Wachstum fördern, Fachkräfte anziehen, Standort stärken – das Zukunftsfinanzierungsgesetz (ZuFinG) ist ein Meilenstein für die deutsche Startup-Szene. Mit der Reform ziehen wir endlich international nach und schaffen Anreize für unsere Innovationstreiber und Talente, hier im Land zu bleiben. Ein Kurswechsel, der längst fällig war. Denn europaweit belegt Deutschland laut einer Studie des Wagniskapitalgebers Index Venture den letzten Platz bei der Besteuerung von Mitarbeiterbeteiligungen. Während Startups zunehmend um die besten Köpfe buhlen, fehlten ihnen bei den hiesigen Rahmenbedingungen bislang lukrative Argumente.
Und das trifft besonders auf die bisherigen Regeln für Mitarbeiterbeteiligungen zu. Startups bieten üblicherweise nur geringere Löhne als etablierte Unternehmen. Ausgleichen können sie es mit Firmenanteilen, die mit dem zunehmenden Geschäftserfolg auch an Wert gewinnen. Eigentlich eine Win-Win-Situation. Eigentlich. Denn bislang müssen Beschäftigte diese Anteile als Einkommen schon versteuern, obwohl noch keinerlei Geld geflossen ist – die sogenannte Dry-Income-Problematik. Fälle wie Klarna, wo die Mitarbeitenden nach einem Wertverlust mehr Steuern zahlten, als ihre Anteile wert waren, wirken auf potenzielle Fachkräfte eher abschreckend als anziehend.
Erste Etappe erreicht, weitere Hürden in Sicht
Genau hier macht die Reform nun einen großen Schritt nach vorne: Mitarbeiter:innen müssen ihren Beitrag ans Finanzamt erst bei tatsächlichen Gewinnen leisten. Das gelingt, wenn der Arbeitgeber für die anfallende Lohnsteuer haftet. Dry-Income wird also weitgehend gelöst – und damit auch die Fesseln, die das Gesetz den Gründer:innen auferlegt hat. Sie können nun endlich eines ihrer wichtigsten Instrumente nutzen und sich dabei fast auf Augenhöhe mit der internationalen Konkurrenz bewegen.
Die größten Gewinner sind unter anderem junge Ökosysteme in Flächenregionen. Zum einen ziehen sie gegenüber Hotspots wie Berlin oft den Kürzeren, wenn es um den Zugang zu Kapital und Personal geht. Zum anderen gibt es hier vor allem Startups in der Frühphase, die ohnehin nur mit knappen Ressourcen ausgestattet sind. Dringend gesuchte Talente – zum Beispiel im Tech-Bereich – lassen sich unter diesen Umständen schwer gewinnen. Umso entscheidender ist es hier, attraktive Beteiligungen am Unternehmenserfolg anzubieten. Denn über diesen Weg lassen sich nicht nur Fachkräfte anziehen, sondern auch binden. Das Prinzip: Wer am Erfolg teilhaben kann, fühlt sich verbundener, arbeitet motivierter und bringt auch mehr eigene Ideen ein. Nur so können junge Startups ihre volle Innovationskraft entfalten.
Reform lässt Lücken offen
Hier könnte das Gesetz noch nachbessern: Das Ziel, eine bessere Handelbarkeit von Unternehmen mit niedriger Marktkapitalisierung zu erreichen, in dem der Mindestnennwert, zu dem Aktien ausgegeben werden dürfen, abgesenkt wurde, ist ein guter Schritt. Denn der Mindestnennwert ist immer noch zu hoch. Eine Abschaffung des Mindestnennwerts wie in den Niederlanden würde den Zugang für Investoren erleichtern.
Das Gesetz wurde aber an anderer Stelle verbessert: Statt jährlich 1.440 sind es künftig 2.000 Euro, die Startups ihren Beschäftigten steuerfrei durch Firmenanteile übertragen können. Im ursprünglichen Entwurf war allerdings noch ein Anstieg auf 5.000 Euro vorgesehen. Zwar holen deutsche Startups hier international auf, haben aber immer noch Luft nach oben. Das beweist der Blick ins Ausland: In Spanien wurde der Freibetrag kürzlich auf stolze 50.000 Euro erhöht. Eine beachtliche Kluft.
Ohnehin lässt das Zukunftsfinanzierungsgesetz (ZuFinG) noch Raum für Verbesserungen. Denn auch bei der sogenannten Konzernklausel ist die Regierung auf den letzten Metern zurückgerudert. Das betrifft zum Beispiel Startups mit einer Gruppenstruktur wie AG oder SE. Anders als vorgesehen decken die steuerlichen Lockerungen nun keine Anteile ab, die an Beschäftigte von anderen Unternehmen des gleichen Konzerns fließen. Die rechtliche Realität ist dabei aber oft komplex. Wer nun welche Anteile zu welchen Bedingungen bekommt – hier sollte das Gesetz noch mehr Klarheit schaffen.
Noch mehr Unternehmen können profitieren
Klar ist hingegen: Generell können bald noch mehr Unternehmen von der Reform profitieren. Die Schwellenwerte für KMU wurden auf 1.000 Beschäftigte, 100 Mio. Euro Umsatz oder 86 Mio. Euro Jahresbilanz ausgeweitet. Ein notwendiger Schritt, denn auch über eine gewisse Größe hinaus brauchen aufstrebende Startups noch Unterstützung, um ihre Innovationen weiter voranzutreiben. Das gilt insbesondere für Tech-Startups, die einen langen Entwicklungszyklus von der Idee bis zur vollständigen Marktreife durchlaufen.
Insofern ist es auch das richtige Zeichen, die Übergangszeiten mit dem neuen Gesetz deutlich auszuweiten. Überschreiten Startups die KMU-Grenzen, können sie die Steuerprivilegien nun sieben statt zwei weitere Jahre nutzen. Das Signal: Wachstum belohnen statt bestrafen. Gerade in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit ist dies für Startups eine wichtige Botschaft. Denn auch VCs achten in diesem Umfeld verstärkt auf Profitabilität und weniger auf Wachstum.
Neues Gesetz darf erst der Anfang sein
Unterm Strich gibt das Gesetz Startup-Gründer:innen neue Werkzeuge an die Hand, um ihre Position im internationalen Wettbewerb zu festigen. Nicht vergessen sollten wir allerdings, welches ambitionierte Ziel sich die Bundesregierung gesetzt hat: Deutschland soll zu einer führenden Startup-Nation aufsteigen. Das Zukunftsfinanzierungsgesetz (ZuFinG) kann daher nur ein erster Schritt sein. Förderprogramme ausbauen, Wege zu öffentlichen Aufträgen aufbauen und Bürokratie abbauen – die Rahmenbedingungen für Gründer:innen müssen generell weiter angepasst werden. Wir sind also auf dem richtigen Weg, aber noch lange nicht am Ziel!
ZuFinG: Ein Meilenstein, mit Luft nach oben
Autor
Dominik Gross ist Mitgründer und Geschäftsführer der Founders Foundation gGmbH, einer gemeinnützigen Initiative der Bertelsmann Stiftung. Nach seinem Studium der Wirtschaftswissenschaften in Oldenburg und Schweden startete er seine Karriere bei der Bertelsmann Stiftung und lebt seit zehn Jahren in Bielefeld.
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