BioExoTec entwickelt eine innovative Diagnostikplattform, mit der Krebs bereits im frühesten Stadium über Exosomen in Blut oder Speichel erkannt werden kann.
Wie ist BioExoTec entstanden und wer sind die Köpfe hinter dem Unternehmen?
Der Ursprung von BioExoTec liegt in der Krebsforschung und in einer sehr persönlichen Erfahrung. Prof. Dr. Marie-Nicole Theodoraki forschte als Postdoc zwei Jahre an der University of Pittsburgh in den USA. Dort stieß sie auf das damals noch wenig erforschte Feld der Exosomen und erkannte deren Potenzial für die frühzeitige Krebsdiagnostik. In genau dieser Zeit erkrankte ihr Großvater an Krebs – und verstarb. Eine frühere Diagnose hätte vielleicht sein Leben retten können.
Zurück in Deutschland begann Marie gemeinsam mit ihrer Doktorandin Linda, die wissenschaftliche Arbeit weiterzuentwickeln. Es entstand die Idee, eine Diagnostikplattform auf Basis von Exosomen zu schaffen. Tobias kam früh hinzu und übernahm den komplexen Bereich rund um Regulierung und Zulassung. Unternehmerische Verstärkung bringt Gaby, die als erfahrene Gründerin den strategischen und wirtschaftlichen Teil verantwortet. Gemeinsam bildet das Team eine seltene Kombination aus wissenschaftlicher Exzellenz, medizinischer Tiefe, regulatorischer Kompetenz und Unternehmergeist.
Welche Vision verfolgt BioExoTec im Bereich der Krebsfrüherkennung und wie sieht der Weg dorthin aus?
Die Vision von BioExoTec ist klar: Krebs so früh wie möglich erkennen, idealerweise, bevor erste Symptome auftreten. Viele Tumoren werden heute erst in einem späten Stadium diagnostiziert, wenn eine Heilung nur noch schwer möglich ist und 50 % der Patienten nicht überleben. Dabei wären über 90 Prozent aller Krebsfälle im Frühstadium heilbar.
BioExoTec entwickelt deshalb einen Test, der mit einer einfachen Blut- oder Speichelprobe bereits sehr frühe Tumorstadien erkennen kann: minimalinvasiv, präzise und deutlich früher als aktuelle Methoden. Der Weg dahin führt über klinische Studien, technologischen Feinschliff und den Einstieg in die medizinische Regelversorgung. Ziel ist ein praxistauglicher, standardisierter Test, der sich nahtlos in den Alltag von Kliniken und Praxen integrieren lässt.
Was war der ausschlaggebende Moment, sich auf Exosomen als Grundlage für die Diagnose zu konzentrieren?
Es war ein Moment der wissenschaftlichen Neugier gepaart mit persönlicher Betroffenheit. Während ihrer Zeit in Pittsburgh erkannte Marie, wie präzise Exosomen Informationen über Tumoren liefern können. Anders als andere Biomarker werden sie aktiv von Tumorzellen ausgeschieden und zwar schon im Frühstadium. Sie enthalten nicht nur DNA, sondern auch Proteine, RNA und andere Biomoleküle, die ein umfassendes Bild des Tumors liefern.
Gleichzeitig erlebte sie den Krebstod ihres Großvaters. Diese Kombination aus wissenschaftlicher Erkenntnis und persönlichem Verlust wurde zum Antrieb, die Forschung in konkrete medizinische Anwendung zu überführen.
An welche Zielgruppe richtet sich BioExoTec konkret und wie stellen Sie sicher, deren Bedürfnisse zu treffen?
BioExoTec richtet sich in erster Linie an onkologische Fachkliniken, Labore und künftig auch an niedergelassene Ärzte. Die Tests sollen in der Diagnostik, in der Nachsorge sowie bei Risikopatienten als präventives Screening eingesetzt werden.
Damit die Anwendung im klinischen Alltag reibungslos funktioniert, arbeitet BioExoTec eng mit medizinischen Partnern zusammen. Acht Universitätskliniken sind bereits am Board und liefern frühzeitig Feedback, das in die Testentwicklung einfließt. Ziel ist ein unkomplizierter Test, der mit bestehenden Laborgeräten durchführbar und leicht in den Praxisablauf integrierbar ist.
Wie grenzt sich BioExoTec von anderen Ansätzen im Bereich der Liquid Biopsy ab?
Viele bestehende Liquid-Biopsy-Verfahren setzen auf zirkulierende Tumor-DNA (ctDNA) oder Tumorzellen (CTCs). Das Problem: Diese Marker sind im Blut oft nur in späten Stadien nachweisbar und dann ist es meist zu spät.
Exosomen hingegen werden von Tumorzellen kontinuierlich und früh ausgeschieden. Sie enthalten ein ganzes Paket an Informationen – darunter RNA, Proteine und Lipide. BioExoTec nutzt diese Datenfülle mithilfe einer patentierten Signatur, um Tumoren präzise zu identifizieren, selbst wenn sie sich noch im Anfangsstadium befinden.
Mit welchen Herausforderungen sehen Sie sich aktuell konfrontiert – wissenschaftlich wie unternehmerisch?
Wissenschaftlich ist vor allem die Vereinfachung des Tests eine zentrale Herausforderung: Er soll hochpräzise bleiben, aber gleichzeitig so einfach sein, dass er in jedem kommerziellen Labor durchführbar ist. Parallel dazu braucht es weitere klinische Studien, die Zeit und erhebliche finanzielle Mittel erfordern.
Auf unternehmerischer Seite ist die regulatorische Komplexität die größte Hürde. Zulassungsverfahren, klinische Validierung, Erstattungsfähigkeit durch Krankenkassen – jeder dieser Schritte muss strategisch geplant werden. Der Prozess hat rund zwei Jahre gedauert, aber heute verfügt BioExoTec über ein starkes Netzwerk an Experten, die das Team auf diesem Weg begleiten.
Worin sehen Sie aktuell die größten Chancen für Ihre Technologie im medizinischen Alltag?
Früherkennung ist der Schlüssel für bessere Krebsbehandlung und genau hier liegt die große Chance von BioExoTec. Der Exosomentest erlaubt nicht nur die Diagnose in einem sehr frühen Stadium, sondern auch die Überwachung von Therapieverläufen und die Früherkennung von Rückfällen.
Die Plattform ist flexibel einsetzbar und hat das Potenzial, langfristig auch in anderen Bereichen der Medizin Anwendung zu finden. Exosomen könnten sich zu einem neuen Standard der präzisen, minimalinvasiven Diagnostik entwickeln.
Was steht als nächstes an? Gibt es neue Indikationen oder Anwendungsfelder, die BioExoTec erschließen möchte?
Aktuell liegt der Fokus auf Kopf-Hals-Tumoren – hier ist BioExoTec besonders weit. Parallel arbeitet das Team an weiteren Indikationen und an einem Speicheltest, der direkt in der Arztpraxis anwendbar ist. Dieser hat bereits die erste klinische Studie erfolgreich bestanden.
Mit dem Speicheltest wird die Früherkennung noch einfacher und niederschwelliger – ein nächster Schritt in Richtung flächendeckender Prävention.
Wie wichtig ist die Verbindung zu Hochschulen und Förderprogrammen wie dem TUM IDEAward für Ihr Wachstum?
Die enge Anbindung an die Wissenschaft war für BioExoTec essenziell. Programme wie der TUM IDEAward oder der Münchner Businessplan Wettbewerb gaben dem Team nicht nur finanzielle Unterstützung, sondern auch wertvolle Sichtbarkeit und Zugang zu Netzwerken.
Gerade die Nähe zur Technischen Universität München, zu UnternehmerTUM und BayStartup hat es ermöglicht, die wissenschaftliche Forschung in eine marktfähige Lösung zu überführen – ein Paradebeispiel für gelungene akademische Ausgründung.
Welche Entwicklungen wünschen Sie sich künftig im Gesundheitssystem, um Innovationen wie Ihre besser zu fördern?
Das deutsche Gesundheitssystem braucht mehr Tempo und Klarheit, vor allem in der Regulierung. Wer heute eine neue Diagnostik auf den Markt bringen will, muss mit jahrelangen Verfahren rechnen. Schnellere Zulassungsprozesse, klar definierte Erstattungswege und mehr Mut zu Pilotprojekten könnten Innovationen erheblich beschleunigen. Vor allem bei innovativen Technologien wie Liquid Biopsy oder KI-gestützter Diagnostik ist Deutschland derzeit noch zu zögerlich.
Welche drei Ratschläge würden Sie anderen Gründerinnen und Gründern aus dem Gesundheitsbereich mit auf den Weg geben?
Baut früh ein interdisziplinäres Team auf – Medizin, Wissenschaft, Regulatorik und Wirtschaft müssen von Anfang an zusammenkommen.
Plant den regulatorischen Weg von Anfang an mit – wer hier falsch abbiegt, verliert Jahre.
Habt Ausdauer – Innovation im Gesundheitsbereich ist kein Sprint, sondern ein Marathon.
Bild: Gründerteambild v.l.n.r Prof. Dr. Marie-Nicole Theodoraki, Dr. Linda Hofmann, Tobias Theodorakis und Dr. Gaby Wiegran @ privat
Wir bedanken uns bei Prof. Dr. Marie-Nicole Theodorakis für das Interview
Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder.