Freitag, April 26, 2024
StartWorkbaseCorona-Impfung: Was Gründer und Start-ups als Arbeitgeber wissen müssen

Corona-Impfung: Was Gründer und Start-ups als Arbeitgeber wissen müssen

Seit wenigen Wochen wird gegen das Coronavirus geimpft. Bislang können sich zwar nur Über-80-Jährige sowie Angehörige bestimmter Berufsgruppen, wie Pflegekräfte, Ärzte oder medizinisches Fachpersonal, impfen lassen. Gesundheitsminister Jens Spahn zeigt sich aber zuversichtlich, dass schon im zweiten Quartal allen Bürgern ein Impfangebot unterbreitet werden kann.

Die Hoffnungen sind groß, dass durch die Impfung breiter Teile der Bevölkerung die Corona-Krise spürbar entschärft und endlich die lang ersehnte Wende in der Pandemiebekämpfung eintreten wird. Viele stehen der Corona-Schutzimpfung skeptisch gegenüber oder lehnen sie bisweilen kategorisch ab.

Auch im Arbeitsleben wirft die Corona-Schutzimpfung viele Fragen auf und stellt Gründer und Start-ups als Arbeitgeber vor neue Herausforderungen: Welche Gesundheitsschutzmaßnahmen müssen Arbeitgeber am Arbeitsplatz in diesem Zusammenhang gewährleisten? Dürfen sie die Impfung der Belegschaft anordnen? Können geimpfte Mitarbeiter bevorzugt behandelt werden und wie ist mit Impfverweigerern umzugehen?

Mitarbeiter können nicht zur Impfung gezwungen werden

Das Wichtigste vorweg: Derzeit gibt es in Deutschland keine Pflicht, sich gegen das Coronavirus impfen zu lassen. Anders als bei der Masernimpfung, die seit dem 1. März 2020 für bestimmte Berufsgruppen, etwa Erzieher, Lehrer oder medizinisches Personal, verpflichtend ist, hat sich der Gesetzgeber bewusst gegen die Einführung einer Corona-Impfpflicht entschlossen und setzt dagegen auf die freiwillige Impfbereitschaft der Bevölkerung.

Solange es keine gesetzlich angeordnete Impfpflicht gibt, können daher auch Arbeitgeber ihren Mitarbeitern nicht einseitig anordnen, sich gegen das Coronavirus impfen zu lassen

Start-ups müssen Maßnahmen gegen Ansteckungsgefahr ergreifen

Zugleich haben Arbeitgeber gegenüber ihren Mitarbeitern eine besondere Fürsorgepflicht und müssen daher Schutzmaßnahmen ergreifen, um die Ansteckungsgefahr am Arbeitsplatz zu reduzieren. Welche Maßnahmen in einem Betrieb zu ergreifen sind, ist dabei von der konkreten Betriebsorganisation abhängig.

Im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsschutzes müssen Start-ups grundsätzlich ein dreistufiges Schutzkonzept beachten. Danach müssen sie zunächst technische Maßnahmen zur Gestaltung des Arbeitsplatzes ergreifen, beispielsweise durch das Aufstellen von Trennwänden. Wenn diese nicht ausreichen, müssen sie zusätzlich organisatorische Maßnahmen treffen, etwa das Verschieben gemeinsamer Arbeits- und Pausenzeiten. Wenn das immer noch nicht genügt, kommen personenbezogene Maßnahmen hinzu, wie das Tragen einer geeigneten Schutzausrüstung.

In diesem Rahmen haben Arbeitgeber durch ihr Direktionsrecht die Möglichkeit, Arbeitsabläufe umzustrukturieren und einzelne Arbeitnehmer – jedenfalls solange dies pandemiebedingt erforderlich ist – anderen Aufgabenbereichen zuzuweisen. Um die Gefahr einer Virusinfektion zu reduzieren, können ungeimpfte Arbeitnehmer zum Beispiel auf einen Arbeitsplatz versetzt werden, bei dem kein unmittelbarer Kontakt zu Kunden oder Kollegen besteht.

