Sonntag, Dezember 15, 2024
StartGründerTalkWie gelingt der Einstieg in die grüne Immobilienwelt?

Wie gelingt der Einstieg in die grüne Immobilienwelt?

STYX ist ein europaweit agierender Wagniskapitalgeber, der in innovative Frühphasen-Startups im Bereich nachhaltiger Immobilienlösungen investiert.

Könnten Sie uns eine kurze Vorstellung von STYX und den Personen hinter dem Unternehmen geben?

David: Wir sind die beiden Co-Gründer von STYX. Während der Corona-Pandemie haben wir unser Unternehmen gegründet. 

STYX ist ein Wagniskapitalgeber für europaweite Frühphasen-Investments bis zu 500.000 Euro, mit einem Fokus auf alles, was dazu führt, dass eine Immobilie auch in 20 Jahren noch funktioniert. 

Dazu zählen insbesondere Anwendungen aus den Segmenten Green-Tech und Climate-Tech, ergänzt um klassisches Proptech und Construction Tech bzw. New Materials. Wir haben eine Evergreen-Struktur in Form einer Beteiligungsholding, sind also kein klassischer VC-Fonds. Hinzu kommen einige institutionelle Investoren wie die Sparkasse Rhein-Neckar Nord.

Florian: Mit Standorten in Mannheim, Barcelona und Skandinavien haben wir bisher bereits in über 15 Startups investiert. Zu unserem Portfolio gehören beispielsweise das InsurTech Enzo, das ConStartup Proptly oder auch das SaaS-Startup Mateo. 

Das operative Team hinter STYX ist sehr breit aufgestellt. Es besteht aus Unternehmern der Startup-, Bau- und Immobilienbranche, erfahrenen Fondsmanagern und Investoren, die David und mich beim Aufbau unserer Company unterstützen. 

Was hat Sie dazu motiviert, STYX zu gründen und sich im Bereich Venture Capital zu engagieren?

David: Schon vor der Gründung von STYX arbeiteten wir beide in ganz unterschiedlichen Rollen in der Startup-Branche. Ich gründete noch während der Schulzeit mein erstes Unternehmen und begann mit 19 Jahren in Immobilien und junge Firmen zu investieren. 

Nach meinem Exit prägten mich vor allem meine Erfahrungen als Nachfolger im Familienunternehmen. Dort gelang es uns, das Unternehmen von einer lokalen Spedition zu einer deutschlandweit agierenden Logistikgruppe für die chemisch-pharmazeutische Industrie zu entwickeln.

Florian:Ich bin gelernter Volkswirt und kam als Unternehmer und Startup-Investor mit Zwischenstationen im Silicon Valley und Tel Aviv mit branchenrelevanten Themen in Berührung. Dazu gehören beispielsweise die Bereiche Innovation, Startup-Ökosysteme und Stadtentwicklung. 

Auch bin ich dort mit urbanen Reallaboren in Kontakt gekommen. Das sind Orte, an denen Startups und etablierte Unternehmen gemeinsame Lösungen für nachhaltigere Städte und Gebäude entwickeln. Gewachsen ist die Idee zu STYX schlussendlich 2021. Wir wollen als Wagniskapitalgeber die leider noch sehr schleppend laufende grüne Erneuerung von Städten und Immobilien dauerhaft vorantreiben. 

Wie sieht die Vision Ihres Unternehmens aus und welche konkreten Schritte unternehmen Sie, um diese zu erreichen?

David:Im Laufe der Zeit haben wir festgestellt, dass es keine agile Early Stage Venture Capital Plattform für nachhaltige Innovationen in der Immobilienbranche gibt. Diese Lücke wollen wir schließen. Insbesondere Startups in einem frühen Entwicklungsstadium soll geholfen werden. Primär anhand von Branchen-Know-How und Zugang zu echten Immobilien soll der nächste Entwicklungsschritt gemeistert werden. Wir nennen dieses Konzept das Urban Living Lab.

Es ist klar, dass unser Marktumfeld mit Blick auf globale Klimaziele vor der größten Transformation der letzten hundert Jahre steht. Wenn wir die Ziele erreichen möchten, müssen wir das Tempo anziehen. Auch wenn die EU sich hier als Vorreiter präsentiert und bereits Fortschritte gemacht werden, so sind weite Teile des Immobiliensegments noch auf Steinzeit-Niveau und es fehlt jede Spur von grüner Erneuerung. 

Unsere Vision lautet daher: Wir wollen in die besten Startups investieren und sie dabei unterstützen einen echten Wandel in der Branche zu erreichen. Große unternehmerische Strukturen sind noch sehr oft zu statisch, um eine wirkliche Transformation zu realisieren. Ob Gebäudesanierungen, Mobilität, Stadtentwicklung, Smart Cities oder ESG-Implementierung: Hier wollen wir mit unseren Beteiligungen Veränderungen schaffen. 

Wer gehört zu Ihrer Hauptzielgruppe und wie stellen Sie sicher, dass deren Bedürfnisse effektiv erfüllt werden?

