder für diejenigen, die nicht regelmäßig einzahlen, reicht nicht für eine gute Absicherung im Alter.

herCAREER: Das sind zu einem großen Teil Frauen. Was bedeutet das für sie und andere – teils mehrfach diskriminierte – Gruppen?

Prof. Dr. Klammer: Wir brauchen einerseits zusätzliche Säulen der Sicherung und müssen die Menschen andererseits dafür sensibilisieren, dass sie frühzeitig privat für die eigene Altersvorsorge aktiv werden.

herCAREER: Wenn Menschen mit geringem Einkommen oder aus prekären Verhältnissen aber keine Möglichkeit zur privaten Vorsorge haben, während sich wohlhabende Menschen zusätzlich absichern können, vergrößert das doch die Schere, oder nicht?

Prof. Dr. Ute Klammer: Mir geht es nicht nur um das Sparschwein oder ein ETF-Depot, sondern auch darum, sich grundsätzlich mit Alterssicherung zu befassen und das eigene Erwerbsverhalten zu reflektieren. Nur wenige meiner Studierenden können oder wollen sich vorstellen, mehr als 40 Jahre lang zu arbeiten. Das müssen sie auch nicht, solange sie in den Jahren, in denen sie berufstätig sind, entsprechend Kapital aufbauen und so viel arbeiten, dass sie ordentlich Rentenansprüche aufbauen, auch über die Betriebsrente. Das kann auch durch freiwillig höhere Beiträge oder durch die Auswahl eines Arbeitgebers, der eine Betriebsrente anbietet, geschehen.

herCAREER: Rente ist also weniger als retrospektives Ergebnis von geleisteter Erwerbsarbeit zu betrachten, sondern eher als proaktives Ergebnis sorgfältiger, langfristiger Planung?

Prof. Dr. Klammer: Ja. Im Grunde muss ständig etwas für die Absicherung des eigenen Alters getan werden. Und wenn ich nicht selbst ins Rentensystem einzahlen kann, muss gegebenenfalls der oder die Partner:in einspringen. Und in manchen Fällen eben auch der Staat – aber es muss eingezahlt werden! Darum plädiere ich seit vielen Jahren für eine durchgängige Rentenversicherungspflicht. Ohne diesen Druck nehmen Menschen einerseits nicht versicherungspflichtige Jobs an und andererseits entsteht kein Druck auf Arbeitgebende, Menschen so zu bezahlen, dass genug für die Nacherwerbszeit übrigbleibt. Denn Jobs, die nichts für die Altersvorsorge abwerfen, sind nicht nachhaltig.

herCAREER: Aber davon gibt es einige: Viele Menschen in Dienstleistungs- und Handwerksberufen sowie Künstler:innen und Sozialarbeiter:innen können kaum etwas von ihrem Einkommen abzwacken. Und natürlich die Selbstständigen.

Prof. Dr. Ute Klammer: Selbstständige sind besonders gefährdet, im Alter arm zu sein. Viele hängen mit Herzblut an ihrem kleinen Geschäft, aber es wirft nicht genug für eine Altersvorsorge ab. In einem Forschungsprojekt sind wir sogar auf Fälle gestoßen, in denen Selbstständige ihre private Rentenversicherung verkauft und alle Ersparnisse aufgelöst haben, um ihr Geschäft am Laufen zu halten. Diese Leute müssen wir meiner Meinung nach pflichtversichern, damit sie sich gegebenenfalls rechtzeitig umorientieren.

herCAREER: Die Konsequenz aus Pflichtbeiträgen wäre auch, dass Selbstständige höhere Rechnungen für ihre Leistung stellen müssen.

