Jurafuchs Lern App für Jura / Recht mit der sich Jurastudent:innen auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen vorbereiten können
Stellen Sie sich und das Startup Jurafuchs doch kurz unseren Lesern vor!
Ich bin Christian, 38 Jahre alt, und Mit-Gründer und Geschäftsführer von Jurafuchs. Und habe Jura in Freiburg, Aix-en-Provence und Cambridge studiert und während meines Studiums eine internationale Menschenrechtsorganisation mitgegründet (IJM Deutschland e.V.). Ich habe dann zunächst einige Jahr als Rechtsanwalt bei Hengeler Mueller, einer großen Wirtschaftskanzlei, gearbeitet. 2018 habe ich mit meinen beiden Freunden Wendelin Neubert und Steffen Schebesta Jurafuchs gegründet.
Jurafuchs ist eine Lern-App für Jura / Recht. Mit der App können sich Jurastudent:innen auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen vorbereiten. Die App nutzen zudem Praktiker (z.B. Polizisten, Lehrer, Sozialarbeiter), um sich rechtlich fortzubilden. Auch für Rechtskunde an Schulen gibt es Module.
Warum haben Sie sich entschieden, ein Unternehmen zu gründen?
Wendelin und ich sind Juristen aus Leidenschaft. Und haben mit Bedauern beobachtet, dass die Digitalisierung der Juristischen Bildung nicht so recht vorankommt. Juristische Bildung findet nach wie vor ganz überwiegend analog statt, ist sehr mühsam, zeitaufwändig, kostet enorm viel Disziplin und ist häufig sehr einsam. Wir sind angetreten, es besser zu machen. Wir denken, dass juristische Bildung Spaß machen kann und zugleich die enormen Effektivitätsgewinne digitaler Lernmodelle nutzen sollte. Zudem haben wir drei Gründer sehr viel Spaß daran, Dinge neu zu denken und eigene Wege zu gehen. Wir sind fasziniert von dem Skalierungspotential digitaler Geschäftsmodelle. Steffen hat sein erstes Startup (Newsletter2go, ein SaaS-Modell) 2018 bereits erfolgreich verkauft. Von diesen Erfahrungen profitieren wir jetzt.
Welche Vision steckt hinter Jurafuchs?
Wir glauben daran, dass App-Technologie und neue didaktische Konzepte (insbesondere Microlearning und Gamficiation) Juristische Bildung für alle zugänglicher machen können. Das ist wichtig, weil unsere Gesellschaft immer stärker verrechtlicht wird. Das sieht man z.B. daran, dass die Anzahl der geltenden Rechtsnormen immer größer wird – etwa zum Verbraucherschutz, im Bereich des europäischen Rechts, aber auch weil neue Lebensbereiche entstehen, die reguliert werden müssen (etwa soziale Medien, Biotechnologie, KI usw.). Man sieht diesen Trend auch daran, dass zunehmend politische Fragen von Gerichten entschieden werden müssen, wie etwa die Klima-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts.
Wir sind überzeugt, dass eine rechtliche Grundbildung (legal literacy) ein immer wichtigerer Teil der Allgemeinbildung wird. Davon sind z.B. die Grundlagen unserer Demokratie, unseres Rechtsstaats, unser Strafrechtssystem und die Grundrechte umfasst, aber auch z.B. Verbraucher-, Arbeitnehmer-, Medienrecht zumindest in Grundzügen. Hierfür schaffen wir einen sehr günstigen und effektiven Zugang. Das Besondere an Jurafuchs ist, dass man anhand relevanter und praxisnaher Beispielfälle die Regeln einübt und deshalb nicht nur ein abstraktes, sondern ein sehr konkretes, anwendbares Verständnis erlangt. Unsere großen Vorbilder sind Babbel und Duolingo, die gezeigt haben, wie effektiv Microlearning beim Sprachenlernen ist.
Von der Idee bis zum Start was waren bis jetzt die größten Herausforderungen und wie haben Sie sich finanziert?
Wenn wir auf die letzten knapp vier Jahre zurückblicken, waren die größten Herausforderungen solche, mit denen wahrscheinlich die meisten Startups kämpfen:
Trauen wir uns selbst und unserer Idee genug zu, um selbst in Vollzeit einzusteigen?
Wie schaffen wir es, unseren Runway zu verlängern?
Oder wie finden und binden wir richtig gute Mitarbeiter:innen, die die Arbeit so gut machen, wie wir oder besser?
Wie binden wir dauerhaft und strukturell unsere Community in den Produktentwicklungsprozess ein, um dann auch den richtigen Product-Market-Fit zu erreichen?
Und wie monetarisieren wir unser (anfänglich) kostenloses Angebot so, dass wir dauerhaft auf einer soliden finanziellen Grundlage stehen, und dennoch möglichst wenig Leute aus finanziellen Gründen von der Nutzung ausschließen?