Florian:Wir konzentrieren uns auf Frühphasen-Startups. Bis zur ersten umgesetzten Million wollen wir als Finanzierungspartner zur Seite stehen. Wir investieren sowohl als Erstinvestor, syndizieren aber gerne auch mit Business-Angeln und anderen Frühphaseninvestoren. 

Wir glauben, dass die Transformation der Immobilienbranche ein europäisches Thema ist. Deshalb agieren wir europaweit, indem wir örtliche Tochtergesellschaften gründen, wie bereits in Spanien und in Norwegen geschehen. An diesen sind lokale Partner beteiligt, die wiederum über Immobilienbestand und      -expertise verfügen. Konzepte von Startups können so unkompliziert getestet und kommerzialisiert werden.

Kurz gesagt: Wir sehen uns als Partner für Startups, Unternehmen und Investoren in Europa, die sich mit dem Thema Nachhaltigkeit in der bebauten Welt beschäftigen.

Mit welchen spezifischen Herausforderungen sehen Sie sich derzeit konfrontiert und welche Strategien setzen Sie ein, um diese zu meistern?

David:Wir lieben Herausforderungen – die Gründung während Corona und die angespannte Lage am Immobilien-, Kapital- und Venture Capital Markt waren eine Challenge. Wenn man sich mit Herausforderungen nicht wohl fühlt, ist man als Frühphasen Investor falsch. 

Am Ende investieren wir in der Phase in der das Risko am höchsten ist. Business Model, Product Market Fit sind oft noch nicht belastbar oder können sich noch ändern. Wenn man sich bei einer Sache sicher sein kann, dann, dass die nächste Challenge schon vor der Tür steht. 

Was unterscheidet Ihr Unternehmen von anderen Anbietern in Ihrer Branche und was ist Ihr Unique Selling Point?

David: Mit unserem Beteiligungskonzept wollen wir bewusst neue, unternehmerische Wege gehen. Dazu gehört nicht nur ein stark operativer Ansatz. Wir wollen langfristig aus der eigenen Bilanz investieren. 

Entgegen einer klassischen Fondsstruktur, in der eine klare Trennlinie zwischen Geldgebern und Fonds-Management gezogen wird, schaffen wir über unsere unternehmerische Struktur Interessensidentität zwischen allen Beteiligten. Deshalb sind wir auch größter Anteilseigner unserer eigenen Aktiengesellschaft. Das heißt – wir gewinnen gemeinsam und verlieren auch gemeinsam.

Dieser Aspekt ist erwähnenswert, denn unser Konzept basiert auf einem zeitlosen Wertversprechen für Startups und Immobilienunternehmen: Startups profitieren von der Expertise, der Kredibilität und den Marktzugängen etablierter Unternehmen. 

Diese Unternehmen kommen ihrerseits mit interessanten Startups in Kontakt und können so ihr Geschäft innovativer und nachhaltiger gestalten. Gleichzeitig lernen Sie, wie die Zusammenarbeit mit Startups funktionieren kann. 

Florian:In der Praxis sind wir in erster Linie ein Venture Capital Investor. Wir investieren allerdings schon früher als klassische VC-Fonds, das heißt schon in einer Stage in der sonst nur Business Angel investieren. Den strategischen Mehrwert bringen wir über unser Urban Living Lab Konzept: 

Strukturierten Zugang zu Testflächen und Kunden im Sinne der Interessenidentität. Für die Startups bedeutet das eine Abkürzung an den Markt. Oder eben die schnellere Erkenntnis doch noch pivotieren zu müssen. 

Für uns bedeutet das im Umkehrschluss, dass wir in der frühsten Phase etwas Risiko von der Uhr nehmen können, weil wir sehr gut abschätzen können, ob ein Team mit seiner Idee am Markt punkten und Folgefinanzierung einsammeln wird. 

Unser Credo: Wir alle können nur erfolgreich sein, wenn wir an einem Strang ziehen. Nur durch diese Konstellation kann unsere Evergreen-Struktur mit all ihrer Agilität und Freiheit, über die der Wettbewerb nicht verfügt, funktionieren. Mit diesem Versprechen grenzen wir uns von anderen ab.

Wie sehen die zukünftigen Pläne und Ziele für STYX aus und welche Entwicklungen können wir erwarten?

David:Wir streben an, STYX noch internationaler zu machen und als Investor mit einem klaren Wertversprechen weiter zu wachsen. Langfristig wollen wir in den spannendsten Ökosystemen Europas stattfinden und so ein eigenes Ökosystem schaffen, dass auch unseren Beteiligungen hilft zu wachsen und erfolgreich zu werden. Schlussendlich lassen wir uns an der Entwicklung unserer Startups und deren Exits messen.

Könnten Sie ein Beispiel für ein besonderes Projekt oder eine Erfolgsgeschichte teilen, die Ihr Unternehmen kürzlich realisiert hat?