Prof. Dr. Klammer: Genau! Und darum muss das kollektiv und übergreifend geregelt sein, denn sonst könnten Mitbewerber:innen, die nicht freiwillig vorsorgen, ihre Leistungen günstiger anbieten und hätten einen Wettbewerbsvorteil. Dennoch wird gestritten: Soll es eine Versicherungspflicht geben – wobei jede:r entscheiden kann, wo und wie er*sie sich fürs Alter versichert – oder eine Einbeziehung in die gesetzliche Rentenversicherung, also eine Pflichtversicherung? Mein Plädoyer ist schon lange: Zum Schutz der Personen selbst, aber auch der Gemeinschaft muss man sie dort einbeziehen. Ganz anders verhält es sich aber bei den gut gesicherten Selbstständigen: Ärzt:innen, Rechtsanwält:innen und andere Gutverdienende. Die haben sich ihre eigenen Versorgungswerke geschaffen und zahlen keine Beiträge in unser Solidarsystem – haben aber gute eigene Renten. Und da sehe ich auch ein Gerechtigkeitsproblem.

herCAREER: Sie fordern also Solidarität und ein Umdenken der gesamten Gesellschaft?

Prof. Dr. Ute Klammer: Zumindest ein kollektives Bewusstsein. Auch dafür, dass die Probleme, die wir zweifellos bei der Rentensicherung haben, auch aus der erfreulichen Entwicklung einer höheren Lebenserwartung resultieren.

herCAREER: Aber ist die Rentenversicherung adäquat zu dieser und anderen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklungen gewachsen? Gerade wenn es um Gleichstellungsfragen und die finanzielle Absicherung von Frauen und Müttern geht, scheint das nicht der Fall zu sein.

Prof. Dr. Klammer: Da gebe ich Ihnen recht. Ich war Vorsitzende der ersten Gleichstellungskommission der Bundesregierung und beschäftige mich schon sehr lange mit den verschiedenen Faktoren, die da hineinspielen. Es ist eine Verkettung der Umstände: Firmen lassen Frauen seltener an Karriereprogrammen teilnehmen, weil sie befürchten, sie mit einer Schwangerschaft zu verlieren. Mütter bleiben als Care-Personen zu Hause, weil sie aufgrund des Gender Pay Gaps ohnehin schlechter bezahlt werden. Dort schleicht sich oft die Retraditionalisierung der Rollenverteilung ein. Das liegt unter anderem an der schlechten Infrastruktur und Unzuverlässigkeit in der Kinderbetreuung. Langfristig tragen so die Frauen die Kosten gemeinsamer familiärer Entscheidungen, weil sie in Minijobs und Teilzeit bleiben, statt in ihre Karriere und Zukunft zu investieren. So entsteht Altersarmut.

herCAREER: Vor allem, wenn die Ehe scheitert.

Prof. Dr. Ute Klammer: Für diesen Fall gibt es zwar für die Zeiten der Ehe einen Versorgungsausgleich, bei dem die während der Ehe erworbenen Rentenansprüche zu gleichen Teilen aufgeteilt werden. Doch der hilft Frauen letztlich nicht dabei, wieder in den Beruf zurückzukehren und in der verbleibenden Zeit selbst angemessen in die Rentenversicherung einzuzahlen. Deshalb brauchen wir eine Umverteilung der Arbeitszeit zwischen Frauen und Männern. Das haben wir im Zweiten Gleichstellungsbericht deutlich gemacht. Wir brauchen ein Modell, das Anreize für eine egalitäre Verteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit setzt, sodass nicht der eine Vollzeit plus arbeitet und die andere höchstens einen Minijob hat. Das ist natürlich auch ein Problem der Aushandlung zwischen Partner:innen, aber um hier gerecht verhandeln zu können, brauchen wir einen Ausbau der Betreuungsinfrastruktur, eine Verringerung des Gender Pay Gaps und eine veränderte Besteuerung von Eheleuten. Hinzu kommt, dass wir immer mehr Alleinerziehende haben, meist Frauen mit kleinen Kindern.

herCAREER: Sieht der Staat hier Unterstützung vor?

Prof. Dr. Ute Klammer: Nur zum Teil. Zwar haben wir mit der Hinterbliebenenrente ein gutes Instrument, um verwitwete Mütter abzusichern, aber unverheirateten und getrennten Müttern bringt die nichts. Insofern ist das Rentenrecht nicht mit der Zeit gegangen.

herCAREER: Heißt das, der Generationenvertrag ist gescheitert?

Prof. Dr. Klammer: Das ist eine komplexe Frage. Was bedeutet denn Generationenvertrag? Es ist ja eigentlich ein Drei-Generationen-Vertrag, der nicht nur das Einzahlen der Jüngeren für die Älteren bedingt, sondern auch, dass wir Kinder bekommen, die wiederum für uns einzahlen. Aber – dazu besteht natürlich keine Verpflichtung. Somit ist unser Umlageverfahren anfällig für den demografischen Wandel.

herCAREER: Wie sähe die Alternative aus?

Prof. Dr. Ute Klammer: Ein Kapitaldeckungsverfahren, auf das Länder wie etwa Großbritannien, Schweden oder Norwegen viel stärker setzen als Deutschland, klingt zwar attraktiv, ist aber ebenfalls anfällig. Die Krise am Kapitalmarkt 2008 oder die Verwerfungen, die gerade durch Donald Trumps Wiederwahl entstanden sind, haben beispielsweise die Rentengrundlage für Rentner:innen in England erheblich beeinträchtigt. In vielen Ländern – wie der Schweiz – hat die Suche nach Kapitalanlagemöglichkeiten zudem maßgeblich zur immensen Steigerung der Immobilienpreise beigetragen.

herCAREER: Wie steht die deutsche Rente im internationalen oder europäischen Vergleich da?

Prof. Dr. Klammer: Wir haben vergleichsweise hohe Zuschläge für Erziehungszeiten. Auch bei den Berücksichtigungszeiten für Teilzeitarbeit von Eltern sind wir gut: Bis das jüngste Kind zehn Jahre alt ist, werden die Rentenbeiträge aus Teilzeit bei uns höher bewertet. Aber wir haben auch ein System, das sich besonders stark an der Beitragsäquivalenz orientiert.

herCAREER: Was bedeutet das?

Prof. Dr. Ute Klammer: Das heißt: Wer mehr einzahlt, bekommt auch mehr heraus. Darin unterscheidet sich Deutschland von einigen anderen europäischen Ländern. Ich finde ein echtes Drei-Säulen-System, wie zum Beispiel in den Niederlanden, eigentlich angemessener. Die erste Renten-Säule orientiert sich dort an der Dauer des Wohnbürgerstatus. Das bedeutet, dass Personen, die lange dort gelebt haben und steuerpflichtig waren – selbst wenn sie nur geringe Steuern gezahlt haben –, zumindest Anspruch auf eine Art Grundrente haben. Damit kann man keine großen Sprünge machen, aber man hat eine würdevolle Basis fürs Alter.

Ein weiteres Beispiel ist die Schweiz, die ein System der Teilhabe-Äquivalenz hat und in der ersten Säule stärker umverteilt, zugunsten der Menschen mit geringerem Einkommen. Die Schweizer Lösung kombiniert ein existenzsicherndes Umlageverfahren mit einer kapitalgedeckten Pflichtvorsorge für die breite Bevölkerung. Und trotz einer sehr hohen Teilzeitquote bei Frauen werden die Schweizer:innen im Rentenkontext dafür weniger bestraft. Auch in Österreich stehen Geringverdiener im Alter besser da. Davon können wir lernen.

herCAREER: Welche zentrale Schwäche hat unser System also?

Prof. Dr. Klammer: Wir sind nicht gut im Schutz der Schwächeren, das zeigen auch Vergleiche wie die der OECD immer wieder. Wir müssen vor allem im unteren Einkommensbereich besser umverteilen. Das machen Österreich, die Schweiz oder auch die Niederlande besser.

herCAREER: Im Koalitionsvertrag steht, man wolle eine Stabilisierung des Rentenniveaus vorsehen. Die dadurch entstehenden Mehrausgaben würden von Steuermitteln gedeckt. Wie ist das zu verstehen?

