Montag, Dezember 23, 2024
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Einfach machen und keine Angst haben zu scheitern

Sinnema Animation Studio: Erklärfilme, VR Projekt sowie Apps und Spiele

Stellen Sie sich und das Startup Sinnema Animation Studio doch kurz unseren Lesern vor!

Ursprünglich komme ich vom Drehbuch und der Produktion für Spielfilme. Nach einem Studium des digitalen Fernsehens in Österreich und Australien und einem Abschluss als Dipl. Ing. bin ich nach Berlin gekommen, um dort an der Filmhochschule zu studieren. Im Jahr 2015 habe ich Simon Reichenbach und Adam Yassour in einer Agentur kennengelernt, in der ich Teilzeit als Producerin in der Animationsabteilung gearbeitet habe. Die beiden sind Animatoren im 3D und 2D Bereich und im Jahr 2016 haben wir den Schritt tatsächlich gewagt und gemeinsam das Sinnema Animation Studio gegründet.

Durch unsere gemeinsame Arbeitserfahrung haben wir festgestellt, dass wir uns gut ergänzen und im Kern die gleichen Vorstellungen habe, wo es hingehen soll. Sinnema ist die Verbindung von Sinn und Sinnlichkeit und der Leidenschaft für das Geschichtenerzählen – wir setzen uns für Projekte ein, die bewegen, mit Menschen, die was bewegen wollen und wir kreieren ihre Geschichte und passen es dem Format an. Dabei produzieren wir die unterschiedlichsten Formate in den unterschiedlichsten Medien, von Erklärfilm zu Kurzfilm, von Doku zu VR Projekt und auch Apps und Spiele haben wir schon entwickelt und gestaltet. 

Warum haben Sie sich entschlossen ein Unternehmen zu gründen?

Nach mehreren Jahren in verschiedenen beruflichen Situationen in der Filmbranche (Produktion, Verleih, Stoffentwicklung) ist mir klar geworden, wenn man wirklich Geschichten zu erzählen hat, dann muss man selbst an deren Verwirklichung arbeiten. Als Frau ist es schwieriger, in einer männlich besetzten Produzentenwelt, die eigenen Ideen für Charaktere und Stoffe umsetzen zu können. Oft habe ich den Satz gehört, wie: „Das kann ich mir nicht vorstellen, dass das bei Frauen so ist“. Das waren Geschichten, die auf meinen Erfahrungen und Wahrnehmungen dieser Welt basierten. Das ist schon hart, wenn man dann hört, dass die Vorstellungskraft deutlich begrenzt ist, obwohl knapp 50% der Menschheit in diesen Welten lebt. Da zweifelt man irgendwann an seiner eigenen geistigen Leistung. Also war der einzig folgenrichtige Schritt der, etwas Eigenes zu gründen. Durch die Verschmelzung mit der Animation eröffnet sich zusätzlich auch noch ein besonderer Raum der Gestaltung. Der Phantasie sind keine Grenzen mehr gesetzt. 

Was war bei der Gründung von Sinnema Animation Studio die größte Herausforderung?

Es gab zu Beginn zwei Herausforderungen: Wir mussten zeitgleich versuchen, an Projekte zu kommen und diese umzusetzen, um unsere Grundkosten abzudecken, während wir gleichzeitig an eigenen Stoffen gearbeitet haben, um Sinnema als Produktionsstudio etablieren zu können. Die zweite Herausforderung war dieses Ziel mit der familiären Situation meiner zwei Partner zu vereinen, da beide zu dem Zeitpunkt gerade Nachwuchs bekommen hatten. Das verlangte viel Kommunikation und gegenseitige Motivation, denn gerade bei der Entwicklung eigener Ideen und Projekte muss man zunächst in Vorleistung gehen, die auch nicht bezahlt wird.