Sollte eine Weiterbeschäftigung ungeimpfter Mitarbeiter unter Beachtung dieser Grundsätze nicht möglich sein, kann in Ausnahmefällen eine ordentliche personenbedingte Kündigung in Betracht kommen. Ob eine solche Kündigung zulässig ist, ist stets von den Umständen des Einzelfalls abhängig und sollte daher nicht ohne die vorherige ausführliche Prüfung des Sachverhaltes ausgesprochen werden.

Eine Versetzung oder Kündigung ungeimpfter Mitarbeiter setzt jedoch voraus, dass dem Arbeitgeber überhaupt bekannt ist, ob seine Mitarbeiter geimpft sind oder nicht.

Chefs haben keinen Anspruch auf Kenntnis des Impfstatus

Im Zusammenhang mit der Impfung gegen das Coronavirus müssen Arbeitgeber beachten, dass sie den Impfstatus ihrer Mitarbeiter nicht ohne Weiteres abfragen dürfen. Bei der Information über eine bereits erfolgte, bevorstehende oder abgelehnte Impfung handelt es sich um besonders sensible Gesundheitsdaten, die nach den Vorgaben der Datenschutzgrundverordnung nur unter strengen Voraussetzungen verarbeitet werden dürfen. Der Impfstatus eines Arbeitnehmers ist daher erst einmal seine Privatsache: Arbeitnehmer müssen ihren Chef weder darüber informieren, ob sie bereits geimpft sind oder eine solche Impfung geplant ist, noch ob sie überhaupt vorhaben, sich gegen das Coronavirus impfen zu lassen.

Ausnahmen gelten nach dem Infektionsschutzgesetz lediglich für Beschäftigte im Gesundheitswesen. Da hier die Gefahr einer Infektion besonders hoch ist, dürfen Arbeitgeber die Impfbereitschaft ihrer Mitarbeiter abfragen und diese Information zur Grundlage ihrer Entscheidung über die konkrete Art und Weise der Beschäftigung des jeweiligen Arbeitnehmers machen.

Den Arbeitnehmern bleibt es freigestellt, ihren Arbeitgeber freiwillig über den aktuellen Impfstatus und eine eventuelle Impfbereitschaft oder deren Fehlen zu informieren. Achtung: Freiwilligkeit ist nur dann gewahrt, wenn den Arbeitnehmern keine Nachteile drohen, wenn sie die Informationen nicht mit ihrem Arbeitgeber teilen.

„Impf-Incentives“ können Impfbereitschaft erhöhen

Arbeitgeber haben verschiedene Möglichkeiten, die Impfbereitschaft ihrer Mitarbeiter zu erhöhen, indem sie gezielt Anreize setzen, sich impfen zu lassen. Dies könnte die Impfquote im Betrieb positiv beeinflussen. Zu solchen Impfprämien, die auch „Impf-Incentives“ genannt werden, zählen zum Beispiel einmalige Sonderzahlungen oder zusätzliche Urlaubstage.

Darüber hinaus sollten Start-ups, die an die Impfbereitschaft ihrer Mitarbeiter appellieren wollen, sicherstellen, dass Impftermine auch während der Arbeitszeit in Anspruch genommen werden können, ohne dass Gehaltsausfälle drohen.

Grundsätzlich sind Arbeitnehmer gehalten, Arzttermine außerhalb der Arbeitszeit wahrzunehmen. Etwas anderes gilt nur, wenn es sich um einen dringenden Notfall handelt oder der Termin etwa behördlich festgelegt wurde, vom Arbeitnehmer also nicht beeinflusst werden konnte. In diesem Fall haben Arbeitnehmer auch für die – in der Regel ohnehin recht kurze – Zeit ihrer Abwesenheit Anspruch auf Vergütung, sofern im Arbeitsvertrag nichts anderes geregelt ist.

Start-ups sollten daher rechtzeitig kommunizieren, welche Regelung in Bezug auf die Corona-Schutzimpfung im Betrieb gilt.

Autor: Inka Müller-Seibert

Inka Müller-Seubert ist Rechtsanwältin bei der Wirtschaftskanzlei CMS Deutschland. Sie berät Unternehmen, vom internationalen Konzern bis zum mittelständischen Unternehmen, in allen Fragen des Individual- und Kollektivarbeitsrechts sowie des Dienstvertragsrechts.

Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder

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