Prof. Dr. Ute Klammer: Das ist sehr komplex. Es geht um diesen Richtwert von 48 % Rentenniveau, der allerdings eine durchgängige Erwerbsbiografie voraussetzt. Das bedeutet, dass jemand, der 45 Jahre lang den Durchschnittslohn verdient und Beiträge gezahlt hat, 48 % des aktuellen Durchschnittsverdienstes aller Versicherten als Rente erhält. Das Rentenniveau ist seit 2001 langsam abgesenkt worden. Das Ziel war, die private Vorsorge parallel aufzubauen, die Riesterrente sollte dabei helfen. Die Riesterrente ist jedoch aus guten Gründen in Misskredit geraten. Jetzt stellt sich die Frage, wie weit das Niveau noch sinken soll oder wo es stabilisiert werden kann. Die genannte Stabilisierung soll verhindern, dass immer mehr Leute in den Grundsicherungsbereich rutschen. Damit sind die grundlegenden Probleme jedoch nicht gelöst.

herCAREER: Wir haben über zu geringe Erwerbstätigkeit und Beiträge seitens der Mütter gesprochen und über fehlende Anreize, auskömmliche Löhne und Honorare zu zahlen. Fließt denn genug Geld in die Rentenkasse?

Prof. Dr. Klammer: Die Rentenversicherung ist finanziell noch in einer stabilen Lage. Aber wir haben einen demografischen Wandel und eine stagnierende Wirtschaft. Und wenn die nicht wieder vernünftig anspringt, wird es zu Engpässen kommen.

herCAREER: Was wären denn weitere verfügbare Stellschrauben?

Prof. Dr. Ute Klammer: Da bleiben zum Beispiel die Einbeziehung neuer Versicherungsgruppen, ein Absenken des Rentenniveaus, was natürlich immer Verunsicherung schafft. Oder eine Erhöhung der Beiträge. Aber auch weniger Frühverrentungen oder eine Erhöhung des Erwerbsvolumens durch mehr Vollzeitarbeit, eine höhere Frauenerwerbstätigkeit oder mehr Zuwanderung.

herCAREER: Die Einbeziehung neuer Versicherungsgruppen – das sind laut Bärbel Bas die Selbstständigen, Beamt:innen und Abgeordneten. Warum zahlt gerade der öffentliche Dienst noch nicht in die gesetzliche Rentenkasse ein?

Prof. Dr. Klammer: Die Pensionen für Beamt:innen haben eine lange Geschichte. Die Argumentation war: Für die Beamt:innen sorgen der Staat oder die Länder in einer Art „aufgeschobenem Erwerbseinkommen“. Das heißt, sie bekommen während ihrer Erwerbstätigkeit weniger, als sie auf dem freien Markt verdienen würden, aber dafür kriegen sie eine auskömmliche Alterssicherung. Heute verdienen Personen im öffentlichen Dienst allerdings oft mehr als Menschen in der Privatwirtschaft.

herCAREER: Zeit, das anzupassen, oder nicht?

Prof. Dr. Ute Klammer: Ja. Die Einbeziehung der Beamt:innen in die gesetzliche Rentenversicherung ist allerdings nicht trivial. Das würde bedeuten, dass für alle neuen Beamt:innen Rentenbeiträge bezahlt und gleichzeitig die Pensionslasten der heutigen Beamt:innen getragen werden müssten. Das wäre für mehrere Jahrzehnte eine erhebliche Mehrbelastung der öffentlichen Haushalte. Aber man kann sich da den österreichischen Fall ansehen – die haben das mit einer Stichtags- und mit langen Übergangsregelungen geschafft.
Was die Abgeordneten angeht: Dass Herr Merz die Abgeordnetengehälter erhöhen möchte und sie zusätzlich Altersentschädigung beziehen … Das wäre ein Schlag ins Gesicht der Leute, die hartnäckig versuchen, sich irgendwie im Alter durchzubringen.

herCAREER: Stichwort Schlag ins Gesicht: Warum hält Deutschland am Ehegattensplitting fest?