Und gleichzeitig aber will man ja noch ein lebenswertes Leben haben, und nicht völlig in der Arbeit versinken. Da ich von der Stoffentwicklung komme, habe ich da einen anderen Ansatz als meine zwei Partner, die wiederum sehr in ihre jeweilige Animationstechnik eintauchen können. Bei Simon ist das 3D und bei Adam 2D. Es war also ein stetiges Kommunizieren und ausbalancieren, von unseren Wünschen und den jeweiligen Bedürfnissen her, damit Sinnema wachsen kann. Bis heute begleitet uns dieser Prozess.

Kann man mit einer Idee starten, wenn noch nicht alles perfekt ist?

Man muss es einfach machen. Keiner von uns wusste wirklich, wie es wird und wie lange wir es schaffen, Sinnema voran zu bringen. Und jetzt sind wir nach wie vor hier und gehen unseren Weg. Ich glaube, in Deutschland ist es insgesamt schwieriger, einfach in etwas hineinzuspringen und es zu versuchen, weil wir hier keine wirkliche Kultur des Scheiterns haben. In den USA zum Beispiel ist das ganz anders: Da gehen die Menschen es an, und sie machen auch Fehler.

Aber Hinfallen gehört dort eben dazu; Liegenbleiben ist das Schlimme. In Deutschland hört man immer schnell: Ja, aber geht denn das wirklich? – Ja, es geht wirklich. Und mit der Zeit lernt man viel dazu und springt über Hürden. Wenn man hängenbleibt und hinfällt, dann muss man wieder aufstehen und weiterlaufen. Es geht auch nicht darum, als erster in Ziel zu kommen, sondern überhaupt zu laufen. Um mal bei dieser Metapher zu bleiben.

Welche Vision steckt hinter Sinnema Animation Studio?

Wir wollen Geschichten erzählen, die anders sind, die bewegen, und die aufklären. Mein persönliches Hauptaugenmerk dabei liegt klar auf Charakteren und Welten, die aus der Perspektive von Frauen erzählt sind. Unter anderem stecken wir gerade mitten in der Entwicklung des VR Projektes „The Matriarx“, welches sich mit matriarchalen Strukturen auseinandersetzt und dem Experiencer eine Welt in VR zeigt, in der es auch mit anderen ökonomischen und sozialen Regeln als den unseren ein gesellschaftlich funktionierendes Miteinander gibt. Ich möchte mehr Inhalte schaffen, die ich selber auch spannend finde und die es noch viel zu wenig gibt.

Wenn es um Projekte mit unseren Partnern und Kunden geht, gehen wir neue Wege mit Medien, Inhalten und Design, um ihre Visionen bestmöglich umzusetzen. Dabei ist uns wichtig, dass das Inhaltliche stets auch mit dem Design verbunden ist. Bei jedem Projekt fragen wir uns: Wie kann man die Idee, das Konzept oder die Geschichte visuell am kraftvollsten ausarbeiten? Welcher Stil schafft es, auch das emotionale herauszufiltern? Gerade bei Kampagnen für die sozialen Medien oder bei Gestaltungen für Apps kann das den entscheidenden Unterschied machen, wie die Zielgruppe den Inhalt am Ende wahrnimmt. Alles was eine Geschichte hat, braucht auch ein Design – und unsere Vision ist es, beides stets miteinander zu verbinden.

Wer ist die Zielgruppe von Sinnema Animation Studio?

Unsere Zielgruppe sind Menschen und Unternehmen, die den etwas anderen Weg gehen. Denen eine gute Zusammenarbeit wichtiger ist, als ein schnelles, günstiges und nach Schema-X laufendes Video. Die auch Interesse daran haben, Neues auszuprobieren und offen sind, für Ideen, die dafür sorgen, dass ihre eigene Botschaft klarer transportiert wird. So sind Unternehmen, die sich für Corporate Social Resposibility (CSR) einsetzen genauso Teil unserer Zielgruppe, wie NGOs oder öffentliche Einrichtungen, deren Budgets manchmal kleiner sind und auch Künstler und Produkthersteller, die noch am Anfang stehen. Aber Ministerien, Museen und kulturellen Einrichtungen, bei denen es oft komplexe Inhalte gibt, die wir inhaltlich und visuell stark transportieren, gehören dazu.