Florian:Auf unser Konzept der Urban Living Labs sind wir besonders stolz. Dahinter steckt die Idee, ein Startup, das an einer nachhaltigeren Umwelt mitwirken möchte, mit dem Investor von Anfang an ins selbe Boot zu setzen. Das ist sinnvoll, denn das Startup erhält dadurch direkt den klassischen Mehrwert eines strategischen Investors. Insgesamt bestehen die Living Labs aus mehr als fünfundzwanzig Branchenunternehmen. 

Von der Bank bis zum Handwerker ist alles dabei, um gemeinsam die grüne Branchentransformation in Angriff zu nehmen. Mit unserem Konzept bündeln wir so den Zugang zu Expertenwissen, zu Testflächen und bieten vielfältige Kommerzialisierungsmöglichkeiten.

Damit schließen wir eine Lücke zwischen der Business Angel Stage und erster traditioneller Venture-Capital-Finanzierung. Traktion aus dem Living Lab ist da wie eine Art TÜV Siegel. 

Deshalb arbeiten wir eng mit traditionellen Frühphasen-VCs zusammen. Dadurch wissen wir, welche Geschäftsmodelle, Technologien, Kennzahlen und Dokumentations-Standards nötig sind, damit Startups und VCs an einen Tisch kommen und das zukünftige Wachstum gestalten können. 

David:Wir beobachten, dass große Unternehmen häufig zu langsam sind, wenn es um schnelle und nachhaltige Transformation geht. Darunter leidet der grüne Innovationsprozess in der Branche insgesamt. Unternehmen, die keine Antworten auf die ökologischen und ökonomischen Fragen unserer Zeit geben können, verlieren auf lange Sicht an Wettbewerbsfähigkeit. 

Nachhaltig zu sein ist somit ein Wettbewerbsvorteil. Junge Unternehmen, die oft Antworten auf diese Fragen haben, fehlt es hingegen oft an Zugängen zu Kapital, Kunden etc. 

In diesen beiden Feldern sehen wir unsere Stärken. Eine weitere Herausforderung: PropTech ist immer noch ein Nischenmarkt. Insbesondere in der Growth Stage resultiert die mangelnde Sichtbarkeit in einer Unterfinanzierung. Das sind natürlich Themen, die uns mit Blick auf die Folgefinanzierung unserer Ventures auch antreiben

Welche Technologien oder Innovationen sind für Ihr Unternehmen besonders wichtig und warum? 

Aus eigener Erfahrung und basierend auf dem täglichen Austausch mit Branchenunternehmen wissen wir: Themen wie Retrofitting, Carbon-Accounting, Messung bzw. Reduktion von Co2-Abdrücken und energetische Sanierungen, sind mit die größten Treiber hin zu einer emissionsfreien Wirtschaft.

Eines unserer Portfoliounternehmen Enzo spezialisiert sich beispielsweise auf die Früherkennung von Kleinstleckagen in Wasserleitungen mit Hilfe von IoT- Technologien, um so Effizienzsteigerung im Immobilienbestand zu realisieren. 

vreed wiederrum widmet sich mit einer Plattform der möglichst effizienten energetischen Sanierung von Gebäuden. Die grüne Umrüstung von Städten und Immobilien mit Methoden wie diesen zu bewerkstelligen, hat für uns als Unternehmen die oberste Priorität. 

Welche drei Ratschläge würden Sie anderen Gründern geben, die gerade erst anfangen?

David:Ein belastbares Netzwerk aufzubauen und zu nutzen ist eines der größten Assets. Ebenfalls hilft es, sich regelmäßig zu hinterfragen: 

Bin ich noch auf dem richtigen Weg? Muss ich vielleicht einige Faktoren in meinem Unternehmen anpassen? Wenn ja, welche sind das? Und: Man lernt aus seinen Fehlern. Momente des Scheiterns gehören dazu. Diese Momente sollte man richtig für sich nutzen. Wer keine Fehler macht, wird sich auch kaum weiterentwickeln können.

Wie wichtig ist Ihnen die Unternehmenskultur und wie pflegen Sie diese innerhalb Ihres Teams?

Florian:Unsere Unternehmenskultur für den Erfolg unseres Unternehmens ausschlaggebend. Sie ist extrem unternehmerisch und geprägt von der internationalen Aufstellung unseres Unternehmens, einer Culture of Paying Forward und der für unseren Erfolg so zentralen Interessensidentität zwischen allen Beteiligten. 

Als Team sind wir interdisziplinär aufgestellt und arbeiten an verschiedenen Orten in ganz Europa. Jeder von uns hat vorher schon Karriere gemacht und trägt mit seinen Learnings, seinem Netzwerk und seinen Erfahrungen zur Entwicklung von STYX bei. 

Wir sehen uns alle als europäische Company, sind aber dennoch an den Orten, an denen wir mit einem Standort vertreten sind, zu Hause und durch unsere Gesichter vor Ort tief in den lokalen Netzwerken verankert.  

Bildcredits: STYX GmbH

Wir bedanken uns bei David Zwilling und Florian Fischer für das Interview

Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder.

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