Prof. Dr. Ute Klammer: Das Ehegattensplitting ist seit etwa 30 Jahren mein Lieblingsfeind. Es führt zu asymmetrischen Aufteilungen in Erwerbs- und Sorgearbeit in Familien. Die Folge: Frauen stehen in Verbindung mit fehlender Kinderbetreuung und dem Gender Pay Gap signifikant schlechter da. Oft wird dann die Steuerklassenkombination 5 und 3 genutzt und der Effekt verstärkt sich noch. Immer wieder wird auch das obligatorische Splitting von Rentenansprüchen – ähnlich wie in der Schweiz – vorgeschlagen. Vor allem im konservativen Lager gibt es aber Kräfte, die sich vehement dagegen wehren. Wie ich im Laufe der Zeit begriffen habe, sind auch viele Frauen gar nicht an einer Reform interessiert, vor allem diejenigen in eher traditionellen Partnerschaftsarrangements. Sie befürchten kurzfristige persönliche Einbußen und sehen leider nicht die großen Zusammenhänge und die verheerenden langfristigen Folgen. Vielleicht haben die kommenden Generationen mehr Erfolg als wir.

herCAREER: Könnte das bedingungslose Grundeinkommen mehr Rentensicherheit schaffen?

Prof. Dr. Klammer: Ich habe mich intensiv damit beschäftigt, aber es hat mich nie überzeugt. Die Annahme, dass Frauen und Mütter dabei besser wegkämen, ist falsch – dafür müsste man die Care-Arbeit neu bewerten und nicht versuchen, mit einem Pflaster Ausgleich zu schaffen. Außerdem: Dieses Geld fällt ja nicht vom Himmel. Es muss erwirtschaftet werden und das geht nur durch Steuern. Für Deutschland ist das unrealistisch. Hier herrscht der Gedanke vor, dass Leistung sich lohnen muss. Wer wirklich arm ist oder in eine Notlage gerät, der oder dem muss geholfen werden. Dafür muss der Sozialstaat da sein und das findet viel Zustimmung. Allen etwas zu geben, egal ob sie es brauchen oder nicht, das kommt in den Befragungen nicht gut an. Und auch für mich persönlich sieht Fairness anders aus.

herCAREER: Welche Frage wird Ihrer Meinung nach zu selten gestellt, wenn es um Rente geht?

Prof. Dr. Ute Klammer: Ich finde, die wichtigste Frage ist: Wie kann man jüngere Leute mehr für das Thema interessieren? Es ist ärgerlich, dass die Mehrheit denkt, das Rentensystem tauge nichts. Denn das stimmt nicht.

herCAREER: Die Frühstartrente soll hier gegensteuern: Demnach erhält ab 2026 jedes Kind vom sechsten bis 18. Lebensjahr pro Monat zehn Euro vom Staat, um für die private Altersvorsorge zu motivieren und zu sensibilisieren. Wird das greifen?

Prof. Dr. Ute Klammer: Bei zehn Euro im Monat wird diese Anlage allein zu wenig führen. Aber den Ansatz finde ich richtig: als Einstieg und als Anregung, sich dem Thema Rente früh zu widmen, und um das Thema in die Breite zu tragen.

herCAREER: Das bedeutet, wir brauchen finanzielle Bildung für alle, schon im Jugendalter?

Prof. Dr. Klammer: Absolut! Und da gehört vieles dazu! Wie funktioniert Alterssicherung? Wie muss ich meine Erwerbsbiografie gestalten, um später nicht nur über die Runden zu kommen? Zu finanzieller Bildung gehört auch, zu lernen, welche Lebensentscheidungen zu welchen finanziellen Risiken führen. Was bedeutet es für mich, länger aus dem Beruf auszuscheiden, wenn ich ein Kind habe? Was passiert, wenn ich schon als junger Mensch Schulden für Handy und Hypothek anhäufe? Wir leben in einer Zeit und Gesellschaft, in der man sehr viel Eigenverantwortung übernehmen muss. Wir sind schlecht darauf vorbereitet und dass muss sich ändern.

 Das Gespräch führte herCAREER Redakteurin Kristina Appel.

Im Rahmen der herCAREER Expo 2025 beantwortet Prof. Dr. Ute Klammer am 10. Oktober im Podcast-MeetUp mit Kristina Appel brennende Fragen zur Rente, Rentenreform und weiblichen Altersvorsorge.

Bild: Expertin für Einkommensverteilung, Alterssicherung und Wohlfahrtsstaat, Geschäftsführende Direktorin des Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ), Direktorin Deutsches Institut für Interdisziplinäre Sozialpolitikforschung (DIFIS) © Ute Klammer

Quelle messe.rocks GmbH

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