Was unterscheidet Sie von anderen Anbietern?

Unsere Kombination aus handwerklichem Können innerhalb einer Entwicklung und Umsetzung von Projekten, von der Idee, über die Ausarbeitung des Scriptes, hin zu den Designs und der 2D oder 3D Animation und unserem Ansatz, Projekte zu verwirklichen, die „Sinn“ machen. Dabei geht es nicht um die Größe der Budgets;  die fruchtbare Zusammenarbeit ist uns wichtig, Partner zu finden, die mit einem einen längeren Weg gehen. Deshalb kommen die gleichen Kunden immer wieder zu uns zurück, seit Jahren. Wir haben z.B. einen geringeren Tagessatz für gemeinnützige Unternehmen, damit auch sie ihre Projekte umsetzen können.

Uns ist das oberste Gebot, herauszubekommen, wohin jemand mit seiner Idee, seinem Produkt oder seiner Firma will, und das mit ihren möglichen Budgets dann zu vereinen. Wir haben aufgehört bei den Pitches mitzumachen, in denen von kreativen Firmen eine immense Vorleistung verlangt wird, die aber nicht bezahlt wird. Im Pitch entwickelt man eine Idee und die ist vorrangig dass, was den Kern ausmacht. Wenn Firmen kommen und genau diesen Prozess umsonst verlangen, um sich dann die beste Idee herauszupicken, dann macht das unsere Branche kaputt. Deshalb sagen wir das inzwischen auch gleich zu Beginn. Erfreulicherweise wird das von vielen respektiert und es bedeutet nicht im Rückschluss, dass man weniger Aufträge hat. Im Gegenteil, eine klare Kommunikation zum Thema Pitch scheinen Viele zu befürworten. 

Wie hat sich ihr Unternehmen mit Corona verändert?

Wir sind alle komplett ins Home Office umgestiegen. Das hat zunächst Auswirkungen auf die Arbeitszeiten und Möglichkeiten vor allem der Kollegen mit Kindern. Aber wir gehen aufeinander ein und schaffen so dennoch die vorhandenen Aufträge und Produktionen zu stemmen. Ansonsten, da wir sonst auch viel vorm Computer arbeiten, und erprobt sind mit Teammanagement Tools, hat sich zunächst im Workflow selber nicht allzu viel verändert.

In der Akquise ist es schwieriger geworden, da wir nicht mehr auf Veranstaltungen und Events gehen können. Auch das VR Projekt „The Matriarx“ und dessen Premiere auf der re:publica 2020 musste verschoben werden. Zeitgleich bauen wir unsere Onlinepräsenz innerhalb der sozialen Medien aus, auf Instagram haben wir einen regelrechten Schub in den letzten Wochen bekommen. Das hilft innerhalb der Sichtbarkeit und führt auch zu Anfragen über diese Plattformen. Wir bleiben positiv und nehmen jeden Tag, wie er kommt.

Wie haben Sie sich darauf eingestellt und welche Änderungen haben Sie vorgenommen?

Da wir durch unsere langjährige Erfahrungen wie wir Familienleben und Workflows unter einen Hut bringen können, schon sehr erprobt waren, hat es mit Corona einen recht flüssigen Übergang gegeben. Wir sprechen viel über Skype, um die Kommunikation aufrecht zu halten – überhaupt ist es eine Zeit, in der klar wird, vor allem das Miteinander austauschen ist das Wichtige und hält die Motivation und die Projekte am Laufen. Natürlich hat jeder auch mal einen schlechten Tag, aber das gehört dazu.