Wir haben anfänglich mit eigenem Geld, das wir uns in der Großkanzlei zur Seite gelegt hatten, einen Prototypen der App finanziert und selbst mit Inhalten aufgefüllt. Dann haben wir mehrere Finanzierungsrunden mit herausragenden Branchenexperten als Angel-Investoren gemacht. Schließlich hat Ende letzten Jahres die IBB Ventures in Jurafuchs investiert.
Wer ist die Zielgruppe vom Jurafuchs?
Jurafuchs richtet sich an alle, die juristische Bildung oder Weiterbildung in irgendeiner Form benötigen, egal aus welcher Motivation – ob für die Schule, das (Jura-) Studium, den Beruf oder aus eigenem Interesse. Der Fokus liegt derzeit noch auf den Jurastudent:innen und Rechtsreferendar:innen, die sich auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen vorbereiten. Wir weiten die Inhalte aber in sehr hoher Geschwindigkeit immer weiter aus. Bis Ende des Jahres werden wir den gesamten examensrelevanten Stoff – etwa 40.000 Fragen – in der App zur Verfügung stellen. Daneben finden sich derzeit z.B. sechs Lehrbücher des Nomos-Verlags und zahlreiche von unserer Redaktion speziell für unsere Community ausgewählte Gastbeiträge aus der Legal Tribune Online (LTO) und dem angesehenen Verfassungsblog, die in der Regel sehr aktuelle Themen behandeln (Encro-Chat, Afghanistan, Regulierung von Facebook usw.).
Schließlich haben wir einen eigenen Podcast („Spruchreif“), in dem wir mit herausragenden Jurist:innen, wie einer ehemaligen Richterin am Bundesverfassungsgericht, genauso wie mit Hochschulprofessoren sprechen und in ca. 30 Minuten gesellschaftlich bedeutsame Gerichtsentscheidungen kontextualisieren und einfach erklären (im Oktober erscheint z.B. eine Folge zum Klima-Beschluss des Bundesverfassungsgerichts).
Wie funktioniert der Jurafuchs? Wo liegen die Vorteile? Was unterscheidet Sie von anderen Anbietern?
Jurafuchs ist eine native App für iOS und Android. Jeder kann sie herunterladen und kostenlos für eine Woche testen. Das Lernerlebnis mit der App ist für viele eine sehr verblüffende Erfahrung und mit keiner anderen Lernmethode so recht vergleichbar. Das liegt daran, dass wir einerseits sehr kurze, präzise Inhalte anbieten, die noch mit professionellen Illustrationen aufgelockert werden. Und dass wir andererseits sehr stark auf Gamification setzen und unseren Nutzer:innen mit allen Mitteln den effektivsten Lernrhythmus antragen: tägliches Lernen, dafür aber nur im Schnitt 15 Minuten. Schließlich ist Jurafuchs nicht nur eine App, sondern eine Community. Viele tausende Lernende kommentieren, kritisieren, hinterfragen unsere Lerninhalte und stellen ihre Verständnisfragen. Die Inhalte werden dadurch noch besser und unsere Moderatoren beantworten alle Fragen in der Regel innerhalb von 48 Stunden.
Jurafuchs, wo geht der Weg hin? Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?
Wir haben klein angefangen, wachsen derzeit sehr stark und haben wahnsinnig viel vor. Letztlich ist es unser Ziel, juristische Bildung für alle zugänglicher und effektiver zu machen. Wir wollen dazu eine sehr starke Marke aufbauen und jede Sekunde Lernerfahrung mit der App immer noch effektiver machen. Das hat viel mit Personalisierung und Learning Analytics zu tun. Juristische Bildung denken wir grenzüberschreitend und nicht auf Deutschland beschränkt. Der Markt ist riesig und spannend und wir haben wahnsinnig Lust, diesen Weg gemeinsam mit unserem immer stärker werdenden Team zu gehen.
Zum Schluss: Welche 3 Tipps würden Sie angehenden Gründern mit auf den Weg geben?
1. Do it! Es gibt kaum einen spannenderen Job, als in einem hungrigen, jungen, agilen Startup zu arbeiten.
2. Organisiert Euch Rat von herausragenden Menschen, die das, was Ihr machen wollt, schon einmal gemacht haben. Wir haben z.B. das Glück, dass wir Thomas Holl, Mit-Gründer und CTO von Babbel, als strategischen Berater für Jurafuchs gewinnen konnten. Das hat für uns alles verändert. Natürlich profitieren wir auch enorm von Steffens Erfahrung mit seinem ersten Startup.
3. Lies alle Bücher von Jim Collins. Er hat z.B. Konzepte wie „First Who, Then What“, „Confront the Brutal Facts“, “20 Mile March”, “The Flywheel” und “Productive Paranoia” entwickelt. Seine scharfsinnigen und praxistauglichen Konzepte sind für uns echte Leitplanken geworden. Nicht selten gucken wir uns an und sagen: „What would Jim Collins do?“, und finden dann eine brauchbare Strategie.
Wir bedanken uns bei Christian Leupold-Wendling für das Interview
Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder
Premium Start-up: Jurafuchs