Donnerstag, September 4, 2025
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Was passiert, wenn Technik auf echte Emotionen trifft?

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kruu fotobox app event Gründer abgebildet, von links nach rechts: Oliver Grünberg, Philipp Schreiber und Jochen Dolderer. Bildrechte: KRUU GmbH, Fotograf: Kai Futterer

KRUU ermöglicht mit seinen mobilen Fotoboxen unvergessliche Erinnerungen auf privaten und beruflichen Events.

Wie ist die Idee zu KRUU entstanden und wer steckt hinter dem Unternehmen?

Mein Mitgründer Jochen Dolderer hat 2015 auch als Hochzeits-DJ gearbeitet, um sein Agentur-Gründer-Gehalt aufzubessern. Er kam irgendwann von einer Hochzeit, auf der er eine mobile Fotobox gesehen hat. Eine mobile Fotobox ist so kompakt, dass man sie in einem Paket zum Kunden schicken kann. Wir fanden die Idee zumindest so spannend, dass wir einen Prototyp gebaut haben. Mein anderer Mitgründer Oliver Grünberg hat sich um die Hardware gekümmert und dann haben wir da einen funktionierenden Prototypen und fanden es auf einmal sehr spannend.

Da wir wussten, dass wir für die Fotoboxen viel Kapital einsetzen müssen, haben wir vor dem Startschuss erst Mal eine Website gebaut mit einem Stockfoto einer Fotobox und einem Preis, der sich am Wettbewerb orientierte. Dann haben wir 500 Euro Google Ads Budget drauf geschickt und gewartet. Aber tatsächlich nur knapp 30 Minuten – und dann kamen die ersten Leads rein. Die wir dann abgesagt haben mit der Begründung, dass wir am gewünschten Datum ausgebucht sind.

Welche Vision verfolgt KRUU und wie setzt ihr diese konkret um?

Wir möchten eine weltweit bekannte Marke für Fotoboxen werden. Unsere Kunden sollen unendlich viele unvergessliche Momente konservieren. Dafür breiten wir uns immer weiter in der Welt aus. Zuletzt ist unser US-Standort dazugekommen und wir werden dieses Jahr alleine dort schon auf 20.000 Events weit mehr als eine Million Fotos ausdrucken. Wir gehen davon aus, dass schon etwa 10 Millionen Menschen mit einer unserer Fotoboxen Kontakt hatten. Verrückt. Das wollen wir in Zukunft noch deutlich steigern.

Worin liegt für euch der größte Reiz, mit Fotoboxen unvergessliche Momente festzuhalten?

Für uns ist zum einen der Entertainment-Faktor bei einer Feier sehr wichtig. Ob es Mittags die Kinder sind oder abends dann Freunde der Gastgeber – alle haben viel Spaß. Und dann bringen wir in unsere digitale Zeit plötzlich analoge Erinnerungen. Das ausgedruckte Foto am Kühlschrank oder an der Pinnwand bringt oft ein Lächeln in den Alltag. Und das bedeutet uns sehr viel.

Welche Zielgruppen sprecht ihr mit KRUU gezielt an und wie geht ihr auf deren individuelle Bedürfnisse ein?

Am Anfang haben wir uns voll auf Brautpaare konzentriert und uns als Hochzeits-Brand positioniert. Inzwischen ist unser Branding neutraler geworden und wir sprechen Gastgeber:innen aller privaten und beruflichen Feiern an. Hier in Europa sind das zusätzlich vor allem Geburtstage, in den USA sind auch Graduations ein großes Ding. Für die verbreitetsten Event-Arten bieten wir spezielle Props an, das sind Papp-Accessoires, die man sich z.B. vors Gesicht halten kann. Ansonsten leben unser Produkt und unsere Firma von der Standardisierung des Produkts und der Prozesse. Nur so können wir so viele Kunden so gut bedienen.

Was unterscheidet die Fotoboxen von KRUU von anderen Angeboten am Markt?

Wir finden, dass wir das schönste Produkt haben. Unser Bestellprozess ist extrem einfach, die Qualität der Bilder und Ausdrucke toll. Die Bedienung ist im wahrsten Sinne des Wortes kinderleicht – selbst Dreijährige kommen damit zurecht. Und aufgrund des hohen Automatisierungsgrades haben wir unschlagbare Preise.

Welche Rolle spielt die KRUU App in eurem Gesamtkonzept und wie wird sie von den Nutzerinnen und Nutzern angenommen?

Die App wird immer mehr die Zentrale zur Verwaltung der Fotobox. Inzwischen können unsere Kunden z.B. im Falle eines Schreibfehlers im Design die Fotobox vor Ort per App neu konfigurieren. Bald kommt die Möglichkeit dazu, dass die Gäste ihre Bilder per App herunterladen können – ein wirklich oft gewünschtes Feature. Und für uns ist die App toll, da wir mit unserem Brand auf extrem vielen Endgeräten installiert sind. Wir merken das im Marketing deutlich – ein nicht zu verachtender Anteil an Bestellungen kommt inzwischen direkt über die App. Dieses Jahr rechnen wir mit 400.000 bis 500.000 neuen App-Usern und haben dann alleine in Europa schon knapp 1 Mio.

Gab es auf dem Weg besondere Herausforderungen, die euch als Team gefordert haben?

Wir haben früh gelernt, dass bei uns potenziell alles kaputt gehen kann. Der lange Transport auf der Straße ist eine große Belastung für alle Geräte. Unsere Fotoboxen selbst sind super robust. Hier gehen die Ausfälle gegen null. Und andere Bestandteile wie z.B. Drucker verbessern wir inzwischen direkt nach Anlieferung, damit sie unseren Anforderungen gerecht werden. Das sind die technischen Sachen. Covid war natürlich auch eine große Herausforderung, die wir aber dank Team-Zusammenhalt und Hilfe unserer Investoren – und auch der Politik – gut gemeistert haben.

Wie stellt ihr sicher, dass Technik, Versand und Rückgabe bei so vielen Events reibungslos funktionieren?

Auf der Kundenseite: viele automatisierte E-Mails und SMS. Erinnerungen an jeder Position der Customer-Journey. Eine einfache, aber sehr sichere Verpackung unserer Geräte, die unsere Kunden verstehen.
Bei uns: Absolute Prozess-Exzellenz. Unser Versandlager funktioniert wie ein Uhrwerk. Wenn wir ineffiziente Prozesse erkennen, werden diese konsequent verbessert. Wenn wir bei einem Prozess 20 Sekunden rausholen, sind das im Jahr inzwischen knapp 400 Stunden, die wir einsparen. Jedes Teil, welches von einem Kunden zurückkommt, wird bevor es wieder rausgeht nach einem fixen Protokoll geprüft und gereinigt, bevor es zum nächsten Kunden wieder rausgeht.

Welche neuen Features oder Erweiterungen plant KRUU in naher Zukunft?

Wie vorhin schon angeteast, arbeiten wir gerade intensiv am Fotosync-Feature – das ist jetzt der Arbeitstitel. Mit diesem können die Benutzer:innen der Fotobox neben dem Ausdruck auch direkt das digitale Bild bekommen. Daneben evaluieren wir viele Feature-Ideen von ganz kleinen Verbesserungen bis zu großen neuen Features, über die ich an dieser Stelle aber noch nicht reden möchte.

Wohin soll sich euer Geschäftsmodell langfristig entwickeln – bleibt es bei Fotoboxen oder denkt ihr schon weiter?

Wir sind und bleiben bis auf weiteres eine Single-Product-Company. Wir denken aktiv über andere Regionen in der Welt nach und natürlich auch, wie wir unser starkes Wachstum in den USA und Europa weiter beibehalten können.

Was war bisher euer schönster oder überraschendster Moment in der Entwicklung von KRUU?

Wir haben letzte Woche unser neues Warehouse in Heilbronn eröffnet. Da ich derzeit in den USA lebe, war ich am Aufbau sowie an der Planung unserer Eröffnungsfeier zum ersten Mal überhaupt nicht beteiligt. Als ich dann auf den Hof gefahren bin, hat mich der Schlag getroffen – im positiven Sinne. Unser Leadership-Team und die ganze Firma sind erwachsen geworden und strahlt das auch als Arbeitgeber aus. Und die KRUU ist nicht mehr stark von uns Gründern abhängig. Das finde ich sehr schön und macht mich stolz.

Welche drei Tipps würdet ihr anderen Gründerinnen und Gründern mit auf den Weg geben?

Das Team und die Harmonie sind super wichtig. Lieber jemanden nicht einstellen, der menschlich nicht reinpasst. Testet eure Idee, bevor ihr anfangt, sie umzusetzen. Fake it ‘til you make it. 80% Perfektion reichen. Die letzten 20% von Hand machen und dann nach und nach weiter optimieren.

Bild: von links nach rechts: Oliver Grünberg, Philipp Schreiber und Jochen Dolderer. Bildrechte: KRUU GmbH, Fotograf: Kai Futterer

Wir bedanken uns bei Philipp Schreiber für das Interview

Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder.

Was wäre, wenn Qualitätssicherung plötzlich ganz einfach wäre?

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Eleven Dynamics: Qualitätssicherung mit EDAS eleven dynamics team bild @eleven dynamics ag

Eleven Dynamics automatisiert mit seiner Plattform EDAS komplexe Prüf- und Messprozesse in der industriellen Fertigung – schnell, präzise und vollständig inline

Was steckt hinter Eleven Dynamics und wie ist die Idee zur Gründung entstanden?

Die Idee zur Gründung kam als ich damals bei Hexagon angestellt war. Ich sah, dass viele Leute versuchten ihre Messtechnik zu automatisieren, aber niemand musste wirklich wie. Die existierenden Lösungen waren alle schlecht, da sie aus der Messtechnik heraus kamen und sich da niemand mit Automatisierung auskennt. Andersrum kennt sich in der Automatisierung niemand mit der Messtechnik aus.

Trotzdem wollen alle automatisieren, gerade in diesem Bereich, da Qualitätssicherung oft langsam, teuer und abhängig von hochqualifiziertem Personal ist. Gleichzeitig stagnierte die Digitalisierung in diesem Bereich – trotz dem Potenzial von Robotik und Sensorik. Wir wollten das ändern und haben mit Eleven Dynamics eine Plattform entwickelt, die Qualitätssicherung automatisiert, beschleunigt und gleichzeitig hochpräzise macht – komplett inline, während die Produktion läuft. Die Gründung war die logische Konsequenz aus dem Wunsch, diese Lücke zu schließen.

Welche Erfahrungen bringen Sie und Ihr Team aus früheren Stationen mit, die heute in Eleven Dynamics einfließen?

Unser Team vereint Erfahrung aus den Bereichen industrielle Automation, Robotik, Softwareentwicklung, Messtechnik und Business Development. Persönlich war ich zuvor Entwicklungsleiter bei Hexagon und habe früh gelernt, wie wichtig es ist, komplexe Prozesse einfach und nutzerfreundlich zu gestalten. Viele unserer Entwickler kommen aus Bereichen, wo Präzision entscheidend ist – das merkt man der EDAS-Plattform an. Wir kombinieren technologische Tiefe mit einem klaren Fokus auf Usability.

Mit der EDAS-Plattform automatisiert Eleven Dynamics anspruchsvolle Prüf- und Messaufgaben. Was war der größte Entwicklungsschritt in diesem Bereich?

Der größte Entwicklungsschritt war die Realisierung eines vollständig inlinefähigen Systems, das unabhängig von Roboter-, Sensor- oder Softwareherstellern funktioniert. EDAS ist modular, skalierbar und bietet eine No-Code-Umgebung, in der auch Nicht-Programmierer komplexe Prozesse automatisieren können. Ein Meilenstein war die Reduktion von Messzeiten von acht Stunden auf unter 20 Minuten bei großen Karosserien – das war ein echter Gamechanger für unsere Kunden.

Welche konkreten Vorteile bringt die Partnerschaft mit dem Stake F1 Team KICK Sauber für Eleven Dynamics?

Die Partnerschaft zeigt ganz klar, dass unsere Technologie auch unter extremen Bedingungen – wie in der Formel 1 – funktioniert. Für uns ist das ein starkes Signal in Richtung Präzision, Performance und Geschwindigkeit. Gleichzeitig erhalten wir wertvolles Feedback aus einem Umfeld, in dem Qualitätssicherung auf absolutem Topniveau stattfinden muss. Die Sichtbarkeit und das Vertrauen, das mit so einem Team einhergeht, hilft uns natürlich auch in anderen Industrien.

Wie verändert sich durch die robotergestützte Messtechnik von Eleven Dynamics die Qualitätssicherung in der Hochleistungsproduktion?

Wir machen Qualitätssicherung zu einem integralen Bestandteil der Produktion – nicht zu einem nachgelagerten Prozess. Das bedeutet: Fehler werden erkannt, während sie entstehen, nicht erst danach. Unsere Lösung reduziert Ausschuss, verbessert die Reaktionsgeschwindigkeit bei Problemen und schafft vollständige Transparenz über die Prozessqualität – und das live. Damit wird Qualitätssicherung zum echten Werttreiber, nicht nur zur Pflicht.

Was macht Eleven Dynamics für Sie persönlich zu einem zukunftsweisenden Unternehmen?

Wir lösen ein reales, drängendes Problem mit einer skalierbaren, intelligenten Lösung. Was mich besonders begeistert: Unsere Plattform ist nicht nur ein Produkt, sondern eine Infrastruktur, auf der unsere Kunden aufbauen können – egal ob Automobilindustrie, Luftfahrt oder Medizintechnik. Wir helfen Industrien, die heute noch stark analog geprägt sind, den Sprung in die digitale, automatisierte Zukunft zu schaffen – effizient, nachhaltig und unabhängig.

Welche Industrien außerhalb der Formel 1 profitieren heute bereits von Ihrer Lösung – und welche möchten Sie künftig noch erschließen?

Aktuell arbeiten wir eng mit Automobilherstellern wie BMW zusammen, aber auch mit Zulieferern, Maschinenbauern und Batterieproduzenten. Künftig wollen wir verstärkt in die Luft- und Raumfahrt, die Medizintechnik und in neue horizontale Märkte wie Wasserstrahlschneiden, additive Fertigung oder Schweißtechnik expandieren. Überall dort, wo Präzision und Wiederholbarkeit gefragt sind, kann EDAS einen großen Mehrwert bieten.

Wie gehen Sie mit technologischen und wirtschaftlichen Herausforderungen um, die in der Automatisierungsbranche an der Tagesordnung sind?

Wir setzen auf Eigenentwicklung und modulare Architekturen, um flexibel zu bleiben – technologisch wie wirtschaftlich. Gleichzeitig bauen wir auf starke Partnerschaften, z.B. mit OEMs oder Sensorherstellern, um gemeinsam Standards zu setzen. Wirtschaftlich hilft uns unsere klare Struktur im Lizenz- und Servicegeschäft: Wir haben wiederkehrende Einnahmen und können so besser planen und skalieren, auch in unsicheren Zeiten.

Was unterscheidet Eleven Dynamics im Wettbewerbsumfeld besonders – wo liegt Ihr USP?

Unser größter USP ist die Unabhängigkeit und die Möglichkeit zur echten Inline-Qualitätssicherung. Wir sind die einzige Plattform, die Sensoren, Roboter und Metrologiesoftware beliebig kombinieren kann – und das mit Echtzeitdaten und vollständiger Automatisierung. Außerdem ermöglicht unsere No-Code-Umgebung eine einfache Inbetriebnahme auch durch Nicht-Ingenieure. Das senkt die Einstiegshürde massiv und macht uns extrem skalierbar.

Welches Feedback erhalten Sie von Unternehmen, die mit der EDAS-Plattform arbeiten?

Das Feedback ist durchweg positiv – besonders was Geschwindigkeit, Transparenz und Flexibilität betrifft. Kunden sind oft überrascht, wie intuitiv und schnell unsere Lösung einsatzbereit ist. Auch der Support und die Möglichkeit zur Individualisierung werden häufig gelobt. In einigen Fällen konnten wir Produktionsfehler komplett eliminieren, was einen direkten Einfluss auf Sicherheit und Kosten hatte.

Was sind die nächsten Entwicklungsschritte bei Eleven Dynamics – sowohl technisch als auch strategisch?

Technisch setzen wir stark auf KI-basierte Defekterkennung, noch bessere User Experience und weitere Automatisierungsfunktionen. Strategisch wollen wir unsere OEM-Partnerschaften ausbauen, neue Märkte erschließen und unseren Vertrieb international skalieren. Gleichzeitig investieren wir in unsere interne Struktur – etwa durch den Aufbau dedizierter Teams für HR, Projektmanagement und Support – um auch intern weiter zu wachsen.

Welche drei Ratschläge geben Sie Gründerinnen und Gründern, die ein technologieorientiertes Unternehmen aufbauen möchten?

  1. Löse ein echtes Problem. Technik allein reicht nicht – das Kundenproblem muss immer im Fokus stehen, sonst entwickelt man an der Realität vorbei.
  2. Baue ein starkes Kernteam. Du brauchst Leute, die Verantwortung übernehmen und die Vision mittragen – ohne ein gutes Team ist selbst die beste Idee wenig wert.
  3. Denke Skalierung von Anfang an mit. Prozesse, Produkt und Geschäftsmodell müssen so gestaltet sein, dass Wachstum möglich ist – strukturiert und ohne Chaos.
  4. Und ganz wichtig: Seit sales-driven und arbeitet nicht am Markt vorbei. Vertrieb und Marketing sind das A und O – ohne Kunden hilft dir das beste Produkt nichts. Viele unterschätzen das. Verkaufen ist keine Nebensache – es ist das Rückgrat des Unternehmens.

Bild: Teambild ©Eleven Dynamcis

Wir bedanken uns bei Santiago Droll für das Interview

Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder.

YouTube 2025: Wie Startups mit YouTube durchstarten

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youtube 2025 startups youtube shorts strategie Frau präsentiert Kleidung in einem Indoor-Mode-Vlog mit einem Ringlicht und einem Smartphone.

2025 ist YouTube weit mehr als nur eine Videoplattform. Es ist ein dynamischer digitaler Marktplatz, ein vielseitiges soziales Netzwerk und ein Karriere-Booster zugleich. Während TikTok und Instagram intensiv um Aufmerksamkeit ringen, bleibt YouTube die zentrale Schaltzentrale für Videocontent. Doch um auf YouTube 2025 wirklich durchzustarten, solltest du deine Strategien gezielt auf die neuesten Trends ausrichten.

YouTube Shorts: Der Turbo für deine Reichweite 2025

YouTube Shorts, Googles Antwort auf TikTok, sind 2025 kein nettes Gimmick mehr, sondern ein absolutes Muss für jedes Startup. Die kurzen Videos kommen bei jungen Zielgruppen besonders gut an, da sie in wenigen Sekunden informieren oder unterhalten und ideal in kleine Pausen passen – etwa auf dem Weg zur Arbeit oder beim Warten auf den nächsten Termin.

Um mit YouTube Shorts erfolgreich Reichweite zu generieren, fokussiere dich auf Kreativität, Kontinuität und Community-Bindung. Nutze Shorts, um Trends schnell aufzugreifen und bleibe dabei authentisch. Je kreativer dein Content, desto höher ist die Chance, neue Abonnenten zu gewinnen.

Tipp für Startups: YouTube belohnt regelmäßige Shorts mit erhöhter Sichtbarkeit. Nutze Shorts gezielt, um Zuschauer auf deine längeren Videos oder Produkte aufmerksam zu machen.

Monetarisierung auf YouTube: So generierst du Einnahmen für dein Startup

Die Monetarisierung auf YouTube ist 2025 vielfältiger denn je. Neben klassischen Werbeeinnahmen gewinnen neue Einnahmequellen an Bedeutung: Kanalmitgliedschaften (Memberships), Shopping-Integration und Paid Shorts.

Memberships werden zum neuen Standard. Zuschauer zahlen für exklusiven Content wie Behind-the-Scenes-Videos, frühe Zugriffe oder spezielle Tutorials. Für Startups bedeutet das planbare Einnahmen und loyale Kunden.

Shopping-Integration ermöglicht es Nutzern, Produkte direkt aus Videos zu kaufen. Für Startups eröffnet dies Chancen für Produktplatzierungen und Affiliate-Marketing in einer hochrelevanten Umgebung.

Paid Shorts bieten exklusive Kurz-Inhalte gegen kleine Beträge. Besonders erfolgreich sind sie in Nischenbereichen wie Bildung (etwa schnelle Tipps oder kurze Tutorials).

Erfolgsstrategien für YouTube 2025: So begeisterst du deine Zielgruppe

2025 dreht sich alles um Authentizität, Community-Aufbau und Anpassungsfähigkeit. Für nachhaltigen Erfolg solltest du diese Strategien verfolgen:

  • Authentizität und Persönlichkeit: Zeige die Menschen und Werte hinter deinem Startup. Nähe schafft Loyalität.
  • Aktives Community Management: Interagiere aktiv durch Kommentare, Umfragen oder Live-Streams. Höre deinen Zuschauern zu und stärke eure Beziehung.
  • Vielfältige Inhalte: Setze auf eine ausgewogene Mischung aus ausführlichen Videos, unterhaltsamen Shorts und interaktiven Live-Streams, um ein breites Spektrum an Zuschauerinteressen abzudecken.

Beobachte kontinuierlich aktuelle Trends, experimentiere mit neuen Formaten und bleibe flexibel.

Die Zukunft von YouTube: Wohin die Reise 2025 und darüber hinaus geht

Auch nach 2025 bleibt YouTube zentraler Dreh- und Angelpunkt für Videocontent, doch die Plattform entwickelt sich ständig weiter. Künstliche Intelligenz wird Inhalte stärker personalisieren, immersive Erlebnisse könnten wichtiger werden, und neue Monetarisierungsmodelle werden zunehmend attraktiver.

Als Startup solltest du flexibel bleiben und dich ständig weiterentwickeln. Wer jetzt YouTube Shorts gezielt nutzt, neue Monetarisierungsoptionen kreativ ausschöpft und seine Community begeistert, legt den Grundstein für langfristigen Erfolg auf YouTube – weit über das Jahr 2025 hinaus.

Foto/Quelle: stock.adobe.com – Krakenimages.com

Project A Ventures: Philipp Werners Erfolgsgeheimnisse für Gründer

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project-a-ventures-philipp-werner-gruender-tipps–Portraits–Philipp–PressPortrait Philipp Werner in Berlin auf einer Dachterasse mit einigen Hochhäusern im Hintergrund

Project A Ventures hat kürzlich für Schlagzeilen gesorgt: Trotz eines schwierigen Marktumfeldes gelang dem Berliner VC ein überzeichnetes Closing seines fünften Fonds mit beeindruckenden 325 Millionen Euro. Hinter diesem Erfolg stehen laut Philipp Werner, Partner bei Project A Ventures, vor allem Kontinuität und Verlässlichkeit – Eigenschaften, die in unsicheren Zeiten bei Investoren besonders gefragt sind.

Im Interview spricht Philipp Werner über typische Herausforderungen junger Gründerinnen und Gründer, die Besonderheiten des operativen Studio-Modells von Project A Ventures und erläutert, warum europäische Resilienz weit mehr als nur ein Buzzword ist. Er gibt Einblicke, wie geopolitische Veränderungen Investitionsentscheidungen beeinflussen und warum London trotz Brexit weiterhin strategisch relevant bleibt. Außerdem verrät Werner, woran man echte Unicorn-Potenziale erkennt und welche Startups aus dem aktuellen Portfolio ihn besonders begeistern.

Project A Ventures hat gerade ein überzeichnetes Fonds-Closing über 325 Millionen Euro verkündet. Was hat aus Deiner Sicht den Ausschlag gegeben, dass in einem eher verhaltenen Marktumfeld so viele Investor:innen mitgezogen sind?

Philipp Werner: In einem Markt wie diesem 325 Millionen Euro zu raisen – und das in nur vier Monaten – ist tatsächlich nicht selbstverständlich. Was aus meiner Sicht den Ausschlag gegeben hat: Kontinuität und Verlässlichkeit. Es ist unser fünfter Fonds, und in jeder Generation haben wir Unternehmen dabei gehabt, die es bis zum Unicorn geschafft haben. Viele unserer LPs sind schon lange dabei, kennen unsere Handschrift und wissen, dass wir liefern – sowohl strategisch als auch finanziell. In einem Umfeld, in dem viele auf Sicht fahren, war das für viele ein überzeugendes Signal.

Ihr geht mit dem neuen Fonds noch stärker in die Ideenphase und setzt auf euer Studio-Modell. Was sind die häufigsten Denkfehler, die Du bei Gründern ganz am Anfang siehst – und wie unterstützt ihr konkret dabei, diese Hürden früh zu nehmen?

Philipp Werner: In der ganz frühen Phase sehen wir oft zwei Klassiker: Entweder es wird sich zu früh auf eine Idee eingeschossen, meist basierend auf sehr dünnen Signalen, oder es wird direkt mit einer Lösung gestartet, bevor überhaupt klar ist, ob das zugrunde liegende Problem relevant genug ist. Auch Captable-Fails sind leider ein Dauerthema: Gründer geben früh zu viele Anteile ab, was ihnen später in der Series A auf die Füße fällt. Unser Studio ist genau dafür gebaut. Wir gehen gemeinsam durch die Validierung, challengen Hypothesen, denken vom Problem aus und helfen dabei, ein Setup zu bauen, das auch langfristig funktioniert.

Die Kombination aus operativer Unterstützung und klassischem VC ist im europäischen Ökosystem selten. Was unterscheidet euer Modell im Alltag wirklich von klassischen Frühphasen-Investoren?

Philipp Werner: Viele sprechen über „Value-Add“, bei uns ist das kein Buzzword, sondern ein operatives Versprechen. Wir investieren früh, dort wo die entscheidenden Stellschrauben für das Unternehmen gesetzt werden. Und genau da stehen wir unseren Gründern mit einem sehr hands-on Approach zur Seite. Unser operatives Team arbeitet mit den Startups in Bereichen wie Growth, Product, Data, Tech oder People – oft tief eingebunden, besonders in der Skalierungsphase. Das unterscheidet uns ganz konkret von klassischen Frühphasen-VCs, die eher auf Distanz bleiben.

Mit mittlerweile 1,2 Milliarden Euro verwaltetem Kapital seid ihr deutlich gewachsen. Wie gelingt es Dir, trotzdem persönlich nah an den Gründern zu bleiben – oder geht das irgendwann zwangsläufig verloren?

Philipp Werner: Für mich ist die Nähe zu den Gründern kein Nice-to-have, sondern zentraler Teil meines Jobs. Ich bin mit den meisten, mit denen ich arbeite, mehrmals die Woche im Austausch. Man geht durch Ups und Downs, und genau das schafft Vertrauen und echte Partnerschaft. Unsere Gründer merken das und spiegeln es auch. Wenn sie mit anderen Gründern sprechen oder Referenzen geben, erzählen sie von der Beziehung auf persönlicher Ebene, nicht nur von der Marke Project A Ventures.

Ihr wart sehr früh bei Unternehmen wie Trade Republic oder Quantum Systems dabei. Was siehst Du bei solchen Teams, das andere nicht sehen – und woran erkennst Du echtes Unicorn-Potenzial?

Philipp Werner: In Pre-Seed und Seed investieren wir im Wesentlichen in zwei Dinge: die Gründerteams und den Markt. Beim Team schauen wir stark auf Persönlichkeitsmerkmale – Ambition, Resilienz, Anpassungsfähigkeit, Kommunikationsstärke und die Fähigkeit, andere für die eigene Vision zu begeistern. Viele dieser Skills erkennt man nicht in einem Pitchdeck, sondern erst im direkten Sparring. Beim Markt gehen wir sehr tief rein: Wir machen intensive Deep-Dives und bauen uns Hypothesen auf. Ich verbringe zum Beispiel aktuell viel Zeit mit Technologien, die globale Lieferketten resilienter machen. Wenn Gründer dort mit einer echten Edge auftauchen, sehen wir das schnell und können direkt andocken.

In der Mitteilung zum Project A Ventures Fonds V sprecht ihr von „europäischer Resilienz“. Was bedeutet das für Dich – ist das mehr als ein Buzzword?

Philipp Werner: Europa steht geopolitisch unter Druck – wirtschaftlich, sicherheitstechnisch, technologisch. „European Resilience“ heißt für uns: in Fähigkeiten investieren, die Europa unabhängiger und wettbewerbsfähiger machen. Das reicht von Defense- und Dual-Use-Tech wie bei Quantum Systems oder ARX Robotics bis hin zu grundlegender Infrastruktur wie Halbleiterentwicklung bei Black Semiconductor. Es geht nicht um romantischen Tech-Souveränitäts-Patriotismus, sondern um knallharte Wettbewerbsfähigkeit.

Wie verändert der geopolitische Kontext – Stichwort: USA, China, Ukraine – Deine Investmentperspektive auf Europa? Wird lokales Denken wieder wichtiger?

Philipp Werner: Absolut. Die letzten Jahre, besonders seit Corona, haben deutlich gemacht: Auch wenn wir in einer Welt leben, die stärker vernetzt ist als je zuvor, entscheiden lokale technologische Fähigkeiten darüber, wer geopolitisch vorne liegt. In diesem Kontext sehen wir, wie wichtig es für Europa ist, als strategisch geeinter Block aufzutreten. Initiativen wie „EU Inc.“ zeigen, dass wir nur so mit größeren, weniger fragmentierten Märkten wie den USA oder China mithalten können.

Gleichzeitig glauben wir nicht an Abschottung. Unser Deep-Dive in das Thema globale Lieferketten zeigt klar: Europa braucht eigene technologische Souveränität, aber auch die Fähigkeit, in globalen Systemen zu agieren. Das heißt: resilient sein, ohne sich zu isolieren. Lokale Stärke und globale Anschlussfähigkeit schließen sich nicht aus – im Gegenteil, sie bedingen sich.

Für uns als VC heißt das: Wir investieren in Technologien, die Europas Wettbewerbsfähigkeit stärken – von strategischer Infrastruktur bis hin zu Dual-Use-Innovationen. Und wir setzen uns politisch dafür ein, dass Europa als Gesamtmarkt gedacht und gestaltet wird. Nur so können unsere lokalen Champions auch zu globalen Marktführern werden.

Ihr beschreibt eure Investmentstrategie als „generalistisch mit fokussierter Tiefe“. Wie filterst Du bei all den Tech-Hypes – aktuell zum Beispiel AI oder ClimateTech – echte Substanz von kurzfristigem Lärm?

Philipp Werner: Wir halten unseren Dealflow bewusst breit, weil wir als Frühphasen-VC früh erkennen müssen, wo sich etwas bewegt. Gleichzeitig bauen wir in Themen, die wir besonders spannend finden, gezielt Tiefe auf – durch Deep-Dives, in denen wir konkrete Thesen entwickeln und ein relevantes Netzwerk aufbauen. Wenn man ein Feld wie Global Supply Chains oder Fintech über mehrere Zyklen begleitet hat, sieht man schneller, was Hype ist und was echten Impact haben kann. Das hilft uns nicht nur bei Investmententscheidungen, sondern auch im Sparring mit Gründern – weil wir nicht bei null anfangen.

Mit dem Team in London und dem neuen Partner Jack Wang bekommt Project A Ventures mehr Präsenz im UK-Markt. Welche Rolle spielt London für Dich strategisch – trotz oder gerade wegen des Brexits?

Philipp Werner: London ist einer der dynamischsten Tech-Hubs Europas – trotz Brexit. Die Stadt zieht unglaublich viele internationale Top-Talente an, hat ein dichtes Netzwerk an Unis, VCs, Corporates und Gründern. Diese Dichte sorgt für eine kreative Dynamik, die man so nur selten findet. Plus: Englisch als Sprache und die kulturelle Nähe zu den USA machen es für viele Companies einfacher, international zu skalieren. 11x aus unserem Portfolio ist ein gutes Beispiel – das Unternehmen ist in London gewachsen und hat seinen Hauptsitz schließlich nach San Francisco verlegt. Für uns ist UK strategisch wichtig, und Jack ist genau der richtige, um dort tiefer reinzugehen.

Du arbeitest mit einem starken Team an Partner:innen – darunter Malin Posern und Jack Wang. Was ist Dir bei der Entwicklung von internen Führungspersönlichkeiten wichtig? Und wie unterscheidet sich das von der Gründer-Begleitung?

Philipp Werner: Am Ende geht es in beiden Fällen um Vertrauen, Ownership und Zusammenarbeit. Wir arbeiten bei Project A Ventures sehr bewusst im Team – jeder bringt unterschiedliche Perspektiven und Stärken ein. Wenn ein Startup zum Beispiel sowohl Fintech- als auch Supply-Chain-Fokus hat, arbeiten Malin und ich ganz selbstverständlich ab dem ersten Call gemeinsam mit dem Gründerteam. Das erwarte ich auch bei der Entwicklung von Führungspersönlichkeiten intern: echtes Team-Play, Klarheit, Verantwortungsbewusstsein und der Wille, sich immer in den Dienst der Gründer zu stellen.

Welches Thema oder Startup im aktuellen Portfolio von Project A Ventures begeistert Dich persönlich gerade besonders – vielleicht auch eins, das noch unter dem Radar fliegt?

Philipp Werner: Ein Unternehmen hier in Berlin ist zum Beispiel Enapi, das sich auf die Verbesserung der Interoperabilität im Bereich der Elektromobilität konzentriert. Das Team entwickelt eine Plattform, die als Transaktionsvermittler und Clearingstelle zwischen Ladepunktbetreibern und E-Mobility-Service-Providern fungiert. Ziel ist es, die Komplexität in der EV-Ladeinfrastruktur zu reduzieren und eine nahtlose Konnektivität zu ermöglichen – analog zum Roaming Layer im Telekommunikationsbereich.

Sehr gerne arbeite ich außerdem mit Relay aus London, einer technologiegestützten Lieferplattform, die speziell für den E-Commerce entwickelt wurde. Ziel ist es, Paketlieferungen schneller, effizienter und nachhaltiger zu gestalten, indem traditionelle Logistikmodelle durch ein hyperlokales, digitales Netzwerk ersetzt werden. Vor einiger Zeit gab es eine regelrechte Welle an Lieferdiensten, aber nur ganz wenige konnten sich langfristig durchsetzen – Relay ist einer davon.

Die Märkte sind rauer geworden, Exits seltener, Bewertungen kritischer. Wie hat sich dadurch Deine Kommunikation mit Gründer verändert – auch beim Thema Absagen?

Philipp Werner: Marktzyklen gehören ganz selbstverständlich zu unserem Geschäft. In über zehn Jahren bei Project A Ventures haben wir sowohl Boom- als auch Bärenmärkte erlebt – aber unsere Haltung gegenüber Gründern ist immer gleich geblieben. Unabhängig vom Umfeld erfordert es enorme Entschlossenheit, ein Unternehmen in der Frühphase zu gründen. Ob wir am Ende investieren oder nicht: Allein die Entscheidung, diesen Weg zu gehen, verdient unseren vollen Respekt.

Für mich persönlich ist das genau der Teil der Arbeit, den ich am meisten liebe. Ich spreche jedes Jahr mit hunderten Gründern, und natürlich gehört es auch dazu, Nein zu sagen. Aber ich nehme mir immer die Zeit, meine Gedanken offen zu erklären. Aus meiner Erfahrung wissen Gründer das zu schätzen, selbst wenn sie unsere Perspektive nicht immer teilen. Es zeigt, dass wir ihre Idee ernst genommen haben und bereit waren, uns wirklich mit etwas auseinanderzusetzen, in das sie ihr Herzblut stecken.

Wenn Du heute selbst wieder gründen würdest – mit all der Erfahrung, die Du inzwischen hast – worauf würdest Du Dich fokussieren? Und warum?

Philipp Werner: Ich habe tatsächlich nie selbst gegründet, sondern bin als Operator gestartet – und später VC geworden. Mit dem Wissen von heute würde ich extrem genau auf die Zusammensetzung des Captables achten und viel Zeit darauf verwenden, die richtigen Investoren für die jeweilige Phase zu finden. Ich sehe immer noch Gründer, die das Fundraising möglichst schnell hinter sich bringen wollen, um sich wieder auf das Business konzentrieren zu können. Dabei ist die Auswahl der Investoren eine Entscheidung mit zehnjähriger Halbwertszeit – das sollte man nicht unterschätzen. Besonders in der Pre-Seed- oder Seed-Phase rate ich dazu, auf einen VC zu setzen, der genau in dieser Stage einen Track Record hat, echte Unterstützung bietet und sich committet – und nicht auf einen großen US-Multistage-Fonds, für den man eben kaum Relevanz hat, wenn es nicht sofort durch die Decke geht.

Foto/Quelle: Project A Ventures Management GmbH

Bundesfinale 2025: Rheinland-Pfälzer gewinnen mit Farb-KI!

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bundesfinale 2025 rheinland pfalz schueler farbmaschine Eucarida Franziska Metzbaur (JUGEND GRÜNDET) mit den Gewinnern Paul Scheerer und Paul Flad sowie Alexander Gressenich (Porsche AG) - Bildnachweis: JUGEND GRÜNDET
Franziska Metzbaur (JUGEND GRÜNDET) mit den Gewinnern Paul Scheerer und Paul Flad sowie Alexander Gressenich (Porsche AG) - Bildnachweis: JUGEND GRÜNDET

Kunst und Technologie vereinen, um Kreativität zu fördern und Menschen zu inspirieren – das ist die Vision, die Paul Flad und Paul Scheerer antreibt. Mit ihrer selbst entwickelten Farbmischmaschine und einer absolut herausragenden Präsentation schafften es die Schüler, die das Herzog-Johann-Gymnasium in Simmern besuchen, beim JUGEND GRÜNDET Bundesfinale 2025 auf Platz 1. Das Finale wurde gestern zu Gast beim Hauptsponsor des Schülerwettbewerbs, der Porsche AG, in Stuttgart ausgetragen.

Gründergeist ist eine treibende Kraft für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Deshalb engagiert sich Porsche aus voller Überzeugung als Hauptsponsor von ‚Jugend gründet‘“, sagte Alexander Gressenich, Leiter Mitarbeiterentwicklung und Unternehmenskultur bei der Porsche AG, und gratulierte den Preisträgerinnen und Preisträgern. „Die Leidenschaft und Ideenvielfalt der jungen Talente beeindrucken mich. Ihr Pioniergeist macht Mut – und sollte uns alle inspirieren.“

Team „Eucarida“ überzeugte auf der ganzen Linie

Die Geschäftsidee von „Eucarida“ ist eine Maschine, die aus einem digital eingespeisten Bild den perfekten Farbton mischen kann. Denn das wiederholte Anmischen der Farbtöne sei eine enorme Herausforderung für alle Kunstschaffende. Wie das Ganze funktioniert, veranschaulichte der mitgemachte Prototyp.

Die Bundessieger konnten die Final-Jury beim Bundesfinale 2025 auf der ganzen Linie überzeugen: Die Geschäftsidee habe großes Marktpotenzial für sehr spezifische Zielgruppen – und die beiden Schüler ein tiefes technisches Detailwissen zu ihrem Produkt. Keine Juryfrage sei unbeantwortet geblieben und die Entwicklung vom Businessplan bis zum Finale mehr als beachtlich.

Bundesfinale 2025 die Sieger dürfen ins Silicon Valley reisen

Der Hauptpreis für den Bundessieg ist eine Reise der ganz besonderen Art: Für das Team geht es ins Silicon Valleys nahe San Francisco/USA, wo die Jugendlichen den weltweit einmaligen Start-up Mikrokosmos erkunden dürfen. Der Preis wird dieses Jahr erstmalig von der Porsche AG gestiftet.

Finale mit den besten zehn von 1.177 Schülerideen

Schon die Qualifikation für das Finale war eine Glanzleistung: In der 22. Wettbewerbsrunde des bundesweiten Schülerwettbewerbs schlüpften 5.930 Jugendliche in die Rolle von Gründerinnen und Gründern. In nur einem Schuljahr schrieben die Schülerinnen und Schüler Businesspläne für ihre selbst entwickelten, innovativen Geschäftsideen und führten in einem Planspiel virtuell ein Start-up. Stolze 1.177 Businesspläne wurden für das Bundesfinale 2025 eingereicht – auch in diesem Jahr wieder ein neuer Rekord. Umso schwerer war es, sich für das Finale zu qualifizieren. Nur die zehn besten Schülerteams bundesweit durften ihre Ideen in Stuttgart präsentieren.

Vor Ort war noch einmal die geballte Innovationskraft der 31 Finalistinnen und Finalisten gefragt. Die letzte Herausforderung: Auf der JUGEND GRÜNDET Zukunftsideenmesse hatte jedes Team einen anspruchsvollen, da nur einminütigen, Mini-Pitch seiner Idee zu absolvieren; dann gab es im zweistündigen Messebetrieb jede Menge, teils anspruchsvolle, Juryfragen zu beantworten. Um die Expertinnen und Experten zu überzeugen, waren neben einer guten Idee auch Kreativität, ein solider Plan für die Umsetzung, belastbare Zahlen und natürlich perfektes Timing gefragt.

Jury-Entscheidung beim Bundesfinale 2025 so schwer wie nie

Das wäre auch ohne die Stuttgarter Sommerhitze eine Challenge gewesen, die selbst erfahrene Gründerinnen und Gründer ins Schwitzen bringen kann. Umso beachtlicher erscheint die enorme Leistung der Schülerinnen und Schüler, die selbst bei über 30 Grad einen kühlen Kopf bewahrten und mit professionellen Messe-Auftritten am Ende vor allem die Jury in Schwitzen brachten. Die Entscheidung sei noch nie so schwer gewesen wie in diesem Jahr, so das Fazit der Expertinnen und Experten.

Einen starken zweiten Platz und den Sonderpreis Künstliche Intelligenz sicherte sich „IncluSign“ aus Hannover mit einer KI-unterstützten Übersetzungs-App für Gebärden-sprache. Platz 3 ging an das Team „CompactGreens“ aus Erlangen und Haar bei München und sein Indoor-Vertical-Farming-System, das Salat und Kräuter an der Wohnzimmerwand wachsen lässt.

Daneben wurden erfolgreiche Wettbewerbsteams aus Heilbronn, Geisenheim, Bremerhaven und Berlin mit hochkarätigen thematischen Sonderpreisen geehrt:

  • Sonderpreis Chemie (ALTANA AG):Team „AlgaSprint“ – Freie Josef-Schwarz-Schule, Heilbronn (BW)
    Idee: essbare Algen-Becher für Sportevents
  • Sonderpreis Künstliche Intelligenz (Carsten Kraus)Team „IncluSign“ – Schillerschule, Hannover (NI)
    Idee: Übersetzungs-App für Gebärdensprache
  • Sonderpreis Diversity (McKinsey):Team „FungasticPallets“ – Internatsschule Schloss Hansenberg, Geisenheim (HE)
    Idee: umweltfreundliche Pilz-Palletten
  • Sonderpreis Social Start-up (Volkswagen):Team „Justice4Her“ – Schulzentrum Carl von Ossietzky, Bremerhaven (HB)
    Idee: Aufklärungs-App gegen häusliche Gewalt
  • Sonderpreis Bester Businessplan (pikepartners):Team „DimDown“ – Elinor-Ostrom-Schule, Berlin (BE)
    Idee: dimmbare Sonnenschutzfolien fürs Zuhause
  • Sonderpreis Bestes Planspiel (Volkswagen):Team „AdaptLearn“ – Internatsschule Schloss Hansenberg, Geisenheim (HE)
    Planspiel-Punkte: 1.845 von möglichen 2.000
  • Publikumspreis:Team „Floodsafe“ – Heimschule Lender, Sasbach (BW)

Bundesfinale 2025 Zukunft ist, was wir daraus machen

Aus Problemen Lösungen entwickeln und mit innovativen Ideen die Zukunft gestalten, das ist der Kerngedanke von JUGEND GRÜNDET. Der Schülerwettbewerb will Jugendliche fürs Gründen begeistern und die Zukunftskompetenzen von Schülerinnen und Schülern stärken.

„Laut einer aktuellen Studie glauben über 80 Prozent der Bevölkerung nicht an eine bessere Zukunft“, so Projektleiterin Franziska Metzbaur: „Ich gehöre nicht dazu! Denn unsere Schülerinnen und Schüler zeigen, dass wir alle einen Unterschied hin zum Besseren machen können, auch wenn es manchmal schwer ist. Ihr Mut macht mir Mut – und lasst mich persönlich zuversichtlich in die Zukunft schauen.“

Das ist JUGEND GRÜNDET

Im Online-Wettbewerb JUGEND GRÜNDET schlüpfen die Teilnehmenden ein Schuljahr lang in die Rolle von Gründerinnen und Gründern: Erst entwickeln die Jugendlichen eine eigene, innovative Geschäftsidee und schreiben einen Businessplan (Businessplan-Phase: September – Januar), dann führen sie in einem Planspiel virtuell ein Unternehmen (Planspiel-Phase: Februar – Mai). Die besten Teams der Businessplan-Phase präsentieren ihre Geschäftsideen bei den Pitch Events im Frühjahr. Das Wettbewerbsfinale wird im Juni mit den Top 10 Teams des Schuljahres ausgetragen.

Sponsoren & Förderer

Der Online-Wettbewerb JUGEND GRÜNDET wird seit 2003 vom Bundesbildungsministerium gefördert. Die Teilnahme wird von der Kultusministerkonferenz der Länder empfohlen. Eine Reihe renommierter Sponsoren unterstützt den Wettbewerb bei den Preisen und Events. Hauptsponsor ist die Porsche AG.

Foto/Quelle: JUGEND GRÜNDET

Wie viel Wandel passt in einen Wäscheschrank?

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Erlich textil nachhaltige fashion gründerin sarah grohé

erlich textil steht für nachhaltige Unterwäsche mit Anspruch an Fairness, Transparenz und zeitloses Design

Was ist die Gründungsgeschichte von erlich textil und wie hat sich daraus eine der führenden Marken für nachhaltige Unterwäsche entwickelt?

Als wir 2016 erlich textil gründeten, haben uns zwei Dinge besonders neugierig gemacht: Wie weit kommt man eigentlich in Deutschland mit ‚Online Only‘ – D2C war damals noch kein gängiger Begriff. Und: Warum gibt es eigentlich keine Unterwäschemarke, die nachhaltig ist und trotzdem cool?
Im Gründungskreis achteten wir bereits auf nachhaltigen Konsum – bei Ernährung, Kosmetik und Kleidung, nur in den Unterwäscheschubladen tummelten sich noch Fast-Fashion-Marken. Das passte nicht zusammen. Unser Ziel: Wohlfühlen auf ganzer Linie mit dem Produkt, den verwendeten Materialien, dem Gewissen und das Ganze mit Ästhtetik und Love Brand Ambition.
Als uns Anfang 2022 die Calida Holding aus der Schweiz übernommen hat, waren genau die beiden Schwerpunkte auch die Key Assets, wegen derer sie aufmerksam geworden waren: gelebte, authentische Nachhaltigkeit ohne verstaubten Look und Social Media Kompetenz, die nach wie vor der Hauptbestandteil unserer Marketingaktivitäten ist.
Bis heute macht das einen großen Teil des Erfolges von erlich textil aus.

Welche persönlichen Erfahrungen und Werte haben dich, Sarah Grohé, dazu bewegt, erlich textil ins Leben zu rufen?

Mein erster Job hatte fast alles, was ich mir nach dem Modedesignstudium als Jobeinstieg gewünscht habe: Start-Up Umfeld, direkt Verantwortung, direkt richtig selbst gestalten, mittendrin in der Branche, mit Fokus auf Management. Was er auch hatte: direkten Kontakt mit Fast Fashion, direkte chemische Duftwolken aus den Neuware Polybags und viele Eindrücke davon, wie es ist, in einer der schmutzigsten Branchen der Welt zu arbeiten.
Meine Sinnkrise kam mit Mitte 20: Ich war umwelt- und ethikbewusst erzogen worden und merkte, wie wenig das mit meinem Job vereinbar war. Ein persönlicher Schicksalsschlag verstärkte diesen Bruch – ich wollte in der Branche bleiben, aber etwas besser machen. Das mündete in einer ersten Gründung und die Erfahrungen daraus letztendlich in der Gründung von erlich textil 2016.

Wie lebt erlich textil heute seine Vision von einer fairen und transparenten Textilproduktion im Alltag?

Wie seit 2016: auf Augenhöhe mit den produzierenden Betrieben, persönlichem Kontakt und offenen Gesprächen über Nachhaltigkeitsansätze und wie diese gemeinsam gestärkt werden können. Grundsätzlich suchen wir unsere Produktionspartnerbetriebe nach strengeren Kriterien aus. Das ist ein Mix aus räumlicher Nähe, Zertifikaten, persönlichem Kennenlernen und Referenzkunde:Innen. Außerdem ist es uns sehr wichtig, den ‚Nachhaltigkeitsanspruch‘ nicht auf den textilen Bereich der Produktlieferkette zu beschränken: Wir sehen uns als Unternehmen in der Verantwortung, unsere Reichweite und Kommunikationsmöglichkeiten vor allem auch für gesellschaftlichen Wandel einzusetzen.

Wer gehört zur Zielgruppe von erlich textil und wie schafft ihr es, die Bedürfnisse dieser Menschen authentisch zu erfüllen?

Unsere Käuferschaft ist hauptsächlich weiblich. Das Sortiment an Frauenunterwäsche und Dessous macht rund 75% unseres Jahresumsatzes aus. Die Kerngruppe ist zwischen Ende 20 und Ende 40 Jahre alt, fluent, meist im urbanen Raum angesiedelt und hat zumindest ein Verständnis von Nachhaltigkeit im aktuellen Weltgeschehen.
Unser Nachhaltigkeitsanspruch ist aber sicher nicht immer das ausschlaggebende Kaufargument. Aktuell bekommen auch Kampagnen mit gesellschaftlichen Themen und klarer Positionierung gegen gewisse politische Richtungen besonders viel Aufmerksamkeit. Dazu übernehmen wir bewusst Verantwortung, um zum Beispiel Radikalisierung unter jüngeren Menschen entgegenzutreten.

Was sind aus deiner Sicht die größten Herausforderungen in der nachhaltigen Textilbranche – und wie geht ihr bei erlich textil damit um?

Ein großes Anfangsthema waren die Mindestmengen, die nötig sind, um zertifizierte Baumwolle oder Garne beziehen zu können. Wir setzten daher auf pflanzliche, aber nicht immer biologisch angebaute Fasern – transparent kommuniziert eher ein Zeichen für unsere Glaubwürdigkeit als eine Einschränkung. Ein anderes Thema: Lieferkettentransparenz, für uns das A und O. Wenn Produktionsbetriebe Zulieferer oder Dokumente aufgrund von Vertraulichkeitsansprüchen nicht zur Verfügung stellen konnten oder wollten, war für uns schnell ein Punkt erreicht, an dem wir nicht weiter zusammenarbeiteten. Hier ist inzwischen unsere Richtlinie: Wer für uns produzieren möchte, muss sich auf retraced registrieren, einer Blockchain-basierten Plattform, die Vertraulichkeit sichert und uns erlaubt, Zertifikate extern prüfen zu lassen. Das ist wichtig, da wir als kleines Team keine eigenen Audits durchführen können.

Der Markt für nachhaltige Mode ist gewachsen. Was macht erlich textil dennoch einzigartig?

Unser umfassendes Verständnis und die entsprechende Umsetzung des Begriffes ‚Nachhaltigkeit‘, auch über die textile Lieferkette hinaus. Allem voran die wahr- und ernst genommene Verantwortung, die wir als Wirtschaftsteilnehmende gegenüber der Gesellschaft haben.

Wie gelingt es euch, beim Design zwischen zeitloser Ästhetik und Funktionalität die richtige Balance zu finden?

Wir sind sehr klar in dem, was wir ästhetisch finden und was nicht. Das ist immer der Ausgangspunkt. Wenn wir es dann nicht schaffen, die Funktionalität und die ökologischen Nachhaltigkeitsansprüche in einen Entwurf einzubauen, wird der Artikel eher nicht umgesetzt, als an einer der drei Stellen signifikante Abstriche zu machen.

Wie hat sich die Rückübernahme von erlich textil im Rahmen des Management-Buy-Outs 2023 auf deine Rolle und das Unternehmen ausgewirkt?

Enorm. Ich bin nach wie vor Geschäftsführerin, nun wieder in einem einstelligen Team, so wie 2017/18 das letzte Mal. Die Umsätze sind auch eher auf der Höhe wie vor 2020, aber die Erfahrung im Team auf einem vollkommen anderen Level.
Für mich als Geschäftsführerin bedeutet das vor allem, dass ich kein eigenes operatives Tagesgeschäft mehr verantworten muss, sondern mich auf Business Development, Kommunikation und Markenbekanntheit konzentrieren kann. Das ist herausfordernd, nicht wegen des Delegierens, sondern weil ich mich auf Bühnen oder im Mittelpunkt weniger wohlfühle. Sehr schätze ich hingegen die Rolle als Sparringspartnerin für alle Abteilungen und den Raum für menschlichen Austausch – besonders wichtig bei 100 % Remote Work, was sich als großer Gewinn zeigt.

Fürs Unternehmen hat der Rückkauf ermöglicht, dass meine sehr erfahrenen Mitarbeitenden – seit dem MBO nun auch Mitbesitzer:innen – ihre Stärken voll konzentriert auf das Unternehmen und die Marke einbringen können. Trotz ähnlicher Teamgröße wie vor fünf Jahren arbeiten wir heute deutlich effizienter und fokussierter.
Es fühlt sich an, als hätten wir sieben Jahre ausprobiert, zwei Jahre hinterfragt – und sehen jetzt unsere Prioritäten so klar wie nie zuvor.

Welche strategischen Schritte plant ihr für die nächsten Jahre. Gibt es neue Produktbereiche oder Kooperationen?

Es wird nach dem neuen Fokus auf nachhaltige Lingerie auch eine Verbreiterung in einem weiteren Sortimentsbereich geben, dazu kann ich aber noch nicht mehr sagen.
Außerdem machen wir gerade schöne Erfahrungen damit, andere Brands, die ähnliche Ziele verfolgen wie wir, mit ins Sortiment aufzunehmen. Dadurch können wir unser Angebot gegenüber den Konsument:Innen verbreitern und für Brands teilweise als Sprungbrett in den Markt fungieren. Das funktioniert erfreulich gut für alle Seiten bisher.
Der größte strategische Schritt wird, dass wir den Bereich B2B nochmal ganz neu aufsetzen werden, um erlich endgültig nicht mehr nur online, sondern auch flächendeckend offline verfügbar und erlebbar zu machen. Das gilt für DACH, aber auch darüber hinaus.

Welche Rolle spielen Werte wie Diversität, Familienfreundlichkeit und Mentoring in deinem unternehmerischen Alltag?

Diversität ist für uns als Marke ein ganz wichtiger Bestandteil der Außenkommunikation. Interessanterweise spiegelt sich diese Diversität im Team intern aber nicht sehr wider. Das Team ist sehr klein, das kann also noch werden. Eine besonders große Rolle spielt im Team Familienfreundlichkeit. Inzwischen sind wir zwar irgendwie immer noch Start-Up, aber im Leben alle schon viel gesettelter. Es ist ungemein entspannend, mit dieser Teamkonstellation zusammenzuarbeiten.

Alle leben in einem familiären Umfeld, mit oder ohne Kinder, an unterschiedlichen Orten, mit überhaupt nicht unterschiedlicher Priorität: Familie zuerst, immer. Wir arbeiten hundertprozentig remote, leben nicht mehr alle in der gleichen Stadt und haben uns dennoch ein riesengroßes Vertrauen im Team erarbeitet.
Mentoring würde ich gern noch mehr Raum geben. Daher versuche ich, auf Veranstaltungen zu sprechen, bei denen ich vornehmlich junge Menschen, Fokus Frauen, erreiche. Mit meiner Geschichte möchte ich sehr gerne inspirieren und ermutigen, sich eine Unternehmerinnenreise zuzutrauen. Ich bin Mutter einer Tochter, das hängt den Anspruch an der Stelle natürlich hoch!

Was können junge Gründerinnen und Gründer aus deiner Erfahrung über nachhaltiges Wachstum lernen?

Am Anfang sind zwei Dinge ganz besonders wichtig: (1) Flexibel bleiben: Wenn die Standardlösung nicht funktioniert, wirf nicht gleich das Handtuch, sondern lieber den Standard über Bord – mit frischen und neuen Blickwinkeln auf eine Herausforderung, findet sich immer eine Lösung. Manchmal erfordert das unbequem(er)e und langwierige Wege, aber die in Kauf zu nehmen, hat sich für mich ausgezahlt. (2) Hilfe holen: Niemand kann als Gründer:In von Anfang an alles am besten. Die Menschen, die ich am aufrichtigsten um Hilfe gebeten habe, waren die, die mir rückblickend auch am allermeisten geholfen haben. Inzwischen sehe ich es als eine enorme Stärke an klar zu verstehen, was ich oder wir im Team selber können, und wobei wir Hilfe benötigen. Gezielt nach Expert:innen auf dem ein oder anderen Gebiet zu suchen spart Ressourcen, Kraft und Nerven. Vor allem am Anfang…

Welchen persönlichen Antrieb brauchst du, um ein Unternehmen wie erlich textil über so viele Jahre mit Klarheit und Konsequenz zu führen?

Die Klarheit und Konsequenz, die ich heute habe, sind das Ergebnis von anhaltender Neugierde und Lernbreitschaft, dem Selbstvertrauen, auch ein (berufliches) Scheitern aushalten zu können und dem starken intrinsischen Wunsch, meinen persönlichen Beitrag zu einer besseren Welt zu leisten – und das in der Branche, für die ich mich mit meiner Studienwahl nun mal entschieden hatte. Selbstwirksamkeit ist ein tolles Gefühl, etwas, das mir sehr viel Zufriedenheit gibt und Selbstbestimmtheit ist mein Schlüssel dazu.

Bild: Sarah Grohé @ erlich textil

Wir bedanken uns bei Sarah Grohé für das Interview

Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder.

Wie kann es sein, dass wir exzellent ausgebildeten Müttern nicht den roten Teppich ausrollen?

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Anne Theiss auf der herCAREER 2025 Anne Theiss Autorin und Journalistin © Tom Ziora

Wie fühlt es sich an, Mutter in Deutschland zu sein? In ihrer Anthologie „Rethinking Motherhood“ lässt die Autorin und Journalistin Anne Theiss Frauen mit unterschiedlichsten Lebensentwürfen ihre Geschichten erzählen: Geschichten von Überlastung, Isolation und dem Kampf um Anerkennung. Im Gespräch mit der herCAREER-Redakteurin Kristina Appel zeigt sich: Das System lässt zu viele Mütter im Stich. Mutterschaft ist vielfältig und braucht nicht nur neue Perspektiven, sondern auch politische Rahmenbedingungen.

„Nicht die Vollzeitarbeit ist das Problem, sondern die mangelnde, faire Aufteilung.“

herCAREER: Liebe Anne, dein Buch „Rethinking Motherhood“ vereint 18 prominente und andere wichtige Stimmen: Was hast du in den Gesprächen mit deinen Protagonistinnen über Mutterschaft in Deutschland herausgefunden?

Anne Theiss: Unabhängig von der politischen Richtung und vom Familienmodell kommen alle Beitragenden auf einen gemeinsamen Nenner, den wir anpacken sollten, um Mutterschaft neu zu denken: die mangelnde Gleichberechtigung. Nicht ohne Grund, denn das deutsche System priorisiert und subventioniert auch im 21. Jahrhundert noch vor allem die (auch kinderlose) Ehe und Teilzeit-Arbeit von Müttern, andere Familienmodelle wie Alleinerziehende, soziale Elternschaft, homosexuelle Beziehungen mit Kind oder pflegende Eltern bekommen weniger politische Aufmerksamkeit und Förderung.

herCAREER: Als Norm gilt ein in Vollzeit berufstätiger Mann und eine Mutter, die ein oder mehrere Kinder zur Welt bringt, mit der Geburt ihre Erwerbsarbeitszeit reduziert oder den Job ganz aufgibt, um sich dann viele Jahre lang um die Kinder zu kümmern und dem Mann den Rücken freizuhalten. Richtig?

Anne Theiss: Ja, der berufstätige Mann kümmert sich vor allem finanziell um die nicht oder nur in Teilzeit erwerbstätige Frau und seine Kinder. Das ist bei uns immer noch Standard. Das Problem ist jedoch, dass uns dadurch nicht nur Potenzial für die Wirtschaft verloren geht, sondern auch Frauen nach einer Trennung Probleme haben, ihren Lebensstandard zu halten, geschweige denn fürs Alter vorzusorgen. Darum sagt die Rechtsanwältin Sandra Runge in dem Buch, dass Gesetze dahingehend geprüft werden müssen, wie sie Familien und Gemeinschaften, in denen Kinder großgezogen werden und Sorgearbeit geleistet wird, wirklich fördern. Im Vergleich zu vielen anderen Ländern haben wir in Deutschland in Sachen Gleichberechtigung noch einiges zu tun.

herCAREER: Unser System priorisiert die Ehe zwischen Mann und Frau – und dennoch benachteiligen die politischen Strukturen nicht nur Mütter, sondern auch Ehefrauen. Der sogenannte „Marriage Earnings Gap” besagt, dass sich das Einkommen berufstätiger Frauen in den ersten fünf bis sechs Jahren der Ehe um bis zu 20 Prozent reduziert – und das unabhängig davon, ob sie Kinder haben. Mit Kindern verstärkt sich dieser Effekt bis hin zur Altersarmut. Wie erlebst du diese Diskrepanz?

Anne Theiss: Das ist spannend, oder? Wenn deine Ehe endet und du alleinerziehende Mutter bist, wirst du in Deutschland mit einem der fünf höchsten Steuersätze (im europäischen Vergleich) konfrontiert. Das bedeutet: Solange du in einer Ehe Kinder hast, bist du versorgt, wirst belohnt. Wenn diese Ehe jedoch endet, bist du durch deine längere Abwesenheit vom Arbeitsmarkt mit geringerem Einkommen, höchstwahrscheinlich mangelnder Altersvorsorge und weniger attraktiven Steuersätzen konfrontiert. In den meisten Fällen leben wir hier in Deutschland also noch nach einer Norm, die ein großes Risiko für Frauen darstellt und sie „bestraft“, wenn sie diese Norm verlassen. Das spüren sie übrigens auch überproportional häufig durch sozialen Druck, wenn sie entscheiden, das Risiko zu mindern und frühzeitig nach der Geburt ihrer Kinder wieder Vollzeit zu arbeiten.

herCAREER: Glaubst du, wir haben diese strukturellen Probleme, weil die meisten Politiker:innen, die Einfluss auf diese Regelungen haben, Männer sind?

Anne Theiss: Ja. Und weil ebenso Frauen mitmischen, die vom bisherigen System profitieren und sich dadurch schwertun, die Bedürfnisse in anderen Modellen zu sehen oder das eigene zu hinterfragen.

herCAREER: Siehst du in dem neuen Koalitionsvertrag Verbesserungen?

Anne Theiss: Ich bin leider nicht sehr optimistisch. Ich befürchte, dass wir weiterhin viele Enttäuschungen erleben werden, denn der Vertrag wurde aus einer sehr privilegierten Perspektive verfasst. Es ist zwar einmal wieder von einem Anheben der Qualitätsstandards in der Kinderbetreuung, Sprachförderung und Fachkräftegewinnung die Rede. Hoffen wir auf die Umsetzung und produktive Ideen. Ich erkenne aber keine Maßnahmen, die das Potenzial der Mütter am Arbeitsmarkt konkret und schnell heben würden. Allerdings kann ich mir vorstellen – da es Frau Bas schon sehr früh nach der Regierungsbildung angesprochen hat –, dass der Wirtschaftsfaktor „berufstätige Mutter” von der neuen Regierung wahrgenommen wird.

herCAREER: Lass uns über Mütter sprechen, für die das System gleich mehrere Hürden darstellt. Esther und Delia aus deinem Buch sind zum Beispiel alleinerziehende Mütter. Sie sagen, sie würden als Mütter zweiter Klasse behandelt. Müssten nicht gerade diejenigen, die alles alleine stemmen, bevorzugt behandelt werden?

Anne Theiss: Das wäre logisch, nicht wahr? Und wir tun es nicht. Ich finde es beschämend, wie wir mit Menschen umgehen, die Kinder allein großziehen. Wir sind ein Land, das auf sein Humankapital angewiesen ist. Wie kann es sein, dass wir exzellent ausgebildeten Frauen wie Esther und Delia hier nicht den roten Teppich ausrollen? Das passt überhaupt nicht zu den Reden über Fortschritt, Wohlstand und den Wirtschaftsstandort Deutschland, die vor allem jetzt wieder von den Vertreter:innen der konservativen Regierungspartei geschwungen werden. Gerade für Alleinerziehende sind Finanzen und eine gute Betreuungsinfrastruktur ein zentrales Thema. Doch der staatliche Unterhaltsvorschuss, der immer noch bei einem Viertel v.a. der Väter nicht zurückgefordert werden „kann“, ermutigt Ex-Partner nicht gerade, ihrer Unterhaltspflicht nachzukommen.

herCAREER: Inwiefern?

Anne Theiss: Der Staat springt ein, wenn ein Elternteil keinen, nur unregelmäßig oder zu wenig Unterhalt leistet. Dieses Versäumnis vor allem der Väter wird als Kavaliersdelikt behandelt und das Geld kommt von mindestens einem Viertel von ihnen nicht zurück in die Staatskasse. Das sind jährlich Hunderte Millionen von Euro. Auch das erstaunt mich: Wir Bürger:innen werden doch bei anderen Delikten auch gefunden oder zur Rechenschaft gezogen. Glücklicherweise verändert sich zumindest in immer größeren Teilen die Haltung der Väter, denn viele wollen bewusst eine größere Rolle im Leben ihrer Kinder spielen. Aber das heißt nicht, dass der Fall von Delia, den sie im Buch beschreibt, schon eine Ausnahme ist …

herCAREER: Deine Protagonistin Simone Brugger ist wie du Mutter eines Kindes mit Behinderung. Sie beschreibt ihre Überlastung im Buch sehr anschaulich. Wie und wo lässt das System pflegende Mütter im Stich?

Anne Theiss: In Simones Fall wird die starke Isolation deutlich. Als pflegende Mutter hat man schnell keinen Anschluss mehr. Simone beschreibt, wie sie sich mit dem Physiotherapeuten ihres Kindes angefreundet hat; auch ich bin mit den vielen Therapeuten meiner Tochter befreundet. Warum? Weil ich lange keinen Anschluss über die Kita hatte, da zu viele Einrichtungen mein Kind nicht aufnehmen wollten.

herCAREER: Wie hast du die Belastung durch Berufstätigkeit, Care-Arbeit und Pflege erlebt?

Anne Theiss: Diese Mehrfachdiskriminierung kommt schleichend. Erst bekommst du keinen Kita-Platz. Das verhindert im Grunde deine Berufstätigkeit. Dann spiegelt dir dein Umfeld wider, dass es besser wäre, wenn du die Pflege als Mutter selbst übernimmst. Ich wollte unbedingt weiterarbeiten und habe es allein meinem Chef zu verdanken, dass ich berufstätig geblieben bin. Er kannte mich und hat gesagt: „Du brauchst das!” Für Simone war es zum Beispiel lange nicht möglich zu arbeiten. Vor Kurzem hat sie mir jedoch erzählt, dass sie auf einer Lesung zu unserem Buch einen Job angeboten und bekommen hat. So eine Nachricht macht mich glücklicher als jede Verkaufszahl.

herCAREER: Was frustriert dich am Thema mütterliche Pflege von Kindern besonders?

Anne Theiss: Die Scheinheiligkeit. Wir diskutieren ständig über Leistungsträger:innen und wollen das Bürgergeld „anpassen”. Wir führen einen Diskurs über Migrant:innen und Geflüchtete, die angeblich nicht arbeiten wollen. Mütter, die dringend arbeiten möchten, aber besondere Herausforderungen wie Kinder mit Behinderungen haben, fördern wir jedoch nicht. Sie bleiben durch Normen isolierter als Mütter in anderen, fortschrittlicheren Ländern bezüglich Inklusion.

herCAREER: Woran könnte das liegen?

Anne Theiss: Politik, aber auch große Teile der Gesellschaft wollen die Inklusion nur bedingt, nur solange sie nicht stört. Meiner Meinung nach sollte es aber eine Frage des Menschenbildes sein und auch, wie man selbst später einmal mit altersbedingten Behinderungen behandelt werden möchte. Für ein Land wie Deutschland, drittstärkste Volkswirtschaft der Welt, mit gewisser Historie ist der Stand der Inklusion kein Aushängeschild. Es ist geradezu peinlich, dass wir so viel erreichen und schaffen, aber bei der Integration von Menschen, insbesondere Kinder mit Behinderungen, krachend scheitern.

herCAREER: Du arbeitest seit wenigen Monaten wieder in Vollzeit. Wie läuft es mit zwei Kindern?

Anne Theiss: Mir sind zwei Dinge aufgefallen: Erstens haben gefühlt 90 Prozent der Menschen in meinem Umfeld diese Entscheidung hinterfragt …

herCAREER: Dagegen hat das schwule Paar Alex und Graeme aus deinem Buch andere Erfahrungen gemacht. Als Graeme, der zunächst die Rolle des Care-Gebenden übernommen hatte, wieder in Vollzeit arbeiten ging, wurde das nicht ein einziges Mal in Frage gestellt.

Anne Theiss: Was für eine Bestätigung unserer Wahrnehmung, oder? Ich kämpfe mich noch zu häufig durch Lesungen und muss bei Fragen aus dem Publikum jede Menge Studien zitieren, damit mir geglaubt wird. Und er beschreibt in wenigen Worten, dass es genauso ist: Frauen werden anders bewertet.

herCAREER: Was hat die Vollzeittätigkeit noch für dich verändert?

Anne Theiss: Als ich noch in Teilzeit gearbeitet habe, habe ich 80 bis 90 Prozent der Sorgearbeit übernommen und bin regelmäßig an meine Belastungsgrenze gekommen. Jetzt teilen wir uns als Eltern die Care-Arbeit zu gleichen Teilen auf und meine Belastungsgrenze ist auf einmal in weite Ferne gerückt. Nicht die Vollzeitarbeit ist das Problem, sondern die mangelnde faire Aufteilung.

herCAREER: Du warst schon vor dieser Erfahrung eine Verfechterin von Müttern in Vollzeitbeschäftigung. Warum?

Anne Theiss: Mehr Arbeitszeit für Mütter bedeutet mehr Gehalt, mehr Chancen, mehr Teilnahme an wichtigen technologischen Entwicklungen und eine höhere Rente. Dafür brauchen wir eine bessere Betreuungsinfrastruktur, mehr Solidarität unter den Generationen, weniger Normen und sozialen Druck und eine paritätische Aufteilung der Sorgearbeit.

herCAREER: Was hast du bei deiner Rückkehr erlebt?

Anne Theiss: Ich habe so viel verpasst! Ich war eineinhalb Jahre freiberuflich tätig. Als ich vor Kurzem in eine Anstellung zurückkehrte, hat mir eine ältere Kollegin erklärt, wie Prompten funktioniert. Ich habe die Einführung von KI in den Berufsalltag größtenteils verpasst. Mütter und Frauen, die ihre eigenen beruflichen Ziele (zu) lange zurückstellen, müssen sich bewusst sein, wie viel sie verpassen könnten – und wie sich das auf ihre Chancen auswirkt.

herCAREER: Wenn wir den Buchtitel „Rethinking Motherhood” aufgreifen: Welche Umstände verhindern, dass wir Mutterschaft anders denken und mit Leben füllen?

Anne Theiss: Ich bin überzeugt, dass die Corona-Pandemie uns hier stark ausgebremst hat. Es gibt Studien, die besagen, dass selbst progressive Männer in den Pandemiejahren ihre Meinung revidiert haben und seitdem die traditionelle Rollenaufteilung wieder mehr schätzen. Wenn ich das erzähle, geschieht ab und an auch Kurioses: Kürzlich wurde mir auf einer Lesung von einer älteren Frau vorgeworfen, wir jungen Frauen hätten während der Pandemie die Chance versäumt, unsere Männer zu erziehen. In diesem Moment war ich kurz sprachlos: Warum ist es meine Aufgabe, meinen Mann zu erziehen? Das ist eine totale Verlagerung der Verantwortung auf die Schultern der Frauen.

herCAREER: Was haben die Männer im Buch dazu gesagt?

Anne Theiss: Tilman Prüfer meint, dass die Männer, die für mehr Zeit mit ihren Kindern streiten – aus eigenem Interesse –, die wahren Helden sind. Auch Martin Speer und Vincent-Immanuel Herr betonen in ihrem Kapitel, dass es vor allem Ängste sind, die Männer davon abhalten, Elternzeit zu nehmen und ihre fürsorgliche Seite auszuleben. Sie haben Angst, belächelt und benachteiligt zu werden. Diesen Druck gilt es aufzulösen.

herCAREER: Wo könnten wir ansetzen, um das Narrativ zu verändern?

Anne Theiss: Wenn sich die Narrative über Vater- und Mutterrollen so hartnäckig halten, wäre es ein Anfang, hier politische Maßnahmen zu ergreifen. Das tut Deutschland aber nicht. Man könnte beispielsweise das Elterngeld an eine längere Elternzeit der Väter koppeln. Man könnte das Ehegattensplitting abschaffen. Und man könnte die Infrastruktur durch mehr Kitas verbessern, sodass ich als Mutter – egal, ob ich alleinerziehend bin oder nicht – arbeiten gehen und für den Lebensunterhalt meines Kindes sorgen kann.

herCAREER: Die Konsequenz ist, dass sich immer mehr Frauen gegen die Ehe und gegen Kinder entscheiden.

Anne Theiss: Genau! Mein Buchtitel „Rethinking Motherhood” ist auch eine Anlehnung an #RegrettingMotherhood. Es gibt eine Studie, die besagt, dass Frauen weniger Kinder bekommen, als sie eigentlich möchten, weil sie sicher sind, dass Kinder ihre Entscheidungsfreiheit einschränken würden. Und das zu Recht.

herCAREER: Dein erstes Buch heißt „Die Abwertung der Mütter“. Fühlst du dich nach dem zweiten Buch bei diesem Begriff der Abwertung bestätigt oder bist du ein wenig versöhnt?

Anne Theiss: Leider immer noch, ja. Der Titel entsprach damals wie heute den Zahlen und den Begebenheiten. Und auch manche emotionale Reaktion darauf bestärkt mich; warum reagieren manche Menschen so, wenn Mütter in einen wirtschaftspolitischen Kontext gesetzt werden? Warum haben wir bei so vielen Themen kein Problem mit Negativismus, warum wird er bei einer Bestandsaufnahme der Lage von Müttern als Problem angesehen? Wie ich im ersten Buch schreibe: Ich würde gerne positiv über die Lage von Müttern schreiben, wenn sie es erlauben würde.
Um jedoch noch mit etwas Positivem zu enden: Die Arbeit an beiden Büchern hat dazu geführt, dass ich mich von vielen Glaubenssätzen befreien konnte, denen ich unbewusst gefolgt bin. Ich bin heute freier und fühle mich gleichzeitig wohler in meiner Mutterrolle. Ich kann nur jeder Mutter, jedem Vater empfehlen, sich schonungslos mit der eigenen Rolle auseinanderzusetzen. Langfristig bedeutet das einen echten Gewinn. Für alle.

Bild: Anne Theiss Autorin und Journalistin © Tom Ziora

Das Gespräch führte herCAREER Redakteurin Kristina Appel.

Auf der diesjährigen herCAREER Expo am 9. Oktober 2025 im Münchener MOC wird Anne Theiss beim Authors-MeetUp mit zwei ihrer Protagonistinnen aus “Rethinking Motherhood” über ihre Erfahrungen als Mütter sprechen.

Quelle messe.rocks GmbH

Wie viel Verantwortung steckt in einem Klick?

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usercentrics-daten-datenschutz adelina peltea

Usercentrics bietet Unternehmen datenschutzkonforme Lösungen für Einwilligungsmanagement und setzt dabei auf Transparenz, Nutzerfreundlichkeit und technologische Innovation.

Was waren die größten Meilensteine und Herausforderungen für Usercentrics seit unserem letzten Gespräch?

Donna Dror: 2024 haben wir mit einem Umsatzwachstum von 67 Prozent im Vergleich zum Vorjahr und gleichzeitig hoher Profitabilität abgeschlossen – das war für uns ein bedeutender Meilenstein. Die Herausforderung dabei war, sicherzustellen, dass alle unsere Teams und Systeme entsprechend skalierbar aufgestellt sind. Ich bin wirklich stolz auf unser Team, das da richtig viel geleistet hat.

Wie hat sich die Datenschutzlandschaft in Europa und weltweit verändert, und welche Auswirkungen haben diese Veränderungen auf die Arbeit von Usercentrics?

Adelina Peltea: Wir befinden uns mitten in einem tiefgreifenden Wandel: Datenschutz entwickelt sich von einer reinen Pflichtübung zum Fundament für Vertrauen. Verbraucher:innen von heute erwarten nicht nur Transparenz – sie belohnen sie auch. Marken, die klar kommunizieren, wie sie mit Daten umgehen, bauen stärkere und loyalere Kundenbeziehungen auf.

Bei Usercentrics war Compliance schon immer ein zentrales Anliegen, aber wir gehen über die gesetzlichen Anforderungen hinaus. Wir wissen: Datenschutz steigert den Markenwert. „Privacy-Led Marketing“ bedeutet für uns, Einwilligungen bewusst einzuholen – nicht aus Pflichtgefühl, sondern aus Überzeugung. Immer mehr Marketer verfolgen diesen Ansatz – nicht nur, weil es sich richtig anfühlt, sondern weil Vertrauen langfristiges Wachstum und echten Geschäftserfolg ermöglicht.

Welche neuen Funktionen oder Produktentwicklungen hat Usercentrics kürzlich eingeführt, um den sich verändernden Anforderungen des Marktes gerecht zu werden?

Donna Dror: Wir haben drei neue Produkte in der Pipeline: einen Datenschutzrichtlinien-Generator, eine Plattform für Präferenzmanagement und eine Lösung für serverseitiges Tracking. Während wir diese mit Hochdruck entwickeln, optimieren wir auch laufend die Nutzererfahrung unserer Consent Management Platform. 

Wie unterstützt Usercentrics seine Kund*innen dabei, die komplexen Datenschutzanforderungen in verschiedenen Regionen zu erfüllen?

Donna Dror: Für viele unserer Kunden ist das ein Dauerbrenner – die gesetzlichen Vorgaben ändern sich ständig und das über verschiedene Länder hinweg. Unser Ziel ist, ihnen möglichst viel Arbeit abzunehmen. Unsere Plattform ist darauf ausgelegt, sich flexibel an unterschiedliche gesetzliche Rahmenbedingungen anzupassen – darunter die DSGVO, CCPA, LGPD und weitere, neue Datenschutzgesetze weltweit.

Durch regionsspezifische Einstellungen, automatische Updates bei regulatorischen Änderungen und integrierte rechtliche Expertise ermöglichen wir es unseren Kund:innen, Datenschutzvorgaben zuverlässig einzuhalten. So können sie Vertrauen bei ihren Nutzer:innen aufbauen – und wir sind überzeugt: Dieses Vertrauen ist die Grundlage für erfolgreiches Marketing und nachhaltige Monetarisierung.  

Welche Rolle spielen Technologien wie künstliche Intelligenz oder Automatisierung in der Entwicklung Ihrer Lösungen für den Datenschutz?

Donna Dror: Was wir derzeit im Bereich generativer KI erleben, ist weniger eine Revolution der Technologie selbst, sondern vielmehr ihrer breiten Verfügbarkeit. Die Technik gibt es ja schon länger, aber jetzt kann sie plötzlich jeder nutzen. Auch wir überlegen natürlich, wo KI für uns Sinn ergibt. Darüber hinaus kann KI sowohl Unternehmen als auch Nutzer:innen dabei unterstützen, ihre Rechte im Zusammenhang mit Datenschutz, Datenverarbeitung und gesetzlichen Vorgaben besser zu verstehen. Informationen dazu – etwa in Datenschutzerklärungen – werden meist von Jurist:innen erstellt und sind für Laien schwer verständlich. Genau hier liegt ein großes Potenzial von KI: komplexe Inhalte vereinfacht, zielgruppengerecht und verständlich aufzubereiten.

Ein weiterer Effekt, den KI auf unsere Branche hat: Sie rückt das Thema Datenzugriff und Datenrechte stärker ins öffentliche Bewusstsein. Seit KI die Schlagzeilen dominiert, erkennen viele erstmals, wie stark sie auf Daten angewiesen ist – oft ohne explizite Zustimmung der Nutzer:innen. Für uns als Anbieter im Bereich Consent Management ist diese Entwicklung ehrlich gesagt durchaus positiv.

Adelina Peltea: In letzter Zeit wird viel über die Nutzererfahrung von Cookie-Bannern diskutiert – und ja, wenn sie schlecht umgesetzt sind, können sie durchaus nerven. Aber sie sind weit mehr als nur Banner: Sie stehen für etwas Grundsätzliches – das Recht, selbstbestimmt über die eigenen Daten zu entscheiden. Und weil sie oft der erste Kontaktpunkt zwischen Nutzer:in und Marke sind, bieten sie die Chance, schon beim ersten Klick Vertrauen aufzubauen.


Bei Usercentrics wollen wir die Einwilligungserfahrung neu denken. Wir entwickeln Lösungen, die sich natürlich anfühlen – nicht aufdringlich. Erlebnisse, die intuitiv, respektvoll und wirklich nutzerzentriert sind. Denn der Banner ist kein Selbstzweck – er ist der Türöffner für eine vertrauensvolle Beziehung.  

Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit Partnern und Regulierungsbehörden, um die Datenschutzkonformität für Ihre Kunden zu gewährleisten?

Donna Dror: Wir arbeiten eng mit Datenschutzexperten, Juristen, Behörden und Branchenpartnern zusammen. So bleiben wir auf dem neuesten Stand und bringen uns aktiv in Diskussionen und in die Entwicklungen neuer Privatsphärestandards ein. Mit Compliance-Beratungen und Tech-Partnern stellen wir sicher, dass unsere Lösungen immer auf dem neuesten Stand sind – sowohl rechtlich als auch technologisch. Gleichzeitig unterstützen wir unsere Kunden mit Schulungen und Materialien, damit sie sich im Datenschutz-Alltag gut zurechtfinden. 

Wie verändert sich das Kundenfeedback und die Erwartungen an Datenschutzlösungen, und wie passt sich Usercentrics daran an?

Adelina Peltea: Es ist ganz klar zu sehen: Datenschutz wird in den Marketingabteilungen inzwischen als Teil der Marken- und Performance-Strategie verstanden. Es geht nicht mehr nur darum, die gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen – es geht darum, Vertrauen aufzubauen. Genau hier setzt Privacy-Led Marketing an. Es geht nicht darum, möglichst viele Daten zu sammeln, sondern darum, dies transparent, respektvoll und unter Kontrolle der Nutzer:innen zu tun. Bei Usercentrics entwickeln wir unsere Produkte weiter, um diesen Wandel zu unterstützen.  

Adelina Peltea: Wir wollen das Thema für alle Beteiligten einfacher machen. Nutzer sollten verstehen, was mit ihren Daten passiert, ohne dafür juristische Kenntnisse zu brauchen. Deshalb setzen wir auf klare, verständliche Sprache, echte Auswahlmöglichkeiten und einfache Wege, Einwilligungen später anzupassen. Und wir arbeiten eng mit Marketingteams zusammen. Nicht nur, um rechtliche Anforderungen zu erklären, sondern auch, um zu zeigen, wie sich daraus kreative und wirkungsvolle Strategien ableiten lassen. Richtig umgesetzt, ist Datenschutz kein Hindernis – sondern ein Hebel. 

Gibt es Pläne zur geografischen Expansion oder zur Erweiterung des Produktportfolios ?

Donna Dror: In Europa sind wir aktuell Marktführer – das wollen wir bleiben. Gleichzeitig bauen wir unsere Aktivitäten in Nordamerika weiter aus. Unsere Büros haben zwar feste Standorte, im Kern verstehen wir uns aber als globales Unternehmen – und sind stolz darauf, Kund:innen in fast 200 Ländern zu unterstützen. Für die Zukunft sehen wir vor allem in Asien-Pazifik und Lateinamerika großes Potenzial, denn dort gewinnt das Thema Datenschutz zunehmend an Bedeutung. Auch unser Produktportfolio wollen wir stetig weiterentwickeln – über Consent Management hinaus, hin zu umfassenden Lösungen, mit denen Unternehmen ihre Datenschutzstrategie ganzheitlich aufstellen können. 

Adelina Peltea: Daten gehören heute zu den wichtigsten Assets eines Unternehmens. Aber ohne Einwilligung sind sie praktisch wertlos. Consent ist die Währung, mit der Daten überhaupt erst sinnvoll genutzt werden können. Datenschutz ist inzwischen in der breiten Öffentlichkeit angekommen – in der Politik, im Business, in der Medienlandschaft. Und es wird zunehmend genauer hingeschaut, wie Daten gesammelt, verwendet und weitergegeben werden.

Wir sind überzeugt: Privacy-Led Marketing wird der neue Standard. Unser Ziel ist es, Unternehmen Technologien an die Hand zu geben, mit denen sie verantwortungsvoll wachsen können. Die Zukunft des Marketings ist transparent, nutzerzentriert und basiert auf echter Zustimmung – und genau dafür bauen wir die passenden Werkzeuge. 

Was möchten Sie anderen Unternehmen oder Gründern mit auf den Weg geben, die in der schnelllebigen und regulierten Datenschutzbranche Fuß fassen wollen?

Adelina Peltea: Wartet nicht, bis Datenschutz zur Pflicht wird – seid Vorreiter. Wer heute etwas Neues entwickelt, sollte Privacy by Design von Anfang an mitdenken. Nutzer merken sehr genau, ob verantwortungsvoll mit ihren Daten umgegangen wird – und sie vergessen es auch nicht, wenn das nicht der Fall ist. Wer hier von Anfang an transparent ist, ist klar im Vorteil. Vertrauen entsteht nicht über Nacht, aber langfristig zahlt es sich aus.

Bild: Adelina Peltea @ Usercentrics

Wir bedanken uns bei Adelina Peltea und Donna Dror für das Interview

Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder.

Tessa Clarke über Olio, Food Sharing und Impact-Gründung

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tessa-clarke-olio-food-sharing Portrait Foto von Tessa Clark CEO Olio

Lebensmittel wegzuwerfen bedeutet, Ressourcen zu verschwenden – und letztlich ein Stück unserer Zukunft.

Tessa Clarke hat das früh verstanden. Aufgewachsen auf einem Bauernhof im ländlichen North Yorkshire, sah sie hautnah, wie viel Arbeit in jedem Bissen steckt. Doch der entscheidende Moment kam Jahre später: ein Neugeborenes auf dem Arm, eine Kiste mit übriggebliebenem Essen in der Hand – und keine einfache Möglichkeit, die Lebensmittel vor dem Umzug weiterzugeben. Aus diesem frustrierenden Erlebnis entstand die Idee für OLIO – eine App, die heute weltweit gegen Lebensmittelverschwendung kämpft. Im Gespräch erzählt Tessa, wie sie vom Konzernleben zur Impact-Gründerin wurde, welche Lektionen sie gelernt hat – und warum Menschen zum Teilen zu inspirieren wirkungsvoller sein kann als Appelle in Sachen Klimaschutz.

Fangen wir ganz am Anfang an – was hat dein Interesse am Thema Lebensmittelverschwendung überhaupt geweckt?

Tessa Clarke: Ich bin die Tochter eines Landwirts aus North Yorkshire in England. Deshalb hatte ich schon früh großen Respekt vor der Arbeit, die in der Erzeugung unserer Lebensmittel steckt. Durch meine Kindheit habe ich auch eine starke Verbindung zur Umwelt und erkenne, wie wichtig es ist, im Einklang mit der Natur zu leben. Mein Studium der Sozial- und Politikwissenschaften in Cambridge, später das MBA-Programm an der Stanford University – all das hat wohl dazu geführt, dass ich das Potenzial von Wirtschaft nutzen wollte, um systemische Veränderungen im Umweltbereich voranzutreiben. Es hat nur zwei Jahrzehnte gedauert, bis ich verstanden habe, wie ich das konkret umsetzen kann.

Gab es einen „Aha-Moment“?

Tessa Clarke: Ja, absolut. Der kam, als ich nach längerer Zeit im Ausland zurück nach Großbritannien zog. Am Umzugstag sagten mir die Möbelpacker, dass ich alle übrig gebliebenen Lebensmittel wegwerfen müsse. Ich konnte das einfach nicht tun – also nahm ich mein Baby und mein Kleinkind und lief mit einer Kiste Essen durch die Straßen, in der Hoffnung, jemandem etwas davon geben zu können. Ich bin kläglich gescheitert. Also schmuggelte ich, während die Umzugshelfer nicht hinsahen, die haltbaren Lebensmittel in den untersten Umzugskarton. Da wurde mir klar: Es müsste eine App geben, die das Teilen von Lebensmitteln viel einfacher macht.

Gab es in deiner Kindheit frühe Einflüsse, die deinen Sinn für Nachhaltigkeit und Gemeinschaft geprägt haben?

Tessa Clarke: Auf einem Bauernhof aufzuwachsen, hat mir Respekt für Natur, Lebensmittel und harte Arbeit vermittelt. Meine Eltern gehörten der Nachkriegsgeneration an, sie dachten noch in Rationierungen. Ich bin mit einem sehr sparsamen Lebensstil aufgewachsen – der Satz „Wer nichts verschwendet, hat später genug“ hat sich tief eingeprägt.

Du hast zuvor in großen Unternehmen gearbeitet – warum der Schritt in die Selbstständigkeit?

Tessa Clarke: Ich war fast zwanzig Jahre in Strategie- und Managementpositionen in den Bereichen Einzelhandel, Medien und Finanzdienstleistungen. Auf dem Papier sah das alles gut aus, aber es hat mich nicht erfüllt. Ich wollte lange etwas Eigenes starten, aber zwei Dinge hielten mich ab: Ich hatte keine „Idee“ – und keinen Glauben an mich selbst. Beides änderte sich, als mir beim Umzug die Dimension des Problems Lebensmittelverschwendung bewusst wurde – und als meine Mitgründerin Saasha bereit war, diesen verrückten Weg gemeinsam zu gehen. Mein Rat an alle: Sucht euch ein Problem, das euch wirklich bewegt – und wenn möglich, eine Partnerin oder einen Partner, mit dem ihr es gemeinsam angehen könnt.

Welche Eigenschaften oder Gewohnheiten waren für dich als Gründerin entscheidend?

Tessa Clarke: Durchhaltevermögen und Anpassungsfähigkeit – man muss bereit sein, ständig zu testen, zu messen, zu lernen und weiterzuentwickeln. Ich habe mir zudem eine tägliche Struktur aufgebaut, die meine mentale und körperliche Widerstandskraft stärkt: Ich blocke mir die erste Stunde des Tages für Sport, achte auf Schlaf und gesunde Ernährung. So kann ich Herausforderungen aktiv begegnen. Und: Unsere Mission motiviert mich zutiefst – Scheitern ist keine Option.

Olio ist heute eine globale Bewegung – wie bewahrst du bei Wachstum und Expansion den ursprünglichen Geist?

Tessa Clarke: Zwei Dinge sind dafür essenziell. Erstens: Alle, mit denen wir arbeiten – ob Mitarbeitende, Partner oder Investoren – müssen nicht nur „missionsaligned“, sondern „missionsbesessen“ sein. Das ist ein deutlich höherer Anspruch, aber entscheidend. Zweitens: Unsere Unternehmenswerte – „inclusive“, „caring“, „resourceful“ und „ambitious“ – fließen in alles ein: von der Personalwahl über Feedbackgespräche bis hin zu operativen Entscheidungen. Wenn das sitzt, folgt der Rest.

Was waren die größten Herausforderungen in der Anfangszeit von Olio – und wie hast du sie gemeistert?

Tessa Clarke: Eine der größten Hürden war es, ohne Marketingbudget Aufmerksamkeit zu bekommen. Unsere Lösung: das Ambassador-Programm. Wir haben engagierte Freiwillige gewonnen, die Olio bekannt machen – heute kommen über 50 % unserer monatlichen Nutzer durch Mundpropaganda.
Auf persönlicher Ebene war das erste Jahr extrem hart: Ich leitete Olio remote, mit Baby und Kleinkind, arbeitete nebenbei als Beraterin für Einkommen – und hatte keine Kinderbetreuung. Es war nicht nachhaltig. Ich musste mir feste Strukturen schaffen, um nicht durchzudrehen. Ich habe gelernt: Unternehmertum ist ein Marathon – oder besser: viele aufeinanderfolgende Marathons. Resilienz ist der Schlüssel.

Was würdest du rückblickend am Tag eins von Olio anders machen?

Tessa Clarke: Zwei Dinge, beide betreffen die Haltung. Erstens: Ich wünschte, ich hätte früher begriffen, dass es keine Wunderlösung gibt. Ich habe zu viel Hoffnung in die nächste Funktion, die nächste Person, das nächste Fundraising gelegt – in der Hoffnung auf exponentielles Wachstum. Tatsächlich entsteht nachhaltiges Wachstum durch Tausende kleiner Schritte, Tag für Tag.
Zweitens: Ich hätte meine Idealvorstellungen schneller abgelegt. Menschen oder Unternehmen sollten zwar X oder Y tun – aber Verhaltensänderung ist schwer. Man muss die Leute da abholen, wo sie stehen. Ein Beispiel: Wir sprechen heute viel weniger über Klima- und Umweltaspekte und mehr darüber, was Menschen konkret davon haben. Für Privatnutzer ist es das gute Gefühl, etwas zu teilen und der Community zu helfen. Für Unternehmen ist es ein klarer Business Case – also haben wir zusätzliche Angebote geschaffen, mit denen sie durch überschüssige Lebensmittel Umsatz generieren können.

Welche Missverständnisse gibt es rund um Lebensmittelverschwendung oder Sharing-Apps wie Olio?

Tessa Clarke: Ein verbreiteter Irrtum: Die meiste Lebensmittelverschwendung findet im Supermarkt statt. In Wahrheit entsteht in Ländern wie Großbritannien über die Hälfte zu Hause – der Einzelhandel macht nur rund 2 % aus. Das überrascht viele.
Der zweite Irrtum: „Das will doch eh keiner haben.“ Falsch – ein typisches Lebensmittelangebot auf Olio wird innerhalb von 30 Minuten angefragt, andere Haushaltsgegenstände innerhalb von vier bis sechs Stunden.

Wie gehst du bei der Personalauswahl vor und wie entsteht eine wertebasierte Unternehmenskultur?

Tessa Clarke: Von Anfang an haben wir unsere vier Werte – „inclusive“, „resourceful“, „caring“ und „ambitious“ – in Bewerbungsprozesse und Performance-Reviews integriert. Sie prägen unsere Kultur und definieren, wer gut zu Olio passt.
Als Remote-First-Unternehmen prüfen wir außerdem sehr genau, ob diese Arbeitsweise wirklich zur Kandidatin oder zum Kandidaten passt.

Was hast du über dich selbst gelernt, während du ein wachsendes Unternehmen leitest?

Tessa Clarke: Wie viele Gründerinnen neige ich dazu, mich zu sehr auf das zu konzentrieren, was noch nicht erreicht ist – und feiere Erfolge zu selten. Ich musste lernen, kein schlechtes Gewissen zu haben, dass Olio klar Gründerinnen-geprägt ist. Das heißt nicht, dass ich alles micromanage, aber wir achten sehr genau auf Details und setzen hohe Standards.

Wie triffst du schwierige Entscheidungen – besonders, wenn Mission und Geschäftserfolg kollidieren?

Tessa Clarke: Bei Olio sehen wir Mission und Finanzen nicht als Gegensätze, sondern als sich gegenseitig stärkend. Unser Geschäftsmodell basiert auf der Zusammenarbeit mit Unternehmen, die durch uns ihre Lebensmittelverschwendung reduzieren – damit schaffen wir Wirkung und Umsatz zugleich. Wir sind bewusst ein gewinnorientiertes Unternehmen und B Corp – weil wir glauben, dass Purpose und Profit zusammengehören.
Wenn harte Entscheidungen anstanden, etwa Restrukturierungen, war es entscheidend, dem Team offen die Hintergründe zu erklären. Nur so verstehen sie die Entscheidung – und das Unternehmen kann sich schneller erholen.

Nachhaltigkeit steht im Zentrum von Olio – wie vermeidet ihr „Green Fatigue“ oder leere Öko-Versprechen?

Tessa Clarke: Erstens: Wir sprechen über Nachhaltigkeit auf greifbare Weise. Statt CO₂-Einsparungen in Tonnen nennen wir beispielsweise, wie viele Autokilometer wir dadurch eingespart haben – das ist für viele zugänglicher.
Zweitens: Wir sprechen mindestens genauso viel über soziale Wirkung wie über ökologische. Die Menschen lieben es zu hören, dass wir über 50 Millionen Haustürkontakte ermöglicht haben, dass 65 % unserer Community über Olio neue Freundschaften geschlossen haben, dass drei Viertel sagen, das Teilen habe ihre mentale Gesundheit verbessert – und 84 % berichten von einem finanziellen Gewinn.

Wie bringst du Idealismus und Pragmatismus unter einen Hut, wenn man die Welt retten will?

Tessa Clarke: Um ehrlich zu sein: Anfangs waren wir da nicht besonders gut. Wir sahen ein riesiges, existenzielles Problem – hatten eine brillante Lösung – und dachten, die Welt würde sie sofort übernehmen. Tatsächlich haben wir erlebt, wie mächtig bestehende Anreizsysteme sind, wie dominant das Profitstreben bleibt und wie schwer sich Verhaltensänderung durchsetzen lässt.
Heute sind wir deutlich pragmatischer. Denn es bringt nichts, idealistisch perfekt – aber tot zu sein. Dann bewirkt man gar nichts. Deshalb bleiben wir unserer Mission und unseren Werten treu, versuchen aber, Menschen dort abzuholen, wo sie stehen. Denn etwas Wirkung ist besser als keine.

Olio ermöglicht inzwischen nicht nur Lebensmitteltausch. Wohin geht die Reise der Circular Economy?

Tessa Clarke: Wir glauben, dass Nachbarschaften zu den neuen Marktplätzen werden sollten. In einem Umkreis von zehn Minuten um dein Zuhause lagern wahrscheinlich eine Milliarde ungenutzter Gegenstände. Unsere Vision ist es, den Zugang dazu zu ermöglichen – durch einfaches, sicheres, sinnstiftendes Teilen, Leihen oder Tauschen. Das geht weit über Lebensmittel hinaus.

Wo siehst du dich persönlich in fünf Jahren – und wo steht Olio dann?

Tessa Clarke: Dieses Jahr feiern wir zehn Jahre Olio – und was ich in dieser Zeit gelernt habe: Fünfjahrespläne klingen gut, sind aber oft Illusion.
Unser Ziel bleibt: eine Welt, in der Millionen Menschen vernetzt sind, damit Ressourcen genutzt und geteilt werden – statt im Müll zu landen. Dafür haben wir das C2C-Modell von Lebensmitteln auf Haushaltsgegenstände ausgeweitet und planen, perspektivisch auch Vermietungen anzubieten.
Im B2B-Bereich helfen wir Unternehmen, ihre überschüssigen Lebensmittel besser zu vermarkten, bevor sie sie weitergeben. Und wir schauen uns auch andere Bereiche der Wertschöpfungskette an. International ist Olio inzwischen in über 60 Märkten aktiv – und wir bauen das weiter aus.

Siehst du Olio als Modell auch für andere globale Herausforderungen – etwa Modeverschwendung oder lokale Resilienz?

Tessa Clarke: Ja. Das Grundprinzip – lokale Communities durch Technologie, Freiwilligen-Netzwerke und Unternehmenspartnerschaften zu verbinden – funktioniert auch außerhalb des Lebensmittelbereichs. Wir verbessern die lokale Widerstandsfähigkeit massiv, indem wir Verschwendung aus dem System holen. Einige Regierungen sind bereits auf uns zugekommen, weil sie damit die Ernährungssicherheit in ihrem Land stärken wollen.

Welche Rolle spielt Technologie beim Aufbau nachhaltiger Communities?

Tessa Clarke: Technologie ist der Schlüssel: standortbezogene Services, mobile Interfaces, Algorithmen zur Bedarfsabstimmung – all das ist essenziell für die optimale Nutzung lokaler Ressourcen. Wir nutzen auch gezielt Automatisierung und KI, um unsere Prozesse zu skalieren.
Mindestens genauso wichtig sind aber die Werte und Regeln, mit denen wir unsere Community managen – damit Peer-to-Peer-Interaktionen zuverlässig, freundlich und vertrauensvoll bleiben.

Welchen Rat gibst du Menschen, die ein großes, globales Problem lösen wollen?

Tessa Clarke: Hört auf, nach großen Ideen zu suchen. Fangt mit einem realen Problem an, das euch wirklich bewegt. Testet, lernt, entwickelt weiter. Bleibt fokussiert auf die Mission – und wachst mit Bedacht.

Was hilft dir, motiviert und geerdet zu bleiben, wenn alles zu viel wird?

Tessa Clarke: Struktur im Alltag. Und neue Kraft ziehe ich nicht nur aus Sport, Schlaf und Ernährung, sondern auch aus dem Wissen, welchen positiven Effekt wir täglich haben – auf menschlicher Ebene.

Und zum Schluss: Was kann jeder Einzelne heute tun, um nachhaltiger zu leben?

Tessa Clarke: Am einfachsten: Fang mit deinem Teller an – und wirf kein Essen weg. Weltweit verursacht Lebensmittelverschwendung rund 10 % der Treibhausgasemissionen. In Industrieländern geschieht über die Hälfte davon zu Hause. Wer Essen nicht verschwendet, schützt Wasser, Böden, Biodiversität, das Klima – und die Gemeinschaft. Und generell gilt: mehr teilen, weniger verschwenden.

Foto/Quelle: Olio – Annabel Staff

NRW.BANK investiert 10 Millionen Euro in Frühphasenfonds VORNvc

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nrwbank vornvc fonds startups NRW.Bank Gebäude in Düsseldorf im Querformat Fotografiert

10 Millionen Euro für Frühphasenfonds VORNvc NRW.BANK investiert in Start-ups im östlichen Ruhrgebiet 

Die NRW.BANK hat im First Closing 10 Millionen Euro in den Fonds für Frühphasen- und Wachstumsfinanzierungen VORNvc investiert. Hinter dem Fonds steht ein vierköpfiges Managementteam, dass zuvor mit SeedCapital Dortmund erfolgreich drei Fondsgenerationen realisiert hatte. Insgesamt sammelte VORNvc mehr als 32 Millionen Euro ein. Der Investitionsschwerpunkt liegt auf Tech-Gründungen aus der Region, die mit ihren Geschäftsmodellen oder Produkten einen Beitrag zur Transformation der Wirtschaft leisten.

Porträt von Johanna Antonie Tjaden-Schulte, Vorstandsmitglied der NRW.BANK, im Park
Johanna Antonie Tjaden-Schulte, Vorstandsmitglied der NRW.BANK – Foto/Quelle: NRW.BANK / Christian Lord Otto

„Transformation braucht Innovation – und Innovation braucht Kapital“, sagt Johanna Antonie Tjaden-Schulte, Mitglied des Vorstands der NRW.BANK. „Mit VORNvc investieren wir in zukunftsweisende Gründungen im östlichen Ruhrgebiet. Gemeinsam stärken wir so eine Region, die den Strukturwandel und damit die eigene wirtschaftliche Zukunft aktiv gestaltet.“

VORNvc ist ein Venture-Capital-Fonds, der von insgesamt fünf Sparkassen ins Leben gerufen wurde. „Diese über das Ruhrgebiet hinaus bis nach Südwestfalen reichende Investoren-Basis ermöglicht unseren Portfoliounternehmen Zugang zum Kunden vor Ort“, erläutert Lars Hane, der mit Nico Hemmann gemeinsam die Geschäftsführung des Fonds bildet. „Darüber hinaus konnten wir erfahrene Unternehmer als Investoren gewinnen und investieren auch über die Region hinaus, wenn wir einen besonderen inhaltlichen „fit“ zur Kernregion erkennen können“, ergänzt Nico Hemmann. Um den Beitrag zur Transformation der regionalen Wirtschaft auszuweiten, sollen weitere Fondszusagen von Sparkassen und Unternehmen der Region bis zum Zielvolumen von 50 Mio. Euro akquiriert werden.

Die Zusammenarbeit der fünf Sparkassen in der Region mit der NRW.BANK zielt dabei auch darauf, jungen Unternehmen zusätzlich zum Zugang zu Eigenkapital auch Kontakte zu Netzwerken und zusätzliche NRW.BANK Expertise zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus hat der Fonds das Ziel, die Bindung zwischen Start-ups und Mittelstand in der Region zu stärken.

Foto/Quelle: NRW.BANK

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