Ansonsten habe ich begonnen mich virtuell mit anderen Menschen zu treffen, sprichwörtlich mit VR Brille in virtuellen Räumen im Netz. Altspace VR ist eine solche Plattform, das macht für mich fast mehr Sinn als Videokonferenzen. Allerdings haben noch zu wenig Menschen eine VR Brille, als das man dies wirklich mit allen Kunden durchführen kann. Es ist aber eine interessante Erfahrung, die ich auch nach den Einschränkungen, die die Pandemie mit sich bringt, weiterverfolgen will.

Wo sehen Sie in der Krise die Chance?

Da gerade überall Drehverbote herrschen, haben wir vermehrt Anfragen von Musiklabels oder Produktherstellern, die eigentlich vor hatten zu drehen, aber das jetzt nicht mehr so durchführen können und dennoch aber Starttermine einhalten müssen. Die Animation wird jetzt interessant für viele, die sie vorher gar nicht auf dem Schirm hatten. So birgt die Krise für uns tatsächlich die Möglichkeit, mehr gesehen und angefragt zu werden. 

Sinnema Animation Studio, wo geht der Weg hin? Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?

Wir werden weiterhin die Projekte mit Kunden umsetzen wie bisher. Das ist und wird auch für eine Weile unser finanzielles Standbein bleiben. Mehr und mehr wird es eigene Produktionen von Sinnema geben, das liegt im Bereich Animationsserie, im Bereich Virtual Reality aber auch in der Appentwicklung wagen wir uns vor. Wir wollen als das wahrgenommen werden, was wir sind:  Ein Animationsstudio, dass neue Wege geht und mit dem es Freude macht, Projekte umzusetzen.   

Zum Schluss: Welche 3 Tipps würden Sie angehenden Gründerinnen mit auf den Weg geben?

Der erste Tipp ist wahrscheinlich der banalste und dennoch wichtigste: Einfach machen und keine Angst haben zu scheitern. Ich habe über die Zeit definitiv festgestellt, dass die Ängste und negativen Gedanken in meinem Kopf, zu „was passiert wenn“ viel mehr Platz eingenommen haben, als die tatsächlichen Situationen dann Lösungszeit in Anspruch genommen haben. Bringt euch absichtlich in die Situation, dass ihr die Herausforderung annehmen müsst, dann werdet ihr sie auf die ein oder andere Art auch meistern. Es NICHT zu machen, ist KEINE Option.

Zweiter Tipp:

Wenn es dir möglich ist, suche dir Partner/Innen die dich ergänzen, in dem, was du weniger gut kannst oder vielleicht auch gar nicht kannst. Bei einer gemeinsamen Gründung müsst ihr nicht unbedingt die besten Freunde sein, ihr müsst auch ergänzen können, um möglichst breit gefächert auf Kunden und Situationen reagieren und eingehen zu können. Ihr braucht ein gemeinsames Ziel welches über die Zeit immer wieder überarbeitet werden muss. Nichts ist fix – panta rei wie der Grieche sagen würde.

Dritter Tipp: Alles braucht seine Zeit.

Viele denken bei Start-Up immer an kurze Zeit, ganz viel Arbeit und dann viel Geld. In Wirklichkeit aber bedeutet Start-Up nichts anderes, als Firmengründung und der weitere Weg kann und soll meiner Meinung nach sogar dauern. Ein langsames aber stetiges Wachstum ist viel gesünder und organischer für einen selber, als eine Explosion die letztlich für viel Aufruhr und Chaos sorgen kann. Das heißt nicht, dass ich es schlecht finde, wenn man immer wieder von tollen Erfolgsgeschichten hört. Ich denke aber, für den Großteil von uns ist es erdend, wenn wir gesunde und realistische Vorstellungen haben und so mit dem eigenen Unternehmen und den Erwartungen an uns selbst und unsere Kollegen auch fair umgehen.

Weitere Informationen finden Sie hier

Wir bedanken uns bei Julia Bruton für das Interview

Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder

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