Sylvain Orebi CEO der Teemarke Kusmi Tea im Interview über das Startup Ökosystem in Frankreich
Herr Orebi, stellen Sie sich und Ihre Teemarke Kusmi Tea doch kurz unseren Lesern vor!
Ich bin eine Art Frühstücksunternehmer! Meine Karriere habe ich im Familienunternehmen, welches Kaffee und Kakao verkaufte, begonnen und mich dann vor 20 Jahren an Tee herangetraut, indem ich die traditionsreiche Marke Kousmichoff habe.
Kusmi wurde 1867 in Sankt Petersburg gegründet und hat sich dann 1917, nach der russischen Oktoberrevolution, in Paris niedergelassen. Es war ein traditionelles Teehaus, welches die Zaren mit Tee ausstattete und ein einzigartiges Savoir-Faire in Bezug auf aromatisierte Rezeptkompositionen hatte.
Was hat Sie damals gereizt, die Marke Kousmichoff zu kaufen?
Sylvain Orebi: Drei Dinge haben meine Entscheidung begründet. Drei Attribute, die eine große Marke ausmachen. Eine sehr originelle Verpackung, die sofort wiedererkennbar ist. Großartige Teemischungen, wie Prinz Wladimir, Anastasia, Bouquet of Flowers. Und eine einzigartige und romanhafte Geschichte. Ich habe sofort die Kraft von Kusmi und das unglaubliche Potenzial gespürt.
Welche Vision steckt hinter Kusmi Tea?
Bei Kusmi möchten wir möglichst vielen Menschen hochwertigen Tee näher bringen. Dank uns haben viele junge Menschen angefangen, Tee wertzuschätzen. Wir sind eine offene, inklusive Marke, die seit 150 Jahren in Einklang mit der jeweiligen Zeit ist. Heute haben wir uns dazu entschieden, unseren Kundinnen und Kunden die von ihnen geforderte Natürlichkeit zu bieten und stellen alle unsere Tees mit natürlichen Aromen und großer Qualität auf Bio um. Nur wenige Premiummarken können diese Positionierung übernehmen.
Sie haben eine prominente Rolle in der französischen Öffentlichkeit. Unter anderem auch durch Ihre Beiträge als Wirtschaftsexperte bei BFM Business (französischer Nachrichtensender). Welche Tipps würden Sie angehenden Gründern in der heutigen Zeit geben?
Sylvain Orebi: In erster Linie muss die Gründung eines Start-ups durch eines motiviert sein: den Wunsch, Unternehmer/in zu sein. Um loslegen zu können, braucht es drei Dinge: Eine neue Idee, die das Leben der Benutzer/innen des Objekts oder des Dienstes erleichtern. Geld für zwei Jahre. Und sehr komplementäre Partner/innen, da man nur sehr selten alleine Erfolg hat.
Wie unterstützt die französische Regierung Unternehmensgründer? Gibt es StartUp Programme?
Frankreich ist ein Land der Start-Ups, da viele junge Leute ihr Unternehmen früh aufbauen. Wir sind ein sehr kreatives Land – ein Land, das etwas wagt. Deshalb sind unsere Regierungen schon seit langer Zeit daran gewöhnt, „junge Triebe“ zu unterstützen. Das französische System ist für Unternehmensgründer/innen sehr günstig. Es bietet zahlreiche Hilfen mit vorteilhafter Erstbesteuerung. Darüber hinaus haben wir in Frankreich Zugang zu reichlich vorhandenen und sehr gut ausgebildeten Arbeitskräften. Wir haben aber auch Handelskammern, Business Angels und ein ganzes Ökosystem, das für die Entwicklung neuer, innovativer Unternehmen sehr günstig ist.
Wie ist das französische Unternehmensklima? Hat es sich durch den jetzigen Präsidenten Emanuel Macron verändert?
Sylvain Orebi: Natürlich ist das Wirtschaftsklima für Unternehmer seit der Ankunft von Emmanuel Macron als Staatsoberhaupt viel günstiger. Die Regierung hört Unternehmer/innen zu und bereitet Gesetze vor, die ihnen helfen, besser arbeiten zu können. Das PACTE-Gesetz, an dem ich auf Nachfrage des Wirtschaftsministers Bruno Le Maire persönlich gearbeitet habe, ist ein perfektes Beispiel für diese Zusammenarbeit zwischen Chefs von Unternehmen und gewählten Vertretern des Staates. Das Arbeitsrecht hat auch die Beschäftigung und die Flexibilität gefördert. Ebenso sind die Arbeitskosten in Frankreich in den letzten Jahren erheblich gesunken und haben es unserer Branche ermöglicht, wieder wettbewerbsfähig zu werden.
Ihr Tee wird sogar im Elysée-Palast getrunken. Haben Sie bereits Feedback bekommen? Haben der Präsident und seine Gattin einen Lieblingstee?
Ich kann Ihnen ein Geheimnis verraten: Brigitte Macron trinkt seit über 12 Jahren unseren Tee! Und der Präsident jeden Tag seit seiner Wahl. Beide trinken unsere Flaggschiff-Mischung „Detox“, die in Deutschland „Expure Original“ heißt. Es ist, glaube ich, ein Ritual bei ihnen und darüber freue ich mich sehr. Zumal dieser Tee in Frankreich hergestellt wird, in unseren Werkstätten in Le Havre (der Stadt unseres ehemaligen Premierministers Edouard Philippe !!!).
Kusmi Tea wir dieses Jahr Bio. Welche Herausforderungen galt es auf dem Weg zur Biozertifizierung zu meistern?
Sylvain Orebi: Es ist fast drei Jahre her, dass wir den Bio-Weg eingeschlagen haben. Fast alle Basismischungen sind seit 2019 bio. Der Tee, schwarz, weiß oder grün, Mate, Rooibos, Früchte und Kräutern stammen aus biologischem Anbau. Alles, was zu tun bleibt, ist die Anbringung der Ecocert-Logos auf unseren Dosen, was in den nächsten 6 Monaten erfolgen wird. Es ist sehr schwierig, ein herkömmliches Sortiment unter Beibehalt des gleichen Geschmacks in ein Bio-Sortiment umzuwandeln. Dank unseres Savoir-Faire in Bezug auf das Aroma und dank unserer Teelieferanten ist uns diese unglaublich komplizierte Herausforderung gelungen. Wir müssen Ihnen auch sagen, dass unsere wichtigsten Teelieferanten Deutsche sind und ihren Sitz in Hamburg haben. Sie heißen Hälssen & Lyon, Scheibler oder Wollenhaupt. Kusmi ist also auch ein bisschen eine deutsche Marke!
Gibt es herausragende Produktneuheiten, die nun Bio sind?
Viele neue Mischungen sind jetzt in bio und koffeinfrei erhältlich: AquaSummer, Lovely Night oder Only Spices. Aber die großen Klassiker werden diesen Herbst in Bio veröffentlicht: Anastasia, Expure, Thé du matin oder Earl Grey Intense.
Neben der Biozertifizierung sind Sie auch im Tierschutz tätig. Berichten Sie uns doch bitte von Ihrer Zusammenarbeit mit dem WWF. Was hat Sie dazu motiviert?)
Sylvain Orebi: Wir sind stolz darauf, Partner des WWF beim TX2-Projekt zu sein, das darauf abzielt, die Population wilder Tiger weltweit bis 2022, dem Jahr des Tigers in der chinesischen Astrologie, zu verdoppeln. Der Tiger ist ein grundlegendes Element in Tee produzierenden Regionen, zum Beispiel in Indien. Der Schutz des Tigers bedeutet den Schutz des Ökosystems, der Umwelt und der verschiedenen Arten, die allmählich zu verschwinden beginnen. Der Bio-Ansatz muss unbedingt diesen umfassenderen Umweltansatz beinhalten.
Zum Schluss: Welche 3 Fehler sollten junge Gründer unbedingt vermeiden?
Ein erster Fehler ist es, zu schnell zu starten, ohne genügend Erfahrung gesammelt zu haben. Der zweite ist, nicht zu wissen, womit man sich umgibt. Man muss die besten Mitarbeiter wählen und ihnen eine Entlohnung und Anteile am Start-Up anbieten. Schließlich besteht der dritte Fehler darin, zu versuchen, das Modell zu ändern, wenn nicht schnell genug Ergebnisse vorliegen. Wenn Ihr Plan gut durchdacht ist und Sie zu Beginn Vertrauen hatten, müssen Sie mit Strenge und Disziplin in die gleiche Richtung weiter gehen.
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Wir bedanken uns bei Sylvain Orebi für das Interview
Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder